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  • ab 19.04.1983 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 73 VV-BBauG - Zulässigkeit sonstiger Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 2, 3, 4 und 5)

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Bundesbaugesetz (VV-BBauG)
Amtliche Abkürzung
VV-BBauG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000001

73.1
Wegen des Begriffs "Außenbereich" wird auf Nr. 72.1 verwiesen.

73.2
Sonstige Vorhaben

Sonstige Vorhaben sind alle Vorhaben, die nicht in § 35 Abs. 1 aufgeführt sind. Auch die in § 35 Abs. 4 und 5 genannten Vorhaben gehören zu den sonstigen Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2.

73.3
Beeinträchtigung öffentlicher Belange

Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn ein öffentlicher Belang konkret und mit nicht nur unerheblichen Auswirkungen berührt wird.

Die Prüfung, ob öffentliche Belange beeinträchtigt werden, darf nicht schematisch und ohne sorgfältige Ermittlung des im Einzelfall vorliegenden Sachverhalts erfolgen.

Bei Vorhaben nach § 35 Abs. 2 ist eine Aufrechnung der verschiedenen für und gegen das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange nicht möglich. Ein Vorhaben ist zwingend abzulehnen, wenn es auch nur einen öffentlichen Belang beeinträchtigt.

73.4
Öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 2

73.4.1
Der Begriff des öffentlichen Belanges bezieht sich auf alle öffentlichen Interessen, die im Hinblick auf das betreffende Grundstück bodenrechtlich von Bedeutung sind (vgl. Nr. 14a.2).

73.4.2
Der Begriff der öffentlichen Belange ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Bei seiner Anwendung hat die Behörde keinen Beurteilungsspielraum. Demnach kann immer nur eine Entscheidung richtig sein.

73.4.3
Auf die von den öffentlichen Belangen ausgehende Schutzwirkung kann weder die Gemeinde noch eine sonstige Behörde noch ein begünstigter Dritter verzichten.

73.4.4
Der Katalog der öffentlichen Belange in § 35 Abs. 3 ist nicht abschließend. Genannt werden lediglich die Belange, die erfahrungsgemäß gegenüber Vorhaben im Außenbereich besonders empfindlich sind. Es können weitere öffentliche Belange beeinträchtigt werden.

73.4.5
Für einzelne Belange gilt folgendes:

  1. a)

    Ziele der Raumordnung und Landesplanung

    Die Ziele der Raumordnung müssen im Hinblick auf das einzelne Vorhaben in Raumordnungsprogrammen sachlich und räumlich eindeutig konkretisiert sein.

  2. b)

    Darstellungen des Flächennutzungsplanes

    Gegenüber den "sonstigen Vorhaben" im Sinne des § 35 Abs. 2 wirkt sich der Flächennutzungsplan nur dann aus, wenn das Vorhaben zu einem hierin hinreichend konkretisierten Planungswillen der Gemeinde im Widerspruch steht. Entscheidend sind immer die konkreten Umstände des Einzelfalles. Der Flächennutzungsplan kann sich insbesondere dann nicht gegenüber einem "sonstigen Vorhaben" auswirken, wenn z.B. die örtlichen Gegebenheiten seiner Verwirklichung entgegenstehen.

  3. c)

    Schädliche Umwelteinwirkungen

    Anhaltspunkte für das Vorliegen "schädlicher Umwelteinwirkungen" können sich aus § 3 BImSchG ergeben. Hiernach sind dies Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen in diesem Sinne sind auf Menschen sowie Tiere und Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

    Ein Vorhaben beeinträchtigt jedoch nicht nur dann öffentliche Belange, wenn es selbst schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist, z.B. Wohnhäuser in der Nähe von Anlagen im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5, sondern auch dann, wenn es solche hervorruft (Emissionen). Emissionen sind von den Vorhaben ausgehende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Erscheinungen. Nicht entscheidend ist hierbei, ob es sich um Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG handelt. Ein Vorhaben kann z.B. unzulässig sein, weil es sich schädlich auf die Nutzung umgebender landwirtschaftlicher Flächen auswirkt. Auch bei Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 kann die Verursachung schädlicher Umwelteinwirkungen einem solchen Vorhaben entgegenstehen. Hier ist aber eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Zweck der Privilegierung und diesem öffentlichen Belang vorzunehmen.

