Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.09.2018, Az.: 3 A 11422/17

Christentum; Flüchtkingseigenschaft; Flüchtlingsanerkennung; forum externum; forum internum; Marokko; missionarische Tätigkeit; Missionieren; öffentliches Glaubensbekenntnis; Strafverfolgung; Übertritt; Übertritt zum Christentum

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
19.09.2018
Aktenzeichen
3 A 11422/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74226
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Einem Menschen, der mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr nach Marokko missionarisch als Christ tätig werden wird, ist der Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.
2. Dieser kann nicht darauf verwiesen werden, er habe nichts zu befürchten, wenn er seinen Glauben still ausübe.

Tenor:

Die Beklagte wird – unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. Mai 2017 hinsichtlich der Ziffern 1. und 3. bis 6. – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit welchem diese ihren Asylantrag ablehnte.

Sie stellte am 20. April 2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Beklagten (Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung am 30. März 2017 gab sie an, am D. 1977 in Marokko, geboren und marokkanische Staatsbürgerin zu sein. Sie sei Berberin und konfessionslos. Seit ihrer Geburt leide sie an Asthma. Die Schule habe sie mit dem Abitur abgeschlossen. Danach habe sie zwischen 1998 und 2001 drei Jahre englische Literatur an der Universität „E.“ in F. (nahe G.) studiert. Ihren Lebensunterhalt habe sie in Marokko durch ihre Arbeit in der Qualitätskontrolle bei einem japanischen Unternehmen namens „H.“ bestritten. Sie habe die Verkabelung für die Automobilindustrie kontrolliert. Am 10. Juni 2016 habe sie ihr Heimatland verlassen, wobei sie das Geld für die Ausreise selbst erwirtschaftet habe. Der Grund für das Verlassen Marokkos sei ihr Abfall vom Islam gewesen. Alles, was im Koran stehe, habe „nichts mit Menschlichkeit zu tun“. Insbesondere die Rolle der Frau sei nicht hinnehmbar. Die Entscheidung, ihren Glauben abzulegen, sei ca. im Jahr 2012 gefallen. Sie habe aber aus Angst zunächst niemandem von ihrem Glaubensabfall erzählt. Ihr Bruder, der Imam sei, sei dieser jedoch aufgefallen, da er bemerkt habe, dass die Klägerin das Beten nur noch vorgetäuscht habe. Daraufhin habe er sie geohrfeigt und gesagt, es sei ein Fehler gewesen, sie zur Schule zu schicken. Die beste Freundin der Klägerin habe sich wegen des Glaubensabfalls von ihr abgewandt und die Ansicht vertreten, es solle kein Kontakt mehr zwischen den beiden bestehen. Mittlerweile sei ihre ganze Familie informiert. Diese habe die Auffassung vertreten, sie solle zum Islam zurückkehren oder das Land verlassen. Andernfalls würde ihr Bruder die Klägerin umbringen. Sie sei zunächst nach Spanien ausgereist, wo sie sich etwa fünf Monate aufgehalten und bei ihrer Cousine gelebt habe. Es gebe einige Händler in der Nachbarschaft ihrer Cousine, die in Marokko Waren verkauften. Diese habe der Bruder der Klägerin beauftragt, dieser mitzuteilen, sie solle nach Marokko zurückkehren. Sie habe sich daher entschlossen, Spanien zu verlassen, da alle durch ihre Cousine gewusst hätten, wo sie ist. Zudem habe ihre Cousine ihr gesagt, sie solle das Haus verlassen. Bei der Polizei habe sie nicht um Schutz nachgesucht, da sie von einem vergleichbaren Fall wisse, in welchem die Polizei nicht habe helfen können. In Marokko habe sie sich nirgendwo niederlassen können, da ihr Bruder sie bestimmt überall finden würde, zumal er auch die Nachbarn ihrer Cousine zu ihr geschickt habe. Sie sei mit einem Bus über Frankreich in die Beklagte eingereist, wo sie am 15. November 2015 eingetroffen sei.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2017, zugestellt am 22. Mai 2017, lehnte das Bundesamt unter Ziffer 1. den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, unter Ziffer 2. den Antrag auf Asylanerkennung und unter Ziffer 3. den Antrag auf subsidiären Schutz ab. Unter Ziffer 4. stellte es fest, dass keine Abschiebungsverbote nach  § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorlägen und drohte unter Ziffer 5. die Abschiebung nach Marokko an. Schließlich befristete es unter Ziffer 6. das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, Apostasie und Konversion seien in Marokko nicht strafbewehrt und die Religionsfreiheit sei gewährleistet. Vor ihrem Bruder könne sie sich hinreichend durch einen Wohnortwechsel innerhalb Marokkos schützen bzw. bei staatlichen Institutionen um Schutz nachsuchen. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf den angegriffenen Bescheid Bezug genommen.

