Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.09.2003, Az.: 1 ME 212/03
Bauvoranfrage; Einvernehmen; Ermessen; Erschließung; Ersetzung; Flächennutzungsplan; Gemeinde; Konzentrationswirkung; Mitgliedsgemeinde; Planreife; Planungsabsicht; Samtgemeinde; Veränderungssperre; Windenergieanlage; Windkraftanlage
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.09.2003
- Aktenzeichen
- 1 ME 212/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48420
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 09.07.2003 - AZ: 4 B 2298/03
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 3 S 3 BauGB
- § 36 Abs 2 S 3 BauGB
- § 245b BauGB
- Art 14 Abs 1 S 2 GG
- Art 28 Abs 2 S 1 GG
- § 72 Abs 1 S 1 Nr 1 GemO ND
- § 74 Abs 1 BauO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Es bleibt unentschieden, ob eine um die Erteilung des nach § 36 BauGB erforderlichen Einvernehmens ersuchte Mitgliedsgemeinde einwenden kann, der Windenergieanlage stehe die Konzentrationswirkung des Flächennutzungsplanes entgegen, den nicht sie, sondern wegen § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NGO die Samtgemeinde aufgestellt hatte.
2. Es bleibt unentschieden, ob der nach Landesrecht zuständigen Behörde bei der Ersetzung des Einvernehmens (§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB) ein Ermessen zusteht.
3. § 36 BauGB verleiht der Gemeinde nicht ganz allgemein und umfassend das Recht, die Erteilung des Einvernehmens wegen Planungsabsichten zu verweigern, die noch nicht einmal das Stadium der Planreife erlangt haben und aus Rechtsgründen nicht durch den Erlass einer Veränderungssperre/ein Zurückstellungsgesuch flankiert werden können.
4. Bloße Entwürfe zur Aufstellung/Änderung eines Flächennutzungsplanes können einer Windenergieanlage nicht entgegengehalten werden.
5. Der Bauherr bestimmt, ob auch die Erschließung zum Gegenstand der Bauvoranfrage gehört.
Gründe
Mit der angegriffenen Verfügung vom 3. März 2003 ersetzte der Antragsgegner gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB unter Anordnung des Sofortvollzuges das Einvernehmen der Antragstellerin zu einer Bauvoranfrage der Beigeladenen zu 1. für zwei Windenergieanlagen von je 1.800 kW auf den Flurstücken 3 und 8, Flur 5 der Gemarkung G., das jene mit Rücksicht auf die Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 2. in der Fassung seiner 1996 in Kraft getretenen 5. Änderung versagt hatte. Darin war eine "Konzentrationszone" für die Aufstellung von Windenergieanlagen dargestellt worden. Die Antragstellerin meint, diese habe Ausschlusswirkung. Außerdem stehe die Beigeladene zu 2. im Begriff, ihren Flächennutzungsplan zum 10. Mal zu ändern und jedenfalls auf diesem Wege ihren Darstellungen Konzentrationswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beizumessen; das müsse schon in diesem Verfahren berücksichtigt werden. Schließlich sei die Erschließung nicht gesichert.
Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit dem angegriffenen Beschluss, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, abgelehnt. Darin hat es ins Einzelne gehend ausgeführt, entgegen der Annahme der Antragstellerin komme der Darstellung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 2. in der Fassung seiner 5. Änderung Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB schon deshalb nicht zu, weil die Beigeladene zu 2. nicht - wie hierzu erforderlich - ein das gesamte Samtgemeindegebiet umfassendes schlüssiges Planungskonzept entwickelt, sondern sich darauf beschränkt habe, für die seinerzeit im Ansatz schon vorhandene Ansiedlung von Windenergieanlagen einen "Konzentrationsraum" zu schaffen.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde der Antragstellerin, welcher der Antragsgegner entgegentritt.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Es lässt sich bereits jetzt verlässlich absehen, dass die angegriffene Verfügung rechtmäßig ist. Daher überwiegt das Interesse der Beigeladenen zu 1. und des Antragsgegners, (auch im finanziellen Interesse der Antragstellerin) das versagte Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu ersetzen, das Bestreben der Antragstellerin, von der Vollziehung der angegriffenen Verfügung vom 3. März 2003 einstweilen, d.h. bis zur rechtskräftigen Bescheidung des dagegen eingelegten Rechtsbehelfs verschont zu bleiben.
Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur dann versagen, wenn das Vorhaben gemessen an den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften, hier also an § 35 BauGB unzulässig ist. Ein weitergehendes Prüfungsrecht steht ihr nicht zu (vgl. etwa Roeser, in: BK-BauGB, § 36 Rdnr. 13 mwN).
In diesem Zusammenhang lässt der Senat unentschieden, ob es der Antragstellerin überhaupt zusteht, die fehlende Übereinstimmung des Vorhabens mit den Darstellungen des Flächennutzungsplanes zu rügen. Das Beteiligungsverfahren nach § 36 BauGB dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Deshalb liegt es nahe anzunehmen, eine Gemeinde könne nur solche Gesichtspunkte geltend machen, die in ihrer Planungshoheit liegen. Das muss nicht in jedem Fall der Flächennutzungsplan sein und ist es namentlich dann nicht, wenn dieser - wie hier - wegen § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NGO von der Samtgemeinde (der Beigeladenen zu 2.) aufgestellt wird. Das legt es nahe anzunehmen, hinsichtlich der Vereinbarkeit des in Rede stehenden Vorhabens mit dem Flächennutzungsplan müsse - neben der Mitgliedsgemeinde, welche die sonstigen öffentlichen Belange zu beurteilen habe und unter Umständen veranlasst durch das Vorhaben ein Planungsvorhaben beginnen könne - die Samtgemeinde um das Einvernehmen ersucht werden (so wohl Schmidt, Die Samtgemeinde nach der Verwaltungs- und Gebietsreform in Niedersachsen, 1982, S. 163; Mitteilung des Nds. Städte- und Gemeindebundes, Zuständigkeitsbegrenzung Samtgemeinde - Mitgliedsgemeinde, dng 1977, 105, 107). Es ist allerdings umstritten, ob die Mitgliedsgemeinde gleichwohl daneben oder allein befugt ist, im Rahmen des § 36 BauGB Gesichtspunkte des Flächennutzungsplanes geltend zu machen. Die einen folgern dies aus §§ 203 Abs. 2, 205 Abs. 6 BauGB. In Anwendung dieser Vorschriften habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, die Gemeinden seien auch dann allein für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 BauGB zuständig, wenn das Landesrecht Befugnisse auf Verbandsgemeinden übertragen habe (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.8.1988 - 4 C 20.84 -, NVwZ 1989, 6 = BauR 1988, 694 = ZfBR 1989, 39 = BRS 48 Nr. 144 = NuR 1989, 344). Da die Samtgemeinde als Zweckverband anzusehen sei, ändere deren Zuständigkeit für die Aufstellung des Flächennutzungsplanes nichts daran, dass im Außenverhältnis die Mitgliedsgemeinde weiterhin für das in ihrem Gebiet stattfindende Städtebaurecht einzustehen und daher allein über die Erteilung des Einvernehmens zu entscheiden habe (vgl. Thiele, NGO, Komm., 6. Aufl., § 72 Anm. 1). Andere leiten dies aus einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften her, weil mit dem Flächennutzungsplan die Planungsmöglichkeiten wesentlich vorgeprägt würden und die Mitgliedsgemeinden daher im Zusammenhang seiner Aufstellung/Änderung nicht auf die Funktion eines Trägers öffentlicher Belange reduziert werden dürften (vgl. Blum/Baumgärtner u.a., NGO, Loseblattkomm., § 72 Rdnr. 5). Diese Auffassung ist nicht ganz zweifelsfrei; denn Samtgemeinden sind nach den §§ 72 ff. NGO nicht als Zweckverband ausgestaltet. Solche können auf freiwilliger Basis oder zwangsweise, Letzteres auch durch Gesetz entstehen. Wesentliches Element ist allerdings, dass dann die Gemeinden gemeinschaftlich den Willen des Zweckverbandes zu bilden haben. Das ist dann der innere Beweggrund dafür, allein sie weiterhin für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 BauGB für zuständig zu erachten. Ein dem entsprechender Fall dürfte hier schon deshalb nicht gegeben sein, weil die Samtgemeindeorgane ihre Legitimation gem. § 75 Abs. 2 Satz 1 NGO durch unmittelbare Wahl