Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.10.2007, Az.: 18 UF 8/07

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.10.2007
Aktenzeichen
18 UF 8/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 59324
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:1010.18UF8.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Stade - 10.01.2007 - AZ: 42 F 603/05

Fundstelle

  • FuR 2008, VIII Heft 7 (Kurzinformation)

In der Familiensache

...

wegen Ehescheidung u.a.;

hier: Versorgungsausgleich

hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... am 10. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

  1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung zu Ziffer II des am 10. Januar 2007 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Stade, nach der ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, wird auf ihre Kosten verworfen.

  2. Beschwerdewert: 1 000 €.

Gründe

1

I.

Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 10. Januar 2007 einen Vergleich geschlossen, in dem sie umfangreiche Regelungen zum Trennungs- und nachehelichen Unterhalt für die Antragsgegnerin und Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn getroffen haben. In der Annahme, dass bei Durchführung des Versorgungsausgleichs die Antragsgegnerin ausgleichspflichtig sei, vereinbarten sie zudem in Ziffer 9 des Vergleichs:

" Der Antragsteller verzichtet auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Die Antragsgegnerin nimmt den Verzicht an."

2

Auf Antrag des Antragstellers wurde die Ehe der Parteien daraufhin durch Urteil des Amtsgerichts vom 10. Januar 2007 geschieden. Ferner heißt es zu Ziffer II des Urteils, eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich finde nicht statt. In den Gründen führt das Amtsgericht insoweit aus, die Parteien hätten durch gerichtlichen Vergleich vom 10. Januar 2007 vereinbart, dass kein Ausgleich der Versorgungsanwartschaften stattfinden soll. Diese Vereinbarung werde hiermit familiengerichtlich genehmigt.

3

Im Anschluss an die Verkündung dieses Verbundurteils in der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2007 haben die durch Rechtsanwälte vertretenen Parteien auf Rechtsmittel, Anschlussrechtsmittel sowie die Rechte aus § 629c ZPO verzichtet.

4

Mit Schriftsatz ihrer erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Januar 2007 hat die Antragstellerin die Anfechtung des Rechtsmittelverzichts hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich erklärt. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Februar 2007 hat sie unter Hinweis auf die Anfechtung des Rechtsmittelverzichts gegen das Urteil Berufung und Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 01. Juni 2007 begründet. Sie begehrt die Durchführung des Versorgungsausgleichs und trägt hierzu insbesondere vor, aus einem Versicherungsmathematische Gutachten betreffend die Gesellschaft ... GmbH, ..., vom 26. März 2004 ergebe sich, dass der Antragsteller über Rentenanwartschaften in einer betrieblichen Altersversorgung verfüge, die er im Fragebogen zum Versorgungsausgleich nicht angegeben und über deren Bestehen er sie arglistig getäuscht habe, um sie zum Verzicht auf den Versorgungsausgleich zu bewegen, wodurch er sich eines Prozessbetruges schuldig gemacht habe. Ferner habe der Antragsteller durch die falschen Angaben eine Urkunde fälschlich angefertigt.

5

Nachdem der Senat zunächst das Rechtsmittel der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 5. April 2007 wegen Versäumung der Begründungsfrist verworfen hat, ist der Antragsgegnerin durch Senatsbeschluss vom 14. August 2007 insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.

6

Der Antragsteller nimmt in Abrede, die Antragsgegnerin getäuscht zu haben. Sie habe lange vor Abschluss des Vergleichs und Abgabe der Rechtsmittelverzichtserklärung Kenntnis von dem Gutachten und der betrieblichen Altersversorgung gehabt. Er begehrt unter Berufung auf den Rechtsmittelverzicht die Verwerfung des Rechtsmittels.

7

II.

Die nach §§ 621e Abs. 1 und 3, 621 Nr. 6 ZPO grundsätzlich statthafte befristete Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, einen Versorgungsausgleich nicht durchzuführen, ist wegen des von der Antragsgegnerin erklärten Rechtsmittelverzichts unzulässig und war daher zu verwerfen.

8

Die Antragsgegnerin kann sich nicht mit Erfolg auf die erklärte Anfechtung der Rechtsmittelverzichtserklärung wegen arglistiger Täuschung berufen. Rechtsmittelverzichtserklärungen gegenüber dem Gericht sind als Prozesshandlungen unwiderruflich und auch nicht wegen Willensmängeln anfechtbar, es sei denn es läge ein Restitutionsgrund vor, welcher ausnahmsweise zum Widerruf der Erklärung berechtigen würde ( BGH FamRZ 1994, 300 ff.; 1993, 694) . Ein Restitutionsgrund ist vorliegend jedoch nicht gegeben, so dass die Antragsgegnerin infolge der Rechtskraft die von ihr angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich ungeachtet ihrer eventuellen Unrichtigkeit hinzunehmen hat, so dass es auf die vorsorgliche Anfechtung der Folgevereinbarung vom 10. Januar 2007 hier nicht ankommt.

9

1.

