Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.2009, Az.: 4 K 24935/04

Qualifizierung des Verkaufs von Grundstücken als landwirtschaftliches und forstwirtschaftliches Hilfsgeschäft oder als gewerblicher Grundstückshandel; Zulässigkeit einer Anfechtungsklage gegen die Festsetzung eines Einkommensteuerbescheids der Steuerschuld auf 0 DM/EUR

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
25.03.2009
Aktenzeichen
4 K 24935/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 36281
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2009:0325.4K24935.04.0A

Fundstelle

  • DStRE 2011, 77-79

Einkommensteuer 1997 - 1999

Abgrenzung gewerblicher Grundstückshandel zum land- und forstwirtschaftlichen Hilfsgeschäft

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Verkauf von Grundstücken als land- und forstwirtschaftliches Hilfsgeschäft oder als gewerblicher Grundstückshandel zu qualifizieren ist.

2

Der Kläger erzielt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 Einkommensteuergesetz (EStG) und ermittelt seinen Gewinn für das der Vorschrift des § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG entsprechende Wirtschaftsjahr durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1§ 5 EStG.

3

Zum Betrieb, den er durch Erbfolge zum Buchwert von seinem Vater übernommen hatte, gehörte auch ein Grundstück in A, welches sich in zentraler Lage des Ortes befindet. Zum 1. Januar 1994 hatte er mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung für das auf dem Grundstück stehende und von der Altenteilerin genutzte Wohnhaus eine Teilfläche in der Größe von 4.110 qm, hierin enthalten Gartenfläche im Umfang von 832 qm entnommen. Den zur Hauptstraße ausgerichteten verbleibenden Grundstücksteil (2.936 qm) nutzte er zunächst weiterhin als Weide.

4

Im September 1993 wandte er sich schriftlich an die Bauabteilung der Stadt A und beantragte für das Grundstück die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf das Schreiben verwiesen.

5

Einige Zeit später begann der Kläger unter Einbeziehung von ca. 600 m² der steuerfrei entnommenen Fläche mit der Parzellierung des zuvor betrieblich genutzten Grundstücksteils in 7 Einzelgrundstücke und eine Stichstraße. Wegen der Lage der Grundstücke wird auf die Liegenschaftskarten verwiesen. Die beiden direkt an der Hauptstraße liegenden Grundstücke waren auch ohne die Aufstellung eines Bebauungsplans bebaubar, für die dahinter liegenden Grundstücke war ein Bebauungsplan erforderlich. Die Grundstücke veräußerte er in der Zeit von 1998 bis 2001. Die Grundstückseigentümer erwarben mit dem Kauf des Grundstücks jeweils auch Miteigentumsanteile an der Stichstraße.

6

Im Juni 1998 hatte der Kläger durch ein Unternehmen einen unter der Stichstraße liegenden Schmutzwasserkanal mit Anschlussabzweigungen zu den einzelnen Grundstücken erstellen lassen. Die vorhandene Abwasserleitung, die von der Hofstelle und einem (später abgerissenen) Landarbeiterhaus zum Anschluss an die öffentliche Kanalisation in der Hauptstraße führte, wurde im Bereich des Wendeplatzes an das neue Leitungsnetz angeschlossen und das alte Leitungsnetz bis zum Schacht stillgelegt. Im Juli erfolgten der Ausbau und die Tieferlegung des vorhandenen Schmutzwasseranschlusskanals. Die Kosten wurden dem Kläger in Rechnung gestellt und von diesem bezahlt. Andere Maßnahmen zur Strom- oder Wasserversorgung ließ der Kläger nicht durchführen.

