Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 07.03.2003, Az.: 1 B 3/03
Anforderungsprofil; Auswahlentscheidung; besondere Qualifikationen; Beurteilung (dienstliche); Bewerbungsverfahrensanspruch; Chancengleichheit; dienstliche Beurteilung; einstweilige Anordnung; Ermessensfehler; Frauenförderung; im wesentlichen gleiche Beurteilung; konkurrierende Bewerber; Laufbahnvorsprung; Laufbahnvorsprung kompensieren; Leistungsgrundsatz; Sicherungsanordnung; Status
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 07.03.2003
- Aktenzeichen
- 1 B 3/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47920
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 33 Abs 5 GG
- § 8 BG ND
- § 5 GleichberG ND
- § 123 Abs 1 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Bei gleicher Gesamtnote ist die Leistungsbeurteilung eines Bewerbers im höheren Statusamt höher einzuschätzen als die seiner niedriger eingruppierten Konkurrentin.
2. Keine Kompensation eines vorhandenen "Laufbahnvorsprungs" durch Summierung inner- und außerschulischer Aktivitäten bei gleichwertigen Aktivitäten des Mitbewerbers.
3. Ohne vorher festgelegtes Anforderungsprofil sind Spezialqualifikationen bei der Auswahlentscheidung nicht heranziehbar.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Beigeladene konkurrieren um die Stelle einer Rektorin bzw. eines Rektors an der Grund- und Hauptschule C..
Der Antragsteller ist seit August 2000 Konrektor (A 13) an der D.. In der Zeit von 1980-1982 war er zunächst an der GS E. und an der GHS F. tätig, danach dann - bis 1997 - als Lehrer an der gen. G. schule. Für 3 Jahre (1997-2000) war er an die Orientierungsstufe H. abgeordnet. Er ist Beratungslehrer an der G. schule, Referent in Kursen des NLI und an anderen Einrichtungen und seit 1993 Lehrbeauftragter an der Universität A.. Daneben ist er Fachberater an der Außenstelle der Bezirksregierung I..
Anlässlich seiner ersten Bewerbung um die gen. Stelle, ausgeschrieben im Schulverwaltungsblatt 2/2001, wurde er im Mai 2001 dienstlich mit der Gesamtnote „sehr gut - 1“ beurteilt. Nach einer für ihn negativen Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin kam es bei der Kammer zu dem Verfahren 1 B 63/01, in dem durch rechtskräftigen Beschluss vom 19. Dezember 2001 eine vorläufige Regelung zu seinen Gunsten getroffen wurde, u.zw. u.a. deshalb, weil die Eignungsprognose für ihn auf „sehr gut geeignet“ lautete, für die damals ebenfalls schon Beigeladene jedoch nur auf „gut geeignet“. Zudem war die Beurteilung der Beigeladenen damals nicht verwertbar.
Die Antragsgegnerin brach hierauf im Februar 2002 das Auswahlverfahren für die gen. Stelle ab und schrieb diese im Schulverwaltungsblatt 3/2002 erneut aus. Sowohl die Bewerbung des Antragstellers als auch die der Beigeladenen wurden in das neue Verfahren einbezogen. Die Beigeladene wurde neu beurteilt und erhielt im März 2002 nunmehr die Note „sehr gut“.
Die Beigeladene begann - nach Abbruch ihres Vorbereitungsdienstes aus familiären Gründen im Jahre 1977 - im Jahre 1986 erneut den Vorbereitungsdienst J., unterrichtete nach der 2. Staatsprüfung zunächst im Angestelltenverhältnis an der K. und sodann - ab August 1992 - an der GHS L., wo sie zur Vertrauenslehrerin gewählt wurde. Von 1997-1999 arbeitete sie in der Arbeitsgruppe „Erweiterung der GHS M.“ mit. Seit 1998 ist sie für die Ausbildung und Betreuung von Konfliktlotsen an ihrer Schule verantwortlich. Sie ist im „Hauptschule-Interventionsprogramm“ des Jugendamtes der Stadt N. und in der Lenkungsgruppe des Präventionsrates der Stadt tätig.
Nachdem der Schulträger im Juni 2002 die Beigeladene für das Amt der Rektorin vorgeschlagen, der Schulbezirkspersonalrat sich jedoch gegen eine solche Besetzung gewandt hatte, stimmte die Einigungsstelle beim Nds. Kultusministerium mit Beschluss vom 24. Oktober 2002 dem Vorschlag des Schulträgers zu.