Am 14. Dezember 2017 wurde die Klägerin getauft und Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche I. (Bl. 62 d.A.).

Mit Schreiben vom 15. Januar 2018 (Bl. 59 d.A.) bestätigte ihr Pastor J., dass sie vom 20. bis 23. Oktober 2017 in K. (B-Stadt) am Seminar „Als Christ in der modernen Gesellschaft“ und vom 06. bis 10. November an einem Bibelstudium in L. teilgenommen habe. Die Klägerin bringe sich im Rahmen des arabischen Gottesdienstes aktiv ein und bekunde offen ihren Glauben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das vorzitierte Schreiben Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid am 30. Mai 2017 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe ihr die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen müssen. Sie sei aufgrund ihres Abfalls vom Islam verfolgt. Hierzu behauptet sie, es bestehe zwar diesbezüglich keine Verfolgungsgefahr von Gesetzes wegen. Allerdings bestünden gesellschaftliche Sanktionen von erheblichem Ausmaß, die möglicherweise auch ernstzunehmende Auswirkungen auf die Unversehrtheit von Leib und Leben haben könnten. Selbst wenn damit zu rechnen sei, komme der Abfall vom Islam wegen anderer zu erwartender Folgen einem „sozialen Selbstmord“ gleich. Eine inländische Fluchtalternative bestehe aufgrund der Offenbarungspflichten auch hinsichtlich der Religionszugehörigkeit nicht. Ohne die Unterstützung ihrer Familie sei zudem eine eigenständige Existenzsicherung für die Klägerin nicht zu gewährleisten. Mittlerweile sei sie zum Christentum übergetreten. Der Grund für den Glaubenswechsel sei, dass sie – auch nachdem sie dem Islam „den Rücken gekehrt“ habe – weiterhin an ein höheres Wesen glaube, welches die Welt erschaffen habe. Sie habe in der Vergangenheit verschiedene Religionen miteinander verglichen und sei dabei zu der Erkenntnis gelangt, das Christentum sei für sie die „richtige“ Religion. Unter ihrem Youtube-Kanal (M.) sei sie auch missionarisch tätig. Sie habe dabei u.a. Beiträge zu den Themen „Was ist die Heilige Dreifaltigkeit?“ (N.), „Die Bedeutung des Kreuzes im Christentum“ (O.) und „Frauenrechte im Christentum“ (P.) hochgeladen. Desweiteren habe sie bei einem arabisch-deutschen Gottesdienst am 25. Juni 2018 gesprochen (Q. Minute 2:29 bis 9:00). Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie nicht darauf verwiesen werden könne, sie müsse ihren Glaubenswechsel bei einer Rückkehr nach Marokko nicht anzeigen. Vielmehr ergebe sich nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 05. September 2012, C-71/11), dass es als grundsätzlich irrelevant zu bezeichnen sei, dass eine Verfolgungsgefahr durch Verzicht auf bestimmte religiöse Betätigungen vermieden werden kann.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Teilaufhebung ihres Bescheids vom 18. Mai 2017, Az.: 6396766 – 252, zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise, ihr subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zu gewähren,

weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG vorliegen.

höchsthilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 18. Mai 2017 zu verpflichten, über das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (neu) zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung zum einen auf den angefochtenen Bescheid. Darüber hinaus behauptet sie, es sei davon auszugehen, sowohl die Taufe der Klägerin, als auch ihre Missionierungstätigkeiten dienten alleine dem Zweck der Erlangung eines Bleiberechts in der Beklagten. Zudem bestreitet sie, dass die von der Klägerin behauptete Zugehörigkeit zum Christentum auf einer „ernsthaften Gewissensentscheidung“ beruht. Denn es sei auffällig, dass sie zunächst über einen Zeitraum von fünf Jahren konfessionslos gewesen sei. Sowohl die Taufe als auch die Youtube-Videos datierten nach der ablehnenden Asylentscheidung. Zudem könne der Inhalt der Videos auch nicht bewertet werden, da es an einer Übersetzung der Gesprächsinhalte fehle. Schließlich behauptet die Beklagte, es sei aber selbst für den Fall der Wahrunterstellung der Konversion nicht mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit einer Verfolgung der Klägerin wegen ihres Glaubens zu rechnen. Sofern diese nicht missionarisch tätig werde, sei von staatlicher Seite nicht mit Repressionen zu rechnen, zumal auch keine Verpflichtung zur Offenlegung des Glaubenswechsels im Falle einer Wiedereinreise nach Marokko bestehe. Es sei nicht ersichtlich, dass ihr der marokkanische Staat keinen Schutz gewährleisten würde, falls es zu Übergriffen durch Familienangehörige kommen sollte.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch informatorische Anhörung der Klägerin und des für sie zuständigen Pastors, Herrn J.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 27. Februar 2018 (Bl. 73ff. d.A.) Bezug genommen. Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 3. Juli 2018 gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2017 erweist sich in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im angegriffenen Umfang als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß   § 3 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 AsylG.

Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ist. Danach ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juni 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GK), wenn er sich wegen begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG kann ausgehen von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (vgl. § 3c AsylG).

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 10 C 7/11 - juris). Danach ist die Verfolgungsfurcht begründet, wenn dem Antragsteller bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände des Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Heimatland zurückzukehren. Es erfordert also, dass bei einer allumfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Umständen überwiegen.

Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, befindet sich die Klägerin aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes Marokko. Im Falle einer Rückkehr dorthin drohen ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen gemäß § 3a Abs. 1 und 2 AsylG, die im Sinne des § 3a Abs. 3 AsylG mit dem Verfolgungsgrund des § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Religion) verknüpft sind.

Denn ihr droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gefängnisstrafe von zumindest sechs Monaten, da sie mit ihrem Youtube-Kanal missionarisch tätig ist, um (insbesondere) Moslems von einem Übertritt zum Christentum zu überzeugen.

Artikel 220 Abs. 2 des marokkanischen Strafgesetzbuches stellt unter Strafe (Gefängnisstrafe von (mindestens) sechs Monaten bis zu drei Jahren und Strafgelder von 100 bis zu 500 Dirham (ca. 9,- bis 45,- €)), einen Muslim in seinem Glauben zu erschüttern („ébranler“) oder ihn zu einer anderen Religion zu bekehren. Dieser Artikel kann in der Praxis äußerst weit ausgelegt werden, so auch zum Verbot öffentlicher Bekenntnisse zu anderen Religionen oder zur Religionslosigkeit (vgl.: Antwort der Bundesregierung vom 07. Juni 2016 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8193 – „Menschrechtliche Lage in Marokko“, S. 3: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/086/ 1808693.pdf). Die Vorbezeichnete Norm findet auch Anwendung und wird gerichtlich geahndet (vgl.: Reiseinformation des Österreichischen Außenministeriums: https://www.bmeia.gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/ (Stand 12. September 2018); LANDINFO, Marokko: Vom Islam zum Christentum konvertieren, 20. Januar 2014, S. 3).

