Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.04.2000, Az.: 2 K 330 und 331/97

Gewerbesteuermessbetrag; Begrenzung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG; Verhätlnismäßigkeit; Personengesellschaft; Gewerbliche Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
12.04.2000
Aktenzeichen
2 K 330 und 331/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21889
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0412.2K330UND331.97.0A

Amtlicher Leitsatz

Die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärberegelung) kann sich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhätlnismäßigkeit nicht aus einer von der Gewerbesteuer befreiten gewerblichen Tätigkeit ergeben.

Tatbestand:

1

Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin (Klin).

2

Klägerin ist eine in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts praktizierende Ärztegemeinschaft.

3

Zugrunde liegt ein Gesellschaftsvertrag vom . . . . Danach hatten sich die damaligen Vertragspartner, die . . . ärzte . . . zum Betrieb einer Kassen- und Privatpraxis mit angeschlossener . . . klinik unter der Bezeichnung ". . . klinik. . . . (es folgen namentlich die Vertragspartner)" zusammengeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrags Bezug genommen (Bl. 37 bis 48 Gerichtsakte - GA -).

4

Die Praxis und Klinik hatte seit . . . der in den Streitjahren noch beteiligte Seniorpartner X allein betrieben, seit . . . zusammen mit Y.

5

Zum . . . schied Y aus gesundheitlichen Gründen aus der Gemeinschaft aus. Zuvor hatte der Seniorpartner die der Praxis und Klinik dienenden Grundstücke und Gebäude durch Schenkung auf Y übertragen, der sie später auf seine Ehefrau überschrieb.

6

Zum . . . wurde ein neuer Arzt (Z) in die Gemeinschaft aufgenommen. Zuvor hatten diese Gesellschafter mit Y einen Mietvertrag über die Grundstücke und Gebäude geschlossen (Einzelheiten siehe Mietvertrag vom . . . , Bl. 52 bis 64 Gerichtsakte).

7

Inhaber der Konzession zum Betrieb der Klinik war auch in den Streitjahren allein der Seniorpartner X.

8

Die Einkünfte der Klin wurden entsprechend den abgegebenen Gewinnfeststellungserklärungen als solche aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) einheitlich und gesondert festgestellt.

9

Im Jahr 1994 wurde bei der Klin eine Aussenprüfung durchgeführt.

10

Der Aussenprüfer teilte den einheitlich ermittelten Gewinn für die Jahre 1990 bis 1992 auf die beiden Tätigkeitsbereiche Praxis und Klinik auf. Dem Klinikbereich ordnete er dabei die Pflegepauschalen und die dort erzielten ärztlichen Honorare als Einnahmen zu. Im Ergebnis entfielen von den erwirtschafteten Gewinnen rd. . . . TDM (1990), . . . TDM (1991) und . . . TDM (1992) auf die Klinik (Einzelheiten siehe Tz. 19, 20 und Anlagen Bl. 1 - 3, 5 und 6 Betriebsprüfungsbericht).

11

Aufgrund dieser Feststellungen ging der Prüfer davon aus, die Klinik werde mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben und stelle eine besondere Einnahmequelle neben der ärztlichen Tätigkeit dar, so dass es sich insoweit um gewerbliche Einkünfte handele; denn eine freiberufliche Tätigkeit liege in dem Fall, dass ein Arzt ein Krankenhaus betreibe, nur vor, wenn dieses ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit darstelle und aus dem Krankenhaus ein besonderer Gewinn nicht angestrebt werde (Hinweis auf Abschnitt 136 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien). Diese mithin gewerbliche Tätigkeit führe dazu, dass die gesamte Tätigkeit der Klin als gewerblich zu behandeln sei (Hinweis auf Abschnitt 136 Abs. 8 Einkommensteuerrichtlinien).

12

Selbst wenn man dem Einwand des Prozessbevollmächtigten Rechnung trüge und als Einnahmen nur die Pflegepauschalen ansetzte, verblieben allein Gewinne in 1990 von rd. . . . TDM und aus der Abrechnung mit Fallpauschalen - Überschüsse standen nach den zugrundeliegenden Vereinbarungen mit den Kostenträgern diesen und der Klinik je zur Hälfte zu - in 1991 von rd. . . . TDM und in 1992 von rd. . . . TDM zuzüglich . . . TDM aus . . .

