Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.10.1999, Az.: 1 B 3319/99

Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung eines Emssperrwerks; Bindungswirkung von Beschlüssen; Teilbarkeit der Anordnung des Sofortvollzuges ; Geltendmachung der besonderen Eilbedürftigkeit ; Verbandsklagerecht; Identität von Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde; Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung; Ermangelung einer Planrechtfertigung; Eingriff in Natur und Landschaft ; Berücksichtigung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen ; Auswirkungen auf das Landschaftsbild

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
26.10.1999
Aktenzeichen
1 B 3319/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 18434
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:1999:1026.1B3319.99.0A

Fundstellen

  • NdsVBl 2000, 36-44
  • NuR 2000, 398-405

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der Anordnung des Sofortvollzuges eines wesentlich geänderten Planfeststellungsbeschlusses steht der Bindungswirkung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht entgegen. Es entsteht dann ein neuer aus dem ursprünglichen und dem ändernden Verwaltungsakt zusammengesetzter Bescheid.

  2. 2.

    Kann der festgestellte Mangel eines Planfeststellungsbeschlusses nachträglich durch Schutzauflagen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG behoben werden und ist dieser für die Planungsentscheidung nicht von so großem Gewicht, so stellt sich hierdurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung nicht in Frage.

  3. 3.

    Im Rahmen der summarischen Prüfung ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Aufhebung bzw. Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststelllungsbeschlusses hinsichtlich der Errichtung eines Stau- und Sperwerkes in der Ems, da insbesondere ausreichende naturschutzrechltiche Aspekte sowie Belange der Landschaftspflege bei der Abwägung berücksichtigt wurden.

  4. 4.

    Im Rahmen seines Verbandsklagerechts besteht für einen anerkannten Naturschutzverband nur eine "Rügebefugnis", wenn ihm eine Beteiligung in Fragen materieller Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege obliegt.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 1. Kammer -
am 26. Oktober 1999 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller sind anerkannte Naturschutzverbände und wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung eines Emssperrwerks.

2

Am 15. August 1997 beantragte die Antragsgegnerin, die eine "Projektgruppe Bau eines Emssperrwerks" gebildet hatte, deren Aufgaben zum 01. Januar 1998 auf den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK) übergegangen sind, bei sich die Feststellung eines Planes zur Errichtung eines Emssperrwerks. Dem Antrag nebst Erläuterungsbericht waren insbesondere eine Umweltverträglichkeitsstudie, der landschaftspflegerische Beitrag, die Stellungnahme des Naturschutzdezernats der Antragsgegnerin sowie technische Gutachten beigefügt.

3

Nach den Plänen soll das Sperrwerk bei Stromkilometer 32,2 zwischen G. im Norden und N. im Süden hergestellt werden und eine Länge von 477 m aufweisen. Der Anschluß an die vorhandenen Hauptdeiche erfolgt durch Flügeldeiche, die 140 und 350 m lang sind. Es waren eine 60m breite Hauptschifffahrtsöffnung, eine Binnenschifffahrtsöffnung sowie weitere sechs Nebenöffnungen jeweils mit einer Breite von 50 m vorgesehen. Ferner sollen Betriebs- und Informationsgebäude sowie Zufahrten hergestellt werden.

4

Das Emssperrwerk soll der Kehrung von Sturmfluten, die höher als NN +3,70m auflaufen, dienen, sowie dem Aufstau der Ems, deren mittleres Tidehochwasser zwischen 1,60m und 1,70m über NN aufläuft, bis zu einer Höhe von NN +2,70 m. Letzteres soll insbesondere die Überführung von Kreuzfahrtschiffen mit einem Tiefgang bis zu 8,50 m ermöglichen, die auf der Werft der Beigeladenen in Papenburg gefertigt werden.

5

Der Antrag umfasste ferner die Errichtung eines Liegeplatzes für das zu überführende Schiff oberhalb des Sperrwerks, die Errichtung eines Schöpfwerkes am Ledasperrwerk mit einer Pumpleistung von 30 cbm/s bei Leerort sowie die Gewinnung und Verklappung von Baggergut in der Ems.

6

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18. August 1997 erhielten u.a. die Antragsteller unter Beifügung der Unterlagen Gelegenheit, hierzu bis zum 21. Oktober 1997 Stellung zu nehmen. In der Zeit vom 15. Dezember 1997 bis zum 05. Februar 1998 haben an insgesamt 15 Tagen Erörterungstermine stattgefunden.

7

Daraufhin hat die Antragsgegnerin zu verschiedenen Fragen neue Gutachten eingeholt und u.a. den Antragstellern jeweils unter Einräumung einer Stellungnahmefrist übersandt.

8

Am 29. Mai 1998 änderte der NLWK den Planfeststellungsantrag in einigen Punkten ab. Das Sperrwerk soll eine Länge von 476 m haben. Die fünf südlichen jeweils 50m breiten Nebenöffnungen sollen durch vier Öffnungen mit einer Breite von je 63,50 m ersetzt werden. Ferner sollen die beiden Nebenöffnungen nördlich und südlich der Schifffahrtsöffnungen statt Drehsegmentverschlüssen nunmehr Hubtore aufweisen. Darüber hinaus sind oberhalb und unterhalb des Sperrwerks zwei Liegestellen für den allgemeinen Schiffsverkehr vorgesehen. Schließlich soll das Schöpfwerk im Leda-Sperrwerk eine Pumpkapazität von 40cbm/s erreichen.

9

Am 16. Juli 1998 beantragte der NLWK bei der Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses, soweit das Sperrwerk zum Zwecke der Sturmflutkehrung errichtet werden soll.

10

Mit Bescheid vom 14. August 1998 stellte die Antragsgegnerin den Plan für die Errichtung des Emssperrwerks fest und ordnete in dem beantragten Umfang die sofortige Vollziehung an.

11

Die Nebenbestimmungen sehen u.a. vor, dass ein Aufstau der Ems bis zu einer Höhe von 1,75 m über NN ganzjährig zulässig ist, jedoch die Dauer von 12 Stunden nicht überschreiten darf. In der Zeit vom 16. September bis 14. März darf die Ems in höchstens 52 Stunden bis zur Wasserhöhe von 2,70 m über NN aufgestaut werden. Insgesamt ist der Aufstau pro Jahr auf 104 Stunden beschränkt. Ferner sind zahlreiche naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgeschrieben. Schließlich sind Auflagen, die im Staufall den notwendigen Sauerstoffgehalt des Wassers gewährleisten sowie der Verhinderung einer schädlichen Übersalzung der Ems dienen sollen, angeordnet worden.

12

Am 16. September 1998 haben die Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben (1 A 3558/98). Auf ihren am 20. Oktober 1998 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die beschließende Kammer mit Beschluss vom 26. November 1998 - 1 B 3953/98 - die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller wiederhergestellt, soweit der Sofortvollzug angeordnet war. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass viel dafür spreche, dass der Sofortvollzug nicht teilweise angeordnet werden dürfe, es also bei der aufschiebenden Wirkung der Klage verblieben sei. Auch wenn man die Frage der Teilbarkeit anders beurteile, ergebe sich im Ergebnis nichts anderes. Es käme dann auf eine Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Klage an, die sich gegen ein ausschließlich für Zwecke der Sturmflutkehrung geplantes Vorhaben richte. Eine solche Klage erscheine gegenwärtig voraussichtlich erfolgreich, weil der Planfeststellungsbeschluss in diesem Fall an einem durchgreifenden Abwägungsmangel leiden würde. Die Antragsgegnerin habe bei der Frage, ob alternativ eine Erhöhung der Hauptdeiche an der Ems in Betracht käme, das Abwägungsmaterial zu lückenhaft zusammengestellt. Es sei zu unbestimmt angegeben worden, dass bei Nichterrichtung des Sperrwerks die Deiche "bis zu 110 km" zu erhöhen seien. U.a. im Hinblick auf eine denkbare Änderung oder Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses wurde schließlich darauf hingewiesen, dass nach § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG möglicherweise eine Stellungnahme der Kommission erforderlich sei.

13

Der hiergegen gerichtete Antrag der Antragsgegnerin auf Zulassung der Beschwerde ist mit Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 01. Februar 1999 - 3 M 5515/98 - abgelehnt worden.