7

Im Mai 1998 hatte der Kläger an zwei Nachbarn insgesamt drei Baugrundstücke verkauft. Da für das eine Grundstück noch kein rechtskräftiger Bebauungsplan bestand, hatte sich der eine Nachbar hierfür den Rücktritt vom Kaufvertrag bis zum 1. Juni 2001 vorbehalten. Nach dem Inhalt der Kaufverträge hatten die Käufer den Ausbau der Zuwegung entsprechend ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Der Kläger hatte den Betrag der ersten Rechnung mit dem Aufteilungsmaßstab 4.200 qm umgelegt und von dem Käufer einen Betrag in Höhe von x DM erstattet bekommen. Bei dem anderen Käufer legte er zwar denselben Aufteilungsmaßstab, als umlagefähigen Betrag jedoch nur etwa ein Drittel des Rechnungsbetrages zugrunde. Die Kosten der zweiten Baumaßnahme legte der Kläger nicht um.

8

Die anderen Grundstücke einschließlich der Miteigentumsanteile verkaufte der Kläger im Oktober 1999, Dezember 2000 und Juni 2001 an die Erwerber EV, EB, EW. Der Erwerber EV hatte sich ebenfalls den Rücktritt vom Kaufvertrag bis zum 30. Juni 2000 vorbehalten, falls ein Bebauungsplan bis dahin nicht rechtskräftig geworden sein sollte. Die nach den Kaufverträgen von jedem Käufer zu tragenden anteiligen Kosten für den Ausbau der Zuwegung stellte der Kläger diesen nicht mehr gesondert in Rechnung.

9

Der Bebauungsplan trat im März 2000 in Kraft, die Planungen waren von einem Planungsbüro im Auftrag der Stadt durchgeführt worden, ohne dass der Kläger daran mitgewirkt oder in diesem Zusammenhang Zahlungen für Planungen oder Erschließungsmaßnahmen geleistet hatte.

10

Den im Jahr 1998 mit dem Verkauf der Grundstücke erzielten Gewinn hatte der Kläger in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt, hiervon x DM auf die Herstellungskosten eines Schweinestalls übertragen und die verbleibende Rücklage in Höhe von x DM gewinnerhöhend aufgelöst.

11

Mit Einkommensteuer 1997 war auf 0 DM festgesetzt worden.

12

Im Rahmen einer die Streitjahre umfassenden Außenprüfung gelangten der Prüfer und ihm folgend das beklagte Finanzamt zur der Auffassung, dass der Kläger mit dem Verkauf der Grundstücke einen gewerblichen Grundstückshandel begründet habe, der mit dem Verlegen des Schmutzwasserkanals im Mai/Juni 1998 begonnen worden sei. Der Kläger habe sich durch den Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans aktiv an der Erhöhung der Verwertbarkeit der Fläche beteiligt, weil der hintere Grundstücksbereich ohne die Aufstellung des Bebauungsplans nicht bebaubar gewesen wäre. Er habe als erster den Antrag auf Aufstellung des Bebauungsplans gestellt, das Grundstück auf eigene Rechnung und Gefahr erschließen lassen und die Bauplätze in eigener Regie verkauft. Die Weiterleitung der Erschließungskosten an die Erwerber sei in diesem Zusammenhang unbeachtlich.

13

Die streitige Fläche sei zu diesem Zeitpunkt nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten in das Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes zu überführen gewesen und aus der Veräußerung der Flächen folgende Gewinne zu erfassen:

14

... Unter Einbeziehung weiterer, von den zwei Käufern gezahlter Zinsen errechnete der Prüfer Einnahmen für 1998 in Höhe von x DM und für 1999 in Höhe von x DM. Als Folge der nunmehr dem Gewerbebetrieb zugeordneten Verkäufe versagte er die Bildung/Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf die Herstellungskosten des Schweinestalls. Der aufgrund der Außenprüfung geänderte Einkommsteuersteuerbescheid für 1997 hatte keine Steueränderung zur Folge.

