Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.10.2007, Az.: 13 U 146/07

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.10.2007
Aktenzeichen
13 U 146/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 59361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:1025.13U146.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 22.06.2007 - AZ: 5 O 124/07

Fundstellen

  • AGS 2008, 161-162 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • HRA 2008, 5
  • JurBüro 2008, 319 (Volltext mit amtl. LS)
  • KF 2008, 25

In dem Rechtsstreit

...

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatzfrist bis zum 19. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht B., und die Richterin am Landgericht B., für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 22. Juni 2007 - 5 O 124/07 - Insoweit abgeändert, als das Landgericht die Klage abgewiesen hat, und in diesem Umfang wie folgt neu gefasst:

  2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 263,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten Ober dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2006 zu zahlen.

  3. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

  5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten nach dessen Verurteilung wegen der Hauptforderung nur noch die durch anwaltliche Beauftragung vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr. Das Landgericht hat der Klägerin die Hauptforderung antragsgemäß zugesprochen, die Klage wegen der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten jedoch abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht einen unbedingten Klageauftrag erteilen müssen, weil dann gebührenrechtlich gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG nur die Verfahrensgebühr, nicht aber die. Geschäftsgebühr angefallen wäre. Hierauf habe auch der Rechtsanwalt hinzuweisen, wolle er sich nicht gegenüber dem Mandanten schadensersatzpflichtig machen.

2

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltkosten weiter, soweit sie nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien noch im Streit stehen.

3

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

  1. unter Abänderung des Teilversäumnisurteils und Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 22. Juni 2007 - 5 O 124/07 - den Beklagten zu verurteilen, an sie 507,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2006 zu zahlen.

4

Nachdem die Klägerin im Kostenfestsetzungsverfahren die Verfahrensgebühr ungekürzt abgerechnet hat, erklären dte Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der 0,65 Geschäftsgebühr in Höhe von 243,75 € übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt und stellen insoweit Kostenanträge.

5

II.

Die Berufung ist nach Zulassung gern, § 511 Abs, 2 Nr. 2 ZPO zulässig.

6

Sie hat auch in dem Umfang Erfolg, in dem sich die Sache nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien noch im Streit befindet.

7

1. Die Klägerin hat einen materiellen Kostenerstattungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs, 3 BGB in Höhe von einer 0,65 Geschäftsgebühr zzgl. der Postpauschale, mithin in Höhe von 263,75 € gegen den Beklagten.

8

Der Beklagte war mit der Zahlung der Hauptforderung gem. § 286 Abs. 3 BGB In-Verzug geraten, nachdem er sie nach Ablauf von 30 Tagen nach Rechnungsübersendung noch Immer nicht bezahlt hatte.

9

Die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung durch einen Rechtsanwalt sind außerdem erstattungsfähig, weit sie anerkanntermaßen zu den zweckentsprechenden Maßnahmen der Rechtsverfolgung zählen und der Klägerin ein Mitverschulden i.S. einer Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB nicht zur Last fällt. Dass tatsächlich ein unbedingter Klagauftrag erteilt worden sei, der keinen Raum für eine Geschäftsgebühr ließe, ist von keiner Seite vorgetragen worden. Die Klägerin durfte zudem einen bedingten Klageauftrag, der nur für den Fall des Scheiterns außergerichtlicher Bemühungen erteilt wird und zunächst die Geschäftsgebühr nach RVG VV 2400 entstehen lässt, erteilen. Ein Rechtsuchender darf, ohne Nachteil befürchten zu müssen, jedenfalls dann einen bedingten Klageauftrag erteilen, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung mit Hilfe eines Anwalts Aussicht auf Erfolg bietet (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - 24 W 23/05 - unter Hinweis auf BGH NJW 1968, 2334). Das ist hier der Fall, Einwendungen gegen die Forderung der Klägerin, die eine Fortsetzung der Weigerungshaltung des Beklagten und Notwendigkeit eines gerichtlichen Verfahrens sicher hätten erwarten lassen, hatte der Beklagte nicht erhoben. Eine Regelmäßigkeit dahin, dass stets dann, wenn eine unstreitige Forderung vom Schuldner nicht bezahlt wird, sich der Schuldner auch nicht aufgrund einer anwaltlichen Aufforderung zur Begleichung durchringen wird, gibt es nicht. Sonstige Umstände, die einen solchen Schluss zu ließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

10

Der Höhe nach beläuft sich der Verzugsschaden der Klägerin auf die nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien nur noch geltend gemachten Hälfte der angefallenen Geschäftsgebühr in Höhe von  243 € zuzüglich der Postpauschale in Höhe von 20 €.

11

2. Die Klägerin hat zudem Anspruch auf Verzinsung ihres Kostenerstattungsanpruchs gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, jedoch erst ab dem 28. Dezember 2006. In der bloßen Übersendung der Rechnung zugleich mit der Aufforderung zur Zahlung der Hauptforderung liegt noch keine Mahnung i.S. des § 286 Abs. 1 BGB; diese besteht vielmehr erst in der Zahlungsaufforderung binnen der zugleich bestimmten Frist, so dass der Beklagte erst mit Ablauf des 27. Dezember 2008 in Verzug mit dem Erstattungsanspruch geraten ist.

12

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a ZPO.

13

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der weiteren Hälfte der Geschäftsgebühr (0,65 Gebühr) in Höhe von  243 € für erledigt erklärt haben, waren die insoweit angefallenen Kosten ebenfalls dem Beklagten aufzuerlegen, da dieser ohne das erledigende Ereignis den Rechtsstreit voraussichtlich verloren hatte und damit auch in der Berufungsinstanz unterlegen gewesen wäre.

14

Die Klägerin hatte Anspruch auf Erstattung der gesamten 1,3 Geschäftsgebühr (2400 VV RVG), weil die Anrechnung der Geschäftsgebühr gem., Vorbemerkung 3 Abs, 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr zu erfolgen hat und nicht umgekehrt. Insoweit hat die Klägerin zu Recht auf den Wortlaut der genannten Regelung hingewiesen. Hieraus ergibt sich, dass die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird, so dass durch die Anrechnung sich die Verfahrensgebühr vermindert und nicht die Geschäftsgebühr ( BGH, Urteil vom 7. März 2007, VIII ZR 86/06, In ZfSch 2007, 344, 346).

15

Der danach bestehende materielle Kostenerstattungsanspruch der Klägerin auf die 1,3 Geschäftsgebühr ist jedoch durch das zwischenzeitlich durchgeführte Kostenfestsetzungsverfahren, in dem eine Anrechnung der Geschäftsgebühr zur Hälfte unterblieben ist, in diesem Umfang nachträglich entfalten. Die Klägerin hat sich im Kostenfestsetzungsverfahren - anders, als es Vorbemerkung 3 VV RVG vorsieht, - die Geschäftsgebühr nicht zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anrechnen lassen, sondern die Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr beantragt was auch geschehen ist. Dadurch ist der zunächst bestehende Anspruch der Klägerin in dieser Höhe erloschen, weil sie dadurch gegenüber dem eretattungspflichtigen Beklagten einen Vorteil erlangt hat, der bei er Bemessung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs - wie jeder schadensersatzrechtlich zu berücksichtigende Vorteil - zu berücksichtigen ist.

16

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

17

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.