Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.04.2000, Az.: 1 K 125/99
Fehlende Änderungsmöglichkeit eines bestandskräftigen Steuerbescheids bei Irrtum über rechtliche Schlussfolgerungen aus Sachverhalt
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2000
- Aktenzeichen
- 1 K 125/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21861
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0404.1K125.99.0A
Rechtsgrundlage
- § 174 Abs. 3 AO 1977
Gründe
Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab und stellt fest, dass es der Begründung des Gerichtsbescheides vom 16. September 1999 folgt (§ 90 a Abs. 4 Finanzgerichtsordnung).
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch § 174 Abs. 3 AO eine Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides 1991 nicht mehr ermöglicht. Die Norm greift nur ein, wenn ein Sachverhalt in der Annahme nicht die Norm stellt somit das alternative Gegenstück zur Regelung über die mehrfache positive Berücksichtigung der Absätze 1 und 2 dar - berücksichtigt worden ist, dass er in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen sei. Die Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das Finanzamt hat die Berücksichtigung der Beteiligungsverluste bei der Veranlagung des Jahres 1991 nicht etwa deshalb unterlassen, weil es glaubte, sie bereits in den Veranlagungen der Jahre 1989/1990 erfasst zu haben oder dort erfassen zu müssen. Der Beklagte hat die Beteiligungsverluste vielmehr deshalb nicht berücksichtigt, weil er meinte, dass sie, schon weil seinerzeit das BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 über die Einstufung des Engagements an der Fa. Ambros als stille Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG noch nicht existierte, nicht abzugsfähig sind. Selbst wenn sich diese Auffassung als falsch erweisen sollte was der Senat nicht meint wäre damit der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 AO nicht eröffnet. Wie der BFH mit Beschluss vom 3. September 1997 IV B 166/96, BFH/NV 1998, 148 erkannt hat, greift § 174 Abs. 3 AO nicht ein, wenn aus einem Sachverhalt falsche rechtliche Schlussfolgerungen gezogen wurden.
Eine Änderungsmöglichkeit nach § 173 AO in Zusammenhang mit dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Rechtsinstitut der Erwirkung besteht nicht. Der Ablauf der Verjährungsfrist für eine mögliche Änderung eines bestandskräftigen Bescheides kann nicht durch das Rechtsinstitut der Erwirkung umgangen werden. Im übrigen fehlt es auch an einem treuwidrigen Verhalten des Beklagten. Der Beklagte hat die Kläger im Streitjahr 1991 so veranlagt, wie sie es erklärt und beantragt hatten, nämlich ohne Berücksichtigung ihrer Beteiligung an der Firma Ambros. Damit ist einer Treuwidrigkeitsprüfung von vornherein der Boden entzogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.