14

Daraufhin hat die Antragsgegnerin weitere Gutachten erstellen lassen, die den Antragstellern mit dem Antrag des NLWK auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Gesamtvorhabens vom 07. Mai 1999 unter Gewährung einer Stellungnahmefrist übersandt worden sind.

15

Am 22. Juli 1999 erließ die Antragsgegnerin, gestützt auf § 75 Abs. 1a VwVfG, einen als Planergänzungsbeschluss bezeichneten Bescheid. In diesem ist insgesamt die sofortige Vollziehung angeordnet worden. In der Sache enthält er eine neue Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die durch das Vorhaben betroffenen europäischen Schutzgebiete. Außerdem sind verschiedene Alternativen zu dem Vorhaben untersucht worden, insbesondere die Möglichkeit von Deicherhöhungen an der Ems. In dem Bescheid ist zudem vorbehalten, dass eine Auflage für eine 10 ha große Ausgleichsfläche zum Zwecke des Vogelschutzes festgesetzt wird.

16

Der ebenfalls am 22. Juli 1999 gestellte Antrag der Antragsgegnerin auf Abänderung des Beschlusses vom 26. November 1998 ist mit Beschluss der Kammer vom 09. August 1999 - 1 B 2771/99 - als unzulässig abgelehnt worden. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass der erneuten Anordnung der sofortigen Vollziehung die Bindungswirkung der früheren Entscheidung der Kammer nicht entgegenstehe.

17

Bereits am 29. Juli 1999 haben die Antragsteller ihre o.g. Klage auch auf den Planergänzungsbeschluss der Antragsgegnerin erweitert.

18

Am 07. September 1999 haben die Antragsteller erneut um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

19

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage - 1 A 3558/98 - gegen den Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 14. August 1998/22. Juli 1999 wiederherzustellen.

20

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

21

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der Sachen 1 A 3558/98, 1 B 3953/98 und 1 B 2771/99 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

22

II.

Der Antrag der Antragsteller ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig. Danach kann das Verwaltungsgericht für den Fall, dass die Behörde - wie hier die Antragsgegnerin - nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung eines Bescheides anordnet, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherstellen.

23

Keine Zweifel bestehen insbesondere an der Antragsbefugnis der Antragsteller. Nach § 60c Abs. 1 des Nds. Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 11. April 1994 (Nds. GVBl. S. 155), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Februar 1998 (Nds. GVBl. S. 86) - NNatSchG - können nach § 29 Abs. 2 und 3 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl I S. 2994) - BNatSchG - anerkannte Vereine wie die Antragsteller ohne i.S. des § 42 Abs. 2 VwGO eine Verletzung in eigenen Rechten darlegen zu müssen, Rechtsbehelfe gegen einen Verwaltungsakt nach Maßgabe der VwGO einlegen, wenn sie - wie hier jedenfalls auch - geltend machen, dass der Verwaltungsakt den Vorschriften des BNatSchG, des NNatSchG oder den aufgrund dieser Gesetze erlassenen oder fortgeltenden Vorschriften sowie anderen Rechtsvorschriften widersprechen, die auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind. Auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 60c Abs. 2 Nr. 1 NNatSchG sind hier gegeben.

24

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist in der Sache unbegründet. Es sind jedoch von der Antragsgegnerin die sich aus den folgenden Ausführungen zu 10.) ergebenden Maßgaben zu beachten. Diese beziehen sich auf die bisher fehlende Berücksichtigung von Kumulationswirkungen des Vorhabens mit den durchgeführten Emsvertiefungen und die Ausgleichsmaßnahmen für den durch das Sperrwerk eintretenden Verlust von Salzwiesen.

25

Die hier zu beurteilende Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 22. Juli 1999 leidet nicht an formellen Mängeln:

26

1.)

Zunächst ist diese nicht, wie die Antragsteller vorbringen, deshalb rechtswidrig, weil ihr die Bindungswirkung des Beschlusses vom 26. November 1998 - 1 B 3953/98 - entgegenstünde und die Vollziehbarkeit des Bescheides lediglich über einen Antrag auf Abänderung nach § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO beim Verwaltungsgericht erreicht werden könnte. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss der Kammer vom 09. August 1999 - 1 B 2771/99 - Bezug genommen.

27

Soweit die Antragsteller auf den Tenor des Beschlusses vom 26. November 1998 hinweisen, ist bereits auf den Seiten 3 f. des Beschlusses vom 09. August 1999 ausgeführt worden, dass der Tenor allein für die Bestimmung der Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung nicht maßgeblich sein kann.

28

Ohne Bedeutung für die Bindungswirkung ist, dass im Beschluss vom 26. November 1998 die fehlende Teilbarkeit des Vorhabens damit begründet worden ist, dass die verschiedenen Erwägungen bei der Abwägung so miteinander verwoben seien, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht aufgespalten werden könne. Das Gericht hat mithin insoweit nicht selbst eine Abwägungsentscheidung getroffen. Im übrigen ist die Teilbarkeit des Sofortvollzuges, wie auf Seite 4 des Beschlusses vom 09. August 1999 unter Bezugnahme auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 01. Oktober 1990 - 2 TH 507/90 -, NVwZ-RR 1991, 177, 178 [VGH Baden-Württemberg 03.09.1990 - 5 S 1840/90][VGH Hessen 01.10.1990 - 2 TH 507/90] ausgeführt, eine rechtslogisch vor der gerichtlichen Abwägungsentscheidung zu prüfende Voraussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung, auch wenn für die Beurteilung materielle Kriterien ausschlaggebend waren.

29

Soweit die Antragsteller geltend machen, dass sich die Bindungswirkung auch auf die Hilfserwägungen erstrecke, weil im Rechtsmittelverfahren ein Erfolg nur dann möglich gewesen wäre, wenn für alle im Beschluss der Kammer vom 26. November 1998 genannten Gesichtspunkte ausreichende Zulassungsgründe nach §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 VwGO vorgebracht worden wären, rechtfertigt dies eine andere Beurteilung nicht. Die neben der Frage der Teilbarkeit der Anordnung des Sofortvollzuges von der Kammer erörterten Fragen sind nämlich - so wird es auch im Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 1. Februar 1999 (3 M 5515/98) verstanden, in dem sie als Hilfserwägungen bezeichnet werden - nicht entscheidungstragend geworden. Solche Hilfserwägungen nehmen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen erst dann an einer Bindungswirkung teil, wenn sich die Haupterwägung der Entscheidung nicht als tragfähig erwiesen hat.

30

Die im Beschluss vom 09. August 1999 erwähnten Formulierungen im Konjunktiv haben entgegen der Ansicht der Antragsteller ihren Grund auch nicht in dem summarischen Charakter des Eilverfahrens, sondern darin, dass sie eine Hilfsbegründung für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage darstellen. Sie sind aber nicht im Zusammenhang mit der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zu sehen.

31

Das Gericht weist in diesem Zusammenhang auch noch auf zwei weitere Gesichtspunkte hin, die die Richtigkeit des Beschlusses vom 09. August 1999 bestätigen.

32

In der Rechtsprechung ist nämlich geklärt, dass der Anordnung des Sofortvollzuges eines wesentlich geänderten Planfeststellungsbeschlusses die Bindungswirkung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht entgegensteht. Es entsteht dann nämlich ein neuer aus dem ursprünglichen und dem ändernden Verwaltungsakt zusammengesetzter Bescheid (vgl. Beschluss vom 28. Juli 1993 - 7 B 49.93 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 8; Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 7 B 180.92 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 7; BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1991 - 4 C 25.90 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4; Urteil vom 05. Dezember 1986 - 4 C 13.85 -, BVerwGE 75, 215, 220 f.) [BVerwG 05.12.1986 - 4 C 13/85]. So liegt der Fall hier. Eine wesentliche Änderung kann insbesondere in einer erheblich neuen Begründung eines Planfeststellungsbeschlusses zu sehen sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1991 a.a.O.; Urteil vom 18. Mai 1990 - 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163, 166) [BVerwG 18.05.1990 - 8 C 48/88]. Hier ist im Bescheid vom 22. Juli 1999 eine vollständig neue Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG erfolgt, der eine weitere naturschutzfachliche Untersuchung zur Frage der Erheblichkeit eines Eingriffs in europäische Schutzgebiete zugrundeliegt. Ferner ist aufgrund neuer küstenschutz- und naturschutzfachlicher Gutachten insbesondere dem Gesichtspunkt, ob Deicherhöhungen an der Ems eine Alternative zum Emssperrwerk darstellen, erneut nachgegangen worden.