Davon, dass die Klägerin zum Christentum übergetreten ist und missioniert, ist das Gericht überzeugt. Die glaubwürdige Klägerin hat in ihrer informatorischen Anhörung glaubhaft ihren Abfall vom Islam und den Übertritt zum Christentum geschildert. Ihr Vorbringen war widerspruchsfrei und detailreich sowie von deutlichen Emotionen geprägt. Ihre Ausführungen zum Christentum und zu der dazugehörigen Lehre erwiesen sich als überaus fundiert. Zudem wurden ihre Ausführungen durch die des ebenfalls informatorisch angehörten Pastors J. gestützt an dessen Ausführungen für das Gericht kein Grund zu Zweifeln besteht. Vielmehr hat auch dieser glaubhaft geschildert, dass sich die Klägerin überzeugte Christin sei, sich aktiv in die Kirchengemeinde einbringe und sogar in einem Gottesdienst (vom 04. Dezember 2017), der live über R., ab Minute 28:48), ihre Lebensgeschichte und damit ihren Übertritt vom Islam zum Christentum geschildert habe. Schließlich belegen auch die erfolgte Taufe und die von der Klägerin besuchten christlichen Seminare ihren (ernsthaften) christlichen Glauben. Soweit die Beklagte hieran Zweifel hegt, kann sie damit nicht gehört werden. Ihr Vortrag zeigt vielmehr, dass sie sich mit dem Inhalt der Beweisaufnahme nicht in genügender Form auseinandergesetzt hat. Warum die Klägerin erst in der Beklagten – und auch dort nicht sofort – zum christlichen Glauben gekommen ist, hat diese aus Sicht des Gerichts vollkommen überzeugend dargelegt. Denn sie ist (nach ihren überzeugenden Angaben) erst hier mit dem Christentum in (engeren) Kontakt gekommen, wobei sie zunächst gewillt gewesen sei, die Bibel zu widerlegen. Dass in Marokko kein direkter Kontakt zu Christen bestanden habe, ist schon alleine deshalb glaubhaft, weil diese Religion dort fast überhaupt nicht vertreten ist und zumindest von der betroffenen marokkanischen Bevölkerung im Geheimen ausgeübt wird (vgl.: Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: November 2017) vom 14.02.2018, S. 12). Zudem ist sie nach ihrem Vortrag zunächst mit den Zeugen Jehovas in Kontakt gewesen und habe festgestellt, dass diese gar nicht die christliche Lehre vertreten würden. Die diesbezüglichen Erläuterungen sind schlüssig und fußen auf detailreichem Wissen. Da sich die Beklagte mit dem Vorbringen der Klägerin inhaltlich nicht bzw. nicht im Ansatz genügend auseinandersetzt, fehlt es ihrem eigenen Vortrag an der nötigen Substanz. Schließlich zeigt auch der Umstand, dass sie meint, die Videos seien nicht übersetzt, dass sie auch diese nicht in Gänze gesichtet hat. Denn bei den beiden Gottesdiensten hat der Pastor jeweils das von der Klägerin Gesagte ins Deutsche übersetzt.

Die missionarische Tätigkeit ist zur Überzeugung des Gerichts schon durch den glaubhaften Vortrag der Klägerin im Rahmen der informatorischen Anhörung belegt, welcher durch die Ausführungen des Pastors J. im Rahmen von dessen informatorischer Anhörung bestätigt wurde. Darüber hinaus belegt aber auch der Youtube-Kanal der Klägerin (https://www.youtube.com/channel/UC7LEHG6I0gdkWT-iU5Pc51Q), auf dem diese versucht, in arabischer Sprache anderen ihren Glauben und damit die christliche Lehre näher zu bringen, ihre missionarische Aktivität (vier hochgeladene Videos seit dem 04. Februar 2018). Am 25. Juni 2018 hat sie darüber hinaus auf einem arabisch-deutschen Gottesdienst gesprochen (www.you-tube.com/ watch?v=xJIE0_p6LOM&feature=youtube.de ab Minute 2:29 bis 9:00) und dabei ihren Abfall vom Islam erklärt und warum sie vom christlichen Glauben überzeugt sei. Ihr arabischer Vortrag wurde dabei vom Pastor ins Deutsche übersetzt. Hinsichtlich der eigenen Videos der Klägerin, bei denen keine Übersetzung ins Deutsche erfolgt ist, hat der Einzelrichter keine Zweifel, dass sie den vorgetragenen Inhalt haben, zumal er sich von einer des Arabischen mächtigen Mitarbeiterin des Gerichts hat bestätigen lassen, dass alle Videos einen (christlichen) missionarischen Inhalt haben. Auch diesbezüglich kann die Beklagte mit ihrem unsubstantiierten Vortrag nicht gehört werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das bereits zuvor Geschriebene verwiesen.

