Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.04.2004, Az.: 4 U 50/04

Rücknahme der Berufung nach Hinausgabe des Beschlusses über die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig; Instanzbeendende Wirkung der Entscheidung; Bedeutung des Eintritts der Rechtskraft des Verwerfungsbeschlusses

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.04.2004
Aktenzeichen
4 U 50/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 13616
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2004:0414.4U50.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - AZ: 2 O 73/03

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2004, 336

Amtlicher Leitsatz

Die Rücknahme der Berufung kann nach Hinausgabe des Beschlusses über die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig nicht mehr erklärt werden.

In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 14. April 2004
beschlossen:

Tenor:

Die am 6. April eingegangene Erklärung der Beklagten über die Rücknahme der mit Schriftsatz vom 24. Februar 2004 eingelegten Berufung ist unwirksam.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

Die Entscheidung ergeht analog § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

2

Die am 6. April 2004 eingegangene Erklärung der Beklagten über die Rücknahme der mit Schriftsatz vom 24. Februar 2004 eingelegten Berufung gegen das am 8. Januar 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ist unwirksam, weil die Rücknahmeerklärung erst nach Zustellung des Beschlusses des Senats vom 31. März 2004 über die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig eingegangen ist.

3

Zwar konnte nach § 515 a.F. ZPO die Berufung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils und insbesondere auch noch nach Verwerfung der unzulässigen Berufung zurückgenommen werden, solange die Verwerfungsentscheidung noch nicht rechtkräftig geworden war (vgl. BGH BGHR ZPO § 515 Abs. 2 Berufungsverwerfung 1; Musielak, ZPO, 3. Aufl. § 516 Rn. 8). Die seit dem 1. Januar 2002 geltende Neuregelung der Berufungsrücknahme in § 516 ZPO hat zwar durch die Abschaffung des früher geltenden Zustimmungserfordernisses für eine Rücknahme nach der Beginn der mündlichen Verhandlung die zeitlichen Grenzen einer zustimmungsfreien Rücknahme ausgedehnt. Andererseits beschränkt die Neuregelung die Rücknahmemöglichkeit in § 516 Abs. 1 ZPO auf den Zeitraum bis zur Verkündung des Berufungsurteils, wobei im schriftlichen Verfahren an die Stelle der Verkündung die Hinausgabe des Urteils tritt (vgl. Baumbach/Albers, ZPO, 61. Aufl. § 516 Rn 3). Der Senat hat die Berufung im vorliegenden Fall zwar nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss als unzulässig verworfen. Da jedoch dem Berufungsgericht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO freigestellt ist, ob es über die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil oder ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet und die instanzbeendende Wirkung der Entscheidung von der für die Verwerfung des Rechtsmittels gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewählten Form unabhängig ist, erscheint es gerechtfertigt, eine Rücknahme des Rechtsmittels nur bis zu dem einer Verkündung des Verwerfungsurteils entsprechenden Zeitpunkt der Hinausgabe des Verwerfungsbeschlusses als wirksam anzusehen. Auf den Eintritt der Rechtskraft des Verwerfungsbeschlusses kommt es nicht an, weil auch bei einer Entscheidung über die Verwerfung durch Urteil die Rücknahme gemäß § 516 Abs. 1 ZPO nur bis zur Verkündung der Entscheidung zulässig ist.

4

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 ZPO zuzulassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die höchstrichterliche Entscheidung zur Zulässigkeit der Berufungsrücknahme nach der Verwerfung der Berufung als unzulässig zum früheren Recht ergangen ist und auch die Neufassung der Bestimmungen über die Berufungsrücknahme diesen Fall nicht ausdrücklich regelt.