33

Hinzu kommt, dass die Anordnung des Sofortvollzuges im jetzigen Verfahren einen anderen Inhalt hatte als diejenige, die dem Verfahren 1 B 3953/98 zugrundelag. In jenem ist lediglich ein auf die Küstenschutzfunktion begrenzter Sofortvollzug zu beurteilen gewesen, während nunmehr auch die Staufunktion des Vorhabens maßgeblich in den Blick zu nehmen ist. Der Unterschied zeigt sich insbesondere daran, dass an die Genauigkeit der Prüfung der Alternative Deicherhöhung höhere Anforderungen zu stellen wären, wenn das Emssperrwerk ausschließlich zum Zwecke der Sturmflutkehrung geplant wäre (vgl. Seite 17 des Beschlusses vom 26. November 1998).

34

2.)

Soweit die Antragsteller vortragen, die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 22. Juli 1999 sei deshalb zu beanstanden, weil ein auf den Ergänzungsbeschluss bezogener Antrag des NLWK bzw. der Beigeladenen nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO fehle, folgt dem die Kammer nicht.

35

Zum einen umfasste der Antrag des NLWK vom 7. Mai 1999 bei verständiger Würdigung auch das Begehren, die sofortige Vollziehung eines ggf. ergänzten Planfeststellungsbeschlusses anzuordnen. Denn es wäre lebensfremd anzunehmen, dass vom Willen des Vorhabenträgers der Sofortvollzug einer modifizierten Zulassung des begehrten Vorhabens nicht umfasst sein könnte. Die Notwendigkeit einer Ergänzung des ursprünglichen Bescheides war für den NLWK aufgrund des Beschlusses der Kammer vom 26. November 1998 und der von ihm selbst eingeholten Gutachten zudem offensichtlich.

36

Davon abgesehen liegt ein Fall des § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO gar nicht vor. Die Vorschrift betrifft nämlich nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerade im Interesse eines Beteiligten (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, 2. Fall VwGO), nicht aber eine solche im öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, 1. Fall VwGO, vgl. Finkelnburg/Jank, Vorl. Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 1998, RdNr. 808, Seite 375). Im Ergänzungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 22. Juli 1999 (vgl. sog. Lesefassung des Planfeststellungsbeschlusses, die auch im weiteren zugrundegelegt wird, Seite 35) ist der Sofortvollzug mit dringenden Allgemeinwohlinteressen begründet worden.

37

Daher braucht auch die streitige Frage, ob trotz des Wortlautes des § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO ein solcher Antrag des Begünstigten überhaupt Zulässigkeitsvoraussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist, nicht geklärt zu werden (vgl. zum Streitstand: Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. 1998, Rn. 7 zu § 80 a).

38

3.)

Soweit die Antragsteller geltend machen, für die Errichtung des Emssperrwerkes sei eine besondere Eilbedürftigkeit nicht gegeben, führt dies ebenfalls nicht zur Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO besteht lediglich eine formelle Begründungspflicht. Eine inhaltliche Überprüfung der entsprechenden Ausführungen durch das Verwaltungsgericht ist dagegen in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen (vgl. Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 1999, RdNr. 177 zu § 80 m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Maßgeblich ist mithin, ob eine schlüssige Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung erfolgt ist. Dies ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hat (Planfeststellungsbeschluss S. 290 f.) ausgeführt, dass die Deiche der Ems nach den Berechnungen auf einer Länge von 9,75 km Unterbestick aufwiesen und unter Berücksichtigung von notwendigen Anschlussstücken insgesamt eine Deichstrecke von 12 km kurzfristig erhöht werden müsse. Außerdem sei sofortiger Handlungsbedarf wegen der unzureichenden Höhe des Ledasperrwerkes gegeben.

39

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Notwendigkeit eines Aufstaus der Ems zur Überführung von Schiffen (vgl. S. 292 des Planfeststellungsbeschluses). Insoweit wurde unter näherer Darlegung der Situation auf dem Markt für Kreuzfahrtschiffe ausgeführt, dass die Beigeladene ohne die baldige Errichtung eines Sperrwerkes erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrrenzunternehmen in Südostasien hätte und hierdurch der Wirtschaftsstandort P. beeinträchtigt werden könnte. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach den Ausführungen der Kammer und des Nds. Oberverwaltungsgerichts in den Beschlüssen vom 26. November 1998 und 1. Februar 1999 davon auszugehen ist, dass es sich bei dem Sperr- und Stauwerk um ein einheitliches Vorhaben handelt und der Sofortvollzug wohl nur einheitlich angeordnet werden darf. Dann aber genügt das besondere Eilinteresse an einer der beiden Maßnahmen. Insofern bedürfte es nicht einmal der Darlegung einer besonderen Eilbedürftigkeit für die Möglichkeit, mit dem Sperrwerk die Ems aufzustauen.

40

Auch in materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses vom 14. August 1998 /22. Juli 1999 jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

41

Maßgeblich ist, ob das geltend gemachte öffentliche Interesse, bereits vor der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses das Emssperrwerk zu errichten und zu betreiben, das Interesse der Antragsteller daran, dass der Bescheid bis zum Abschluss des Klageverfahrens nicht ausgeführt wird, überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen Zurückhaltung die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einer erfolgversprechenden Klage würde das Suspensivinteresse der Antragsteller jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse überwiegen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

42

Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass die Klage der Antragsteller voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Denn der Planfeststellungsbeschluss weist wahrscheinlich jedenfalls nicht solche Mängel auf, die zu dessen Aufhebung bzw. - im Hinblick auf die nach § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG eingeschränkte Kasssationsbefugnis der Verwaltungsgerichte - zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 1. April 1998 - 11 VR 13/97 - NVwZ 1998, 1070 [BVerwG 01.04.1998 - 11 VR 13/97]; Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - DVBl. 1996, 907, 908) führen. Auch letzteres kommt bei Mängeln der Abwägung nur in Betracht, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG). Danach erhebliche Mängel der Abwägung haben diese Rechtsfolgen auch dann nicht, wenn sie durch nachträgliche Nebenbestimmungen behoben werden können. In diesem Fall kann der Betroffene in der Hauptsache lediglich eine Verpflichtungsklage auf entsprechende Ergänzung der Planung erheben, so dass im Eilverfahren nicht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederhergestellt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 1998 aaO; Beschluss vom 12. November 1992 - 7 ER 300/92 - NVwZ 1993, 266, 267) [BVerwG 12.11.1992 - 7 ER 300/92]. Maßgeblich ist dabei, ob der festgestellte Mangel nachträglich durch Schutzauflagen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG behoben werden kann und dieser für die Planungsentscheidung nicht von so großem Gewicht ist, dass hierdurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung in Frage gestellt wäre. Dies ist der Fall, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass sich die Behörde in Kenntnis notwendiger Ergänzungen des Planes von solchen Abweichungen hätte beeindrucken lassen und deshalb eine andere Entscheidung getroffen hätte. Die Nachholung der Schutzauflage scheidet ferner aus, wenn in dem Interessengeflecht der Planung nunmehr andere Belange nachteilig betroffen sind. Dies gilt auch nach Inkrafttreten des § 75 Abs. 1a VwVfG aufgrund des Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes vom 12. Dezember 1996 (BGBl. I, Seite 1354), der diese Möglichkeit nicht ausdrücklich einräumt. Denn es würde der schon aus der Gesetzesbezeichnung erkennbaren Zielsetzung der Vorschrift zuwiderlaufen, wenn hierdurch der bisherigen Rechtsprechung, die dem Interesse an der Planerhaltung entgegenkommt, die rechtliche Grundlage hätte entzogen werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. März 1997 - 11 A 25/95 - NVwZ 1998, 513, 515 [BVerwG 05.03.1997 - 11 A 25/95]; Beschluss 12. November 1992 aaO; Beschluss vom 3. April 1990 - 4 B 50/89 - NVwZ-RR 1990, 454, 455 [BVerwG 03.04.1990 - 4 B 50/89]; Storost, NVwZ 1998, 797, 803; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, RdNr. 74 zu § 74).

