Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.10.2007, Az.: 6 U 40/07
Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus einem Bauvertrag über die Herstellung eines Wohnhausneubaus mit Garage; Recht zur Kündigung des Bauvertrags bei Nichtnachkommen einer Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer; Anspruch auf vollen Werklohn bei Kündigung durch den Auftraggeber; Herbeiführung der Unwirksamkeit einer gesamten Vertragsstrafenabrede durch eine Regelung zum Einredeverzicht; Folgen einer Einbeziehung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in den Bauvertrag
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.10.2007
- Aktenzeichen
- 6 U 40/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 52904
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:1011.6U40.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 06.03.2007 - AZ: 5 O 38/02
Rechtsgrundlagen
- § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B
- § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG
- § 24 AGBG
Fundstellen
- BauR 2008, 1937-1938 (amtl. Leitsatz)
- BauR 2009, 111-113 (Volltext mit red. LS)
- IBR 2008, 646 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- IBR 2008, 718 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- MDR 2010, 249
- ZAP EN-Nr. 0/2009
In dem Rechtsstreit
...
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ....... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ....... und .......
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. März 2007 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert und die Klage weiter abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt ist, an die Klägerin mehr als 11.789,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2002 zu zahlen.
Die Berufung der Klägerin und die weiter gehende Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 54,44% und der Beklagte zu 45,56%.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zu 6 U 231/03 tragen die Klägerin zu 41,47% und der Beklagte zu 58,53%.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zu 6 U 40/07 tragen die Klägerin zu 64,67% und der Beklagte zu 35,33%.
Die Kosten der Streithilfe werden dem Streithelfer auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren zu 6 U 40/07 wird auf 71.707,61 EUR und im Verhältnis des Beklagten zum Streithelfer der Klägerin auf 13.492,82 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Die Klägerin verlangt zum einen Zahlung einer Vertragsstrafe, hilfsweise Ersatz von Bereitstellungszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, zum anderen Erstattung von Auslagen für Bauwasser und Baustrom sowie Vorschuss für die mangelfreie Vollendung ihres Wohnhauses auf ihrem Grundstück in S. - H., S.heide, der Beklagte widerklagend restlichen Werklohn nach gekündigtem Bauvertrag.
Mit Bauvertrag vom 29. Oktober / 4. November 1999 (Anlage K 1, Bl. 1 - 27 Anlagenband) beauftragte die durch den Architekten B., ihren Streithelfer, vertretene Klägerin den Beklagten unter Einbeziehung der VOB/B (Bl. 4 Anlagenband) mit der Herstellung eines Wohnhausneubaus mit Garage auf dem oben genannten Grundstück. Die vom Streithelfer gestellten Vertragsbedingungen sehen in Nr. 9 i.V.m. Nr. 4.01 (Bl. 10 und 24 Anlagenband) "bei Überschreiten von Vertragsterminen oder -fristen des Auftragnehmers für jeden Werktag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,25% der Bruttoabrechnungssumme", "jedoch maximal 5% der Auftragssumme" vor. Außerdem heißt es unter 9.2 (Bl. 10 Anlagenband):
"Der Auftragnehmer verzichtet auf Einrede, soweit sie nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Fehlende Arbeitskräfte, verspätet oder ausgefallene Materiallieferungen, normale Witterungseinflüsse, zählen nicht als höhere Gewalt."
Entgegen der textlichen Leistungsbeschreibung zu den Maurerarbeiten, die "Verblendmauerwerk Emsländer" (Bl. 20 Anlagenband) vorsieht, verwandte der Beklagte den Stein "KASA-Color", der in Nuancen dunkler ist als der Stein "Emsländer".