15

Den Einspruch des Klägers gegen die aufgrund der Außenprüfung geänderten Einkommensteuerbescheide wies der Beklagte zurück. In der Begründung führte er unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus, dass die Aktivitäten des Klägers nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als gewerblicher Grundstückshandel zu qualifizieren seien. Er habe durch den Verkauf von sechs Grundstücken innerhalb von drei Jahren die sog. "Drei-Objekt-Grenze" überschritten und überdies mit der Erstellung des Abwasserkanals Erschließungsaktivitäten entfaltet, die über eine reine Vermögensver-wertung hinausgegangen seien. Die Erschließungsmaßnahme sei ihm und nicht dem einen Nachbarn zuzurechnen, selbst wenn dieser das Angebot eingeholt haben sollte. Der Kläger habe den Auftrag erteilt und die Rechnung bezahlt. Er habe er für alle Flächen gehandelt und nicht nur für die, die er im Anschluss an seine Nachbarn verkauft habe. Als Vertragspartner der Baufirma und Schuldner der Rechnungen habe er das Risiko einer Fehlinvestition getragen, zumal der Bebauungsplan noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Abgesehen davon sei für seine Nachbarn die Verlegung der Leitung bis zum hintersten Grundstück nicht erforderlich oder vorteilhaft gewesen, weil der Abwasserleitungsanschluss für deren Grundstücke direkt von der Hauptstraße zu erreichen gewesen wäre und sie ohne die im Miteigentum aller Eigentümer stehende Stichstraße auch größere Bauplätze gehabt hätten.

16

Mit der Klage begehrt der Kläger wie im Vorverfahren die Behandlung der Grundstücksverkäufe als landwirtschaftliche (Hilfs-)Tätigkeit.

17

Er ist der Auffassung, dass er landwirtschaftliches Anlagevermögen veräußert habe und trägt wie im Einspruchsverfahren zur Begründung vor, dass alle öffentlichen Erschließungsan-lagen (Straße, Versorgungs- und Entsorgungsanlagen) bereits vorhanden gewesen seien und auch die Hofstelle und das Landarbeiterhaus entsprechend durch einen Abwasserkanal an den öffentlichen Kanal in der Hauptstraße angebunden gewesen seien. Die Hofstelle sei im Zeitpunkt der Parzellierung schon voll erschlossen gewesen und deshalb hätten weder er noch die späteren Erwerber zusätzliche Kosten an die Gemeinde entrichten müssen. Die Verlegungsmaßnahme sei nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommune gefallen und deshalb keine Erschließungsmaßnahme im Sinne von § 124 Baugesetzbuch (BauGB). Die Tieferlegung und Erneuerung des Anschlusses an den öffentlichen Kanal sei zur Behebung eines Gegengefälles und des dadurch bedingten Rückflusses erforderlich gewesen.

18

Er meint, die Rechtsprechung des BFH stelle bei der Beurteilung auf die einzelnen Aktivitäten des Steuerpflichtigen zur Baureifmachung ab. Er habe keine bisher nicht bebaubaren Grundstücke in Baugrundstücke umgewandelt und keine der Gemeinde obliegenden Aufgaben übernommen, da er die Grundstücke weder selbst erschlossen noch das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans beeinflusst habe. Die Errichtung einer Privatstraße oder von Versorgungsanlagen auf dem eigenen Grundstück diene lediglich der eigenen Grundstücksnutzung und sei keine Beteiligung an einer Erschließungsmaßnahme. Öffentliche Erschließungsanlagen seien nicht errichtet worden, weil schon das ursprüngliche Grundstück bereits erschlossen gewesen sei. Soweit er die Verlegung des Schmutzwasserkanals in Auftrag gegeben habe, handele es sich hierbei um eine geringfügige Tätigkeit, zumal diese auch die eigene Hofstelle betroffen habe.