Die vorliegende (drohende) Strafverfolgung aufgrund der Religionsausübung stellt eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG dar.

Als Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG können als Verfolgung in diesem Sinne unter anderem gesetzliche administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen zu werten sein, die als solche diskriminierend oder in diskriminierender Weise angewandt werden. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat unter Rückgriff auf ICERD und CEDAW „Diskriminierung“ allgemein als eine auf bestimmte Merkmale einer Person beruhende „Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung“ definiert, „welche die Beeinträchtigung oder die Vereitelung der Anerkennung, der Inanspruchnahme oder der Ausübung der Gesamtheit der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle unter gleichen Bedingungen zur Folge oder zum Ziel haben“ (vgl.: UN-Menschenrechtsausschuss, Allgemeine Bemerkung Nr. 18 – Das Gleichheitsprinzip. 1989, abgedruckt in General Comments, S. 76 ff, Rn. 7). Das Diskriminierungsverbot ist ein grundlegendes völkerrechtliches Prinzip (vgl.: UN-Menschenrechtsausschuss, a.a.O.). Gleichwohl muss eine diskriminierende Maßnahme – für sich genommen oder gemeinsam mit anderen – eine gewisse Intensität erreichen, um als flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung zu gelten (vgl.: NK-AuslR/Stefan Keßler AsylVfG § 3a Rn. 12-13, beck-online). Nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG können Strafverfolgung oder Bestrafung ebenfalls als Verfolgungshandlungen im vorbezeichneten Sinne gewertet werden, wenn sie unverhältnismäßig oder diskriminierend sind.

Die Religionsfreiheit ist eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft und stellt ein grundlegendes Menschenrecht dar. Ein Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit kann so gravierend sein, dass er einem der in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten Fälle gleichgesetzt werden kann (vgl.: EuGH (Große Kammer), Urteil vom 5. September 2012 − C-71/11, C-99/11 (Y + Z/Bundesrepublik Deutschland) in NVwZ 2012, 1612, beck-online Rn. 57). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem Eingriff um einen solchen in das sogenannte „forum internum“ oder das sogenannte „forum externum“ handelt. Die Klägerin kann deshalb auch nicht – wie die Beklagte meint – darauf verwiesen werden, ihren Glauben in Marokko lediglich „still“ auszuüben.

Der EuGH führt in seiner vorzitierten Entscheidung richtigerweise aus (vgl. EuGH (Große Kammer), a.a.O. Rn. 59ff.):