von ihren Samtgemeindebürgern ableiten und damit nicht die Mitgliedsgemeinden dort an der Willensbildung beteiligt sind. Als Zweckverbände im Sinne des § 205 Abs. 7 BauGB dürften daher nur der frühere Großraumverband H. (G. v. 14.12.1969, GVBl. S. 235) oder die Region H. (G. v. 5.6.2001, GVBl. S. 348) anzusehen sein. Die vorstehenden Ausführungen dürften dafür sprechen, der erstgenannten Auffassung den Vorzug zu geben und die Mitgliedsgemeinde nicht für befugt zu halten, "ihren Teil" des nach § 36 BauGB erforderlichen Einvernehmens unter Berufung auf die Darstellungen des Flächennutzungsplanes zu verweigern. Die Antragstellerin dürfte nach dieser Auffassung daher allenfalls Gesichtspunkte der Erschließung geltend machen können (die hier aber - wie weiter unten darzulegen sein wird - keine Rolle spielen).
Der Senat lässt die vorstehende Frage unentschieden, weil die Beschwerde der Antragstellerin selbst dann keinen Erfolg haben kann, wenn sie sich auf die Darstellungen des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 2. berufen dürfte.
Dieser entfaltet, wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt hat und worauf der Senat gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verweist, keine Konzentrationswirkung gem. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Diese Annahme liegt jedenfalls vom Tatsächlichen her schon deshalb eher fern, weil die Beigeladene zu 2. schon am 25. April 1996 und damit zu einem Zeitpunkt die 5. Änderung ihres Flächennutzungsplanes beschlossen hatte, zu dem es das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches vom 30. Juli 1996 (BGBl. I S. 1189) noch gar nicht gab. Dieses ist erst am 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Schon wegen dieser zeitlichen Reihenfolge liegt die Annahme eher fern, dem Rat der Beigeladenen zu 2. sei es schon seinerzeit darum gegangen, gleichsam im Vorgriff auf die sich erst ankündigende Gesetzesneuerung den Darstellungen ihres Flächennutzungsplans für Windenergieanlagen eine Konzentrationswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beizulegen. Eine genauere Untersuchung zeigt, dass dies jedenfalls aus Rechtsgründen seinerzeit nicht gelungen ist. Denn die Beigeladene zu 2. hatte es im Jahre 1996 versäumt, hierfür ein gesamträumliches Konzept zu entwickeln, das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, UPR 2003, 188 = ZfBR 2003, 370 = NordÖR 2003, 161 = NVwZ 2003, 733 = NuR 2003, 365 = DVBl. 2003, 797 = BauR 2003, 828 = RdL 2003, 202), unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplanes die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entfalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der zitierten Entscheidung unter anderem das Folgende ausgeführt:
"Richtig ist, dass die Darstellung einer Konzentrationszone die ihr zugedachte Negativwirkung in Anlehnung an das Senatsurteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 57.84 - (a.a.O.) nur dann besitzt, wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 7). Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten. Das folgt schon daraus, dass es die Aufgabe des Flächennutzungsplans ist, ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet zu erarbeiten. Die Ausweisung an bestimmter Stelle muss Hand in Hand mit der Prüfung gehen, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standort ausscheiden. Die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, sind mit dem Anliegen, der Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 6), nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 BauGB abzuwägen. Ebenso wie die positive Aussage müssen sie sich aus den konkreten örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen."
Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass ein solches Konzept den Aufstellungsunterlagen für die 5. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen zu 2. nicht zu entnehmen ist. Das bedarf hier keiner eingehenden Begründung, weil die Beschwerde diesen Teil der angegriffenen Entscheidung nicht, d.h. erst recht nicht mit der durch § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Substanz angreift. Wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist dieser Teil der angegriffenen Entscheidung daher nicht zu prüfen.
Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich insoweit auf die Darlegung der Rechtsbehauptung, das Einvernehmenserfordernis solle ganz allgemein sicherstellen, dass das streitige Vorhaben mit den Planungsvorstellungen der Gemeinde übereinstimme, und ihr so ermöglichen, das streitige Vorhaben auch dann abzuwehren, wenn es derzeit noch im Einklang mit dem geltenden Bauplanungsrecht stehe oder eben zwischen ihr und der Bauaufsichtsbehörde noch nicht abschließend geklärt sei, ob es bauplanungsrechtlich der geltenden Rechtslage entspreche. Das ergebe sich unter anderem aus der grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltungsgarantie.
Das ist so allgemein nicht richtig. Zu den Beschwerdeausführungen der Antragstellerin sind folgende Ausführungen veranlasst:
§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB stellt gerade ein Instrument dar, mit dem die Frage, ob die Gemeinde ihr Einvernehmen zu Recht versagt hat, im Interesse des Bauwilligen (und der Gemeinde selbst, die sich möglicherweise schadensersatzpflichtig macht) geklärt werden soll. Der Umstand allein, dass Antragstellerin und Antragsgegner über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitigen Vorhabens uneinig sind, ändert also nichts daran, dass sich die Bauaufsichtsbehörde jedenfalls in bestimmten Fällen einstweilen soll durchsetzen können.
Entgegen ihrer Annahme steht der Antragstellerin nicht uneingeschränkt die Befugnis zu, ihre Planungsvorstellungen (bzw. die der Beigeladenen zu 2.) gegen ein konkretes Vorhaben in Stellung bringen und sich damit auch durchsetzen zu können. Der grundgesetzlichen Verbürgung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber. So wie der Gemeinde die Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze garantiert ist, muss der Eigentümer einen Ausschluss der von ihm gewünschten Nutzung seines Grundstücks nur aufgrund der Einschränkungen hinnehmen, welche ihm der dafür zuständige Gesetzgeber bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Eigentums in wirksamer Weise auferlegt. Im Zusammenhang mit § 36 Abs. 2 BauGB hat er dabei den Gemeinden gerade nicht die Befugnis verliehen, ganz allgemein schon bloße Vorstellungen von einer städtebaulichen Ordnung mit verbindlicher Wirkung einem Vorhaben entgegensetzen zu können. Die Gemeinde kann dem Ersuchen um das Einvernehmen entweder nur die Behauptung entgegensetzen, das in Rede stehende Vorhaben stehe nicht im Einklang mit dem schon geltenden Bauplanungsrecht, oder aber die im Baugesetzbuch vorgesehenen, d.h. im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG "gesetzlichen" Instrumente wie namentlich Veränderungssperre und Zurückstellungsersuchen ergreifen, um zu verhindern, dass das Vorhaben die Durchsetzung einer ins Auge gefassten Veränderung der bauplanungsrechtlichen Situation durchkreuzt. Diese Instrumente stehen der Gemeinde nur in dem vom Gesetzgeber ausgestalteten Umfang zu Gebote. Sie sehen nicht (mehr) vor, schon die Absicht ausreichen zu lassen, einen Flächennutzungsplan mit dem Ziel aufzustellen oder zu ändern, die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu erreichen. Das waren die Rechtswirkungen des § 245 b BauGB, den der Gesetzgeber mit dem BauGB-Änderungsgesetz vom 30. Juli 1996 (BGBl. I S. 1189) beschränkt auf einen bestimmten Zeitraum eingefügt hatte. Diese Rechtswohltat hat er nicht wiederholt, obwohl dies im Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches (Stand August 2002; dort Randnummer 244) unter dem Eindruck der Tatsache vorgeschlagen worden war, dass eine Reihe von Gemeinden vor Gerichten mit dem Versuch gescheitert waren, in wirksamer Weise die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu erreichen. Der jetzt bekannt gewordene Referenten-Entwurf zur Anpassung des BauGB und anderer Vorschriften an EU-Richtlinien (EAG Bau) - Stand 3.6.2003 - hat diese Anregung, in Anlehnung an § 245 b BauGB a.F. einen § 15 Abs. 3 BauGB n.F. zu schaffen, nicht aufgenommen. Daraus ist nicht zu schließen, der Gesetzgeber sei der Auffassung, schon auf dem Boden der gegenwärtigen Rechtslage sei es den Gemeinden möglich, missglückte Versuche, den Flächennutzungsplan mit den sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergebenden Wirkungen aufzustellen, flankiert von Veränderungssperren wiederholen zu können. Dementsprechend hat der Senat verschiedentlich (unter anderem in dem Urteil vom 8.6.2003 in der Sache 1 KN 56/03, Vnb) entschieden, Gemeinden könnten nicht wirksam auf dem Wege der Aufstellung eines Bebauungsplanes versuchen, die weggefallenen Rechtswirkungen des § 245 b BauGB zu erreichen.
Selbst wenn die Beigeladene zu 2. zwischenzeitlich den Entwurf einer 10. Änderung ihres Flächennutzungsplanes erstellt haben sollte, könnte die Antragstellerin diesen dem streitigen Vorhaben nicht als öffentlichen Belang entgegenhalten. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 18.3.1999 (- 1 L 6696/96 -, RdL 1999, 206 = UPR 1999, 358 = NVwZ 1999, 1003 = ZfBR 1999, 285 = dng 1999, 126 = BauR 1999, 1150 = AgrarR 1999, 383 = NuR 2000, 47) entschieden. Dort hat er unter anderem ausgeführt:
"Dasselbe gilt hinsichtlich der von der Beigeladenen betriebenen Änderung des Flächennutzungsplanes, d.h. zunächst der 7. und nunmehr der 10. Änderung, mit der positive Standortzuweisungen für Windkraftanlagen auf der Insel B. mit Ausschlusswirkung für den Rest des Inselgebiets - unter anderem für die hier streitigen Standorte - getroffen werden sollen (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Die Änderung des Flächennutzungsplanes ist bis zur mündlichen Verhandlung des Senats noch nicht soweit gediehen, dass sie dem im Außenbereich nunmehr gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Vorhaben der Klägerin entgegenstehen könnte. Der Rat der Beigeladenen hat die 10. Änderung des Flächennutzungsplanes mit Erläuterungsbericht inzwischen zwar in seiner Sitzung am 3. Dezember 1998 beschlossen. Allerdings ist sie bisher noch nicht genehmigt und bekannt gemacht worden, die Ablehnung der Genehmigung ist von der Bezirksregierung Weser-Ems auch zumindest noch mit Schreiben vom 11. August 1998 angekündigt worden. Fehlt es aber an der Genehmigung oder jedenfalls an der Rechtsverbindlichkeit der Plan-Änderung, so kann die damit erstrebte Standortzuweisung von Windkraftanlagen dem Vorhaben (noch) nicht entgegenstehen. Die Frage, ob ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplanes einem Vorhaben stets erst dann entgegengehalten werden kann, wenn der Flächennutzungsplan rechtsverbindlich geworden ist, lässt sich zwar nicht für alle Vorhaben allgemeingültig beantworten (vgl. zur Berücksichtigung "planreifer" Entwürfe BVerwG, Beschl. vom 9.8.1976 - IV B 153.75 -, Buchholz 406.11 Nr. 129 zu § 35 BBauG). Dabei ist im Zusammenhang mit der Genehmigung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen, dass diese nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu den privilegierten Vorhaben gehören, die der Gesetzgeber dem Außenbereich bevorzugt zugewiesen hat. Auch wenn damit die Frage des konkreten Standorts nicht "planartig" entschieden ist (BVerwG, Urt. v. 22.5.1987 - 4 C 57.84 - E 77, 300), spricht die Privilegierung doch dafür, konkrete standortbezogene Aussagen nur solcher Pläne als entgegenstehende öffentliche Belange anzuerkennen, die das vorgesehene Verfahren vollständig durchlaufen haben.