  4. d)

    Unwirtschaftliche Aufwendungen

    Unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen und andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung, der Abwasser- und Abfallbeseitigung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben werden durch ein Vorhaben ausgelöst, wenn seine Genehmigung Erschließungsanlagen oder neue Ausgaben (z.B. für Schulwegkosten oder Feuerschutz) zur Folge hätten, deren Herstellung bzw. Übernahme zum Aufgabenkreis der Gemeinde oder anderer öffentlicher Träger gehören würde. Diese Aufwendungen sind unwirtschaftlich, wenn sie in einem Mißverhältnis zu dem erzielbaren Nutzen stehen oder wenn sie den Haushalt des Erschließungsträgers in unzumutbarer Weise oder in einem nach der Finanzplanung ungeeigneten Zeitpunkt belasten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß zu den Aufwendungen nicht nur die Herstellungs-, sondern auch die Unterhaltskosten gehören.

    Unerheblich ist, ob die Gemeinde selbst oder andere Träger die Kosten für die Erschließungsanlagen übernehmen.

  5. e)

    Gefährdung der Wasserwirtschaft

    Die Wasserwirtschaft kann durch Vorhaben gefährdet sein, die Menge und Güte des Grundwassers oder der Oberflächengewässer nachteilig beeinflussen. Dies gilt insbesondere für Vorhaben in Wassergewinnungsgebieten, für Vorhaben, die Hochwasserabflüsse behindern oder zu einer Verschärfung des Abflusses führen.

    Die Vorschriften des Niedersächsischen Wassergesetzes sind zu beachten.

  6. f)

    Belange des Natur- und Landschaftsschutzes

    Maßgebend dafür, ob "Belange des Natur- und Landschaftsschutzes" beeinträchtigt sind, sind die Vorschriften des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes. Beeinträchtigt sind die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes insbesondere bei Vorhaben in durch Verordnung oder Satzung geschützten Schutzgebieten und Schutzobjekten - bei letzteren auch regelmäßig in deren Nachbarschaft -, in den in Landschaftsrahmenplänen und Landschaftsplänen dargestellten schutzwürdigen Gebieten, auch wenn sie noch nicht förmlich geschützt sind, sowie bei Vorhaben, die den Darstellungen eines Landschaftsplanes widersprechen.

  7. g)

    Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes

    Eine Verunstaltung des "Orts- und Landschaftsbildes" ist gegeben, wenn der städtebauliche und landschaftliche Gesamteindruck erheblich gestört wird.

    Eine Verunstaltung des Ortsbildes oder eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft wird im allgemeinen nicht vorliegen, wenn die Ausführung oder Benutzung der baulichen Anlage nur unerhebliche Auswirkungen auf ihre Umgebung hat.

    Gesichtspunkte der Baugestaltung haben im Rahmen der in § 35 geregelten bodenrechtlichen Fragen keine Bedeutung.

    Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn das Landschaftsbild bereits nachhaltig zerstört ist; in diesem Falle fehlt es an einem Schutzgut, das weiteren Eingriffen in die Landschaft entgegenstehen könnte.

  8. h)

    Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft

    Schutzgut ist die funktionelle Bestimmung des Außenbereichs.

    Die "natürliche Eigenart der Landschaft" ist beeinträchtigt, wenn das Vorhaben der naturgegebenen, für die Landschaft charakteristischen Bodennutzung widerspricht, von seiner Zweckbestimmung keine Beziehung zur Landschaft hat und damit in der Landschaft einen Fremdkörper bildet. Das Erscheinungsbild oder ähnliche ästhetische Merkmale sind unbeachtlich. Es ist deshalb auch ohne Belang, ob das Vorhaben in Erscheinung tritt oder durch Bäume oder sonstwie der Sicht entzogen ist.

    Ist im Außenbereich bereits eine Anzahl von Landschaftseingriffen vorhanden, so bedarf es besonderer Darlegung, daß dennoch durch ein neues Vorhaben die Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird.