13

Damit seien die gesamten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb. Die Klinikgewinne blieben allerdings gemäß § 3 Abs. 20 Gewerbesteuergesetz (GewStG) steuerfrei, da die Voraussetzungen des § 67 Abgabenordnung (AO) hierfür erfüllt seien.

14

Es ergingen entsprechende erstmalige Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 1990 bis 1992, in denen (nur) die Praxisgewinne als Gewerbeertrag erfasst wurden.

15

Hiergegen legte die Klin Einspruch ein, den sie wie folgt begründete:

16

(1)

Die Klinik werde gar nicht von ihr betrieben. Die Konzession hierfür besitze nämlich nur der Seniorpartner. Dieser habe aber in den Streitjahren nicht mehr operiert. Operationen hätten nur die anderen Gesellschafter, und zwar als Belegärzte, ausgeführt. Eine Verbindung der Klinik zur Gemeinschaftspraxis bestehe nicht. Auch aus dem Gesellschaftsvertrag vom . . . gehe eine klare Trennung von Gemeinschaftspraxis und Klinik hervor. Der Klinikbetrieb sei gerade nicht an die Gesellschafter übertragen worden. Es bestehe auch kein Gesamthandseigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Klinik.

17

(2)

Ferner fehle es ohnehin an einer Gewinnerzielungsabsicht im Klinikbereich. Dieses folge schon daraus, dass mit den Krankenkassen über Pflegesätze abgerechnet worden sei, diese aber nur die reinen Kosten der Klinik abdeckten. Lediglich durch Wahlleistungen bei den wenigen Privatpatienten (5 bis 6 %) seien Überschüsse möglich, im Jahr etwa . . . TDM. Diese würden aber benötigt, um Verluste bei den Regelleistungen aus vermeintlichen Unwirtschaftlichkeiten zu decken. Durch die Abrechnung mit Fallpauschalen ab 1991 seien im Jahr 1991 und im 1. Halbjahr 1992 zwar zusätzlich rd. . . . DM an Überschüssen erzielt worden, die zur Hälfte der Klinik zustünden, während die andere Hälfte zur Minderung der Fallpauschalen in Folgejahren führten, von denen mithin im Streitjahr 1991 rd. . . . TDM der Klinik verblieben seien. Diese vermeintlichen Überschüsse würden aber wieder durch einen kalkulatorischen Unternehmerlohn kompensiert (Hinweis auf BFH-Urteil vom 20.09.1966 BStBl III 1967, 90). Die Abrechnung mit Fallpauschalen führe nach 2-3 Jahren dazu, dass die hieraus folgenden Zusatzüberschüsse der ersten Jahre nicht mehr entstehen könnten. Diese Ergebnisverbesserung habe keinen Dauercharakter.

18

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des von der Klin vorgelegten Privatgutachtens des Wirtschaftsprüfers vom . . . verwiesen.

19

(3)

Selbst wenn in der Klinik Gewinne und deshalb insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt würden, könne dies nicht zur Gewerbesteuerpflicht der Praxisgewinne führen.

20

Im Einspruchsverfahren teilte das FA die im Klinikbereich angefallenen Einnahmen und Ausgaben weiter auf. Dabei ordnete es dem Bereich der Beherbergung und Beköstigung die gesamten Einnahmen aus den Pflegepauschalen und Pflegegeldern zu und teilte es die Ausgaben nach unterschiedlichen Kriterien auf. Es ergaben sich nach dieser Rechnung im Bereich der Beherbergung und Beköstigung Gewinne von rd. . . . TDM (1990), . . . TDM (1991) und . . . TDM (1992). Wegen der Einzelheiten der Berechnung, insbesondere auch der Aufteilungsschlüssel, wird auf die Anlage zum Schreiben des FA vom . . . Bezug genommen (Bl. 190 - 192 GA).