Durch den mit Widerspruch vom 10. Januar 2003 angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2002 - dem Antragsteller ausgehändigt am 8. Januar 2003 - teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, auch die neue Auswahlentscheidung sei zu seinen Lasten und zu Gunsten der Beigeladenen ausgegangen, weil eine „besondere persönliche und fachliche Eignung für den ausgeschriebenen Dienstposten von Frau O. festgestellt“ worden sei. Der Beigeladenen werde die Stelle „in Kürze“ übertragen.
Zur Begründung seines am 23. Januar 2003 bei der Kammer gestellten Rechtsschutzantrages trägt der Antragsteller vor, auch dann, wenn die Beigeladene inzwischen (neu) mit „sehr gut“ beurteilt sei, so sei immer noch zu berücksichtigen, dass er im höheren Statusamt, nämlich einem solchen nach A 13 BBesO, beurteilt worden sei, während das bei der Beigeladenen in ihrem Amte nach A 12 BBesO geschehen sei. Die Begründung der Auswahlentscheidung, der Arbeitsschwerpunkt der Beigeladenen liege in der Hauptschule und die Beigeladene habe im kombinierten System der Grund- und Hauptschule über viele Jahre unterrichtspraktische Erfahrungen gewonnen und dabei Führungskompetenz bewiesen, so dass ein Laufbahnvorsprung des Antragstellers als Konrektor der G. schule P. damit „kompensiert“ werde, überzeuge nicht. Eine gleiche Eignung, die zur Anwendbarkeit des § 5 NGG führe, liege nicht vor. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die G. schule des Landes Niedersachsen, einer „Hauptschule mit Orientierungsstufe“, an welcher der Antragsteller ca. 15 Jahre lang (1982-1997) tätig gewesen und an der er seit dem Jahre 2000 als Konrektor eingesetzt sei, selbstverständlich ein sog. „verbundenes System“ sei, bei dem die Schüler gem. den Erlassen v. 3.7.1984 (SVBl. S. 173) und v. 8.5.1987 (SVBl. S. 138) in ein Kurssystem mit Hauptschulzweig eingeschult würden. Es gebe in Niedersachsen kein zweites, ähnlich kompliziertes verbundenes System. Im Gegensatz hierzu bleibe hinsichtlich der Beigeladenen offen, welche konkreten (Leitungs-) Erfahrungen sie als Lehrerin innerhalb eines verbundenen Systems gemacht haben soll. Der Antragsteller sei als Vertreter aller Hauptschulen in den Kreispersonalrat gewählt worden, sei 4 Jahre lang Dezernatssprecher gewesen und habe als 1. Vorsitzender im Kreisverband der GEW u.a. an der GHS Q. einen „GEW-Hauptschultag“ organisiert. Die im Rahmen der Auswahlentscheidung herangezogene Frauenförderung aber könne erst dann Berücksichtigung finden, wenn eine gleiche Eignung festgestellt worden sei, an der es hier gerade fehle.
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Ablauf einer angemessenen Frist von mindestens 2 Wochen nach Entscheidung über den gleichzeitig erhobenen Widerspruch zu untersagen, der Beigeladenen den Dienstposten der Rektorin an der Grund- und Hauptschule R. zu übertragen und sonstige Schritte zu unternehmen, die den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers vereiteln könnten.
Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen und beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Die Auswahlentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Beurteilungspunktes „Hospitation / Beratung“ habe sich nämlich gezeigt, dass die Beigeladene „um Nuancen besser“ und daher für die Rektorenstelle geeigneter als der Antragsteller sei. Aber selbst dann, wenn insoweit von einer gleichen Eignung der Bewerber auszugehen sei, gebühre der Beigeladenen unter Berücksichtigung des § 5 NGG als Frau der Vorzug. Daran ändere nichts, dass der Antragsteller seit August 2000 Konrektor der G. schule in P. sei. Denn dieser vorhandene tatsächliche Laufbahnvorsprung mit dem Schwerpunkt der Integration ausgesiedelter und ausländischer Schüler/innen, wo der Antragsteller „hervorragende Arbeit“ leiste, gleiche nicht die von der Beigeladenen nachgewiesenen Leistungen und Erfahrungen im „kombinierten System“ aus.
Die Beigeladene äußert sich zu dem Rechtsschutzantrag des Antragstellers nicht und nimmt dazu keine Stellung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Besetzungsvorgang, 3 Bände Personalakten des Antragstellers, 1 Band Personalakten der Beigeladenen) Bezug genommen.