Aufgrund Verhandlung vom 14. Februar 2000 legten die Parteien ausweislich Schreibens des Beklagten an die Klägerin vom 15. Februar 2000 (Anlage K 2, Bl. 28 f. Anlagenband), in dem die einzelnen Gewerke mit Stückpreisen, die Maurer- und Verblendarbeiten mit dem Vermerk "unverändert" aufgeführt sind, die Auftragssumme nach Abzug von "3% Nachlass" auf pauschal 533.794,88 DM fest (= 460.168 DM + 16% MWSt.). Durch "Auftrags-Änderung" vom 15. Dezember 2000 (Anlage K 17, Bl. 100 f. Anlagenband) wurde der Preis auf 527.793,06 DM brutto reduziert (= 269.856,31 EUR = 454.994,02 DM + 16% MWSt.), indem die "Schlosserarbeiten ..." (Pos. 13.1) als "Eigenleistung" herausgenommen wurden [454.994,02 DM = 460.168 DM - 5.173,98 DM (= 5.334 DM Schlosserarbeiten - 3% Nachlass)].
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Januar 2001 (Anlage K 18, Bl. 102 f Anlagenband) forderte die Klägerin den Beklagten auf, die "offen stehenden Arbeiten sowie die gemäß der Mängelliste vom 14.08.2000 und (die) im Teilabnahmeprotokoll vom 28.11.2000 aufgeführten Restarbeiten bzw. Mängelbeseitigungsarbeiten", darunter die fehlende äußere Fensterabdichtung bis zum 2. Februar 2001 "auszuführen", und drohte ihm für den Fall ergebnislosen Fristablaufs den Entzug des Auftrags gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B an, den sie mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Februar 2001 (Anlage K 23, Bl. 124 - 126 Anlagenband) gegenüber dem Beklagten erklärte.
Am 14. März 2001 stellte der Beklagte der Klägerin zwei Rechnungen:
Mit seiner "Schlußrechnung" (Anlage K 66, Bl. 317 - 322 d.A.) verlangte er:
unstreitige Nettoauftragssumme | 454.954,02 DM |
---|---|
"ersparte Leistungen" | - 69.171,27 DM |
Differenz | 385.822,75 DM |
+ 16% Umsatzsteuer | |
Bruttobetrag | 447.554,39 DM |
geleistete Abschlagszahlungen | - 341.060,06 DM |
noch zu zahlender Betrag | 106.494,33 DM. |
Mit "Abrechnung der erbrachten Bauleistungen" vom 14. März 2001 (Bl. 275 - 282 d.A.) unter Zugrundelegung der "Kalkulationsgrundlage vom 15.02.2000" verlangte der Beklagte von der Klägerin:
nach Massen und Einheitspreisen errechnete | ||
---|---|---|
Summe der Einzelleistungen | netto | 382.615,26 DM |
+ 16% Umsatzsteuer | ||
"Rechnungsbetrag" | brutto | 443.833,70 DM |
Abzug der geleisteten Abschläge | - 341.060,06 DM | |
zu zahlende Restsumme | 102.773,64 DM. |
Auf den Einwand der Klägerin, dass eine Kalkulation der mit dem Pauschalpreis angebotenen Einzelleistungen fehle, erklärte der Beklagte, der Streithelfer der Klägerin habe eine solche Kalkulation erhalten (S. 6 des Schriftsatzes vom 6. August 2007, Bl. 1120 d.A.).