21

Das FA entschied zunächst nur über den Einspruch für die beiden Streitjahre 1990 und 1991 und wies diesen zurück. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

22

Der Tätigkeitsbereich der Klin umfasse drei Bereiche, (1) die ärztliche Praxistätigkeit, (2) die ärztliche Tätigkeit in der Klinik und (3) die Beherbergung und Beköstigung in der Klinik.

23

Der Betrieb einer Klinik sei nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn die Klinik ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit sei und aus der Klinik ein besonderer Gewinn nicht angestrebt werde. Ein besonderer Gewinn werde aber angestrebt, wenn aus der Beherbergung und Beköstigung ein Gewinn erzielt werden solle, wenn also die in diesem Bereich angefallenen Unkosten die dort erzielten Einnahmen überstiegen. Wie die neuerliche Aufteilung der Gewinne im Schreiben vom 02.07.1996 zeige, seien dort erhebliche Gewinne angefallen. Auch die Umstellung auf Fallpauschalen stehe dem nicht entgegen. Gerade wegen der Abrechnung nach Fallpauschalen sei die Klin bemüht gewesen, die Verweildauer der Patienten zu verringern, um hierdurch weitere Gewinne zu erzielen. Der Betrieb der Klinik stelle daher einen Gewerbebetrieb dar.

24

Bei einer Personengesellschaft führe jede auch nur geringfügige gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Umqualifizierung der nicht gewerblichen Einkünfte in gewerbliche. Hierzu würde auch schon die von der Klin nicht bestrittene mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Beherbergung von Privatpatienten ausreichen.

25

Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich die Klin weiterhin gegen die Umqualifizierung ihrer grundsätzlich freiberuflichen in eine gewerbliche Tätigkeit und damit gegen die Gewerbesteuerpflicht.

26

Ergänzend zu ihrer Begründung im Einspruchsverfahren trägt sie vor, es sei fraglich, ob überhaupt von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 GewStG befreite Einkünfte, wie sie die Klinik - unstreitig - erziele, die an sich freiberuflichen Praxiseinkünfte derart "infizieren" könnten, dass diese zu gewerbesteuerpflichtigen Einkünften würden. Bedenken habe insoweit für einen vergleichbaren Fall der Betriebsaufspaltung (dort habe die Betriebs GmbH eine nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreite Krankenanstalt betrieben) das Finanzgericht Baden-Württemberg in seinem Aussetzungsbeschluss vom 25.06.1997 (Az. : 2 V 2/97) geäußert.

27

Eine Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG komme nur dann in Betracht, wenn die Tätigkeit nicht als einheitlich zu betrachtende Gesamtbetätigung anzusehen sei.

28

Außerdem habe das FA in der Einspruchsentscheidung das dort schon vorgelegte Gutachten nicht gewürdigt.

29

Die Klin beantragt,

30

die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1990 und 1991 ersatzlos aufzuheben.

31

Das FA beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Es hält aus den Gründen der Einspruchsentscheidung an seiner Auffassung fest.

34

Im Übrigen könne offenbleiben, ob der Betrieb der Praxis und der Betrieb der Klinik getrennte Tätigkeiten darstellten oder nicht.

35

In dem ersten Fall wären insgesamt gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG anzunehmen, weil die Klin als GbR auch eine Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübe.

36

Im anderen Fall wäre die - untrennbare - Tätigkeit als gewerbliche zu beurteilen, weil aus der Beherbergung und Beköstigung ein besonderer Gewinn angestrebt werde; denn wenn ein Arzt eine Klinik betreibe, liege nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insgesamt eine freiberufliche Tätigkeit nur vor, wenn die Anstalt ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit sei und aus der Beherbergung und Verpflegung der Patienten kein besonderer Gewinn angestrebt werde. Hier werde aber gerade ein Gewinn angestrebt.

Entscheidungsgründe

37

Die Klage ist begründet.

38

Die Klin unterliegt mit ihren Praxiseinkünften nicht der Gewerbesteuer, weil sie insoweit keinen Gewerbebetrieb, d. h. kein gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i. V. m. § 15 EStG unterhält.