„Aus dem Wortlaut von Art. 9 I der Richtlinie [2004/83/EG] ergibt sich vielmehr, dass eine „schwerwiegende Verletzung“ dieser Freiheit vorliegen muss, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt, damit die betreffenden Handlungen als Verfolgung gelten können. Somit sind Handlungen, die gesetzlich vorgesehene Einschränkungen der Ausübung des Grundrechts auf Religionsfreiheit i. S. von Art. 10 I der [Grundrechte-]Charta darstellen, ohne deswegen dieses Recht zu verletzen, von vornherein ausgeschlossen, da sie durch Art. 52 I der Charta gedeckt sind. Handlungen, die zwar gegen das in Art. 10 I der Charta anerkannte Recht verstoßen, aber nicht so gravierend sind, dass sie einer Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommen, von denen gem. Art. 15 II EMRK in keinem Fall abgewichen werden darf, können ebenfalls nicht als Verfolgung i. S. von Art. 9 I der Richtlinie und Art. 1 A der Genfer Konvention gelten. Um konkret festzustellen, welche Handlungen als Verfolgung i. S. von Art. 9 I lit. a der Richtlinie gelten können, ist es nicht angebracht, zwischen Handlungen, die in einen „Kernbereich“ („forum internum“) des Grundrechts auf Religionsfreiheit eingreifen sollen, der nicht die religiöse Betätigung in der Öffentlichkeit („forum externum“) erfassen soll, und solchen, die diesen „Kernbereich“ nicht berühren sollen, zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht vereinbar mit der weiten Definition des Religionsbegriffs in Art. 10 I lit. b der Richtlinie, die alle Komponenten dieses Begriffs, ob öffentlich oder privat, kollektiv oder individuell, einbezieht. Zu den Handlungen, die eine „schwerwiegende Verletzung“ i. S. von Art. 9 I lit. a der Richtlinie darstellen können, gehören nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit des Ast., seinen Glauben im privaten Kreis zu praktizieren, sondern auch solche in seine Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben. Diese Auslegung ist geeignet, Art. 9 I der Richtlinie einen Anwendungsbereich zu sichern, in dem die zuständigen Behörden alle Arten von Eingriffen in das Grundrecht auf Religionsfreiheit prüfen können, um festzustellen, ob sie auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie als Verfolgung gelten können. Folglich ist bei der Bestimmung der Handlungen, die auf Grund ihrer Schwere verbunden mit der ihrer Folgen für den Betroffenen als Verfolgung gelten können, nicht darauf abzustellen, in welche Komponente der Religionsfreiheit eingegriffen wird, sondern auf die Art der Repressionen, denen der Betroffene ausgesetzt ist, und deren Folgen, wie der Generalanwalt in Nr. 52 seiner Schlussanträge ausgeführt hat (BeckRS 2012, 81409). Ob eine Verletzung des durch Art. 10 I der Charta garantierten Rechts eine Verfolgung i. S. von Art. 9 I der Richtlinie darstellt, richtet sich deshalb danach, wie gravierend die Maßnahmen und Sanktionen sind, die gegenüber dem Betroffenen ergriffen werden oder ergriffen werden können. Demnach kann es sich bei einer Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit um eine Verfolgung i. S. von Art. 9 I lit. a der Richtlinie handeln, wenn der Asylbewerber auf Grund der Ausübung dieser Freiheit in seinem Herkunftsland u. a. tatsächlich Gefahr läuft, durch einen der in Art. 6 der Richtlinie genannten Akteure verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Insoweit ist anzumerken, dass eine zuständige Stelle, wenn sie nach Art. 4 III der Richtlinie einen Antrag auf internationalen Schutz individuell prüft, alle Akte berücksichtigen muss, denen der Ast. ausgesetzt war oder ausgesetzt zu werden droht, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung i. S. von Art. 9 I der Richtlinie gelten können. Da der in Art. 10 I lit. b der Richtlinie definierte Religionsbegriff auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, umfasst, kann das Verbot einer solchen Teilnahme eine hinreichend gravierende Handlung i. S. von Art. 9 I lit. a der Richtlinie und somit eine Verfolgung darstellen, wenn sie in dem betreffenden Herkunftsland für den Ast. u. a. die tatsächliche Gefahr heraufbeschwört, durch einen der in Art. 6 der Richtlinie genannten Akteure verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Bei der Prüfung einer solchen Gefahr wird die zuständige Behörde eine Reihe objektiver wie auch subjektiver Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Der subjektive Umstand, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten religiösen Praxis in der Öffentlichkeit, die Gegenstand der beanstandeten Einschränkungen ist, zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist, ist ein relevanter Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Größe der Gefahr, der der Ast. in seinem Herkunftsland wegen seiner Religion ausgesetzt wäre, selbst wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis keinen zentralen Bestandteil für die betreffende Glaubensgemeinschaft darstellt. Aus dem Wortlaut von Art. 10 I lit. b der Richtlinie geht nämlich hervor, dass der Schutzbereich des mit der Religion verknüpften Verfolgungsgrundes sowohl Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die die Person für sich selbst als unverzichtbar empfindet, d. h. diejenigen Verhaltensweisen, „die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen“, umfasst, als auch solche Verhaltensweisen, die von der Glaubenslehre angeordnet werden, d. h. diejenigen, die „nach dieser [Überzeugung] vorgeschrieben sind“.