43

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung (vgl. etwa BVerwG, Beschluss v. 28. November 1995 - 11 VR 38/95 -, NVwZ 1996, 389, 391 [BVerwG 28.11.1995 - 11 VR 38/95]; Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9/97 - NVwZ 1998, 961, 966) [BVerwG 19.05.1998 - 4 A 9/97], hier also derjenige des Ergänzungsbescheides vom 22. Juli 1999.

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Der Planfeststellungsbeschluss beruht nicht auf formellen Fehlern, die die Antragsteller rügen könnten.

45

4.)

Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin sei für den Erlass des hier maßgeblichen Planfeststellungsbeschlusses nicht zuständig gewesen, können sie diesen Gesichtspunkt im Rahmen des ihnen nach § 60c NNatSchG zustehenden Verbandsklagerechts grundsätzlich nicht rügen (vgl. schon Beschluss der Kammer vom 26. November 1998 - 1 B 3953/98 - Seite 12).

46

Aus der vorgenannten Regelung lässt sich nämlich entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht ableiten, dass die anerkannten Naturschutzverbände die Verletzung sämtlicher Vorschriften geltend machen können, die im Zusammenhang mit einem Natur und Landschaft beanspruchenden Projekt zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich nach Ansicht der Kammer schon aus dem Wortlaut der § 60c Abs. 1 NNatSchG, der zunächst für die Klagebefugnis ein abschließendes "Rügeprogramm" (vgl. Rettberg, Nds.VBl. 96, 274, 278) beschreibt. Eine Ausweitung des Verbandsklagerechts in dem von den Antragstellern vertretenen Sinne im Rahmen der Prüfung der Begründetheit würde zudem auch dem Sinn und Zweck sowie der Struktur des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Rahmen einer Anfechtungsklage widersprechen. Denn der Erfolg einer solchen Klage hängt in der Sache davon ab, dass gerade auch subjektive öffentliche Rechte des jeweiligen Klägers verletzt sind (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Naturschutzverbände sind angesichts der in § 60c Abs. 1 NNatSchG bestimmten Einschränkungen auch nicht - wie die Antragsteller meinen - mit einem unmittelbar durch ein Vorhaben in Anspruch genommenen und mit sog. enteignender Vorwirkung betroffenen Grundeigentümer zu vergleichen, der aufgrund der Vorgaben des Art. 14 Abs. 3 GG grundsätzlich eine allgemeine Rechtmäßigkeitsprüfung verlangen kann (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996 - 4 A 27/95 - NVwZ 1996, 1011, 1012 [BVerwG 28.02.1996 - 4 A 27/95]; Beschluss vom 21. Februar 1997 - 4 B 177.96 - NuR 1997, 353), sondern eher mit einem mittelbar betroffenen Dritten. Ein solcher nicht unmittelbar Betroffener kann ebenfalls lediglich die Einhaltung der gerade ihn schützenden Vorschriften verlangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 - 11 A 30/97 - NVwZ 1999, 70, 71 [BVerwG 08.07.1998 - 11 A 30/97]; Beschluss vom 13. März 1995 - 11 VR 5/95 - NVwZ 1995, 904, 905 [BVerwG 13.03.1995 - 11 VR 5/95]; Beschl. vom 27. Januar 1988 - 4 B 7/88 -, NVwZ 1988, 534, 535 [BVerwG 27.01.1988 - 4 B 7/88]; grundlegend BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 21/74 - NJW 1975, 1373, 1376 [BVerwG 14.02.1975 - BVerwG IV C 21.74]) [BVerwG 14.02.1975 - IV C 21/74]. Dass die - auch unter Berücksichtigung der Staatszielbestimmung des Art. 20 a GG zulässige (vgl. BVerwG, Urteil v. 18. April 1996 - 11 A 86/95 -, NVwZ 1996, 901, 904; Urteil v. 06. November 1997 - 4 A 16.97 -, UPR 1998, 150) - Einschränkung der Klagebefugnis der Naturschutzverbände auch im Rahmen der materiellen Überprüfung des angegriffenen Verwaltungsaktes fortwirkt, ist im übrigen in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, Urteil v. 19. Mai 1998 aaO S. 962 f. zum schleswig-holsteinischen Recht, Urteil v. 24. Mai 1996 - 4 A 16.95 -, Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 10, Seite 15, 20 zum sächsischen Recht; OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998 - 7 K 912/98 -, Seite 13 ff). Das von den Antragstellern angeführte Urteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 27. Januar 1992 - 3 A 221/88 - NuR 1992, 293, 294, worin es heißt, dass bei der Verbandsklage die Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses "aus allen denkbaren Gründen" geltend gemacht werden könne, ist vor dem Inkrafttreten des § 60 c NNatSchG am 01. November 1993 (vgl. Gesetz vom 18. Oktober 1993 - Nds.GVBl S. 444) ergangen und daher für die geltende Gesetzesfassung wenig aussagekräftig. Hinzu kommt, dass die erwähnte Formulierung in ihrem Zusammenhang betrachtet werden muss. Im gleichen Absatz der Entscheidungsgründe wird von dem Nds. Oberverwaltungsgericht nämlich auch darauf hingewiesen, dass den Naturschutzverbänden lediglich die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege anvertraut sind.

47

Einschränkend ist allerdings hinzuzufügen, dass eine Missbrauchskontrolle des Gerichts besteht. Nach der Rechtsprechung ist ein Ausweichen auf ein anderes Verfahren nämlich dann unzulässig, wenn darin eine schuldhafte und offensichtliche Umgehung der Verbandsbeteiligung zu sehen wäre, mithin die Entscheidung der Behörde nach jeder denkbaren Ansicht unvertretbar oder erkennbar vorgeschoben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1997 - 11 A 43/96 - NVwZ 1998, 279, 281 [BVerwG 14.05.1997 - BVerwG 11 A 43/96]) [BVerwG 14.05.1997 - 11 A 43/96].

48

Dass die Frage der Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde keine Vorschrift ist, die im Sinne des § 60c Abs. 1 NNatSchG auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt ist, ergibt sich neben den bereits im Beschluss vom 26. November 1998 erwähnten Gründen, auf die verwiesen wird, daraus, dass es in materieller Hinsicht grundsätzlich unerheblich ist, welche Behörde diese Gesichtspunkte nachprüft. Dies gilt gerade dann, wenn es - wie hier im Rahmen der Prüfung nach § 78 VwVfG - lediglich um die Frage geht, welche von zwei an sich zuständigen Behörden das Verfahren durchzuführen hat. Denn in materieller Hinsicht verändert sich der Prüfungsmaßstab nicht, weil in Abs. 2 Satz 1 dieser Bestimmung lediglich geregelt ist, dass sich die Zuständigkeit und das Verfahren nach den Rechtsvorschriften richten, die für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Ferner ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich beiden Behörden ausreichenden naturschutzfachlichen Sachverstand zugebilligt hat (zweifelnd zum Verbandsklagerecht insoweit auch OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998 a.a.O., S. 24; Diefenbach, NuR 1997, 573, 575 "sehr zweifelhaft"). Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1995 - 11 VR 38/95 - NVwZ 1996, 389, 390 [BVerwG 28.11.1995 - 11 VR 38/95], spricht ebenfalls für die hier vertretene Auffassung. In diesem ist eine Verletzung des Beteiligungsrechts der Naturschutzverbände nach § 29 Abs. 1 BNatSchG im Falle der fehlenden Zuständigkeit verneint worden, auch wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 78 VwVfG geprüft wurden (vgl. allerdings das Urteil in der Hauptsache vom 18. April 1996 - 11 A 86/95 - NVwZ 1996, 901, 902 f, in welchem die Frage der Rügebefugnis nicht mehr problematisiert worden ist). Die von den Antragstellern angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz materieller Positionen durch Verfahrensrecht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 -, NJW 1980, 759, 763 [BVerfG 20.12.1979 - 1 BvR 385/77]) [BVerfG 20.12.1979 - 1 BvR 385/77] kann eine andere Einschätzung nicht rechtfertigen. Sie betrifft nicht die Frage von Zuständigkeiten. Außerdem basieren die Rechte der Antragsteller auf einfachgesetzlicher Grundlage, nicht etwa auf grundgesetzlich garantierten Positionen.