Das Landgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, ob der Verblender "KASA-Color" minderwertig sei gegenüber dem Verblender "Emsländer", ob der Beklagte die Fugen des Verblendmauerwerks rissig und löchrig sowie unterschiedlich in Breite und Farbe erstellt habe und ob der Austausch des gesamten Verblendmauerwerks, zu dem die Klägerin nach ihrer persönlichen Angabe in der Verhandlung vor dem Senat weiterhin entschlossen ist (Bl. 1164 d.A.), zu den von ihr behaupteten Kosten von 45.000 EUR erforderlich sei. Der Dipl.-Ing. U. O. hat dazu als Sachverständiger ausgeführt, die verbauten Steine seien gegenüber dem Emsländer weder technisch noch optisch minderwertig. Das Landgericht hat bei Augenschein der beiden Steinsorten am 17. Dezember 2002 keinen Unterschied erkennen können. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, es gebe mit Fugenmörtel verschmierte Steine, unterschiedliche Fugenfarbe, Mörtelausbrüche in den Fugen, abgerissene Fugenplanken, unterschiedliche Fugenbreiten, farblich verschiedene Verblender und Farbunterschiede an der Garage; durch eine Grundierung und zwei Anstriche für 10.498 EUR lasse sich ein gleichmäßiges, optisch einheitliches Bild der Fassade herstellen (Gutachten O. vom 14. Mai 2004 und 14. Juli 2006 sowie dessen persönliche Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2007, Bl. 910 ff. d.A.).
Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung in Höhe von 75.650,74 EUR (Seiten 9 - 22 der Klageschrift, Bl. 9 - 22 d.A.) und der Beklagte im Wege der Widerklage restlichen Werklohn in Höhe von 42.213,17 EUR verlangt, wobei er sich die Berechnung der Werklohnforderung im Teilurteil des Landgerichts vom 25. November 2003 (Bl. 341 - 363 d.A.) zu eigen gemacht hat (Bl. 395 d.A.), welches der Senat mit Urteil vom 6. Mai 2004 zu 6 U 231/03 unter Zurückverweisung an das Landgericht aufgehoben hat (Bl. 518 - 525 d.A.).
Gegenüber dem vom Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Restwerklohnanspruch hat die Klägerin die Aufrechnung mit ihr zustehender Schadensersatzforderung zur Mängelbeseitigung und anfallenden notwendigen Kosten zur Fertigstellung des Gewerks erklärt.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird (Bl. 936 - 958 d.A.), hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen und unter Abweisung der weiter gehenden Klage, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2006 bis auf den Betrag von 59.486,17 EUR nebst Zinsen zurückgenommen hatte (Bl. 726 d.A.), den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 24.984,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2002 zu zahlen. Den zuerkannten Betrag hat es wie folgt berechnet:
Vertragsstrafe (5% von 527.793,06 DM Bruttoauftragswert = 26.389,65 DM =) | 13.492,82 EUR |
---|---|
Bauwasser | 109,42 EUR |
Baustrom | 883,93 EUR |
Verblendmauerwerk | 10.498,00 EUR |
berechtigte Klagforderung | 24.984,17 EUR. |
Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht den vom Beklagten abgerechneten Werklohn als berechtigt zugrunde gelegt, ist aber durch Abzüge wegen nichtausgeführter Positionen, wegen Mehrkosten der Fertigstellung und Mängelbeseitigung zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Werklohn übrig bleibt.
Gegen dieses Urteil wenden beide Parteien sich mit selbstständiger Berufung.
Die Klägerin begehrt Zahlung weiterer 24.502 EUR nebst Zinsen. Sie hält den Differenzbetrag der Austauschkosten für die Verblender in Höhe von 34.502 EUR (= 45.000 EUR - zuerkannte 10.498 EUR) für berechtigt, von welchem sie den Teilbetrag von 24.502 EUR geltend macht.
Der Beklagte begehrt restlichen Werklohn, indem er die Abzüge des Landgerichts nicht von der abgerechneten, sondern der vereinbarten Vergütung vornimmt und dabei den Abzug von 10.498 EUR wegen der Verblender hinnimmt.
Mit dem Ziel, dass "die ... Abweisung der Widerklage bestehen bleibt" (Bl. 1087 - 1099 d.A.), legt die Klägerin antragslose Eventual-Anschlussberufung ein, mit welcher sie zu einzelnen Positionen höhere Abzüge als vom Landgericht vorgenommen erstrebt und weitere Abzugspositionen geltend macht, zu denen das Landgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - nicht Stellung genommen hat.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, ihr über die zuerkannten 24.984,17 EUR nebst Zinsen hinaus weitere 24.502,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2002 zu zahlen,
- 2.
die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils dahin abzuändern, dass dem Beklagten von den Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz und in der ersten Instanz nach Zurückverweisung 66% und der Klägerin 34% auferlegt werden.