39

Der Senat ist zwar überzeugt, dass die Klin entgegen deren Auffassung in der gemeinschaftlichen Verbundenheit ihrer Gesellschafter sowohl die Praxis als auch die Klinik betreibt (dazu unter 1. ) und jedenfalls in einem Teilbereich der Klinik, nämlich der Beherbergung und Beköstigung von Patienten, Gewinne erzielen wollte und auch erzielt hat (dazu unter 2. ).

40

Gleichwohl vermag diese originär gewerbliche Tätigkeit entgegen der Auffassung des FA nicht dazu zu führen, dass gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch die Praxistätigkeit als gewerbliche zu behandeln ist (nachfolgend 3. ).

41

Betreibt eine Personengesellschaft neben einer nichtgewerblichen auch eine gewerbliche Tätigkeit, so gilt nach der Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, auf die sich das FA stützt, deren gesamte Tätigkeit als gewerblich (sog. Abfärbewirkung).

42

Personengesellschaft in diesem Sinne ist auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wie die Klin (BFH-Urteil v. 10.08.1994, I R 133/93, BFHE 175, 357, BStBl II 1995, 171).

43

Vorrangig und unabhängig von der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist jedoch eine gemischte Tätigkeit beim Einzelunternehmer wie bei Personengesellschaften auf den rechtlichen Charakter der Gesamttätigkeit hin zu untersuchen. Führt diese Einordnung schon zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit einheitlich als solche aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) oder aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) zu beurteilen ist, kann es auf die Abfärberegelung nicht mehr ankommen (BFH-Urteil v. 24.04.1997, IV R 60/95, BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567).

44

1.

Der Klage war entgegen der Auffassung der Klin nicht etwa schon deshalb stattzugeben, weil Praxis und Klinik von verschiedenen Steuerpflichtigen betrieben worden seien, sei es durch die Klin und eine zweite personenidentische Personengesellschaften (zu dieser zulässigen Ausgliederung von gewerblichen Tätigkeiten vgl. BFH-Urteil v. 19.02.1998, IV R 11/97, BFHE 186, 37, BStBl II 1998, 603 m. w. Rechtsprechungshinweisen), sei es, dass die Gesellschafter der Klin jeweils selbständig nur als Belegärzte in der Klinik tätig gewesen wären, diese aufgrund der Genehmigung nur der Seniorpartner hätte betreiben dürfen und auch betrieben hätte. Allerdings könnte es dann nicht zur Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommen und wären bei einer solchen Trennung unter Umständen als gewerblich zu beurteilende Gewinne der Klinik ohne Bedeutung, weil diese, wie zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreit wären.

45

Indes hat die Klin Praxis und Klinik zusammen betrieben. Die Klinik ist nicht etwa von den einzelnen Ärzten oder eine weitere GbR auf eigene Rechnung getrennt von ihrer gemeinschaftlichen Praxis geführt worden.

46

Dieses ergibt sich schon aus dem Gesellschaftsvertrag. Denn nach dessen Abschnitt I haben sich die Vertragspartner zum Betriebe einer Kassen- und Privatpraxis für . . . heilkunde mit angeschlossener . . . klinik zusammengeschlossen und führte die Gesellschaft die Bezeichnung ". . . klinik. . . . Namen aller Gesellschafter". Gegenstand der gemeinsamen Betätigung sollte danach eine Praxis, mit . . . klinik sein. Besonders die Bezeichnung belegt, dass gerade die Klinik in der Rechtsform der begründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben werden sollte. Auch nach außen erscheint damit die Klinik als Zusammenschluss der Gesellschafter. Dass auch die Klinik gemeinschaftlich betrieben werden sollte folgt weiter aus der Einlagenregelung in Abschnitt III. Danach brachte Y die in seinem Eigentum stehende Klinik in die Gemeinschaft ein und stellte sie dieser für die Dauer des Vertrages zur Verfügung. Da die Klinik weiterhin im Alleineigentum des Y verbleiben sollte, war Gegenstand dieser Einlage allerdings lediglich ein Nutzungsrecht. Aus Abschnitt X (Geschäftsführung, Vertretung) geht ebenfalls hervor, dass die Klinik von der Gemeinschaft betrieben wurde. Denn sonst hätte es nicht in Nr. 2 der besonderen Regelung der über Nr. 1 hinausgehenden Geschäfte, "welche die Klinik betreffen" bedurft, die danach der Y im eigenen Namen vornehmen konnte. Auch die Einnahmenregelung in Abschnitt XI belegt, dass die Klinik von der Gesellschaft betrieben wurde; denn danach standen der Gemeinschaft die Honorare in Klinik und Praxis und die Pflegesätze der Klinik zu. Alle diese Regelungen setzen notwendig voraus, dass nicht nur die Praxis, sondern auch die Klinik von den Gesellschaftern in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit, mithin von der Klin betrieben wird.