49

Eine gezielte Umgehung der Verbandsbeteiligungsrechte der Antragsteller läßt sich hier voraussichtlich nicht feststellen. Vorliegend wäre es zudem so, dass bei einer vollständigen oder teilweisen Zuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest eine materielle Verbandsklage nach § 60c Abs. 1 NNatSchG nicht gegeben wäre, weil diese gegen Verwaltungsakte von Bundesbehörden nicht statthaft ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1997 a.a.O.). In diesem Falle könnten die Antragsteller mithin allein die Einhaltung ihrer Beteiligungsrechte nach § 29 Abs. 1 BNatSchG gerichtlich durchsetzen. Es kann nicht unterstellt werden, dass der von den Antragstellern angenommene größere Einfluss des Landes Niedersachsen in einem Verfahren, welches von einer Landesbehörde durchgeführt wird, dazu führt, dass Umweltbelange wesentlich anders gewichtet werden. Dass unter Umständen bei einer anderen Behörde die Chance einer anderen Abwägung der für und gegen das Projekt sprechenden Gründe besteht, begründet keine rechtlich geschützte Position.

50

Hinzu kommt, dass die von der Antragsgegnerin im Planfeststellungsbeschluss (S. 37 f.) favorisierte entsprechende Anwendung des § 78 VwVfG der Kammer vertretbar erscheint. Die Vorschrift gilt zwar unmittelbar nur für die Fälle, in denen zwei Vorhabenträger unterschiedliche Projekte planen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. April 1996 - 11 VR 47.95 - Buchholz 316, § 78 VwVfG Nr. 7). Dass ein besonderer Bedarf an Koordination ähnlich auch für die hier vorliegende Konstellation, in der ein Vorhaben eines Vorhabenträgers unter zwei Gesichtspunkten planfeststellungsbedürftig ist, besteht, lässt sich aber entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht ohne weiteres verneinen (vgl. insbesondere auch Kopp, VwVfG, 6. Auflage 1996, RdNr. 3 zu § 78, a.A. aber z.B. Knack, VwVfG, 6. Aufl. 1998, Anm. 3.3.5 zu § 78). Dafür spricht auch, dass eine Planung unangemessen erschwert wäre, wenn - wie die Antragsteller vortragen - ein einheitliches Projekt mit mehreren Funktionen in zwei getrennten Planfeststellungsverfahren zu behandeln wäre.

51

Ohne Willkür sind im Ergebnis auch die Erwägungen der Antragsgegnerin zu der Anwendung des § 78 Abs. 2 VwVfG (vgl. S. 38 des Planfeststellungsbeschlusses). Zwar vermag die Kammer - wie im folgenden unter 9.) noch näher dargelegt werden wird - sich nicht der auch insoweit maßgeblichen Erwägung der Antragsgegnerin anzuschließen, dass das Emssperrwerk vorrangig dem Küstenschutz und nur in zweiter Linie der Förderung der Region Papenburg diene. Vielmehr ist insoweit von einer Gleichrangigkeit der Vorhabenzwecke auszugehen. Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, ihre Zuständigkeit anzunehmen, unter dem Gesichtspunkt vertretbar, dass der Schutz vor Sturmfluten weitestgehende Auswirkungen für die im sturmflutgeschützten Bereich der Ems lebenden Personen entfaltet und die zusätzlichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch den Staufall demgegenüber weniger gewichtig erscheinen.

52

5.)

Soweit die Antragsteller rügen, dass Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde jeweils Stellen des Landes Niedersachsen sind, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Selbst die Identität von Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde, wie sie hier in der Zeit bis zum 31. Dezember 1997 bestand, ist gesetzlich nicht untersagt und in verfassungsrechtlicher Hinsicht hinnehmbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 1990 - 4 C 26.87 -, NVwZ 1991, 781, 782 [BVerwG 27.07.1990 - 4 C 26/87]; Urteil vom 24. August 1987 - 4 B 129.87 -, NVwZ 1988, 532 f.), weil dies an den Bindungen an das materielle Recht nichts ändert. Folglich können hieraus nicht ohne weiters Gründe für eine Befangenheit im Sinne der §§ 20, 21 VwVfG abgeleitet werden.

53

Diese ergeben sich auch nicht im Hinblick auf Dr. B. und Regierungsdirektor M. von der Antragsgegnerin, weil diese bis zum 15. August 1997 Mitarbeiter des "Projektteams Emssperrwerk" bei der Antragsgegnerin gewesen sind, später jedoch für die Planfeststellungsbehörde aufgetreten sind. Denkbar ist allenfalls ein Verstoß gegen die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG, wonach eine Mitwirkung von Behördenmitarbeitern unzulässig ist, wenn sie gleichzeitig bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt sind. Diese Vorschrift gilt aber nach ihrem Wortlaut ("ist") nur für den Fall, dass maßgebliche Amtshandlungen gerade in dem Zeitpunkt durchgeführt werden, in dem der Amtswalter noch bei dem Beteiligten beschäftigt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214, 228) [BVerwG 05.12.1986 - 4 C 13/85]. Indes sind die genannten Mitarbeiter der Antragsgegnerin bereits mit der Stellung des Planfeststellungsantrages am 15. August 1997 aus dem "Projektteam Emssperrwerk" ausgeschieden.

54

Gründe die wegen dieses Umstandes eine Befangenheit im Sinne des § 21 VwVfG nahelegen würden, sind substantiiert von den Antragstellern auch nicht vorgebracht worden.

55

6.)

Verfahrensvorschriften, soweit sie zugunsten der Antragsteller bestehen, sind voraussichtlich nicht verletzt worden. Verfahrensfehler können grundsätzlich auch von den Naturschutzverbänden gerügt werden, weil sie zur Verkürzung der naturschutzfachlichen Gesichtspunkte führen können. Allerdings muss in den Fällen, in denen - wie hier - ein inhaltliches Verbandsklagerecht gegeben ist, für den Erfolg der Klage die konkrete Möglichkeit bestehen, dass die Entscheidung der Behörde in der Sache bei Einhaltung der Verfahrensregelungen anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 aaO S. 962; Urteil vom 05. Dezember 1986 aaO). § 46 VwVfG, wonach Verfahrensfehler unter bestimmten Vorausssetzungen unbeachtlich sein können, ist dagegen nur dann anwendbar, wenn die Naturschutzverbände allein die Einhaltung der Verfahrensrechte nach § 29 Abs. 1 BNatSchG verlangen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 - 11 A 49.96 - UPR 1998, 150, 151). Nur in diesen Fällen hat das Verfahrensrecht nämlich absoluten Charakter, weil es nicht der Durchsetzung materieller Rechte dient.

56

Die Antragsteller sind im Verfahren voraussichtlich auch ausreichend beteiligt worden.

57

Ihnen ist zunächst - wie unstreitig ist - im Sinne der §§ 29 Abs. 1 BNatSchG, 60 a NNatSchG Einsicht in die einschlägigen Gutachten, die für die Beurteilung der Auswirkung auf Natur und Landschaft erforderlich waren, gegeben worden.

58

Auch können die Antragsteller nicht mit Erfolg rügen, dass etwa im Hinblick auf die nach den Erörterungsterminen im Dezember 1997 bis Februar 1998 noch eingeholten Gutachten und die Änderung des Erläuterungsberichtes vom 29. Mai 1998 eine weitere Möglichkeit, mündliche Stellung zu nehmen, hätte eröffnet werden müssen. Die Antragsteller haben nämlich entgegen ihrer Auffassung grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erörterungstermin (§ 73 Abs. 6 VwVfG). Denn in den §§ 29 Abs. 1 BNatSchG, 60 a NNatSchG ist lediglich vorgesehen, dass den Naturschutzverbänden "Gelegenheit zur Äußerung" gegeben wird. Sie gewähren mithin nach dem Wortlaut der Regelungen im Hinblick auf die Art und Weise der Mitwirkung im Verwaltungsverfahren lediglich ein an § 28 VwVfG angelehntes allgemeines Anhörungsrecht. Dieser Wortlaut hat umso mehr Gewicht, als sich die Mitwirkungsbefugnisse gerade auch auf Planfeststellungsverfahren erstrecken (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG). Ferner ist auch ein allgemeiner Erfahrungssatz nicht erkennbar, wonach Naturschutzbelange effektiv nur in einer mündlichen Erörterung vorgebracht werden könnten. Schließlich enthält auch § 60b NNatSchG, der das Verfahren der Mitwirkung regelt, keine Anhaltspunkte für einen Anspruch auf eine mündliche Erörterung (vgl. auch VGH Kassel, Urteil vom 11. Februar 1992 - 2 UE 969/88 -, NuR 1992, 382; Gassner in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, RdNr. 12 f zu § 29).