Soweit es den Vorwurf der Antragsgegnerin betrifft, der Antragsteller habe sie arglistig über das Bestehen von Anwartschaften einer betrieblichen Altersversorgung getäuscht, kann dieser nur insoweit relevant sein, als der Antragsteller hierdurch eine Straftat begangen hätte, sei es durch Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB oder Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung gemäß § 156 StGB infolge unrichtiger Angaben im Fragebogen zum Versorgungsausgleich als Wiederaufnahmegrund gemäß §§ 580 Nr. 2 und 4 ZPO, sei es durch Betrug in Form des Prozessbetruges gemäß § 263 StGB, für den ebenfalls der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 4 ZPO in Betracht kommt. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob die Berufung der Antragsgegnerin auf die Restitutionsgründe nach § 580 Nr. 2 und 4 ZPO nicht bereits gemäß § 581 ZPO ausgeschlossen ist, weil in den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur dann stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist. Es kann hier nämlich nicht festgestellt werden, dass sich der Antragsteller dieser Straftaten schuldig gemacht hat.

10

Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB scheitert bereits daran, dass der Fragebogen zum Versorgungsausgleich auch bei unrichtigen Angaben der Partei keine unechte oder verfälschte Urkunde darstellt, sondern allenfalls eine schriftliche Lüge vorliegt, die als solche nicht strafbar ist.

11

Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung scheidet aus, weil das Ausfüllen des Fragebogens zum Versorgungsausgleich keine eidesstattliche Versicherung darstellt. Die Angaben dort werden vielmehr allein mit der Versicherung abgegeben, dass diese nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht wurden.

12

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller einen Betrug zum Nachteil der Antragsgegnerin begangen hat, indem er ihr vorsätzlich Rentenanwartschaften der betrieblichen Altersversorgung verschwieg, um insoweit eine falsche Vorstellung der Antragsgegnerin hervorzurufen und sie auf diese Weise zum Abschluss des Vergleichs vom 10. Januar 2007 zu veranlassen. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin sind ihr die Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers durch das Versicherungsmathematische Gutachten über die Höhe der Pensionsrückstellungen zu den Stichtagen 31. Dezember 2003 und 31. Dezember 2004 für die Gesellschaft ... GmbH, ..., der ... & ... GmbH vom 26. März 2004 bekannt geworden. Dass ihr dieses Gutachten entgegen der Behauptung des Antragstellers erst nach Abschluss des Vergleichs und Abgabe der Rechtsmittelverzichtserklärung am 10. Januar 2007 bekannt geworden ist und es ihr nicht bereits zuvor vorlag, hat die für die Voraussetzungen des § 580 ZPO darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin schon nicht ausreichend dargetan. So hat sie, auch nachdem der Antragsteller hierauf schriftsätzlich besonders hingewiesen hat, keinerlei konkrete Angaben dazu gemacht, wann und unter welchen Umständen sie das Gutachten aufgefunden hat. Sie trägt nicht einmal vor, sie selbst habe erst nach dem 10. Januar 2007 Kenntnis von dem Gutachten erhalten. Vielmehr beschränkt sie sich hinsichtlich des Zeitpunktes, an dem sie selbst in den Besitz des Gutachtens gelangt ist und Kenntnis von seinem Inhalt erlangt hat, darauf, zu bestreiten, dass sie das Gutachten "Monate" vor dem Verhandlungstermin vorliegen hatte. Zum Zeitablauf trägt sie konkret und unter Beweisantritt lediglich insoweit vor, als es den Zeitpunkt betrifft, an dem ihrem erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten das Gutachten erstmals vorlag. Darauf, ob jener erst nach Vergleichsschluss und Rechtsmittelverzicht Kenntnis vom Inhalt des Gutachtens hatte, kommt es jedoch nicht an, sofern die Antragsgegnerin selbst bereits zuvor über diese Kenntnis verfügte. Auch die weitere zwischen den Parteien streitige Frage, ob und unter Beteiligung welcher Personen anlässlich der gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien bereits vor dem 10. Januar 2007 über das Gutachten vom 26. März 2004 gesprochen worden ist, bedarf hier keiner Aufklärung. Da die Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar dargelegt hat, die Informationen über die betriebliche Altersversorgung des Antragstellers erst nach dem Rechtsmittelverzicht erhalten zu haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers im Verbundverfahren, einen für den Vergleichsschluss und Rechtsmittelverzicht kausalen Irrtum der Antragsgegnerin insoweit hervorgerufen haben.

13

2.

Schließlich kann sich die Antragsgegnerin auch nicht erfolgreich auf die Vorschrift des § 580 Nr. 7b ZPO berufen. Nach der Regelung ist ein Restitutionsgrund dann gegeben ist, wenn eine Partei eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, was voraussetzt, dass die Urkunde im Hauptprozess ohne Verschulden der Partei nicht benutzbar gewesen ist, weil ihr Vorhandensein oder ihr Verbleib nicht bekannt war oder weil sie sonst nicht verwertbar war. Entsprechendes lässt sich nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht feststellen. Wie bereits oben ausgeführt, hat sie nicht dargetan, erst nach der Rechtsmittelverzichtserklärung in den Besitz des Gutachtens vom 26. März 2004 gekommen zu sein. Es daher schon nicht ersichtlich, dass ihr die Verwendung des Gutachtens erst nachträglich möglich geworden ist.

14

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.