Der Beklagte beantragt,
Berufung und Eventual-Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen
sowie
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn 13.248,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Streithelfer beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, soweit dieser sich mit ihr gegen die Verurteilung zur Zahlung von 13.492,82 EUR nebst Zinsen wendet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die des Beklagten teilweise begründet.
Die Klägerin kann vom Beklagten Zahlung folgender Beträge verlangen:
vom Landgericht zuerkannt: | für mangelhafte Verblender | 10.498,00 EUR |
---|---|---|
für Bauwasser | 109,42 EUR | |
für Baustrom | 883,93 EUR | |
zuzüglich Bereitstellungszinsen | 297,66 EUR | |
berechtigte Klagforderung | 11.789,01 EUR. |
I.
Die Klägerin hat darüber hinaus gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B auf weiteren Vorschuss zu den Mangelbeseitigungskosten, die deshalb erforderlich sind, weil das hergestellte Verblendmauerwerk weder der vertraglichen Vereinbarung entspricht noch handwerklich einwandfrei ist.
1.
Die Klägerin war nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B berechtigt, den Bauvertrag zu kündigen.
a)
Der Beklagte ist der Pflicht zur Mangelbeseitigung jedenfalls hinsichtlich der äußeren Abdichtung von Fenstern und Türen nicht nachgekommen. Die Klägerin hat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Dezember 2000 (Bl. 98 f Anlagenband) zur Beseitigung der Mängel gemäß Teilabnahmeprotokoll vom 28. November 2000 aufgefordert, in dem dieser Mangel, dessen Vorhandensein der Beklagte nicht bestreitet, sich zu Punkt 2.5 (Bl. 91 Anlagenband) findet. Er zieht sich selbst (Seite 7 seiner Berufungsbegründung, Bl. 1040 d.A.) die 68.236,82 EUR vom Werklohn ab, die das Landgericht abgezogen hat und in denen 2.193,87 EUR u.a. für die Herstellung der Fensterabdichtungen enthalten sind (LGU 19, Bl. 954 d.A.).
b)
Das weiter erforderliche Setzen einer angemessenen Frist zur Mangelbeseitigung unter Androhung des Auftragsentzugs findet sich in dem anwaltlichen Schreiben vom 19. Januar 2001 (Bl. 102 f Anlagenband) und die deshalb berechtigte Kündigung in dem Anwaltsschreiben vom 23. Februar 2001 (Bl. 124 - 126 Anlagenband).
2.
Der Klägerin stehen wegen der Mängel am Verblendmauerwerk nur die vom Landgericht zuerkannten 10.498 EUR für den Anstrich zum Erzielen des optisch einheitlichen und ansprechenden Bildes zu, zuzüglich der Minderung von 2.814,01 EUR, die der Klägerin nach eigener Berechnung (Seite 9 und 22 der Klageschrift) bei Verrechnung von Werklohn und Fertigstellungskosten verbleibt.
a)
Der Vorschuss zu den Mehrkosten, der auch im Rahmen des Mehrkostenanspruchs verlangt werden kann (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl. B § 8 Nr. 3 Rn. 42), beschränkt sich auf die voraussichtlichen Kosten des Anstrichs. Die Unverhältnismäßigkeit der Neuherstellung des Verblendmauerwerks, die auch im Rahmen des Mehrkostenanspruchs zu berücksichtigen ist, und die Obliegenheit der Klägerin entsprechend § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (so Ingenstau/Korbion a.a.O., Rn. 46 und 47), den Aufwand gering zu halten, gebieten es, dass die Klägerin sich mit dem Anstrich und der Minderung von 2.814,01 EUR zufrieden gibt, die wegen des vom geschuldeten abweichenden Erscheinungsbildes nach Anstrich gerechtfertigt ist. Denn zwischen dem verbauten und dem vereinbarten Verblender besteht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen O. kein Qualitäts- und praktisch auch kein optischer Unterschied, den das Landgericht bei Einnahme des Augenscheins kaum hat feststellen können und der so gering ist, dass er nur auffällt, soweit die Steine direkt nebeneinander verbaut sind, so dass im Bereich der Garage mit Farbe nachgebessert werden muss, wie vom Sachverständigen ausgeführt.