47

Folgerichtig ist in der Präambel zu dem nach Ausscheiden des Y und Aufnahme des Dr. Z zwischen der Gesellschaft und dem ausgeschiedenen Y geschlossenen Mietvertrag vom . . . über die Klinikgebäude ausgeführt, "die Gemeinschaftspraxis und . . . klinik" werde zwischen Herren . . . . . (namentlich aufgeführte Gesellschafter) fortgeführt", erfolgt nach dessen § 3 die "Vermietung allein zum Betrieb einer . . . klinik, die die Fördervoraussetzungen nach § 8 KHNG erfüllt" und ist nach dessen § 4 der Mieter, mithin die Gesellschaft, "zum Betrieb einer . . . klinik auf dem Grundstück . . . . verpflichtet". Weiter ist in der Präambel ausgeführt, die Konzesssion zum Betrieb der Klinik falle mit Beendigung des Mietverhältnisses an den Vermieter oder dessen Rechtsnachfolger zurück. Es kann deshalb auch nicht von Bedeutung sein, dass die Konzession dem Seniorpartner erteilt war, jedenfalls kann hieraus nicht geschlossen werden, die Klinik werde nicht von der Gesellschaft, sondern von einzelnen Gesellschafter als Belegärzten betrieben.

48

Es kommt hinzu, dass die Klin seit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vom . . . mit . . . Gesellschaftern und schon vorher . . . mit . . . Gesellschaftern nach außen als Betreiberin auch der Klinik erschienen und aufgetreten ist, die Gesellschafter wie Gesellschafter einer GbR alle Einnnahmen und Ausgaben der Praxis und Klinik in nur einer Gewinnermittlung erfasst und dann die Gewinne untereinander nach einem festen Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt haben und die Klin sich auch gegenüber dem FA durch Abgabe entsprechende Gewinnfeststellungserklärungen als Betreiberin der Klinik dargestellt hat. Schon durch dieses langjährige Handhabung wäre durch konkludentes Handeln ein stillschweigender Gesellschaftsvertrag zustande gekommen, wonach auch der Betrieb der Klinik Gegenstand der gemeinschaftlichen Tätigkeit gewesen wäre.

49

Aus alledem kann nur abgeleitet werden, dass die Klin nicht nur die Praxis, sonder auch die Klinik betrieben hat und weiter betreibt.

50

Entsprechend ist darüber hinaus auch schon rechtskräftig (nach Rücknahme der Revision) in einem Zivilprozess erkannt worden, wie der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vortrug. Zwar ist der Senat an die Entscheidungen anderer Gerichte nicht gebunden, doch sind keine Gesichtspunkte erkennbar, anders zu entscheiden.

51

2.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klin nicht nur durch ihre Praxistätigkeit und die ärztliche Tätigkeit und medizinische Versorgung von Patienten in der Klinik, sondern auch durch deren Beherbergung und Beköstigung regelmäßig hat Gewinne erzielen wollen und solche auch tatsächlich erzielt hat, sie mithin in diesem Bereich eine originär gewerbliche Tätigkeit entfaltet hat.

52

a)

Beide Berechnungen des FA, sowohl die im Betriebsprüfungsbericht als auch die im Einspruchsverfahren (Anlage zum Schreiben des FA vom 02.07.1996) führen nach notwendigen Korrekturen jedenfalls zu nicht unerheblichen Gewinnen im Beherbergungs- und Beköstigungsbereich in Höhe von durchschnittlich . . . bzw. . . . TDM je Jahr, wie sich aus nachfolgender Zusammenstellung ergibt: . . . . (nicht widergegeben).