II. Der Antrag hat Erfolg.
1. Dahinstehen kann, ob die Antragsgegnerin das erste Auswahlverfahren für die streitige Stelle nach dem Beschluss der Kammer vom 19. Dezember 2001 (1 B 63/01) im Februar 2002 in Ausübung eines „organisations- und verwaltungspolitischen Ermessens“ abbrechen und die Rektorenstelle, wie geschehen, zur „Sicherstellung der Chancengleichheit aller Bewerber“ neu ausschreiben konnte (vgl. dazu Schreiben der Antragsgegnerin v. 13.3.2002).
2. Der zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - in der Form der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - ist begründet. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erlass der begehrten Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Es ist offenkundig, dass ein Sicherungsgrund, wie er für den Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO Voraussetzung ist, hier gegeben ist. Denn die Übertragung der streitigen Stelle auf die Beigeladene ist nur mit Rücksicht auf das rechtshängige Antragsverfahren bei der Kammer unterblieben.
Nach Vorlage und Prüfung der Verwaltungsunterlagen und -vorgänge einschließlich Personalakten ist davon auszugehen, dass ein Sicherungsanspruch, der im Rahmen von § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO weitere Voraussetzung für den Erlass einer Sicherungsanordnung ist, vorliegt. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO iVm §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO), dass die hier getroffene Auswahlentscheidung auf einer rechtsfehlerhaften Grundlage beruht. Daneben hat er nachvollziehbar darlegen und glaubhaft machen können, dass er künftig - bei Unterstellung einer Fehlerhaftigkeit des vorliegenden Verfahrens - in einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren im Sinne einer „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“ (Beschl. d. Nds. OVG v. 18.3.1999 - 5 M 4824/98 -) eine „realistische, nicht nur entfernte“ Chance hätte, selbst ausgewählt zu werden (Nds. OVG, Beschl. v. 9.2.2000, NdsVBl. 2001, S. 19; Bracher ZBR 1989, 139/ 140; Wagner ZBR 1990, 120; Günther ZBR 1990, 284/293; Nds. OVG, Beschl. v. 3.10. 1989 - 2 M 35/89 -; vgl. auch OVG Schleswig, ZBR 1996, 339 [OVG Schleswig-Holstein 30.05.1996 - 3 M 36/96]; VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 347 und ZBR 1995, 109). Damit kommt sein Bewerbungsverfahrensanspruch hier als sicherungsfähige Rechtsposition aus Art. 33 GG auch zum Zuge.
Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin unterliegt als Akt wertender Erkenntnis grundsätzlich zwar nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vergl. Nds. OVG, Beschl. vom 11.8. 1995 - 5 M 2742/95 - m.w.N.), hat sich jedoch - wegen der Bedeutung des Art. 33 Abs. 2 GG - an dem das gesamte Beamtenrecht prägenden Leistungsgrundsatz (§ 8 NBG, 7 BRRG, § 1 BLV) in herausragender Weise zu orientieren (vgl. Battis, aaO., Rdn. 2 und Nds. OVG, Beschl. vom 2.6.1995 - 5 M 262/ 95). Der Dienstherr hat diesem verfassungsrechtlich und gesetzlich ausgeformten Grundsatz dadurch Rechnung zu tragen, dass er verfahrens- und materiellrechtlich die Eignung, Befähigung und Leistung miteinander konkurrierender Bewerber in den Mittelpunkt seiner Auswahlentscheidungen rückt und dabei das (Leistungs-) Beurteilungssystem (mit Richtlinien, Schulungen, interner Überwachung der zuständigen Beurteiler sowie schließlich einer gerichtlichen Kontrolle) beachtet.
Die hier getroffene Auswahlentscheidung genügt diesem Verfassungsprinzip und den daraus abzuleitenden Anforderungen (§ 8 NBG) nicht.