(…)

Nach alledem ist auf die dritte Vorlagefrage in beiden Rechtssachen zu antworten, dass Art. 2 lit. c der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine begründete Furcht des Ast. vor Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Ast. vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Ast. nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten.“

Die vom EuGH genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Das Verbot, ihren Glauben öffentlich auszuleben und andere von diesem zu überzeugen, stellt für die Klägerin einen schwerwiegenden Eingriff in ihre Religionsfreiheit aus Art. 10 Abs. 1 GRCh dar, der einer Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommen, von denen gemäß Art. 15 II EMRK in keinem Fall abgewichen werden darf, und erfüllt damit den Tatbestand des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da für die Klägerin das öffentlich Ausleben Ihrer Religion und das Überzeugen anderer von dieser einen hohen Stellenwert einnimmt, obwohl im Christentum selbst keinen unbedingter Missionierungsauftrag verankert ist. Aufgrund des Vortrages der Klägerin und ihrer in der Vergangenheit ausgeübten missionarischen Tätigkeit ist davon auszugehen, dass sie auch im Falle einer Rückkehr nach Marokko weiterhin ihren Glauben öffentlich ausleben und versuchen wird, andere von diesem zu überzeugen. Der Einzelrichter ist davon überzeugt, dass das Missionieren für die Klägerin von großer Wichtigkeit ist, zumal sie sich mit ihrer ausgeübten missionarischen Tätigkeit auch hierzulande in eine nicht unerhebliche Gefahr begeben haben dürfte. Die Klägerin hat glaubhaft geschildert, dass sie auch andere „erlösen“ bzw. „erretten“ wolle. Zudem sei sie überzeugt, dass die meisten Moslems nicht ausreichend bzw. falsch über das Christentum informiert seien, weshalb sie versuchen wolle, eine adäquate Aufklärung zu betreiben. Nach ihrem glaubhaften Vortrag hat sie sich bereits vor ihrer Ausreise aus Marokko öffentlich zu ihrem Abfall vom Islam bekannt, was darauf hindeutet, dass sie nicht den Konflikt scheuen wird, der durch ein öffentliches Glaubensbekenntnis heraufbeschworen würde. Es ist auch zu beachten, dass Artikel 220 Abs. 2 des marokkanischen Strafgesetzbuches in der Praxis weit ausgelegt wird und schon das öffentliche Bekenntnis zum Christentum bzw. zur Konfessionslosigkeit zu einer Bestrafung aufgrund dieser Vorschrift führen kann (s.o.). Allein durch die Existenz ihres Youtube-Kanals ist mit überwiegender – also beachtlicher Wahrscheinlichkeit – damit zu rechnen, dass der marokkanische Staat, als Akteur i.S.d. § 3c Nr. 1 AsylG, ihr einen Prozess bereiten wird, als dessen Folge sie zumindest sechs Monate wird im Gefängnis verbringen müssen. Durch jedes weitere öffentliche Glaubensbekenntnis bzw. durch jede weitere missionarische Tätigkeit (mit der nach derzeitiger Sach- und Kenntnislage aus Sicht des Einzelrichters zu rechnen ist) bestünde die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer erneuten Verurteilung und entsprechenden Bestrafung. Letztere dürfte bei Wiederholungstätigkeiten immer gravierender werden. Bei einer Gefängnisstrafe – insbesondere einer solchen, die mindestens sechs Monate umfasst – handelt es sich um eine gravierende Sanktion, die in erheblichem Maße in die Freiheit der Klägerin eingreifen würde. Hierbei ist auch zu beachten, dass das Recht auf Freiheit in Art. 6 GRCh einen hohen Stellenwert im Rahmen der Grundrechte hat und für jeden Menschen eine grundlegende Voraussetzung zu Selbstverwirklichung darstellt.

2.

Mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erübrigt sich eine Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes und das Vorliegen von Abschiebungsverboten. Da die Voraussetzungen allerdings nach den obigen Ausführungen vorliegen, sind die Feststellungen im angefochtenen Bescheid ebenfalls aufzuheben. Gleiches gilt für die Abschiebungsandrohung sowie die ausgesprochene Befristung des im Fall einer Abschiebung eintretenden Einreise- und Aufenthaltsverbotes. Eine Ausreisepflicht der Klägerin tritt nicht ein. Diesem wird vielmehr in der Folge von der zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des § 25 Abs. 2 AufenthG zu erteilen sein.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.