59

Entsprechendes gilt für das von der Antragsgegnerin so genannte "Planergänzungsverfahren" (vgl. zu dem Verfahrensablauf Jarass DVBl. 1997, 795, 801 f.). Nach Auffassung der Kammer erfolgten die Maßnahmen, die die Antragsgegnerin nach dem Ergehen des Beschlusses der Kammer vom 26. November 1998 durchgeführt hat (Einholung von Gutachten zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts, Änderung des Textes des Planfeststellungsbeschlusses usw.) im Rahmen einer Fortsetzung des bisherigen Planfeststellungsverfahrens; die Antragsgegnerin ist vor Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses Verfahrensschritte zurückgegangen und hat das Planfeststellungsverfahren, welches sie zunächst abgeschlossen hatte, wieder aufgenommen und erneut zu Ende geführt. Diese schlichte Fortsetzung ist keine Planänderung im Sinne des § 76 VwVfG. Diese Art und Weise des Vorgehens ist im Gesetz nicht ausdrücklich genannt, wird aber in § 75 Abs. 1a VwVfG vorausgesetzt (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 19.95 - DVBl. 1997, 715; Beschluss vom 7. November 1997 - 4 NB 48.96 - DVBl. 1998, 331, 333; Stelkens in. Stelkens/Bonk/Sachs, aaO Rn. 1 zu § 76). Auch im Rahmen der Fortsetzung des Planfeststellungsverfahrens brauchte entsprechend den oben genannten Grundsätzen den Antragstellern nur Gelegenheit zur Äußerung gegeben zu werden, die sie auch erhielten.

60

Ein weitergehendes Anhörungsrecht - wie es § 29 Abs. 1 BNatSchG grundsätzlich zulässt - ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus § 9 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12. Februar 1990 (BGBl I S. 205), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. August 1997 (BGBl I S. 2081) - UVPG - oder Art. 6 Abs. 3 S. 2 der Richtlinie 92/43/EG des Rates vom 21. Mai 1992 (Amtsblatt EG Nr. L 206), geändert durch die Richtlinie 97/62/EG vom 27. Oktober 1997 (Amtsblatt EG Nr. L 305) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen - FFH-Richtlinie -, weil hier auch lediglich allgemein eine Beteiligung der Öffentlichkeit, nicht aber speziell der Naturschutzverbände geregelt ist.

61

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Schreiben der Antragsgegnerin vom 10. Mai 1999 neben dem erneuten Antrag des NLWK auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses lediglich auf die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens nach § 75 Abs. 1a Satz 2 1. Fall VwVfG und nicht auf die einer Planergänzung (§ 75 Abs. 1a Satz 2 2. Fall VwVfG) hingewiesen worden ist. Wie diese oder andere Möglichkeiten der Planerhaltung im einzelnen voneinander zu unterscheiden sind, kann dabei dahinstehen. Maßgeblich für das Beteiligungsrecht der Antragsteller ist nämlich, dass sie Gesichtspunkte des Naturschutzes aufgrund der Übersendung der maßgeblichen noch entstandenen Unterlagen geltend machen konnten. Im übrigen war aus den Unterlagen auch ohne weiters ersichtlich, dass gerade eine erneute Verträglichkeitsuntersuchung nach § 19c BNatSchG beabsichtigt war.

62

Dabei ist entgegen der Ansicht der Antragsteller für die Stellungnahmen nach dem Erörterungstermin und im Ergänzungsverfahren auch nicht die Zweimonatsfrist nach § 60b Abs. 4 NNatSchG einzuräumen gewesen. Diese gilt nämlich nach Sinn und Zweck der Regelung nur für die erstmalige Stellungnahme. Allein diese setzt nämlich regelmäßig eine verstärkte Einarbeitung voraus. Dies zeigt auch ein systematischer Vergleich mit § 60b Abs. 1 Satz 2, Absatz 2 NNatSchG. Danach sollen die Naturschutzverbände zunächst binnen eines Monats erklären, dass sie sich überhaupt an dem Verfahren beteiligen wollen. Erst dann werden ihnen die Unterlagen übersandt.

63

Außerdem ist festzustellen, dass die Antragsteller in allen Stadien des Verfahrens zahlreiche umfangreiche Stellungnahmen abgegeben haben, so dass auch nicht ersichtlich ist, dass sich eine zu kurze Stellungnahmefrist konkret auf die Entscheidung der Antragsgegnerin ausgewirkt haben könnte.

64

7.)

Die Antragsgegnerin hat auch nicht in rechtserheblicher Weise gegen Bestimmungen des UVPG verstoßen. Dabei ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass Verstöße gegen diese im weitesten Sinne als Verfahrensregelungen zu verstehenden Vorschriften lediglich dann von Bedeutung sind, wenn sich der Verstoß auf die Entscheidung konkret ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 C 11.96 -, NuR 1998, 649, 652; Urteil v. 25. Januar 1996 - 4 C 5.95 -, NuR 1996, 466, 468 ff.; Urteil vom 23. Februar 1994 - 4 B 35.94 -, DVBl. 1994, 763).

65

Soweit die Antragsteller bemängeln, dass die für die Bewertung der Wassergüte im Staufall erforderlichen Parameter in der Umweltverträglichkeitsstudie nicht untersucht worden sind, kann offenbleiben, ob hierin ein Verstoß gegen § 6 Abs. 3 UVPG gesehen werden kann. Denn jedenfalls sind diese Gesichtspunkte - was ausreichend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 C 11.96 - NuR 1998, 649, 652; Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339, 359) [BVerwG 08.06.1995 - 4 C 4/94] - im weiteren Verfahren durch die Einholung zahlreicher Gutachten eingehend überprüft worden. Diese sind insbesondere in die noch zu behandelnden (s. unten 17 und 18) Nebenbestimmungen 2.2.1 und 2.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Sauerstoffgehalt und zur Salinität eingeflossen.

66

Ob § 6 Abs. 4 Nr. 3 UVPG, wonach eine Übersicht über die wichtigsten vom Träger des Vorhabens geprüften Vorhabenalternativen unter besonderer Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des Vorhabens zu geben ist, beachtet wurde, kann hier ebenfalls dahinstehen. Denn diese Regelung gilt nur insoweit, als maßgebliche materielle Rechtsvorschrift (§ 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bzw. das allgemeine rechtsstaatliche Abwägungsgebot) eine Alternativenprüfung verlangen. Sie enthält mithin keine materielle Erweiterung der Prüfungspflicht der Planfeststellungsbehörde (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.Mai 1998 und 25. Januar 1996 a.a.O. S. 469). Also kann insoweit auf die unten folgenden Ausführungen (zu 10.) zur materiellen Rechtmäßigkeit der Planungsentscheidung verwiesen werden.

67

Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass insbesondere in der im Rahmen der Fortsetzung des Verfahrens eingeholten Untersuchung der IBL-Umweltplanung, Oldenburg, über die Umweltauswirkungen der Erhöhung und Verstärkung der Emsdeiche zwischen G. und H. vom 7. Mai 1999 (Anlage 412 zum Planfeststellungsbeschluss) zumindest diese Alternative unter ökologischen Gesichtspunkten umfassend geprüft worden ist.

68

Soweit die Antragsteller andere Defizite bei der Berücksichtigung von Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung rügen, ist dies im hier interessierenden Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung. In der Sache machen sie damit nämlich ein im Rahmen der Abwägungsentscheidung maßgebliches Ermittlungsdefizit geltend, worauf noch gesondert (s. unten 19.) einzugehen sein wird (vgl. dazu allgemein: BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 aaO).