19

Der eine Nachbar habe bereits im Jahr 1997 starkes Interesse am Erwerb eines Grundstücks bekundet. Im Hinblick auf die Bebaubarkeit des Grundstücks zur Hauptstraße und die weit fortgeschrittenen Planungen der Stadt A habe er mit der Parzellierung des Grundstücks begonnen. Den Planungen der Stadt A entsprechend sei eine Fläche für die Stichstraße ausgemessen worden, damit für die Anwohner die Erreichbarkeit der Grundstücke von der Hauptstraße gewährleistet gewesen sei. Die Lage des alten Schmutzwasserkanals sei lediglich verändert und der neue Schmutzwasserkanal soweit wie möglich unter die Stichstraße verlegt worden, um die Bauparzellen möglichst nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Diese Maßnahme sei auch durchgeführt worden, um spätere Streitigkeiten mit den Grundstückseigentümern hinsichtlich der Zuständigkeit von Maßnahmen und Kosten im Zusammenhang mit dem Schmutzwasserkanal zu vermeiden. Diese habe er befürchtet, wenn nicht alle Eigentümer auch Miteigentümer des Kanals gewesen seien. Da noch nicht alle Parzellen veräußert gewesen seien, habe die Baufirma die Rechnungen an ihn gerichtet und er habe die Kosten anteilig auf die Bauparzellen und seine Gebäude auf der Hofstelle umgelegt. Während er die Kosten den beiden Nachbarn noch gesondert berechnet habe, seien diese bei den späteren Verkäufen mit in den Kaufpreis eingeflossen. Er habe die Erstellung der Stichstraße nicht in Auftrag gegeben, sondern nur das dafür notwendige Grundstück veräußert. Die Miteigentümergemeinschaft habe nach der Fertigstellung der Häuser den Bau der Straße in Auftrag gegeben und die Kosten untereinander aufgeteilt.

20

Sein Schreiben vom September 1993 sei als Mitteilung über die Aufgabe des bis dahin von seinem Vater geleisteten Widerstands zu verstehen, der sich immer wegen befürchteter Beeinträchtigungen seines landwirtschaftlichen Betriebes gegen Anträge auf Aufstellung eines Bebauungsplans gewehrt habe. Er selbst habe sich wegen der von ihm beabsichtigten Umsiedlung des Betriebes in den Außenbereich diesen Planungen nicht mehr widersetzen wollen, aber keine weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans nicht unternommen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass er die Verkaufserlöse zur Umsiedlung seines Betriebes in den Außenbereich benötigt habe. Damit habe er auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung --insoweit sei sein Fall mit dem Sachverhalt der Entscheidung des BFH im Urteil vom 17. Dezember 1970 (IV R 286/66, BFHE 101, 520, BStBl II 1971, 456 ) vergleichbar-- nicht wie ein gewerblicher Grundstücks-händler gehandelt.

21

Da er lediglich landwirtschaftliches Anlagevermögen veräußert habe, habe er den Gewinn nach § 6b EStG auf den Maststall übertragen können. Da die Bildung der Rücklage an einen Antrag gebunden sei, sei er auch für das Streitjahr 1997 trotz der Steuerfestsetzung mit 0 DM/EUR beschwert.

22

Hilfsweise trägt er vor, dass die Einlage der Grundstücke in den nach Ansicht des FA begründeten Gewerbebetrieb unzutreffend zum Buchwert erfolgt sei, da § 6 Abs. 5 EStG erst ab dem Jahr 1999 zur Anwendung komme. Somit habe die Überführung der Grundstücke zum Teilwert zu erfolgen (EStR R 14 Abs. 1 S. 3).

23

Der Kläger beantragt,

... (1)

24

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

25

Der Beklagte hält an seiner im Vorverfahren vertretenen Auffassung fest und verweist zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.

26

Ergänzend meint er, dass nach den im Vorverfahren gewonnenen Erkenntnissen die Bauarbeiten im Hinblick auf die Erhaltung der Brauchbarkeit der bisherigen Kanalisation nicht erforderlich gewesen seien. Auch sei der alte Schmutzwasserkanal mit den alten Gebäuden auf kürzestem Wege verbunden gewesen. Lediglich die Benutzbarkeit der Bauparzellen sei erheblich eingeschränkt gewesen, weil der Abwasserkanal die neu parzellierten Grundstücke durchkreuzt habe. Der neue Leitungsverlauf habe sich an der neu angelegten Straße orientiert und mit dem alten nichts mehr gemein. Außerdem seien neue Abzweigungen für die einzelnen Hausgrundstücke angelegt worden, wodurch die spätere Auftrennung des Leitungsnetzes vermieden worden sei. Erst hierdurch hätten die Parzellen als voll erschlossen gegolten. Vor dieser Maßnahme wäre die Verkäuflichkeit erheblich beeinträchtigt gewesen.