53

Auch die Klin selbst räumt, indem sie sich auf das von ihr vorgelegte Gutachten stützt, ein, dass letztlich Gewinne im Beherbergungs- und Beköstigungsbereich möglich und auch entstanden sind.

54

Zwar zielt die Pflegesatzverordnung, welche die Abrechnung bei Kassenpatienten (KV-Bereich) regelt, darauf ab, den Krankenhäusern nur die Selbstkosten zu ersetzen, doch ergeben sich durch Wahlleistungen bei Privatpatienten Gewinne. Unterstellt man nach der Systematik der Pflegesätze, dass diese die Selbstkosten genau getroffen haben (wenn nicht, werden die Pflegesätze im Folgejahr angepasst und darin das erzielte Mehr oder Weniger des Vorjahres verrechnet), müssen bei Ansatz von Wahlleistungen notwendig Gewinne entstehen. Nach dem Inhalt des vorgelegten Gutachtens war aus den Wahlleistungen ein voraus kalkulierter Überschuss für das Jahr 1990 von . . . DM zu erlangen; die genaue Höhe ergibt sich aus den tatsächlich in Anspruch genommenen Wahlleistungen des Jahres (Einzelheiten siehe Bl. 26 bis 28 Gutachten).

55

Entsprechende Überschüsse sind dann auch im zweiten Streitjahr 1991 zu erwarten gewesen; lediglich die genaue Höhe ist nicht ermittelt. Hinzu kommt, dass durch das "Modellvorhaben" mit Fallpauschalen im Jahr 1991 darüber hinaus ein zusätzlicher Überschuss auch im KV-Bereich erwirtschaftet worden ist und Anreiz und Ziel des "Modellvorhabens" gerade auch war, durch Kosteneinsparungen (Verkürzung der Verweildauern) Überschüsse zu erzielen und diese zur Hälfte dem Klinikbetreiber zu belassen. Der bei der Klinik verbleibende Anteil belief sich im Jahr 1990 auf . . . DM und für das erste Halbjahr 1992 auf . . . DM.

56

Entgegen der Auffassung der Klin sind diese Gewinne auch nicht etwa ganz oder teilweise durch einen fiktiv anzusetzenden Unternehmerlohn i. H. v. 180 TDM (siehe Bl. 19 des Gutachtens) zu kompensieren. Denn beim Unternehmer ist "Unternehmerlohn" gerade der Gewinn, der in der Einkunftsart Gewerbebetrieb steuerlich zu erfassen ist. Das von der Klin angeführte BFH-Urteil vom 20.09.1966 I R 34/66 (BFHE 87, 215, BStBl III 1967, 90) betrifft einen anderen Fall. Dort ging es um die angemessenen Selbstkosten i. S. d. § 10 Abs. 2 Ziff. 1 Gemeinnützigkeitsverordnung, die nach Auffassung des BFH auch einen Ansatz für die allgemeine ärztliche und wirtschaftliche Leitung der privaten Krankenanstalt durch den Klinikbetreiber umfassen.

57

Es ist vielmehr so, dass sowohl in den Pflegesätzen (siehe Bl. 19 des Gutachtens) als auch in den Fallpauschalen (siehe an den Seniorpartner gerichtetes Schreiben "M" vom 18.11.1999, Bl. 445 Betriebsprüfungsarbeitsakte) zusätzlich ein Unternehmerlohn i. H. v. 36.000,00 DM einkalkuliert und damit vergütet worden ist.

58

Diese zusätzliche Einnahme entfällt - griffweise geschätzt - zur Hälfte auf Verwaltungstätigkeit im Beherbergungs- und Beköstigungsbereich, erhöht mithin die aus der Systematik der Pflegesatzverordnung und der Fallpauschalen des Modellversuchs abgeleiteten Gewinne noch um jährlich 18.000,00 DM.

59

3.

Obwohl die Klin die Klinik im Beherbergungs- und Beköstigungsbereich mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat und dort auch tatsächlich Gewinne erzielt hat, führt diese originär gewerbliche Tätigkeit nicht dazu, die ärztliche Tätigkeit der Gesellschaft, die ihrer Art nach zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 EStG gehören, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

60

A

Die Gesamttätigkeit in Praxis und Klinik ist nicht schon deshalb als gewerblich zu beurteilen, weil es sich um eine einheitlich zu betrachtende Gesamttätigkeit handelte, der die in einem Teilbereich der Klinik erzielten gewerblichen Gewinne das Gepräge der Gewerblichkeit gäbe.