Wegen in Zukunft womöglich notwendiger weiterer Anstriche kann die Klägerin Zahlung erst verlangen, wenn solche Anstriche tatsächlich anfallen.
Bei Bemessung der Minderung ist kein merkantiler Minderwert zu berücksichtigen. Anders als in den Fällen, in denen ein solcher merkantiler Minderwert mit der Erwägung begründet werden kann, dass ein Schadenseintritt ungewiss ist und der Besteller bei Veräußerung des Grundstücks einen Erwerber auf diese Gefahr hinweisen muss, ist hier der Schaden durch die Erforderlichkeit des Anstrichs bereits eingetreten und eine Verpflichtung des Beklagten, die Kosten von Folgeanstrichen tragen zu müssen, könnte durch einen entsprechenden Feststellungsantrag geltend gemacht werden, so dass hierfür keine abstrakte Minderung gerechtfertigt ist.
b)
Der Betrag von 2.814,01 EUR, der der Klägerin nach eigenem Vortrag bei Verrechnung von Werklohn und Fertigstellungskosten verbleibt und nach Überzeugung des Senats (§ 287 ZPO) als angemessene Minderung ausreicht, ergibt sich aus folgender Berechnung (Seite 9 und 22 der Klageschrift):
Gesamtwerklohn | 269.856,31 EUR |
---|---|
Abschläge | - 174.381,24 EUR |
Differenz | 95.475,07 EUR |
Fertigstellungskosten ohne Verblendmauerwerk (137.661,06 EUR - 45.000 EUR =) | - 92.661,06 EUR |
Rest | 2.814,01 EUR. |
Der spätere Vortrag der Klägerin zur Erhöhung der Fertigstellungskosten auf 96.556,50 EUR (= 90.026,40 EUR gemäß Seite 35 der Berufungsbegründung vom 1. März 2004, Bl. 492 d.A. + 6.530,10 EUR Sachverständigenkosten Wichern, Bl. 497 b - e d.A.) ist im Ergebnis unerheblich, da der erhöhte Betrag auf Positionen beruht, die das Landgericht aberkannt und die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen hat (z.B. 5.000 EUR statt 2.500 EUR für Maurer/Maler-Arbeiten bei der Fensterabdichtung sowie 7.275,04 EUR statt 2.000 EUR für Sprossen).
II.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
1.
Die dem Beklagten durch den Streithelfer vorgegebene Klausel ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1, § 24 AGBG unwirksam. Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren. Dem Beklagten ist die mit §§ 285, 339 Satz 1 BGB a.F. ihm eröffnete Verteidigung abgeschnitten, er sei nicht in Verzug, weil die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibe, den er nicht zu vertreten habe. Gemäß 9.2 der Klausel (Bl. 10 Anlagenband) hat er u.a. auf die Einrede verzichtet, "verspätet oder ausgefallene Materiallieferungen" habe er nicht verschuldet (vgl. zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel OLG Hamm NJW-RR 1997, 1042 [OLG Hamm 21.03.1996 - 17 U 93/95]).