Im Zusammenhang mit der Genehmigung von Windkraftanlagen ist auch die Vorschrift des § 245 b Abs. 1 Satz 1 BauGB in den Blick zu nehmen. Danach hatte die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 bis längstens zum 31. Dezember 1998 auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hatte, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und beabsichtigt hat zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 in Betracht kommen. Sinn und Zweck der Übergangsregelung ist es (gewesen), den Gemeinden im Anschluss an die Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich, die der Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz zum BauGB vom 30. Juli 1996 (BGBl I, 1189) eingeführt hat, hinreichend Zeit einzuräumen, die Frage von Standortzuweisungen für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zur Steuerung der Zulassung von solchen Anlagen zu klären. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Überlegungen der Gemeinde längstens bis zum 31. Dezember 1998 in eine entsprechende Planung eingeflossen sein konnten. Dem Zweck dieser Übergangsregelung würde nicht Rechnung getragen, sofern einem Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auch über den 31. Dezember 1998 hinaus Standortzuweisungen für Windkraftanlagen entgegengehalten werden könnten, die in einem noch nicht rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan getroffen werden sollen (vgl. auch W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 245 b Rdnr. 10). Diese Überlegungen gelten erst recht, wenn der Flächennutzungsplan - wie hier - noch gar nicht genehmigt worden ist."
Daran ist auch angesichts der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.3.2003 (- 4 C 3.02 -, BauR 2003, 1172 = ZfBR 2003, 464) festzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Gründen dieser Entscheidung zwar ausführlich erwogen, ob auch/schon Entwürfe von Flächennutzungsplänen Einfluss auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit haben können. Es hat dazu ausgeführt, aus dem Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB folge, dass seine Ausschlusswirkung nicht nur von einer materiell rechtmäßigen Planung abhänge, sondern dass die Pläne auch formell in Kraft getreten sein müssen. Als öffentlicher Belang könne ein Entwurf allenfalls dann in Stellung gebracht werden, wenn er im Sinne des § 33 BauGB "Planreife" erlangt habe. Dazu enthält das Beschwerdevorbringen keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Die Frage der Erschließung ist in diesem Verfahrensstadium nicht (mehr) zu prüfen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Bauherr mit seinem Antrag nach § 74 NBauO den Umfang der Prüfung bestimme. Das befugt ihn auch, eine ursprünglich "weiter" gestellte Voranfrage nachträglich einzuschränken. Darin liegt keineswegs eine so wesentliche Änderung der Sachlage, dass sich die Antragstellerin prozessual nicht darauf einlassen müsste. Vielmehr entfiel lediglich einer von zwei Prüfungspunkten. Wenn die Antragstellerin meinte, dann erledige sich der Streit, hätte sie eine entsprechende prozessuale Erklärung abgeben müssen und dann auf eine ihr günstige Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO hoffen können. Das hat sie aber gerade deswegen nicht getan, weil sie auf dem bereits bereiteten "Hauptfeld" der Auseinandersetzung weiter fortschreiten und ihre konkurrierenden städtebaulichen Absichten weiterhin durchsetzen wollte.
Eine unzumutbare Einschränkung ihrer Abwehrmöglichkeiten liegt darin nicht. Denn ist die Frage der Erschließung nicht (mehr) Gegenstand der Bauvoranfrage, entfaltet die daraufhin erteilte Bebauungsgenehmigung hinsichtlich der Erschließung keine Bindungswirkung und kann die Antragstellerin diesen Gesichtspunkt (erneut) geltend machen, wenn sie sich gegen die Baugenehmigung wendet.