61

Um eine einheitliche Tätigkeit, die entweder nur gewerblich oder nur freiberuflich sein kann, handelt es sich, selbst wenn wirtschaftliche und sachliche Bezugspunkte zwischen ihnen bestehen, nämlich nur dann, wenn beide Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen (gemischte Tätigkeit); nur in einem solchen Fall ist diese Gesamttätigkeit danach zu qualifizieren, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH-Urteile v. 24.04.1997 IV R 60/95 a. a. O. ; v. 11.07.1991 IV R 102/90, BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413).

62

Insoweit muss im Streitfall unterschieden werden zwischen der Praxis und der Klinik. In beiden werden voneinander unabhängige Tätigkeiten erbracht, sie bedingen sich nicht wechselseitig und unabdingbar.

63

b)

Allerdings handelt es sich bei der von der Praxistätigkeit trennbaren Kliniktätigkeit um derartige getrennte Tätigkeiten; denn hier werden durch die ärztlichen Leistungen an sich freiberufliche und durch die Beherbergung und Beköstigung an sich gewerbliche Tätigkeiten erbracht, die sich gegenseitig unlösbar bedingen.

64

Der Klinikbereich ist insgesamt als gewerblich anzusehen. Denn die entgeltliche Beherbergung und Beköstigung von Krankenhauspatienten ist der freiberuflichen Tätigkeit derart wesensfremd, dass sie zur gewerblichen Prägung der Gesamttätigkeit führt, sofern sie nicht ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit ist, was in der Regel zutrifft und auch hier zu bejahen ist, und mit ihr kein besonderer Gewinn erstrebt wird (BFH-Urteil vom 24.04.1997 IV R 60/95 a. a. O. mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). An letzterem fehlt es aber, weil die Klin, wie oben unter 2. dargestellt ist, mit der Beherbergung und Beköstigung einen Gewinn erzielen wollte und erzielt hat. Insoweit konnte der Senat die genaue Höhe des hier erzielten Gewinns offenlassen; denn es steht jedenfalls fest, dass nicht unerhebliche Gewinne angefallen sind.

65

c)

Auch wenn die Klin in der Klinik gewerbliche Einkünfte erzielt, mithin die gesetzlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vorliegen, führt dieses nach Auffassung des Senats gleichwohl nicht zur Abfärbung auf die Praxiseinkünfte der Klin.

66

Der BFH hat mit Urteil v. 11.08.1999 XI R 12/98 (DStR 1999, 1688) § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verfassungskonform dahin einschränkend ausgelegt, dass jedenfalls eine Tätigkeit von ganz untergeordneter Bedeutung, die kaum in Erscheinung tritt, keine umqualifizierende Wirkung entfalten darf; in einem solchen Falle würde die "unschädliche Tätigkeit" eine unverhältnismäßige Rechtfolge auslösen und eine Bedeutung erlangen, die ihr von ihrem Gewicht her nicht zukomme; dieses widerspreche dem Gebot der Proportionalität. Der BFH hat sich in diesem Urteil angelehnt an andere Fälle, in denen Anteile von ganz untergeordneter Bedeutung für die steuerliche Beurteilung außer Betracht gelassen werden (z. B. bei der Anwendung des § 12 Nr. 1 EStG oder bei der Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu Betriebsvermögen). Ferner hat er sich zur Begründung auf die Wertung des Gesetzgebers bezogen, die in den Regelungen zu den gewerbesteuerlichen Freibeträgen in § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG zum Ausdruck komme. Der entschiedene Fall gab allerdings keinen Anlass dazu, die Grenze der untergeordneten Bedeutung näher zu bestimmen, da der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit mit 1, 25 v. H. extrem gering war.