27

Selbst wenn das alte Leitungsnetz reparaturbedürftig gewesen sei, seien die Baumaßnahmen am Leitungsnetz nicht mehr als geringfügig zu betrachten. Ein erheblicher Teil der Schlussrechnung vom Juli 1998 entfiele nicht auf Reparaturmaßnahmen, sondern auf die neuen Leitungsanschlüsse. Gleiche gelte für die im Anschluss durchgeführte Maß-nahme, weil die Notwendigkeit der höhengerechten Anpassung des Schmutzwasseran-schlusskanals nicht zwingend die Notwendigkeit der in Rechnung gestellten Erneuerung der gesamten Schmutzwasserleitungen ab den Hausanschlüssen beinhalte. Auch sei der Kläger nicht zur Abwasserkanalerschließung gedrängt worden, sondern habe diese den Grundstückserwerbern obliegende Aufgabe aus freien Stücken vorgeholt. Er hätte ohne Beantragung des Bebauungsplans die Einrichtung der Stichstraße vermeiden und die Grundstücke trotzdem verkaufen können. Das der Bereich bereits teilweise erschlossen gewesen sei, könne eine fehlende Vereinbarung zur Erschließung die Gewerblichkeit nicht widerlegen.

Entscheidungsgründe

28

I.

Die Klage wegen Einkommensteuer 1997 ist unzulässig, weil der Kläger durch die Steuerfestsetzung auf 0 DM/EUR nicht beschwert ist. Eine Rechtsverletzung im Sine des § 40 Abs. 2 FGO kann grundsätzlich nur wegen zu hoher Steuerfestsetzung geltend gemacht werden, so dass die Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid, in dem die Steuerschuld auf 0 DM/EUR festgesetzt ist, grundsätzlich unzulässig ist (Gräber/von Groll FGO § 40 Rz. 87,88). Auch die Auswirkung der Höhe der Rücklage nach § 6b EStG begründet keine Beschwer, weil der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich zu den rechtlich unselbständigen für jeden Veranlagungszeitraum zu ermittelnden Besteuerungsgrundlagen gehört, die zusammen mit den anderen Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid eingehen und hierbei keine Bindung an für andere Veranlagungszeiträume ermittelte Besteuerungsgrundlagen besteht, selbst wenn der für den früheren Veranlagungszeitraum ergangene Steuerbescheid bestandskräftig geworden ist (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1990 IV R 129/89, BFHE 163, 130, BStBl II 1991, 356 ). Daher konnte die Klage in diesem Punkt keinen Erfolg haben.

29

II.

Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 sind rechtswidrig, weil der Beklagte die Grundstücksverkäufe unzutreffend als gewerblichen Grundstückshandel qualifiziert und den Gewinn damit zu Unrecht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) der Besteuerung unterworfen hat.

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1.

Der mit dem Verkauf der Grundstücke erzielte Gewinn ist bei den Einkünften des Klägers aus Land- und Fortwirtschaft (§ 13 EStG) zu erfassen.

31

a)

Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, führt nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, grundsätzlich zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist (BFH-Urteil vom 8. September 2005 IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, m.w.N.). Dieses gilt selbst dann, wenn ein großes bisher landwirtschaftlich genutztes Areal parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichem Gewinn veräußert werden. Ein gewerblicher Grundstückshandel ist dem gegenüber nur dann anzunehmen, wenn der Verkäufer Aktivitäten entfaltet, die über das normale Bestreben, einen günstigen Grundstückspreis zu erzielen, hinausgehen und darauf gerichtet sind, den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (BFH-Urteile vom 8. September 2005 IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, m.w.N.; vom 8. November 2007, IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und IV R 35/06, BFHE 220, 28, [BFH 08.11.2007 - IV R 35/06] BStBl II 2008, 359 ; BFH-Beschluss vom 8. August 2007 IV B 138/06, BFH/NV 2008, 59). Ob die Baulanderschließung zu einer gewerblichen Tätigkeit führt, muss zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung und von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach den gleichen Grundsätzen entscheiden werden (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 35/88, BFH/NV 1991, 317). In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung zur Verkehrsanschauung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (BFH-Urteil vom 8. November 2007, IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359 ).