2.1 Zunächst einmal ist dem Antragsteller in dem Auswahlvorschlag vom 19. / 28. April 2002 zwar aufgrund seiner damals 19 Monate währenden Konrektortätigkeit an der G. schule in P. ein „tatsächlicher Laufbahnvorsprung“ zugebilligt worden (S. 7/8 des Auswahlvermerks), aus der Tatsache jedoch, dass der Antragsteller seit Übertragung des Konrektorenamtes auch in einem höheren Statusamt (A 13 BBesO) tätig war und ist, nicht die nötige Schlussfolgerung gezogen worden: Der Antragsteller ist - ebenso wie die Beigeladene, die im Statusamt A 12 tätig ist - hinsichtlich seiner dienstlichen Leistungen (S. 7 oben der Beurteilung) mit der Note „sehr gut (1)“ beurteilt worden. Unter Berücksichtigung seines beamtenrechtlich höheren Status (A 13) ist diese Leistungsbeurteilung aber eindeutig höher einzuschätzen und zu bewerten als die der Beigeladenen (so schon Beschluss der Kammer v. 19.11.1991 - 1 B 100/91 -). Insoweit ist vom Nds. Oberverwaltungsgericht ausgeführt worden (Beschl. v. 22.7.1993 - 5 M 2913/93 -):
„Es ist ein alter Grundsatz des Beurteilungsrechts, daß die dienstliche Beurteilung für einen Beamten, der sich bereits in einem höheren Amt befindet, wegen der damit verbundenen Anforderungen ein höheres Gewicht hat als die zu einem niedriger bewerteten Amt gegebene Beurteilung (vgl. ....). Deshalb gewinnt die in dem höheren Amt erteilte Beurteilung grundsätzlich ausschlaggebende Bedeutung, wenn die Bewerber in der Notenskala die gleiche Notenstufe erreicht haben (OVG Lüneburg, Beschl. v. 2.5.1991 - 2 M 602/91 -; Beschl. v. 18.6.1993 - 5 M 1488/93 -). Das gilt grundsätzlich auch für die Lehrern erteilten Beurteilungen, obgleich diese in erster Linie ein Bild über die Leistungen und die Eignung geben, wie sie in bestimmten, vom beurteilenden Schulaufsichtsbeamten besichtigten Stunden zutage getreten sind. Gerade wenn es um die Beurteilung im Amt des Konrektors geht, muß auch die gesamte in dieser Funktion verbrachte Zeit einer Bewertung unterzogen werden.“
Die Beurteilung des Antragstellers vom 23. Mai 2001 hat ausdrücklich das Amt eines Konrektors zum Gegenstand (ebenda Pkt. 3, vgl. auch S. 6: „Der Konrektor besitzt sehr gute fachliche und fachdidaktische Kenntnisse, auf deren...“) und befasst sich insofern mit seinen entsprechenden Leistungen als Konrektor, also als Lehrer im höheren Statusamt A 13. Demgegenüber hat die ebenfalls auf „sehr gut“ lautende Leistungsbeurteilung (S. 7, oberer Teil) der Beigeladenen im Statusamt A 12 nicht das gleiche Gewicht, fällt vielmehr ab. Ein Gleichstand der Beurteilungen der beiden Bewerber ist bei dieser Lage der Dinge nicht erkennbar, vielmehr die des Antragstellers ohne Frage besser. Das ist von der Antragsgegnerin in der angegriffenen Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt und nicht gewürdigt worden. Dazu hätte jedoch schon angesichts des einbezogenen „tatsächlichen Laufbahnvorsprungs“ des Antragstellers hinreichend Anlass bestanden.
2.2 Zu Unrecht wird in der Auswahlentscheidung weiterhin davon ausgegangen, der dem Antragsteller zugestandene „Laufbahnvorsprung“ werde auf Seiten der Beigeladenen dadurch „kompensiert“ (S. 8 vorletzter Absatz), dass diese die „durch das Anforderungsprofil detailliert formulierten Qualifikationen“ in einem höheren Maße erfülle als der Antragsteller. Abgesehen davon, dass in der Ausschreibung keinerlei besondere Qualifikationen genannt, angesprochen oder gar gefordert worden sind, ein förmlich vorher festgelegtes Anforderungsprofil mithin gerade nicht existiert (vgl. dazu Bay. VGH, DÖD 2000, S. 111 [BVerwG 22.07.1999 - BVerwG 2 C 19/98]; vgl. dazu auch Schreiben des Schulbezirkspersonalrats v. 30.9.2002, S. 2), somit auch nicht nachträglich zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden kann, stellt der Ausgangspunkt, dass das System der Grund- und Hauptschule sich von dem der Förderschule derart grundlegend als ein „kombiniertes System“ unterscheide, dass hiervon die Auswahlentscheidung abhängig gemacht werden könne, einen Ermessensfehlgebrauch dar. Hier ist das System der Förderschule zunächst nicht seiner tatsächlichen Eigenart gemäß gewürdigt und sodann in die Auswahlentscheidung in einer Weise einbezogen worden, die sich als Fehlgewichtung in der Ermessensauswahlentscheidung darstellt, wobei zugleich die Summe der inner- und außerschulischen Aktivitäten beider Bewerber unzutreffend und ungleich gewichtet wurde.