Die Ersetzung des Einvernehmens leidet voraussichtlich nicht unter Ermessensfehlern. Wie der Senat schon in seinem Beschluss vom 15.10.1999 (- 1 M 3614/99 -, BauR 2000, 73 = DVBl. 2000, 212 = ZfBR 2000, 141 = NuR 2000, 232 = NVwZ 2000, 1061) dargelegt hat, ist streitig, ob § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB eine Ermessensentscheidung eröffnet (vgl. OVG Koblenz, B. v. 23. September 1998 - 1 B 11493/98 -, NVwZ-RR 2000, 85 = BRS 60 Nr. 91: keine Ermessensentscheidung, sondern Befugnis, ein rechtswidrig verweigertes gemeindliches Einvernehmen zu ersetzen; anders VG Frankfurt a.M., B. v. 14. September 2000 - 3 E 1383/00(1) -, NVwZ 2001, 371: zwar Ermessensentscheidung, jedoch intendiertes Ermessen). In der zitierten Entscheidung hat der Senat unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfes (BT-Drs. 13/6392 S. 60) der Auffassung zugeneigt, dass der zuständigen Behörde bei der Ersetzung des Einvernehmens ein Ermessen zusteht. Das kann auch hier unentschieden bleiben, weil der von der Antragstellerin behauptete Sachverhalt keinen Ermessensfehler begründet. Allenfalls dann, wenn ein zur Abgabe verbindlicher Erklärungen befugter Bediensteter des Antragsgegners in der Form des § 38 VwVfG erklärt hätte, dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 2. komme die Rechtswirkung zu, welche ihm die Antragstellerin nun beimisst, könnte die Ersetzung des Einvernehmens unter einem Ermessensfehler leiden. Derart hohe Anforderungen sind zu stellen, weil die Möglichkeit, gestützt auf § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB das Einvernehmen der Gemeinde zu ersetzen, auch in ihrem eigenen (Haftungs-)Interesse besteht und die Wirkungen der Äußerungen, wie sie die Antragstellerin behauptet, der Zusage inhaltlich gleichkommt/-käme, trotz erfüllter Tatbestandsvoraussetzungen doch nicht einzuschreiten. Einen derartigen Sachverhalt hat die Antragstellerin schon hinsichtlich der Form der behaupteten Äußerung nicht vorzubringen vermocht. Daher bedarf es keiner ergänzenden Betrachtung, ob die Ausführungen des Fachdienstleiters "Bauordnung und Städtebau" vom 16. Oktober 2001 (zum Inhalt s. die gleichlautenden eidesstattlichen Erklärungen Bl. 54 ff. GA) nicht lediglich eine persönliche Meinungsäußerung in einer Beratung ohne rechtliches "obligo" darstellten und ihre Tragkraft ohnehin durch den Umstand geschmälert ist, dass sie im Zusammenhang mit einem ganz anderen Planungsvorhaben der Beigeladenen zu 2. (und nicht der Antragstellerin) stand. Denn seinerzeit wurde die Frage behandelt, ob die Konzentrationszonen zu erweitern und die Beigeladene zu 2. in der Pflicht sei, weitere Gebiete auszuweisen (vgl. Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Samtgemeinderats vom 13.3.2002, Bl. 41 GA).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es ist nicht gerechtfertigt, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich auf die Seite der Antragstellerin gestellt hat.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG iVm Nr. 16 der regelmäßigen Streitwertannahmen des 1. und 9. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts für Verfahren, die nach dem 1.1.2002 anhängig geworden sind, NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197. Danach beträgt der Streitwertrahmen bei der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens 5.000,-- € bis 150.000,-- €. Angesichts der Bedeutung, die die Antragstellerin der Verhinderung dieses Vorhabens beimisst, ist es gerechtfertigt, den Streitwert für das Hauptsacheverfahren mit 20.000,-- € anzunehmen. Dieser Wert ist für das Eilverfahren zu halbieren.