32

Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger mit dem Verkauf der Grundstücke den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung/landwirtschaftlichen Betätigung nicht überschritten hat.

33

Die Parzellierung des Grundstücks ist für sich genommen als notwendige Voraussetzung zum Verkauf einzelner Flächen unschädlich (BFH-Urteil vom 7. Februar 1973, I R 210/73, BFHE 109, 308, BStBl II 1973, 642 [BFH 07.02.1973 - I R 210/71]). Aber auch in Verbindung mit dem vom Kläger mit Schreiben vom September 1993 gestellten Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans und der Verlegung des Schmutzwasserkanals sind die vom Kläger in diesem Zusammenhang insgesamt entfalteten Tätigkeiten nicht so gewichtig, dass sie in der Summe die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit begründen könnten.

34

Der Bebauungsplan ist nicht unter aktiver Beteiligung des Klägers erstellt worden, denn der Kläger hat weder bei den Vorbereitungsmaßnahmen aktiv mitgewirkt noch in anderer Weise Einfluss genommen. Insbesondere ist in dem vom Kläger an die Stadt gerichteten Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans keine aktive Mitwirkung am anschließenden Zustandekommen des Bebauungsplans zu sehen.

35

Grundsätzlich kann die aktive Mitwirkung und Einflussnahme auf die Erstellung eines Bebauungsplans und insbesondere dessen Finanzierung im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken zu einer gewerblichen Tätigkeit führen (BFH-Urteil vom 8. November 2007, IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359 m.w.N.). Soweit jedoch die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Bebaubarkeit des Grundstücks nach öffentlichem (Bau-)Recht stehen, ist danach zu differenzieren, ob sich diese im Rahmen der Mitwirkungsrechte nach den einschlägigen bau- und/oder bauordnungsrechtlichen Regelungen bewegen oder ob die Aktivitäten bereits als Übernahme kommunaler Aufgaben zu qualifizieren sind (BFH-Urteil vom 8. November 2007, IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 ). Allein die wiederholte Vorsprache bei den Entscheidungsträgern der Gemeinde oder die Vorlage eigener Planungsentwürfe wie auch die Anregung zur Vornahme der Erschließung in Teilabschnitten reichen, solange der Landwirt lediglich im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte tätig ist, nicht aus, um einen gewerblichen Grundstückshandel anzunehmen (BFH-Urteil vom 8. November 2007, IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 ).

36

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann ein an die Gemeinde gerichteter Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans allein noch keine gewerbliche Betätigung begründen, da dieser lediglich die niedrigste Stufe der dem Bürger zustehenden Mitwirkungsrechte darstellt. Er entfaltet keine rechtliche oder tatsächliche Wirkung, sondern hat lediglich den Charakter einer Anregung, weil die Aufstellung eines Bebauungsplans allein Sache der Gemeinde/Stadt ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach § 3 Abs. 1 BauGB Beteiligung von Bürgern im Vorfeld der Beschlussfassung ausdrücklich vorgesehen ist und ihnen ist grundsätzlich Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung der Planungen zu geben ist. Unter diesen Gegebenheiten ist auch die einer Planung vorangehende Anregung zur Aufstellung eines Bebauungsplans lediglich als Ausfluss der dem Kläger zustehenden Mitwirkungsrechte zu sehen, ohne dass hieraus ein Rückschluss auf eine gewerbliche Tätigkeit des Antragstellers, in diesem Fall des Klägers gezogen werden kann. Da der Kläger in Bezug auf die Aufstellung des Bebauungsplans über diese einmalige Tätigkeit hinaus keine weiteren Aktivitäten entfaltet hat, hat er auch nicht in der für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderlichen maßgeblichen Weise bei der Vorbereitung (Planung) der künftigen Erschließung mitgewirkt oder auf die Planungen Einfluss genommen.