67

Allerdings muss man daraus, dass sich der BFH in dem o. a. Urteil an die bisherige ständige Rechtsprechung grundsätzlich angeschlossen hat, wonach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch insoweit Anwendung findet, als der originär gewerblichen Tätigkeit nur eine geringfügige Bedeutung zukommt und konkret einen entschiedenen Fall in Bezug genommen hat, in dem der Umsatzanteil der gewerblichen Tätigkeit über die Jahre zwischen 6 v. H. und 30 v. H. schwankte, entnehmen, dass die Grenze nicht zu hoch anzusetzen ist.

68

Machen im Streitfall die für den Zeitraum 1990 bis 1992 überschlägig ermittelten Gewinne von zusammen . . . TDM bzw. . . . TDM schon rd. 8, 5 v. H bzw. 12 v. H. des Gesamtgewinns von rd. . . . Mio. DM (lt. Tz. 33 Betriebsprüfungsbericht) aus, stellt sich die gewerbliche Tätigkeit nicht mehr als geringfügig dar. Auch die Orentierung an den gewerbesteuerlichen Freibeträgen des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG von damals 36 TDM kann zu keiner anderen Wertung führen, da die erzielten gewerblichen Gewinne jedenfalls erheblich darüberliegen.

69

Gleichwohl erscheint die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG deshalb als unverhältnismäßig und ist dieser auch insoweit verfassungskonform einzuschränken, als hier eine nach § 3 Nr. 20 GewStG gerade nicht gewerbesteuerpflichtige gewerbliche Tätigkeit sonst auf originär freiberufliche Einkünfte nach § 18 EStG abfärben würde und nunmehr den Hauptteil der Einkünfte der Klin zu gewerbesteuerpflichtigen und nicht nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreiten Einkünften aus Gewerbebetrieb machte. Dem Senat erscheint es in diesem Zusammenhang widersinnig, dass ausgerechnet die von der Gewerbesteuerpflicht befreiten Einkünfte aus der Beherbergung die - übrigen - Einkünfte aus selbständiger Arbeit in solche aus Gewerbebetrieb umwandeln sollen.

70

Zwar hat der BFH in anderem Zusammenhang entschieden, bei einer Betriebsaufspaltung sei die Besitzgesellschaft nicht deshalb von der Gewerbesteuer befreit, weil die Betriebskapitalgesellschaft als Krankenanstalt die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 11 GewStDV erfüllt (BFH-Urteil v. 13.10.1983 I R 187/79, BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115). Dieses Urteil steht der hier vertretenen verfassungskonformen Auslegung aber schon deshalb nicht entgegen, weil bei der Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens daraus folgt, dass eine GmbH kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, und weil Besitz- und Betriebsunternehmen selbständige Unternehmen sind und sich die Befreiung nach § 11 GewStDV eben nur auf das begünstigte Unternehmen erstreckt.

71

Im Streitfall dagegen geht es um die Abfärbung einer von der Gewerbesteuer befreiten gewerblichen Tätigkeit auf eine originär nicht gewerbliche in ein und demselben Unternehmen.

72

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stehen der Auslegung nicht entgegen.

73

Die Vorschrift wird damit gerechtfertigt, es müssten sonst im Gesellschaftsvermögen unterschiedliche Vermögensmassen gebildet werden und im Falle einer Handelspersonengesellschaft könne sonst entgegen § 5 Abs. 1 EStG nicht mehr an die nach dem HGB vorgeschriebene Gewinnermittlung angeknüpft werden (BFH-Urteil v. 10.11.1983 IV R 86/80, BFHE 140, 44, BStBl I 1984, 152). Einerseits erleidet dieser Grundsatz schon dadurch Ausnahmen, dass ausschließlich privat genutztes Gesellschaftsvermögen als Privatvermögen behandelt wird oder dass ausschließlich verlustbringende Wirtschaftsgüter trotz Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen nicht als Betriebsvermögen angesehen werden, was ihn allerdings nicht in Frage stellen soll (BFH-Urteil v. 10.10.1983 IV R 86/80 a. a. O. ), andererseits vermögen im Gesetz berücksichtigte Opportunitätsgesichtspunkte einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegenzustehen.

74

Nach alledem waren die angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide ersatzlos aufzuheben.

75

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO zuzulassen.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.