  9. i)

    Beeinträchtigung der Aufgabe der Landschaft als Erholungsgebiet

    Geschützt werden soll die Landschaft, soweit sie besonderen Erholungsaufgaben dient. Diese besondere Erholungsfunktion muß sich aus konkreten Merkmalen (z.B. Lage an Ufern und Küsten; Berg-, Heide-, Wald- oder Moorlandschaft) ergeben. Nicht jedes Außenbereichsgrundstück ist für die Erholung von besonderer Bedeutung.

  10. j)

    Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung

    Splittersiedlung ist die Ansammlung von Gebäuden, die jedoch nicht das für die Annahme eines Ortsteiles im Sinne von § 34 notwendige Gewicht besitzt; sie ist auch nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur.

    Die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung ist nicht ohne weiteres schon als Beeinträchtigung öffentlicher Belange zu werten. Eine Splittersiedlung kann siedlungsstrukturell unbedenklich sein. Entscheidend ist, ob die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung der Splittersiedlung zu "befürchten", d.h. siedlungsstrukturell zu mißbilligen ist.

    • Das "Entstehen" einer Splittersiedlung ist nur dann zu "befürchten", wenn das Vorhaben zum Bestehen einer unerwünschten Splittersiedlung führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet wird.

    • Die "Erweiterung" einer Splittersiedlung ist die räumliche Ausdehnung des bisher in Anspruch genommenen Bereiches. Sie ist zu befürchten, wenn auch sie unerwünscht und zu mißbilligen ist. Das trifft ohne weiteres zu, wenn bereits die durch das Vorhaben erweiterte Splittersiedlung siedlungsstrukturell zu mißbilligen ist. Auch die Erweiterung einer als solche nicht mehr zu mißbilligenden Splittersiedlung kann unerwünscht sein.

    • Die "Verfestigung" einer Splittersiedlung ist die Auffüllung des bereits bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs. Auch sie ist zu befürchten, wenn sie unerwünscht und zu mißbilligen ist. Das wird im allgemeinen angenommen werden müssen, wenn die durch das Vorhaben verfestigte Splittersiedlung zu mißbilligen ist.

      Bei der Entstehung und Erweiterung einer Splittersiedlung ist die Mißbilligung die Regel. Es wird deshalb häufig genügen festzustellen, daß sich keine positiven Rechtfertigungsgründe erkennen lassen. Demgegenüber sind Vorhaben, die eine vorhandene Splittersiedlung verfestigen, unter dem Gesichtspunkt der Siedlungsstruktur meist günstiger zu beurteilen. In den Fällen der Verfestigung muß die Mißbilligung deshalb auch stets näher begründet werden.

  11. k)

    Planungserfordernis

    Das Planungserfordernis ist gegeben, wenn ein Vorhaben wegen seines Umfanges einer verbindlichen Bauleitplanung bedarf. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Koordinierung der im Gebiet des Vorhabens potentiell betroffenen Interessen einer spezifisch planerischen und für das Ergebnis auch gleichsam amtlich einstehenden Abwägung bedarf.

73.5
Unbeachtlichkeit einzelner Belange nach § 35 Abs. 4 und 5

Die Vorschriften des § 35 Abs. 4 und 5 betreffen sonstige Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2, denen jedoch folgende öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können:

  • Darstellungen des Flächennutzungsplanes oder eines Landschaftsplanes;
  • die natürliche Eigenart der Landschaft.
    Die Frage der Beeinträchtigung der Landschaft als Erholungsgebiet muß jedoch weiterhin geprüft werden;
  • Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung.

Diese Aufzählung ist abschließend. Alle anderen in § 35 Abs. 3 aufgezählten und sonstigen öffentlichen Belange sind zu prüfen. Sie dürfen nicht beeinträchtigt werden.

Für die einzelnen Fälle gilt folgendes:

73.5.1
Vorhaben nach § 35 Abs. 4

73.5.1.1
Die Regelung des § 35 Abs. 4 gilt nur für bauliche Anlagen, die nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 privilegiert waren. Sie ist nicht anwendbar auf Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nrn. 4 und 5.

73.5.1.2
Eine Nutzungsänderung ist nur dann "beabsichtigt", wenn die neue Nutzung im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht aufgenommen ist.

73.5.1.3
Die Nutzungsänderung darf nicht mit einer wesentlichen Änderung der baulichen Anlage verbunden sein.

Bauliche Änderungen sind dann "wesentlich", wenn sie in ihren Auswirkungen die in § 35 Abs. 4 genannten öffentlichen Belange (Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Eigenart der Landschaft, Verhinderung von Splittersiedlungen) zusätzlich mehr als nur geringfügig berühren. Dies ist für die jeweilige Situation und nach der auf sie reagierenden Verkehrsauffassung zu beurteilen.

Ob eine bauliche Änderung "wesentlich" ist, ist hiernach im Einzelfall zu prüfen. Bauliche Änderungen von geringem Umfang können sich auf die genannten öffentlichen Belange dennoch mehr als geringfügig auswirken; sie sind dann "wesentlich". Andererseits können bauliche Änderungen von größerem Umfang die genannten öffentlichen Belange nicht erheblich berühren; sie sind dann nicht "wesentlich".

73.5.1.4
Die Nutzungsänderung muß nicht im unmittelbaren Anschluß an die Aufgabe der privilegierten Nutzung erfolgen. Die bauliche Anlage muß jedoch so beschaffen sein, daß sie in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt werden könnte.

73.5.2
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1

73.5.2.1
Das zu beseitigende Gebäude muß ein Wohngebäude sein und bis zur Antragstellung in dieser Weise genutzt worden sein. Das Gebäude verliert nicht den Charakter als Wohngebäude, wenn nur einzelne Räume anderen, z.B. gewerblichen Zwecken dienen.

73.5.2.2
Das zu beseitigende Wohngebäude muß zulässigerweise errichtet und zu einem früheren Zeitpunkt privilegiert im Sinne von § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 gewesen sein. Es ist nicht erforderlich, daß die Privilegierung auch noch für die Person des jetzigen Eigentümers gegeben ist.

73.5.2.3
Der Eigentümer muß das zu beseitigende Wohngebäude bis zur Antragstellung seit längerer Zeit als Dauerwohnung eigengenutzt haben.

Ein Zeitraum von weniger als zwei Jahren kann nicht als längere Zeit im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden.

Die Voraussetzung der Eigennutzung liegt nur dann vor, wenn der Antragsteller oder die zu seinem Haushalt gehörenden Personen das Wohngebäude überwiegend selbst genutzt haben.

Nicht erforderlich ist dagegen, daß auch der Eigentumserwerb längere Zeit zurückliegt. Die Erleichterung des § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 kommt auch demjenigen zugute, der mit seiner Familie das Gebäude zwar schon längere Zeit selbst genutzt, aber erst vor kürzerer Zeit Eigentum erworben hat, z.B. im Wege der Erbfolge.

73.5.2.4
Das zu ersetzende Gebäude darf den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht entsprechen.

Dies sind solche Anforderungen an das gesunde Wohnen, die sich aus dem Gebäude, d.h. seiner Beschaffenheit, seinem Zustand, seiner baulichen Ausgestaltung ergeben, etwa zu kleine, im Grundriß zu schlecht gestaltete Räume, zu geringe lichte Höhen, zu geringe Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse. Ausnahmsweise zählen dazu auch unzureichende Schutzeinrichtungen gegen Störungen von außen (Feuchtigkeit, Kälte u.ä.).

Das vorhandene Gebäude muß deutlich vom allgemein anerkannten Wohnstandard abweichen, d.h. die Wohnfunktion als solche muß in wesentlichen Teilen des Gebäudes erheblich beeinträchtigt sein.

Die für die Anpassung erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen müssen wirtschaftlich unvertretbar kostspielig sein. Eine wirtschaftliche Unvertretbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die Kosten der erforderlichen Modernisierung die Hälfte der Kosten eines vergleichbaren Neubaues übersteigen. Auf die Vermögensverhältnisse des Antragstellers kann nicht abgestellt werden.

73.5.2.5
Das alte Gebäude muß abgebrochen werden. Das schließt nicht aus, daß Teile des alten Gebäudes in den Neubau einbezogen werden. Es ist sicherzustellen, daß nicht das alte Gebäude und der Ersatzbau nebeneinander bestehen bleiben.

73.5.2.6
Das neue Gebäude muß an der gleichen Stelle errichtet werden. Dabei sind geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig (§ 35 Abs. 5 Satz 2).

"An der gleichen Stelle" wird das Gebäude errichtet, wenn es am Standort des zu ersetzenden Gebäudes gebaut wird.

Eine Abweichung vom bisherigen Standort ist "geringfügig", wenn die in § 35 Abs. 4 genannten öffentlichen Belange durch die Standortverschiebung nicht mehr als geringfügig betroffen werden.

Abweichungen vom bisherigen Standort können sich aus Vorschriften des öffentlichen Baurechts im Sinne von § 2 Abs. 8 NBauO ergeben, z.B. wegen der Einhaltung von Abstandsvorschriften des Bauordnungs- oder des Straßenrechts. Sie können auch wegen der Beschaffenheit des Baugrundes erforderlich sein.

73.5.2.7
Das neue Gebäude muß dem zu ersetzenden "vergleichbar" sein.

Ein vergleichbares neues Gebäude ist ein solches, das im Bauvolumen, in der Nutzung und in der Funktion dem zu ersetzenden gleichartig ist. Nicht erforderlich ist, daß die innere Aufteilung und Gestaltung der Räume gleichartig ist; diese können vielmehr beim neuen Gebäude verändert werden.

Die geforderte Vergleichbarkeit schließt eine gewisse architektonische Variationsbreite ein. Dabei ist auf eine landschaftsgebundene Bauweise zu achten, da der in § 35 Abs. 3 bezeichnete Belang des Orts- und Landschaftsbildes auch bei den Ersatzbauten zu berücksichtigen ist.

73.5.2.8
Geringfügige Erweiterungen des neuen Wohngebäudes gegenüber dem beseitigten Gebäude sind zulässig (§ 35 Abs. 5 Satz 2).

Eine Erweiterung ist "geringfügig", wenn durch sie die in § 35 Abs. 4 bezeichneten Belange zusätzlich nicht mehr als geringfügig berührt werden.

73.5.2.9
Das neue Wohngebäude muß für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie bestimmt sein. Zur Familie rechnen nach der entsprechend anzuwendenden Bestimmung des § 8 Abs. 1 des II. WoBauG die Angehörigen, die zum Familienhaushalt gehören oder alsbald nach Fertigstellung des Bauvorhabens in den Familienhaushalt aufgenommen werden sollen. Der Eigenbedarf muß vom Antragsteller geltend gemacht werden und durch Tatsachen erhärtet und somit glaubhaft sein. Dem Eigentümer steht nach § 145 Abs. 2 der Erbbauberechtigte gleich.

73.5.3
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2

73.5.3.1
Die Vorschrift bezieht sich auf Gebäude jeder Art, also nicht nur auf Wohngebäude.

73.5.3.2
Das Gebäude muß zulässigerweise errichtet worden sein.

Dies ist der Fall, wenn das Gebäude seinerzeit genehmigt worden ist. Liegt eine Genehmigung nicht vor, kommt es darauf an, ob das Gebäude zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens dem materiellen Recht entsprach.

Eine Privilegierung im Sinne von § 35 Abs. 1 braucht zu keinem Zeitpunkt vorgelegen zu haben.

73.5.3.3
Die Zerstörung des vorhandenen Gebäudes darf nicht auf allmählichem Verfall beruhen; sie muß vielmehr durch ein außergewöhnliches Ereignis herbeigeführt sein. Das Gesetz nennt beispielhaft Brand und Naturereignisse. Ein außergewöhnliches Ereignis ist auch die Zerstörung durch einen rechtswidrigen Eingriff eines Dritten.

Das Gebäude muß so stark zerstört sein, daß sein Bestandsschutz erloschen ist.

73.5.3.4
Das neue Gebäude muß alsbald nach der Zerstörung des alten Gebäudes errichtet werden. Der Bauantrag oder die Bauvoranfrage muß deshalb grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren nach der Zerstörung gestellt werden.

73.5.3.5
Das neue Gebäude muß an der gleichen Stelle errichtet werden. Geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes sind nach § 35 Abs. 5 Satz 2 möglich. Nr. 73.5.2.6 gilt entsprechend.

73.5.3.6
Das neue Gebäude muß dem zerstörten Gebäude "vergleichbar" sein. Nr. 73.5.2.7 gilt entsprechend.

73.5.3.7
Geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem zerstörten Gebäude sind zulässig (§ 35 Abs. 5 Satz 2). Nr. 73.5.2.8 gilt entsprechend.

73.5.4
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3

73.5.4.1
Die Vorschrift bezieht sich auf Gebäude jeder Art, also nicht nur auf Wohngebäude. Eine Privilegierung braucht zu keinem Zeitpunkt vorgelegen zu haben.

73.5.4.2
Das Gebäude braucht seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr zu dienen, es kann auch unbenutzt sein. Es darf jedoch nicht so weit verfallen oder zerstört sein, daß die Merkmale eines Gebäudes nach § 2 Abs. 3 NBauO nicht mehr vorliegen.

73.5.4.3
Das Gebäude muß das Bild der Kulturlandschaft prägen und aus diesem Grund erhaltenswert sein. Auf die Erhaltungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Wiederherstellung kommt es dabei nicht an.

Der neue Verwendungszweck darf die besondere landschaftsprägende Wirkung des Gebäudes nicht beeinträchtigen. Er muß der Erhaltung des Gestaltwerts dienen, d.h. auch dem architektonischen Wert des alten Gebäudes entsprechen.

73.5.5
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Buchst a

73.5.5.1
Das Gebäude muß zulässigerweise errichtet worden sein.

Nr. 73.5.3.2 gilt entsprechend.

73.5.5.2
Der Eigentümer muß das Wohngebäude bis zur Antragstellung seit längerer Zeit als Dauerwohnung eigengenutzt haben.

Nr. 73.5.2.3 gilt entsprechend.

73.5.5.3
Eine "Erweiterung" liegt nur vor, wenn ein bestehendes Wohngebäude lediglich vergrößert wird, ohne daß dadurch sein Charakter, der durch seine Funktion als selbstgenutztes Wohngebäude bestimmt ist, verändert wird.

Eine unzulässige Veränderung des Charakters liegt z.B. vor, wenn zusätzliche abgeschlossene Wohneinheiten geschaffen werden.

73.5.5.4
Ihrem Umfang nach zulässig sind nur solche Erweiterungen, die der "angemessenen Versorgung des Eigentümers und seiner Familie dienen".

Wer zur "Familie" gehört, bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 des II. WoBauG.

Der Begriff der "angemessenen Versorgung mit Wohnraum" stellt auf die individuellen Bedürfnisse des Eigentümers ab. Auch insoweit können dem Zweiten Wohnungsbaugesetz Anhaltspunkte entnommen werden.

73.5.5.5
Eine bestimmte Relation des Erweiterungsbaues zum Altbestand wird nicht verlangt. Die Erweiterung kann daher auch mehr als geringfügig sein.

73.5.6
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b 1. Alternative

73.5.6.1
Zu der Frage des zulässigerweise errichteten Wohngebäudes vgl. Nr. 73.5.3.2.

73.5.6.2
Die Vorschrift setzt nicht voraus, daß der Eigentümer das Wohngebäude selbst nutzt.

73.5.6.3
Durch die Modernisierung soll der Gebrauchswert der Wohnung verbessert werden. Mit dem Begriff "Gebrauchswert" knüpft das Gesetz an den Modernisierungsbegriff des Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetzes an (vgl. § 3 Abs. 1, 4 ModEnG).

73.5.6.4
Die bauliche Erweiterung muß im Zusammenhang mit der Modernisierung stehen und geringfügig sein.

73.5.7
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b 2. Alternative

Nrn. 73.5.6.1 bis 73.5.6.3 gelten entsprechend.

Abweichend von Nr. 73.5.6.4 kann es sich hier auch um eine mehr als nur geringfügige Erweiterung handeln.

73.5.8
Die für die Modernisierung von Wohnungen geltenden Bestimmungen des § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b gelten auch für Gebäude, die der Fremdenbeherbergung, insbesondere der gewerblichen Zimmervermietung dienen. Bei diesen Gebäuden ist wie bei den Wohngebäuden zu unterscheiden, ob die Erweiterung im Zusammenhang mit der Modernisierung vorgenommen wird - in diesem Fall sind nur geringfügige Erweiterungen zulässig - oder ob die Erweiterung durch die Modernisierung erforderlich wird.

73.5.9
Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5

73.5.9.1
Erfaßt werden alle, nicht nur handwerkliche oder mit der Landwirtschaft zusammenhängende gewerbliche Betriebe.

73.5.9.2
Zum Begriff der zulässigen Errichtung als Betrieb vgl. Nr. 73.5.3.2.

73.5.9.3
Eine Erweiterung ist nur zulässig, wenn sie zur Sicherung der Fortführung des Betriebes notwendig ist. Dabei ist in der Regel von der bisherigen Struktur und Größenordnung des Betriebs auszugehen. Eine Erweiterung ist damit beispielsweise zulässig, wenn vorhandene Maschinen durch neue ersetzt werden müssen, die einen anderen Raumbedarf haben.

Die Strukturumwandlung eines Unternehmens, etwa von einem Handwerks- zu einem Industriebetrieb oder von einem kleinen Ladengeschäft zu einem Einkaufszentrum oder Verbrauchermarkt ist von § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 nicht gedeckt.

73.5.9.4
Eine bauliche Erweiterung eines gewerblichen Betriebs liegt nur dann vor, wenn zwischen dem Erweiterungsbau und den vorhandenen Betriebsgebäuden ein enger räumlicher Zusammenhang besteht.

73.5.9.5
Weiterhin wird verlangt, daß die bauliche Erweiterung angemessen ist,

Maßstab für die Angemessenheit ist der Umfang der vorhandenen Betriebs- und Bausubstanz. Erweiterungen nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 sind - bei entsprechender betrieblicher Notwendigkeit - nicht beschränkt auf geringfügige bauliche Erweiterungen.

73.5.9.6
Bei Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 sind die nicht nach § 35 Abs. 4 ausgeschlossenen öffentlichen Belange in jedem Fall besonders zu prüfen. Die Erweiterung eines gewerblichen Betriebs im Außenbereich kann trotz Vorliegens aller Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 unzulässig sein, etwa weil das Erweiterungsvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann, die Wasserwirtschaft gefährdet oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet.

73.6
Ausreichende Erschließung

Sonstige Vorhaben dürfen nur zugelassen werden, wenn das Grundstück erschlossen ist oder seine ausreichende Erschließung gesichert ist.

Auf Nr. 72.5 wird verwiesen.

73.7
Rechtsanspruch auf Zulassung

Bei der Entscheidung nach § 35 Abs. 2 steht der Behörde - entgegen dem Wortlaut der Vorschrift - kein Ermessen zu.

Das Vorhaben muß zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden und die ausreichende Erschließung vorhanden oder gesichert ist. Insoweit besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung.

73.8
Sicherung vor Zweckentfremdung

Eine Sicherung vor Zweckentfremdung kommt bei sonstigen Vorhaben in den Fällen des § 35 Abs. 4 und 5 in Betracht (§ 35 Abs. 6).

73.8.1
Die Sicherstellung der vorgesehenen Nutzungsart kann sich nach dem Sinn des Gesetzes nur auf die Fälle des § 35 Abs. 5 Nr. 1 beziehen, in denen eine bestimmte Person oder ein bestimmter Personenkreis das Vorhaben in bestimmter Weise nutzen muß. Diese Nutzung soll rechtlich gesichert werden. Die Sicherung kann durch eine entsprechende Baulast (§§ 92, 93 NBauO) erfolgen.

In den Fällen des § 35 Abs. 4 und 5 Nrn. 2, 3, 4 Buchst. a und Nr. 5 richtet sich eine spätere Nutzungsänderung nach der Regelvorschrift des § 35 Abs. 2 und bedarf daher keiner besonderen rechtlichen Sicherung.

Die Fälle des § 35 Abs. 5 Nr. 4 Buchst. b werden von § 35 Abs. 6 nicht erfaßt.

73.8.2
Nr. 72.7.3 gilt entsprechend in den Fällen des § 35 Abs. 5 Nr. 1.