Die Wirksamkeit der Klausel rechtfertigt sich nicht aus der Erwägung der Klägerin im Schriftsatz vom 24. September 2007, ein Unternehmer habe das Material "vorrätig" zu haben. Im Hinblick auf die mit einer Bevorratung verbundenen Kosten ist es einem Unternehmer nicht verwehrt, Bestellungen so vorzunehmen, dass das Material bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang rechtzeitig zur Verfügung steht, wenn es tatsächlich zum Einbau benötigt wird.
2.
Zu einem individuellen Aushandeln der Abrede zur Vertragsstrafe durch die Parteien ist mit Substanz nichts vorgetragen. Die Angabe, im Verhandlungsprotokoll vom 30. September 1999 sei die Frage zur Konventionalstrafe mit einem handschriftlichen "Ja" ausgefüllt (Bl. 285 und 448 d.A.), genügt nicht für die Annahme, der Beklagte sei mit dem o. g. Verzicht auf Einreden einverstanden gewesen. Denn hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsinhalt zur Vertragsstrafe nicht zusammenhängend an einer Stelle des Vertrages geregelt wurde, sondern durch Verweisungen, die teilweise unzutreffend sind. Denn die Regelung unter 4.01 (Bl. 24 Anlagenband), auf die die Klage gestützt ist und die den Einredeverzicht noch nicht erkennen lässt, verweist auf "eine Konventionalstrafe entsprechend § 12 der Angebots- und Vertragsbedingungen, jedoch maximal 5% der Auftragssumme". Davon abweichend finden die weiteren Regelungen zur Vertragsstrafe und zum Einredeverzicht sich nicht in "§ 12" , sondern unter 9.1. bis 9.3 des Bauvertrages (Bl. 10 Anlagenband).
3.
Die Regelung zum Einredeverzicht hat die Unwirksamkeit der gesamten Vertragsstrafenabrede zur Folge (§ 5 AGBG und Verbot der geltungserhaltenden Reduktion).
III.
Von den hierzu hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen ist nur derjenige auf Zahlung von Bereitstellungszinsen in Höhe von 297,66 EUR (= 582,17 DM) wegen Verzugs des Beklagten begründet.
1.
Die höhere Verzinsung ist durch Anlage K 31 (Bl. 139 Anlagenband) hinreichend dargetan. Rechnerisch zutreffend beträgt die Differenz aber nicht 682,17 DM (so Seite 12 der Berufungsbegründung der Klägerin vom 1. März 2004, Bl. 469 d.A.), sondern nur 582,17 DM (= 2.239,17 DM - 1.657 DM).
2.
Hinsichtlich der weiteren Bereitstellungszinsen sind die dazu getroffenen Vereinbarungen durch die zugehörige Anlage K 30 (Bl. 138 Anlagenband) nicht belegt.
3.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind auf die Prozessgebühr anzurechnen. Die vorgerichtliche Korrespondenz befasste sich ebenso wie die Klage mit der Mangelbeseitigung am Verblendmauerwerk, die Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist und auf die eine Anrechnung zu erfolgen hat, was in der vorgetragenen Kostennote nicht berücksichtigt ist (Bl. 497 a d.A.).
4.
Gegen die weiteren Beträge, die das Landgericht auf die Klage zuerkannt hat, liegt kein Berufungsangriff des Beklagten vor, da er sie in seiner Berechnung zugunsten der Klägerin berücksichtigt hat (Bl. 1040 d.A.):
"für Bauwasser 109,42 EUR für Baustrom 883,93 EUR für mangelhafte Verblender 10.498,00 EUR"
IV.
Der Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, über die bereits als Abschlagszahlung erhaltenen 341.060,07 DM hinaus Anspruch auf weiteren Werklohn zu haben.
1.
Es kann nicht der volle Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B verlangt werden, da die Kündigung aus § 8 Nr. 3 VOB/B berechtigt war, wie oben ausgeführt.
2.
Der restliche Werklohnanspruch kann nicht auf eine Differenzrechnung zwischen Gesamtwerklohn einerseits sowie Abschlagszahlungen und berechtigte Fertigstellungskosten andererseits gestützt werden, sondern beim gekündigten Pauschalpreisvertrag erfordert die schlüssige Darlegung des Werklohnanspruchs für die tatsächlich erbrachten Leistungen, dass der Unternehmer die Kalkulation des Pauschalpreises und den danach auf die erbrachte Leistung entfallenden Anteil des Pauschalpreises konkret vorträgt.
Der Beklagte hat die Kalkulation des vereinbarten Pauschalpreises von 533.794,88 DM hinsichtlich der als erbracht abgerechneten Leistungen einerseits und der nicht ausgeführten Leistungen andererseits nicht vorgetragen, obwohl die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die Abrechnung anhand der Kalkulation der mit dem Pauschalpreis angebotenen Einzelleistungen zu erfolgen hat (Bl. 1090 d.A.), worauf der Beklagte nicht die Kalkulation, sondern nur vorgetragen hat, dass der Streithelfer der Klägerin eine solche Kalkulation erhalten habe (S. 6 des Schriftsatzes vom 6. August 2007, Bl. 1120 d.A.). Ohne Vortrag dieser Kalkulation ist aber nicht nachvollziehbar, ob der Beklagte sich bei seiner Abrechnung in deren Rahmen gehalten hat oder ob ein geringerer Anteil des vereinbarten Pauschalpreises als vom Beklagten abgerechnet auf die erbrachte Leistung entfällt, z.B. wenn der Beklagte statt der in Position 3.7 abgerechneten 226,03 qm Verblendmauerwerk nur 200 qm kalkuliert hatte, so dass er nur bis zur dieser Obergrenze abrechnen dürfte. Gegen die Richtigkeit der Rechnung des Beklagten spricht, dass er zwei verschiedene Rechnungen aufgemacht hat, die voneinander abweichen, ferner, dass der die Baustelleneinrichtung mit 19.377,34 DM (Bl. 277 d.A.) und mithin mit mehr als den kalkulierten 19.376,72 DM (19.976 DM - 3% Nachlass; Bl. 28 Anlagenband) abrechnet.
Die vorgetragene "Kalkulationsgrundlage vom 15.02.2000" (Anlage K 2, Bl. 28 f. Anlagenband) ist nicht ausreichend, da hierin die Gewerke nur mit Stückpreisen aufgeführt sind, nicht jedoch die Massen und Preise für die in den einzelnen Gewerken enthaltenen Einzelleistungen.
V.
Über die antragslose Eventual-Anschlussberufung ist nicht zu entscheiden, da "mit ihr nur erreicht werden (sollte), daß die ... Abweisung der Widerklage bestehen bleibt" (Bl. 1087 - 1099 d.A.).
VI.
Die Kostenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 und § 101 Abs. 1 Hs. 2 ZPO, wobei zu berücksichtigen war, dass der Senat den Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren zu 6 U 231/03 mit Beschluss vom 20. April 2004 (Bl. 526 d.A.) auf 70.541,32 EUR festgesetzt hat und die teilweise Klagrücknahme erst am 26. Januar 2006 nach Entstehen aller Gebühren erklärt worden ist (Bl. 726 d.A.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung nicht vorliegen.
VII.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren zu 6 U 40/07 errechnet sich aus folgenden Positionen:
Berufung der Klägerin | 24.502,00 EUR |
---|---|
Berufung der Beklagten: | |
zur Klage | 24.984,17 EUR |
zur Widerklage | 13.248,76 EUR |
Hilfsklaggrund Zinsen (Bl. 469 d.A.) | 6.428,29 EUR |
Hilfsklaggrund vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (Bl. 471, 497 a d.A.) | 2.544,39 EUR |
Summe | 71.707,61 EUR, |
wobei der Streithelfer sich nur in Höhe des streitigen Vertragsstrafenanspruchs von 13.492,82 EUR am Verfahren beteiligt hat.