69

Rechtsfehlerhaft ist allerdings die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG. Zwar ist es nach Satz 4 der Bestimmung zulässig, diese in der Planungsentscheidung selbst abzuhandeln. Bei dieser sollen indes Äußerungen der Öffentlichkeit und anderer Behörden berücksichtigt werden. Dagegen hat die Antragsgegnerin (vgl. S. 67 und 72 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) insoweit lediglich Angaben des Vorhabenträgers zugrundegelegt.

70

Jedoch ergibt sich aus der umfangreichen (vgl. S. 95 bis 173 des Planfeststellungsbeschlusses) Bewertung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG), dass sich die Antragsgegnerin hierin umfassend mit den Einwendungen, insbesondere auch der Antragsteller, auseinandergesetzt bzw. diese berücksichtigt hat. Erst diese abschließende Beurteilung ist die Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens. Es ist mithin nicht davon auszugehen, dass sich der festgestellte Fehler bei der Darstellung der Umweltbelange auf das Ergebnis der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin ausgewirkt hat.

71

Auf das sog. Übereinkommen von Espoo (Finnland) über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen vom 25. Februar 1991 können sich die Antragsteller nicht berufen, weil von diesen Vorschriften allenfalls die durch das Vorhaben berührten Personen in Nachbarstaaten, nicht aber die im Lande des Vorhabens tätigen Naturschutzverbände Rechte ableiten können.

72

8.)

Die Antragsteller können auch nicht rügen, dass gem. § 19 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung in der Fassung vom 27. April 1994 (Nds. GVBl. S. 211), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1997 (Nds. GVBl. S. 481) - NROG - ein Raumordnungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen.

73

Die Naturschutzverbände haben nämlich - wie bereits oben zu 4) ausgeführt - grundsätzlich keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens, sondern lediglich auf Mitwirkung in einem tatsächlich durchgeführten Verfahren. Eine Umgehung von Beteiligungsrechten der Antragsteller ist nicht zu erkennen. Denn die Antragsgegnerin hat im Hinblick auf § 19 Abs.3 S. 2 Nr. 3 NROG mit vertretbarer Begründung (vgl. S. 52 des Planfeststellungsbeschlusses) darauf verzichtet, ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, da sie die raumordnerischen Gesichtspunkte im Planfeststellungsverfahren geprüft hat. Materielle Belange der Raumordnung können daher - soweit sie gerade den Naturschutz betreffen - im vorliegenden Planfeststellungsverfahren gerügt werden. Insoweit besteht, mithin anders als im Falle eines isolierten Raumordnungsverfahrens (vgl. §§ 60a Abs.1 Nr. 3, 60c Abs. 2 NNatSchG), ein inhaltliches Rügerecht. Die verfahrensmäßige Position der Antragsteller ist also durch das Vorgehen der Antragsgegnerin eher gestärkt worden. Eine Umgehung des Raumordnungsverfahrens - soweit es die von den Antragstellern rügefähigen Belange angeht - ist daher eher fernliegend.

74

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin wird voraussichtlich auch in der Sache keine Mängel aufweisen, die zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.

75

9.)

Eine derartige Rechtsfolge ergibt sich zunächst nicht - wie die Antragsteller vortragen - daraus, dass es an einer sog. Planrechtfertigung mangelte.

76

Die Antragsteller können nämlich nach den Ausführungen zu 4) im Rahmen ihres Verbandsklagerechts nach § 60c Abs. 1 NNatSchG das Fehlen einer Planrechtfertigung grundsätzlich nicht rügen (zweifelnd auch schon: BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9/97 aaO S. 963; OVG Lüneburg Urteil vom 18. November 1998 a.a.O. S. 12).

77

Die Planrechtfertigung ist gegeben, wenn ein Vorhaben aus vernünftigen Gründen des Allgemeinwohls geboten erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166, 167 ff[BVerwG 22.03.1985 - 4 C 15/83]; Urteil vom 6. Dezember 1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282, 284[BVerwG 06.12.1985 - 4 C 59/82]; Urteil vom 20. Oktober 1989 - 4 C 12.87 -, BVerwGE 84, 31, 36) [BVerwG 20.10.1989 - 4 C 12/87]. Die Planrechtfertigung setzt demnach regelmäßig - so auch hier - nicht bei spezifisch naturschutzfachlichen Fragen an, sondern befaßt sich gerade mit den Gesichtspunkten, die einen Eingriff in Natur und Landschaft rechtfertigen sollen. Dabei können die Antragsteller ihren spezifisch naturschutzfachlichen Sachverstand indes nicht einbringen. Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 22. März und 6. Dezember 1985 a.a.O.) das Vorliegen der Planrechtfertigung gerade dann gerichtlich überprüft werden kann, wenn ein Planfeststellungsbeschluss sog. enteignungsrechtliche Vorwirkungen entfaltet, so dass für diesen Eingriff Gründe des Allgemeinwohls (Art. 14 Abs. 3 GG) vorliegen müssen. Daraus ergibt sich, dass das Erfordernis einer Planrechtfertigung in Fällen sonstiger (mittelbar) Betroffener keiner gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 aaO). Auch danach erscheint es naheliegend, dass sich das Verbandsklagerecht der Naturschutzverbände hierauf nicht bezieht.

78

Es liegt nach Einschätzung der Kammer auch kein Fall vor, in dem die angeführten Gründe, die zur Planung des Emssperrwerks geführt haben sollen, offensichtlich nur vorgeschoben sind.

79

Insbesondere drängt sich für die Kammer nach Studium der Akten - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - nicht der Eindruck auf, dass das Emssperrwerk tatsächlich allein wegen der Aufstaumöglichkeit zur Förderung der Region P. bzw. der Beigeladenen errichtet und betrieben werden soll. Zunächst hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass nach dem Generalplan Küstenschutz für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom Januar 1997 (vgl. Tabelle 4 und Anlage 2) die Emsdeiche auf knapp 27 km Unterbestick aufweisen. Auch ist darin die Möglichkeit der Errichtung eines Sperrwerk bereits angesprochen worden (vgl. Seite 10). Die Antragsgegnerin hat ferner unter Auswertung fachkundiger Stellungnahmen (vgl. insbesondere Bericht des Nds. Landesamtes für Ökologie, Forschungsstelle Küste, vom März 1997, Anlage 342 zum Planfeststellungsbeschluss, und die sog. Tischvorlage der Bundesanstalt für Wasserbau vom 12. November 1997, Anlage 334 zum Planfeststellungsbeschluss) sowie unter Verwendung von statistischem Material (vgl. S. 55 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Sturmflut am 28. Januar 1994 im Oberlauf der Ems erhöhte Wasserstände festgestellt worden seien. Bei der vorgenommene Überprüfung der Bemessungswerte hätte sich unter Berücksichtigung von globalen Klimaveränderungen und der dadurch bedingten Erhöhung der Meeresspiegel, einer revidierten Betrachtung des Oberwasserzulaufs und von sog. Bemessungswellen ergeben, dass an einigen Stellen der Emsdeiche ein Unterbestick vorliegen würde (vgl. die Tabelle im Bericht der Forschungsstelle Küste a.a.O., Seite 20). Die Bundesanstalt für Wasserbau hat unter Berücksichtigung einer gedachten Sturmflut SF 1 ermittelt, dass diese deutlich über den bisherigen Bemessungswasserständen auflaufen würde (a.a.O., Seite 4, sowie Tabelle 1.3). Der Vorhabenträger hat nunmehr auch ermittelt (Stellungnahme vom 10. März 1999, Anlage 409 zum Planfeststellungsbeschluss), dass bei Anwendung dieser Vorgaben, mittelfristig ohne ein Sperrwerk 51 km Deichstrecke an der Ems zu erhöhen seien.

