Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 20.03.2003, Az.: 6 A 215/02

Bandscheibenwürfel; Behandlungsziel; Hilfsmittel; Krankenhilfe; medizinisch indiziert; Stufenbettlagerung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
20.03.2003
Aktenzeichen
6 A 215/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 47973
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Bandscheibenwürfel ist kein erforderliches Hilfsmittel im Sinne von §§ 37 I BSHG, 33 I SGB V.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihr aus Mitteln der Sozialhilfe eine Beihilfe für einen Bandscheibenwürfel zu gewähren.

2

Die am 13. Januar 1959 geborene Klägerin bezog seit dem 10. Mai 2000 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie war bei der DAK Hamburg krankenversichert.

3

Unter dem 11. Oktober 2002 attestierte der Facharzt für Allgemeinmedizin K. der Klägerin chronische LWS-Beschwerden, zu deren Linderung ein Lagerungswürfel aus medizinischer Sicht notwendig sei.

4

Die Krankenkasse der Klägerin, die DAK, lehnte mit Schreiben vom 26. November 2001 den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Bandscheibenwürfel nicht um ein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung handeln würde.

5

Daraufhin wandte sich die Klägerin am 12. Dezember 2001 an die Beklagte und beantragte die Gewährung einer Beihilfe für den Bandscheibenwürfel in Höhe von 69,90 DM.

6

Mit Bescheid vom 10. Januar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, der Bandscheibenwürfel sei ein medizinisches Hilfsmittel. Da die Klägerin bei der DAK Hamburg versichert sei, sei sie auf die umfassend von der gesetzlichen Krankenversicherung gewährte Krankenversorgung zu verweisen. Für ein Eintreten der Sozialhilfe sei insoweit kein Raum.

7

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 28. Januar 2002 Widerspruch ein, den der Landkreis Lüneburg mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2002, zugestellt am 20. August 2002, zurückwies. Zur Begründung führte er aus, ein Bandscheibenwürfel sei nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkasse aufgeführt, so dass die Kosten dafür von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden könnten. Auch der Träger der Sozialhilfe könne diese Leistung nicht gewähren, da die Leistungen für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung umfassend und abschließend sozialversicherungsrechtlich  geregelt seien.

8

Am 17. September 2002 hat die Klägerin Klage erhoben.

9

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ein weiteres ärztliches Attest vorgelegt.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landkreises A vom 16. August 2002 zu verpflichten, ihr eine Beihilfe für den Bandscheibenwürfel zu gewähren.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage hat keinen Erfolg.

16

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine einmalige Beihilfe für die Anschaffung eines Bandscheibenwürfels.

17

Nach § 37 Abs. 1 BSHG werden, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel, Fünften Abschnitt, Ersten Titel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt.

18

Nach § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.

19

Als Leistung der Krankenbehandlung muss die Versorgung mit Hilfsmitteln den Behandlungszielen des § 27 Abs. 1 SGB V dienen. § 31 SGB V konkretisiert die Behandlungsziele dahingehend, dass das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich sein muss, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (Abs. 1 Satz 1 1. Alt.) oder eine Behinderung auszugleichen (Abs. 1 Satz 1 2. Alt.). Die Versorgung mit Hilfsmitteln ist erforderlich zur Erreichung der Ziele des Abs. 1 Satz 1 , wenn sie unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Betroffenen unentbehrlich oder unvermeidlich ist (vgl. LPK-SGB V, 1. Auflage 1999, § 33 Rn. 5 ff.).

20

Ein Bandscheibenwürfel, der dem Patienten dazu dient, seine Beine hoch zu lagern und so eine Entlastung der Wirbelsäule zu erreichen, ist kein unentbehrliches Hilfsmittel im Sinne der o.g. Vorschriften, da es sowohl generell als auch hier der Klägerin im Einzelfall möglich und zumutbar ist, die aus medizinischer Sicht indizierte „Stufenbettlagerung“ mit bereits im Haushalt vorhandenen Gegenständen wie Kissen, Decken oder Pappkartons etc. herbeizuführen.

21

Dies mag für die Klägerin zwar beschwerlicher sein, ist ihr aber im Hinblick auf den sowohl im Recht der gesetzlichen Krankenversicherungen wie im Sozialhilferecht geltenden Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zuzumuten.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.