Die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen belegen deutlich, dass auch die G. schule ein „kombiniertes System“ ist, die im Vergleich zur Grund- und Hauptschule einen hohen Anteil an struktureller Kombination verschiedener Züge und Gruppen aufweist, dieser jedenfalls zumindest gleichsteht. Die G. schule wird denn auch als eine Hauptschule mit Orientierungsstufe angesprochen. An der G. schule kann nicht nur der Hauptschulabschluss erworben werden, sondern auch der Sekundarabschluss idF. des Realschulabschlusses oder auch der erweiterte Sekundarabschluss. Es gibt Berufsschul-, Hauptschulabschluss- und Sekundarstufenkurse, die sich in Grund- und Aufbaukurse mit einer Vielzahl von Fächern gliedern. Die G. schule stellt sich damit als ein gegliedertes, insgesamt verbundenes System dar, an dem der Antragsteller als Konrektor in einem hohen Maße Führungskompetenz hat beweisen können. Das ist in der Beurteilung vom 23. Mai 2001 (S. 6) auch sehr klar zum Ausdruck gekommen. Bei dieser Sachlage stellt es eine Fehlgewichtung dar, den inner- und außerschulischen Tätigkeiten der Beigeladenen in ihrem „Arbeitsschwerpunkt Hauptschule“ (S. 7 Abs. 2 des Auswahlvermerks) ein höheres Gewicht zuzuerkennen als den vom Antragsteller im Rahmen der Förderschule - einem kombinierten System - bereits fraglos unter Beweis gestellten Führungsqualitäten als Konrektor. Auch der Hinweis auf die „Summe“ der Aktivitäten der Beigeladenen, welche die „ganze Frau fordere“ (S. 7 aaO.), vermag nicht daran vorbei zu führen, dass der Antragsteller sich zumindest in gleicher Weise wie die Beigeladene inner- und außerschulisch engagiert, Handlungs- und Regelungsbedarf an „seiner Schule“ erkennt und dabei die „vorbehaltlose Anerkennung seiner dienstlichen Leistungen durch Kollegium und Schulleitung erwerben konnte“ (Beurteilung, S. 6 unten). Der Antragsteller ist nicht nur - nach einer entsprechenden Ausbildung - Beratungslehrer an einer Orientierungsstufe sowie an der G. schule gewesen, sondern derzeit auch Fachberater im Zuständigkeitsbereich der Außenstelle P. der Bezirksregierung I., daneben Referent in Kursen des NLI und anderer Einrichtungen, zudem Lehrbeauftragter an der Universität S.. Er war Vertreter der Hauptschulen (Stadt und Landkreis P.) im Kreispersonalrat und ist Vorsitzender im Kreisverband der GEW mit Arbeitsschwerpunkt Hauptschule („Hauptschultag“ an der GHS T.). Eine Kompensation des Vorsprungs, den der Antragsteller aufgrund seiner besseren Beurteilung (s.o.), aber auch aufgrund seiner Laufbahn nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin aufzuweisen hat, ist somit nicht möglich. Er behält bei unvoreingenommener Betrachtung seiner Leistung, Qualifikation und Führungskompetenz einen Vorsprung vor der Beigeladenen.
2.3 Unter diesen Umständen ist es nicht möglich, zugunsten der Beigeladenen auf § 5 NGG zurückzugreifen: Diese Vorschrift kann im Rahmen einer Auswahlentscheidung erst dann zum Zuge kommen, wenn eine (absolut) gleiche Eignung, Befähigung und Leistung in einer dem Leistungsgrundsatz genügenden Weise erkennbar ist (OVG Münster, NVwZ-RR 1999, 593 [OVG Nordrhein-Westfalen 04.01.1999 - 6 B 2096/98]; Nds.OVG, NdsVBl 2002, 217). Das ist hier nicht der Fall.
3. Nach Lage der Dinge unterliegt es auch keinen Zweifeln, dass der Antragsteller - im Sinne der Rechtsprechung (s.o., vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -) - nicht nur eine „realistische Chance“ hat, selbst ausgewählt zu werden, sondern dass dafür sogar eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht.