Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.09.2018, Az.: 7 A 12191/17
Abschiebungsandrohung; Abschiebungsverbote; Herkunftsstaat; Staatsangehörigkeit; Täuschung; Staatsangehörigkeit ungeklärt
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.09.2018
- Aktenzeichen
- 7 A 12191/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74308
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 30 Abs 3 Nr 2 AsylVfG
- § 34 AsylVfG
- § 36 AsylVfG
- § 60 Abs 5 AufenthG
- § 60 Abs 7 S 1 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zur Identitätstäuschung durch Asylbewerber und Einordnung durch das BAMF als "Staatsangehörigkeit ungeklärt".
2. Die Asylklage ist abzuweisen, wenn das Verwaltungsgericht von der behaupteten Herkunft des Klägers nicht überzeugt ist und der Kläger keinerlei Nachweise über die von ihm behauptete Staatsangehörigkeit vorlegt.
3. Die Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs.
7 Satz 1 AufenthG von einem Asylbewerber mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, dem die Abschiebung vom BAMF lediglich in den nicht näher bezeichneten "Herkunftsstaat" angedroht ist, ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Vom Verwaltungsgericht sind nicht "auf Vorrat" entsprechende Gefahren für den Kläger bezogen auf alle denkbaren Zielstaaten zu
prüfen (im Anschluss an BVerwG NVwZ 2002, S. 855, 857).
4. Die Abschiebungsandrohung mit dem Ziel "in den Herkunftsstaat" ist bei Asylbewerbern,
deren
Staatsangehörigkeit sich nicht aufklären lässt, zulässig (im Anschluss an BVerwGE 111, S. 343 = NJW 2000, S. 3798).
Tenor:
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu je 1/2; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Kläger legen keinerlei Identifikationspapiere vor. Sie behaupten, syrische Staatsangehörige yezidischen Glaubens zu sein und sprechen kurdisch (kurmanci), hingegen nicht arabisch. Der Kläger zu 1) gibt an, früher auch etwas armenisch gesprochen zu haben. Er trägt vor, am F. im Dorf G. /Syrien (H.) geboren und von Beruf Schäfer zu sein. Ursprünglich hatte er I. als Geburtsort angegeben. Er habe vier Jahre die Grundschule in J. (K.) besucht. Im Rahmen seiner zweiten Anhörung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter führt er hingegen aus, keine Schule besucht zu haben und Analphabet zu sein. Sein Wohnort sei G. /Stadt J. gewesen, wobei er den Wohnort nur selten verlassen habe. Die Klägerin zu 2) trägt vor, seit 1989 seine Ehefrau und am L. ebenfalls in G. geboren zu sein. Auch sie hatte ursprünglich angegeben, in I. geboren zu sein. Sie habe keine Schule besucht und nach ihrer Heirat das Haus nicht verlassen. Syrien hätten sie am 27. Juli 2014 zusammen mit ihrem nach eigenen Angaben am 6. Februar 1998 in I. – nach Angaben des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung: in G. - geborenen Sohn M. mit dem Pkw in Richtung Türkei verlassen und sich in N. ca. einen Monat aufgehalten, bevor sie sich dann zehn Tage in Istanbul aufgehalten hätten. Am 9. September 2014 seien sie auf unbekannter Route mit einem Lkw weitergefahren und am 12. September 2014 in Deutschland angekommen. Am 4. Dezember 2014 beantragten sie ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Der Kläger zu 1) trug in diesem Zusammenhang vor: sein Reisepass sei ihm von seinem Schlepper in Deutschland abgenommen worden (Bl. 13 VV). Daran, ob er auch einen Personalausweis besessen habe, könne er sich nicht erinnern (Bl. 57 VV). Die Klägerin zu 2) trug vor, sie habe lediglich einen Personalausweis besessen. Dieser sei ihr in Istanbul von einem Schlepper abgenommen worden (Bl. 21 VV).
Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bundesamt - am 16. Dezember 2014 führte der Kläger zu 1) aus, dass vor ca. drei Jahren drei arabische Männer mit Bärten versucht hätten, ihm mit einem Messer in den Hals zu schneiden. Er habe sich jedoch verteidigen und verhindern können, dass ihm der Hals durchgeschnitten wurde. Die Männer hätten seine Schafe stehlen wollen. Seine Wunde sei in einem Krankenhaus versorgt worden. Sein Reisepass und seine Geburtsurkunde befänden sich in H. (Bl. 61 VV). Er sei krank. Die Baath-Partei konnte er nicht bezeichnen (Bl. 65f. VV). Er habe zwar einen Fernseher zu Hause gehabt, aber „nie Fernsehen gesehen“. Die Klägerin zu 2) trug nunmehr vor, dass auch sie ebenso wie ihr Sohn einen Reisepass besessen hätte. Der Schleuser hätte ihnen jedoch die Reisepässe in Deutschland abgenommen (Bl. 70f. VV). Bereits vor zwei Jahren hätten sie ihre Tiere verkauft. Dies sei nach dem Angriff auf ihren Ehemann erfolgt.
Der Sohn M. führte im Rahmen seiner Asylantragstellung vor dem Bundesamt am 4. Dezember 2014 aus, er habe nie irgendwelche Personalpapiere besessen (Bl. 9, 32 seines VV). Der Kläger zu 1) führte hingegen im Rahmen der Anhörung seines Sohnes, bei der er zugegen war, aus, dass dieser eine Geburtsurkunde besessen habe (Bl. 32 VV des Sohnes). Der Sohn trug vor, dass er zusammen mit seinen Eltern in die Türkei ausgereist und direkt nach Istanbul gefahren sei. Dort hätten sie sich 11 bis 15 Tage aufgehalten. Anschließend seien sie mit dem Pkw vier bis fünf Tage weiter nach Deutschland gefahren. Im Rahmen seiner Anhörung am 16. Dezember 2014 führte er ebenfalls im Beisein seines Vaters aus, dass einmal Personen versucht hätten, Tiere zu stehlen. Als sein Vater das bemerkt hätte, hätten diese Personen versucht, den Vater zu köpfen. Wegen des Krieges seien dann die Tiere verkauft worden. Schriftlich führte der Sohn unter dem 16. Dezember 2015 aus, dass er in Syrien seit dem Vormarsch der ISIS (Daesh) in Angst gelebt habe. Ein Sprachgutachten vom 15. Juni 2016 ergab, dass der Sohn der Kläger aus der Herkunftsregion GUS-Staaten, namentlich Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine oder Usbekistan und nicht aus Syrien, dem Irak, der Türkei oder dem Iran stamme. Eine Mundart aus der Region O. (P.)/Syrien könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Hierauf lehnte das Bundesamt den Antrag des Sohnes der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Asylantrag und den Antrag auf subsidiären Schutz mit einem Bescheid vom 9. Juni 2017 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – nicht vorliegen und drohte dem Sohn die Abschiebung in den Herkunftsstaat an. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Gesamtschau ergäbe, dass der Sohn der Kläger die syrische Staatsangehörigkeit nicht besitze, sondern vielmehr über seine Herkunft täusche. Der Bescheid wurde am 21. Juni 2017 bestandskräftig –Q. -. Die Kläger erhielten zum Ergebnis des Sprachgutachtens mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme (Bl. 95 VV). Sie äußerten sich nicht.
Mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 29. November 2017 lehnte das Bundesamt daraufhin auch die Anträge der Kläger auf Asylerkennung (Ziffer 2] der Entscheidungsformel), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1] der Entscheidungsformel) sowie auf subsidiären Schutz (Ziffer 3] der Entscheidungsformel) jeweils als offensichtlich unbegründet ab. Außerdem wurde auch ihnen gegenüber festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4] der Entscheidungsformel). Zugleich wurde den Klägern ebenfalls die Abschiebung in den Herkunftsstaat oder einen anderen Staat angedroht, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, sofern sie nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides ausgereist seien (Ziffer 5] der Entscheidungsformel). Schließlich wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6] der Entscheidungsformel). Zur Begründung wird ausgeführt, dass eine Gesamtschau der Umstände zu der begründeten Annahme führe, dass die Kläger nicht aus Syrien stammten. Die Kläger hätten keinerlei Identifikationspapiere vorgelegt. Sie seien nicht in der Lage gewesen, einfachste Fragen zu ihrem behaupteten Herkunftsland zu beantworten. Die Sprachanalyse des Vortrages ihres Sohnes, der zusammen mit ihnen gelebt und eingereist sei, habe ergeben, dass dieser nicht aus Syrien stamme. Hierzu hätten sich die Kläger nicht erklärt. Die behauptete Verfolgungshandlung durch „bärtige Männer“ sei oberflächlich. Die Anträge seien als offensichtlich unbegründet abzulehnen gewesen, weil die Kläger über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit täuschten. Aufgrund der unglaubhaften Angaben komme eine Abschiebung der Kläger in das angebliche Herkunftsland Syrien nicht in Betracht (Bescheid-abdruck S. 5). Hinsichtlich anderer Staaten lägen keine Gründe für die Feststellung eines Abschiebungsverbots vor. Krankheitsgründe seien nicht nachgewiesen.
Mit ihrer am 6. Dezember 2017 beim Verwaltungsgericht Hannover eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihre Asylanerkennung weiter. Sie bekräftigen, aus Syrien zu stammen. Es gäbe keine Anhaltspunkte in ihrer Sprache, die die Annahme des Gegenteils zuließen. Der Sprachmittler habe über keine geeignete Kenntnis der kurdischen Sprache in Syrien verfügt. In der Sache hätten sie einen Angriff des Islamischen Staates geschildert. Der Kläger zu 1) hat hierzu auf seine Narben an Hals und Bein verwiesen. Eine Rückkehr in das kurdische Krisengebiet in Syrien sei ihnen nicht zuzumuten. Eine Rückkehr in andere Landesteile erscheine ebenfalls nicht ohne weiteres zumutbar, weil in Syrien Bürgerkrieg herrsche.
In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger ihre Klage zurückgenommen,
soweit sie die Verpflichtung der Beklagten begehrt haben, sie als Asylberechtigte anzuerkennen.
und beantragen im Übrigen,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. November 2017 hinsichtlich der Ziffern 1) und 3) bis 6) der Entscheidungsformel aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise
ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat ein vorläufiges Rechtsschutzgesuch der Kläger mit einem Beschluss vom 8. März 2018 abgelehnt – 7 B 12192/17 -.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorbezeichneten Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes über die Asylanträge der Kläger und ihres Sohnes sowie die Ausländerakten über die Kläger Bezug genommen, die dem Gericht zur Einsichtnahme vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
I.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Der zurückgenommene Teil betrifft die von den Klägern ursprünglich beanspruchte Verpflichtung der Beklagten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen.
II.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1. Die Ablehnung des Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1] der Entscheidungsformel des Bescheides) als offensichtlich unbegründet ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Herkunftsland ist nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dasjenige, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Kläger behaupten, syrische Staatsangehörige zu sein.
Das Gericht teilt jedoch die Einschätzung des Bundesamtes, dass die Kläger nicht die syrische Staatsangehörigkeit besitzen.
Das Bundesamt stützt in diesem Zusammenhang sein Offensichtlichkeitsurteil auf den Vorwurf, die Kläger täuschten über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit und erfüllten damit den gesetzlichen Tatbestand für ein Offensichtlichkeitsurteil nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG.
Dies trifft zu.
Die Kläger legen keinerlei Identitätspapiere vor. Der Vortrag zu dem Besitz und Verlust ihrer Identitätspapiere wird von den Klägern zu 1) und 2) sowie ihrem Sohn völlig widersprüchlich dargestellt. Der Kläger zu 1) hatte im Zusammenhang mit der Asylantragstellung vorgetragen, in Syrien eine Reisepass besessen zu haben, den ihm der Schlepper in Deutschland abgenommen hätte (Bl. 13 VV). Später hat er vorgetragen, der Reisepass befinde sich noch in seinem angeblichen Heimatort in Syrien (Bl. 61 VV). In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter hat er schließlich vorgetragen, den Reisepass, von dem in der Anhörung vor dem Bundesamt die Rede gewesen sei, nie gesehen zu haben (Niederschrift S. 3). Die Klägerin zu 2) hatte zunächst vorgetragen, der Schlepper habe ihr ihren syrischen Personalausweis bereits in Istanbul abgenommen (Bl. 21 VV). Später hat sie ausgeführt, sie, ihr Ehemann und auch der Sohn hätten in Syrien ausgestellte Reisepässe besessen. Ihr eigener Reisepass sei auch ihr in Deutschland vom Schlepper abgenommen worden. Auch ihr Sohn habe einen Reisepass besessen (Bl. 70f. VV). Dies bestreitet hingegen der Sohn. Sein Vater behauptet, der Sohn habe nur eine Geburtsurkunde besessen. Auch diese wurde jedoch nicht vorgelegt. Hinzu kommt die unterschiedliche Angabe der Geburtsorte.
Bereits dieses Verhalten belegt den Vorsatz der Identitätstäuschung.