37

Keine andere Beurteilung ergibt sich durch die Einbeziehung der Maßnahmen zur Verlegung der Abwasserleitung. Auch diese sind zur Begründung einer gewerblichen Tätigkeit nicht ausreichend, weil sie nicht als Erschließungsmaßnahmen im Sinne des BauBG zu qualifizieren sind.

38

Zur Erschließung gehört in baurechtlicher Hinsicht die erstmalige Herstellung der zur Baureifmachung der Grundflächen erforderlichen Anlagen, d.h. mindestens der Anschluss an das öffentliche Straßennetz, die Versorgung mit Elektrizität und Wasser sowie die Abwasserbeseitigung; hiervon nicht erfasst ist die Verbesserung, Erweiterung oder Unterhaltung bestehender Anlagen (Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB Kommentar, 10. Aufl. 2007, Vor § 123 bis 135 Rz. 3 m.w.N.).

39

Auch der BFH hat in seinen Entscheidungen nur die erstmalige Anlage von Straßen und Abwasserkanälen und die Verlegung von Wasser- und Stromleitungen als schädlich erachtet (BFH-Urteil vom 8. November 2007 IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359 m.w.N.; vom 5. Oktober 1989 IV R 35/88, BFH/NV 1991, 317), so dass nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die Maßnahmen überhaupt gewerblichen Charakter haben, auf Erschließungsmaßnahmen im bauordnungsrechtlichen Sinn abzustellen ist.

40

Die Verlegung einer bestehenden Abwasserleitung ist keine Erschließungsmaßnahme im Sinne des BauBG, weil die Bebaubarkeit der Grundstücke auch durch Verbindungsleitungen zu dem damals bereits bestehenden Schmutzwasserkanal hätte gewährleistet werden können, selbst wenn dieses eine Beeinträchtigung der Grundstücke beinhaltet hätte. Die Verlegung des bereits bestehenden Schmutzwasserkanals kann dem Kläger deswegen nicht als erstmalige Erschließungsmaßnahme zugerechnet werden. Dass der Kläger den Kanal verlegt hat, um auch im eigenen Interesse durch die Begründung von Miteigentum am Kanal späteren Streitigkeiten vorzubeugen, macht ihn nicht zum gewerblichen Grundstückshändler. Jeder Grundstückseigentümer hat das Recht, sein Grundstück auf optimale Weise auszunutzen. Dazu gehört auch die weitestgehende Vermeidung von Belastungen, wie sie ein Schmutzwasserkanal darstellt. Aber selbst wenn diese Verlegung als erstmalige Maßnahme zu qualifizieren wäre, hätte der Kläger das Grundstücksareal trotzdem nicht bauordnungsrechtlich erschlossen, weil er weitere für die Erschließung ebenso notwendige Maßnahmen nicht durchgeführt hat. Er hat weder Straßen angelegt noch für die Verlegung von Wasser- und Stromleitungen gesorgt oder die Aufstellung entsprechender Verteileranlagen in Auftrag gegeben. Da der Kläger auf die Durchführung dieser für eine Erschließung ebenso notwendigen Maßnahmen verzichtet hat, ist seine Tätigkeit auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht mit typischen, eine gewerbliche Betätigung begründenden, Maßnahmen vergleichbar.

41

2.

Die Grundstücksverkäufe waren Teil der landwirtschaftlichen Betätigung des Klägers und die Grundstücke befanden sich im Zeitpunkt der Veräußerung im Anlagevermögen seines landwirtschaftlichen Betriebes. Da die übrigen Voraussetzungen für die Bildung der den Gewinn mindernden Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG unstreitig erfüllt gewesen sind und auch die Höhe zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen hierzu ab.

42

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 3 FGO. Bei der nach § 136 Abs. 1 S. 1 FGO gebotenen Kostenverteilung in Umfang des Obsiegens und Unterliegens haben die Kläger unter Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen nur ca. 1 Prozent der Kosten zu tragen. Damit sind sie zu einem so geringen Teil unterlegen, dass es sach- und ermessensgerecht ist, dem Beklagten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

(1) Red. Anm.:

Antrag im Original vom Gericht anonymisiert