Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 10.03.1999, Az.: 2 U 247/98
Treuwidrigkeit der Berufung eines Versicherers auf den Ablauf der Klagefrist trotz erteilter Deckungszusage; Ordnungsgemäßes Vorgehen bei entschuldbarer Pflichtversäumung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 10.03.1999
- Aktenzeichen
- 2 U 247/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 31385
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:0310.2U247.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 02.10.1998 - AZ: 13 O 2059/98
Rechtsgrundlage
- § 12 Abs. 3 VVG
Fundstelle
- VersR 2000, 1218 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 1999
durch
die Richter ..., ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 2. Oktober 1998 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug und der Wert der Beschwer betragen 44.045,80 DM.
Tatbestand
Der Käger verlangt wegen eines Vorfalls vom 13.01.1996 Zahlung aus einer Hausratversicherung. Die Parteien streiten u.a. darüber, ob ein Versicherungsvertrag zustande gekommen ist und ob sich die Beklagte jedenfalls darauf berufen kann, daß die Frist des § 12 Abs. 3 VVG vor Klageerhebung abgelaufen ist.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 44.045,80 DM nebst 10% Zinsen seit dem 01.07. 1996 gerichtete Klage durch Urteil vom 02.10.1998, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
Mit seiner Berufung beantragt der Kläger,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.045,80 DM nebst 10% Zinsen seit dem 01.07.1996 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage letztlich zu Recht abgewiesen.
Allerdings wird nach dem Ergebnis der vom Senat veranstalteten Beweisaufnahme davon auszugehen sein, daß hier eine vorläufige Deckungszusage erteilt war, so daß die Beklagte grundsätzlich für den in Rede stehenden Versicherungsfall eintrittspflichtig war. Eine diesbezügliche Feststellung reicht aber nicht, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen, so daß insoweit auf eine nähere Begründung verzichtet werden kann.
Denn unstreitig ist die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG um ca. 1 1/2 Jahre überschritten, und die Beklagte war jedenfalls zur Zeit der Klageerhebung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (mehr) gehindert, sich auf den Ablauf dieser Frist zu berufen.
Insoweit ist zwar nach dem wiederum nicht näher wiederzugebenden weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme auch anzunehmen, daß der Kläger durch Erklärungen des W. Geschäftsführers der Beklagten U. von der rechtzeitigen gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs abgehalten worden ist, daß die Beklagte sich die Erklärungen von U. wegen der hier gegebenen besonderen (arbeits)vertraglichen Beziehungen des Klägers und seines Sohns zu ihr abweichend vom Regelfall zurechnen lassen muß und daß der Kläger deshalb die Frist des § 12 Abs. 3 VVG an sich ohne Verschulden versäumt hat.
Auch das reicht indessen für eine dem Kläger günstige Entscheidung nicht aus. Denn es ist allgemein anerkannt, daß in Fällen entschuldbarer Fristversäumung nach Behebung des Hindernisses keine neue Frist beginnt, sondern die unterlassene Handlung unverzüglich binnen einer angemessenen Nachfrist nachzuholen ist (vergl. Römer/Langheid, VVG, Rn. 88 zu § 12 VVG und Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. Rn. 51 zu § 12 VVG, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier. Am 08.06.1998 hatte der Kläger sich erneut anwaltlicher Hilfe bedient und die Beklagte mit Schreiben vom 09.06.1998 unter Fristsetzung bis zum 22.06.1998 zur Schadenregulierung auffordern lassen. Spätestens mit dem Antwortschreiben der Beklagten vom 22.06.1998 an die erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers war die Sach- und Rechtslage abschließend klargestellt; die Beweisaufnahme vor dem Senat hat - entgegen dem Vorbringen der Berufung - nichts dafür ergeben, daß nach dem Zugang dieses Schreibens "bis zur Klageerhebung" noch Erklärungen des Zeugen U. für das weitere Zuwarten mit der gerichtlichen Geltendmachung ursächlich geworden sein könnten. Die Klageschrift datiert denn auch (schon) vom 24.06.1998, und es ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, was nicht aus der Sphäre des Klägers herrühren und deshalb entschuldigen könnte, daß die Klageschrift (erst) am 17.07.1998 - mehr als drei Wochen später und damit nicht mehr ohne schuldhaftes Zögern - beim Landgericht eingereicht worden ist.
Für eine Feststellung dahin, daß der Kläger nach den Erklärungen des Zeugen U. davon ausgehen konnte, daß sich die Fristsetzung überhaupt abschließend erledigt habe, so daß nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine neue Frist hätte gesetzt werden müssen (vergl. Prölss/Martin, a.a.O., Rn 51 zu § 12 VVG), hat die Beweisaufnahme ebenfalls nichts ergeben.
Es hat schließlich nicht zu einem Verzicht auf die Einhaltung der Klagefrist geführt, daß die Beklagte nach Ablauf dieser Frist - und selbst noch im Lauf des Rechtsstreits - aus Kulanz in Vergleichsverhandlungen eingetreten ist. Solche Verhandlungen pflegen stets unter der Voraussetzung geführt zu werden, daß dadurch eigene Rechtspositionen nicht aufgegeben werden. Es ist nicht dargetan, daß vorliegend etwas anderes gelten könnte.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 und 546 Abs. 1 und 2 ZPO.