Das nach der Anhörung des Sohnes erstellte Sprachgutachten vom 15. Juni 2017 hat zudem ergeben, dass der Sohn keinesfalls aus der behaupteten kurdischen Region in Syrien stammt, sondern aus den ehemaligen GUS-Staaten. Die hierauf gestützte Ablehnung des Asylantrages des Sohnes ist bereits bestandskräftig. Gestützt werden die tatsächlichen Feststellungen des Sprachgutachtens durch die Einlassung sowohl des Klägers zu 1) als auch des Sohnes, dass sie „früher einmal“ aufgrund von Kontakten mit Nachbarn auch armenisch gesprochen hätten. Das Bundesamt durfte nach dem eindeutigen Ergebnis des umfassend begründeten Gutachtens zur Sprache des Sohnes der Kläger, der nach ihrer gemeinsamen Darstellung ständig mit ihnen zusammengelebt und zusammen mit ihnen ausgereist sei, davon absehen, zusätzlich auch ein Sprachgutachten über die Herkunft der Kläger selbst einzuholen. Rechtliches Gehör zu dem Ergebnis des Gutachtens über die Sprache des Sohnes wurde ihnen vom Bundesamt im Verwaltungsverfahren gewährt, ohne dass sie sich hierzu geäußert haben.
Zudem sind die Darstellungen der Kläger und ihres Sohnes zu ihren behaupteten Lebensumständen in der Kurdenregion Syriens oberflächlich und detailarm. Alle Beteiligten flüchteten sich in den behaupteten fehlenden Schulbesuch, der ebenfalls widersprüchlich dargestellt war, oder gar in den Vortrag der Klägerin zu 2), das Haus nicht verlassen zu haben.
All diese Umstände rechtfertigen die Einstufung der Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet. Auch das Gericht ist der Auffassung, dass sich die Kläger die Behauptung einer syrischen Staatsangehörigkeit zunutze machen wollen, um ihre Bleibechancen im Bundesgebiet zu erhöhen.
Zudem finden sich weitere Widersprüche in dem Vorbringen der Kläger und ihres Sohnes.
So ist der Vortrag zum Reiseweg völlig widersprüchlich. Während die Kläger ausführten, sich zunächst über ca. einen Monat hinweg in N. /Türkei aufgehalten zu haben, führte der Sohn aus, dass sie nach Überquerung der türkischen Grenze direkt nach Istanbul weitergefahren seien. Während die Kläger ausführten, von Istanbul aus mit dem Lkw nach Deutschland gefahren zu sein, sprach der Sohn von einem Pkw.
Die einzig von ihnen geschilderte Verfolgungshandlung zum Nachteil des Klägers zu 1) ist die behauptete Gewalthandlung durch Viehdiebe gegenüber dem Kläger zu 1), die von der Familie dem IS zugerechnet wird, jedoch aber bereits zwei bis drei Jahre vor der Ausreise stattgefunden haben soll und deshalb für die Ausreise nicht kausal war. Darüber hinaus haben die Kläger und ihr Sohn – insoweit jedenfalls einmal übereinstimmend – vorgetragen, dass die Schafherde bereits 1 1/2 Jahre bis zwei Jahre vor der Ausreise verkauft worden sei und sie seither von dem Verkaufserlös an ihrem Wohnort gelebt hätten.
Der Vortrag der Kläger, ihnen drohe bei einer Rückkehr nach Syrien dort Verfolgung, liegt neben der Sache, weil ihnen das Bundesamt die Abschiebung nach Syrien nicht angedroht hat. Vielmehr ist in dem Bescheid ausdrücklich ausgeführt, dass ihre Abschiebung nach Syrien nicht in Betracht kommt (Bescheidabdruck S. 5).
2. Zu dem ersten Hilfsantrag: Ebenso ist die Ablehnung der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus als offensichtlich unbegründet nicht zu beanstanden.
Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt (Nr. 1) die Verhängung der Todesstrafe, (Nr. 2) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder (Nr. 3) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Wegen der fehlenden Überzeugung, dass es sich bei den Klägern um syrische Staatsangehörige handelt, zumal keine Identitätspapiere vorliegen und völlig widersprüchlich vorgetragen wurde, liegen bei den Klägern keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass eine dieser drei Fallgruppen in Bezug auf Syrien oder einen beliebigen anderen Staat erfüllt sein könnte. Auch hier gilt zum Offensichtlichkeitsurteil das oben unter II.1) Ausgeführte.
3. Zu dem zweiten Hilfsantrag: Soweit die Kläger die Verpflichtung der Beklagten beantragen, in ihrem Fall Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, ist ihre Klage bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn den Betroffenen im Herkunftsland aufgrund der dort allgemein herrschenden Gewalt oder den schlechten humanitären Verhältnissen ein menschenwürdiges Leben droht. Dazu gehört auch, wenn eine Person in ein Land zurückkehren soll und von vornherein feststeht, dass sie dort ihren ausreichenden Lebensunterhalt nicht sichern kann. Fehlt es allerdings an einer kausalen Verbindung zwischen der humanitären Krise und dem Verhalten von Konfliktparteien, weil Armut und fehlende staatliche Mittel ursächlich für die schlechten humanitären Bedingungen sind, kann dies zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK nur in ganz außergewöhnlichen Fällen führen, nämlich dann, wenn die humanitären Gründe zwingend sind.
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch eine Abschiebung wesentlich verschlimmern würden. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch dann vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats der Abschiebung gewährleistet ist. Die Kläger behaupten krank zu sein, ohne hierfür ärztliche Bescheinigungen vorzulegen.
Das Bundesamt hat in dem streitbefangenen Bescheid vom 29. November 2017 keinen Zielstaat konkretisiert, in den die Kläger abgeschoben werden können, sondern sich auf die allgemeine Androhung ihrer Abschiebung „in den Herkunftsstaat“ beschränkt. Ausdrücklich hat das Bundesamt in dem Bescheid weiter ausgeführt, dass eine Abschiebung der Kläger nach Syrien nicht in Betracht kommt (Bescheidabdruck S. 5).
Ist der Herkunftsstaat der Kläger – wie vorliegend - ungeklärt, darf in der Abschiebungsandrohung von der Angabe eines Zielstaates nach § 59 Abs. 2 AufenthG abgesehen werden. Wird der Herkunftsstaat später geklärt, muss dieser den Klägern jedenfalls so rechtzeitig vor der Abschiebung mitgeteilt werden, dass sie erneut gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können (BVerwG, Urteil vom 25.7.2000 – 9 C 42/99 – BVerwGE 111, S. 343 = NJW 2000, S. 3798). Hierauf hat auch das Bundesamt auf Seite 6 des streitbefangenen Bescheides vom 29. November 2017 hingewiesen.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass in einem Fall ungeklärter Staatsangehörigkeit des Asylbewerbers, der eine allgemeine Abschiebungsandrohung „in der Herkunftsstaat“ erhält, vom Verwaltungsgericht nicht auf Vorrat entsprechende Gefahren für eine Abschiebung des Klägers in alle denkbaren Zielstaaten zu prüfen sind. Die positive Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss sich grundsätzlich auf konkrete Staaten beziehen. Eine Feststellung, die die Ermittlung von Staaten, in die die Kläger nicht abgeschoben werden dürfen, von weiteren im Einzelfall noch aufzuklärenden zielstaatsbezogenen Umständen wie z.B. der Behandelbarkeit von Krankheiten abhängig macht, stellt keine hinreichend bestimmte Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote dar und kann keine Bindungswirkung für die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylG entfalten (BVerwG, Urteil vom 4.12.2001 – 1 C 11/01 – NVwZ 2002, S. 855, 857).
4. Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 34 und 36 Abs. 1 AsylG.
Wie vorstehend unter II.3) ausgeführt, durfte das Bundesamt im vorliegenden Fall der ungeklärten Staatsangehörigkeit auf die Bezeichnung eines konkreten Abschiebungszielstaats verzichten und den Klägern die Abschiebung lediglich allgemein „in den Herkunftsstaat“ androhen. Wird der Herkunftsstaat später geklärt, muss dieser den Klägern jedenfalls so rechtzeitig vor der Abschiebung mitgeteilt werden, dass sie erneut gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können.
5. Soweit sich die Anfechtungsklage auch gegen die Regelung unter Ziffer 6) der Entscheidungsformel des Bescheids richtet, ist sie ebenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. In dieser Regelung wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Die schlichte Aufhebung der Ziffer 6) der Entscheidungsformel des Bescheids aufgrund der erhobenen Klage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde (VG München, Beschluss vom 14.9.2016 – M 17 S 16.30727 – juris Rdnr. 24). Die Rechtsstellung der Kläger wäre somit nicht verbessert.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1,155 Abs. 2 und 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Gerichtskostenfreiheit findet ihre Rechtsgrundlage in § 83b AsylG.