80

Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass nach der Nebenbestimmung 1.9 zum Planfeststellungsbeschluss noch eine Überprüfung der Bemessungswasserstände für die Deiche oberhalb des Sperrwerks erfolgen soll, kann dies eine andere Einschätzung nicht rechtfertigen. Denn die Antragsgegnerin hat in den Schriftsätzen vom 24. September und 11. Oktober 1999 nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich durch das Vorhaben in jedem Falle eine entlastende Wirkung ergeben wird, weil die Hauptdeiche an der Ems nunmehr nur noch die 2. Deichlinie bilden und deshalb jedenfalls weniger erhöht werden müssen, als es ohne Sperrwerksbau geboten wäre. Es ist weiter angeführt worden, dass nach bisheriger fachlicher Einschätzung voraussichtlich langfristig keine Erhöhung der Deiche zwischen G. und H. notwendig sein wird, sondern im Gegenteil die Bestickhöhen gesenkt werden könnten. Dass die Antragsgegnerin zu einer solchen Betrachtung als obere Deichbehörde nicht hinreichend sachkundig wäre, ergibt sich für die Kammer nicht. Insbesondere haben die Antragsteller die Ausführungen auf S. 201 des Planfeststellungsbeschlusses (6. Spiegelstrich) offensichtlich missverstanden. Die Antragsgegnerin will Deichbrüche danach nicht in Kauf nehmen, sondern hat nur ausgeführt, dass die Möglichkeit eines Versagens der Deiche als ausgeschlossen betrachtet werde und daher die Notwendigkeit der Wiederherstellung gebrochener Deiche nicht bestehe. In der beigefügten Stellungnahme des NLWK vom 12. Oktober 1999 (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 1999, S. 3 f.) sind diese Aussagen auch rechnerisch nachvollziehbar dargestellt.

81

Die übrigen Umstände, aus denen die Antragsteller ableiten, dass das Sperrwerk aus Küstenschutzgründen nicht sinnvoll sein soll (zB dass das Gutachten der Forschungsstelle Küste keinen dringenden Handlungsbedarf ergebe, die nur einfache Sicherheit des Sperrwerks, die Höhe der Flügeldeiche oder der Standort des Vorhabens), können sie nicht rügen, da sie jedenfalls nicht offensichtlich sind.

82

Soweit der Planfeststellungsbeschluss den Aufstau der Ems zulässt, ist die Planrechtfertigung jedenfalls unter Berücksichtigung der eingeschränkten Rügebefugnis der Antragsteller nicht zu beanstanden. Auf den Seiten 61 bis 66 des Planfeststellungsbeschlusses ist dargelegt, dass das Vorhaben der Stärkung der Wirtschaftskraft der Region P. dient. Insbesondere ist ausführlich dargestellt, dass auf dem Markt für Kreuzfahrtschiffe ein nicht unerhebliches Nachfragepotential nach derzeit von der Beigeladenen auf der Ems nicht überführbaren Schiffen bestehe. Es sei andererseits von wesentlicher Bedeutung, dass eine Werft alle Marktsegmente dieser Branche bedienen müsse, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

83

Durchgreifende rechtliche Bedenken hat die Kammer allerdings im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgenommene Gewichtung der für das Vorhaben sprechenden Belange insoweit, als vorgebracht wird (vgl. grundsätzlich S. 53 des Planfeststellungsbeschlusses), dass sich das Sperrwerk als Bau allein aus den genannten Küstenschutzgründen rechtfertige, die deshalb die Hauptfunktion des Vorhabens darstelle.

84

Diese Gewichtung erscheint schon deshalb fehlerhaft und auch gekünstelt, weil die nicht unbeträchtlichen Kosten des Bauwerks die mittelfristig für Deicherhöhungen notwendigen Mittel bei weitem überschreiten. So entstehen nach den Angaben des Vorhabenträgers ("Alternativenbetrachtung zum Bau des Emssperrwerks zwischen G. und N." vom 6. Mai 1999, Anlage 411 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 18) für die Errichtung des Sperrwerks Kosten in Höhe von 300 Mio DM, während für Deicherhöhungen lediglich Baukosten in Höhe von 180 Mio DM veranschlagt werden.

85

Auch ist der Standort des Sperrwerks durch die Aufstaumöglichkeit mit bestimmt. So heisst es im Erläuterungsbericht vom 15. August 1997 (S. 6), dass die Aufstauzeit bei einer Errichtung des Vorhabens bei P. bis zu acht Stunden länger sein würde. Ferner finden sich in den Akten zahlreiche Äußerungen, die - gerade im Hinblick auf die Betrachtung von Alternativen - die Doppelfunktionalität des Vorhabens betonen. So heisst es schon bei der Variantenbeschreibung in der Umweltverträglichkeitsstudie der IBL-Umweltplanung vom August 1997 (Anlage 27 zum Planfeststellungsbeschluss, B.6., S. 12), dass die Erhaltung und Verbesserung der Wirtschaftskraft der Region P. erreicht werden solle, die Erhöhung der Hauptdeiche allein sich dazu aber nicht eigne. Auch haben die Antragsteller (Schriftsatz vom 16. Oktober 1998 in der Sache 1 A 3558/98, S. 50 f) zutreffend darauf hingewiesen, dass der Projektleiter des NLWK in einem der Erörterungstermine angegeben hat, dass sich die Frage der Deicherhöhungen nur stellen würde, wenn ein reines Küstenschutzprojekt geplant sei. Ähnliche Äußerungen finden sich sogar noch in der Alternativenbetrachtung des NLWK vom 6. Mai 1999 (Anlage 411 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 3). Selbst die Antragsgegnerin hat im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG"hilfsweise" den Fall untersucht, dass sich das Bauwerk durch beide angegebenen Zwecke gemeinsam rechtfertigt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 244 ff.). Auch ist nach Ansicht der Kammer nicht zu verkennen, dass - worauf im folgenden noch im einzelnen eingegangen wird - sich zahlreiche Pro-bleme des Vorhabens in naturschutzfachlicher Hinsicht ausschließlich in Bezug auf den Staufall stellen. Die Hinnahme dieser Umweltauswirkungen zeigt deutlich die Stärke des Interesses an der Staufunktion.

86

Indes führt dieser Mangel in der Kennzeichnung von angeblicher Haupt- und Hilfsfunktion nicht zur Aufhebung bzw. Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Denn Mängel der Abwägung können gem. § 75 Abs. 1a S. 1 VwVfG diese Rechtsfolgen nur dann haben, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass bei richtiger Betrachtung anders entschieden worden wäre. Dies muss sich anhand der Planungsunterlagen oder sonstiger naheliegender Umstände ergeben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 15. Mai 1996 - 11 VR 3.96 -, DVBl. 1996, 925, 928; Beschl. vom 16. August 1995 - 4 B 92/95 -, NVwZ RR 1996, 68, 69). Davon ist hier nach Auffassung der Kammer nicht auszugehen. Denn soweit im Hinblick auf die Errichtung des Bauwerkes als zusätzliche gleichgewichtige Rechtfertigung die Belange der Förderung der Region P. hinzutreten, verstärkt dies das Gewicht der zugunsten des Vorhabens sprechenden öffentlichen Interessen. Denn diese sind gegenüber anderen öffentlichen oder privaten Interessen durchsetzungsfähiger, wenn noch ein weiterer maßgeblicher Grund für das Projekt streitet.

87

Der Planfeststellungsbeschluss verstösst voraussichtlich nicht gegen zwingende rechtliche Vorschriften.

88

10.)

89

Das Vorhaben ist bei summarischer Prüfung im wesentlichen mit den Regelungen des § 19 c BNatSchG, welche Art. 6 Abs. 2 bis 4 der FFH-Richtlinie umsetzen und gem. § 39 Abs. 1 BNatSchG bis zum 8. Mai 2003 unmittelbar anwendbares Recht darstellen, vereinbar. Allerdings ist insoweit eine Durchführung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen unverzüglich bzw. vor dem Weiterbau auf noch vorhandenen Salzwiesenstandorten erforderlich.

90

Nach § 19 c Abs. 1 BNatSchG sind Projekte (§ 19a Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG) vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen. Bei dem Emssperrwerk handelt es sich schon deshalb um ein Projekt in diesem Sinne, weil es einer Planfeststellung bedarf und sich auf der Südseite in dem nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Abl. EG Nr. L 103 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie vom 29. Juli 1997 (ABl. EG Nr. L 223 S. 9) - Vogelschutzrichtlinie - gemeldeten Europäischen Vogelschutzgebiet "Ems-Außendeichsflächen und Sände von T. bis E." (Teilgebiet N.-Vorland) befinden soll und geeignet ist, dieses erheblich zu beeinträchtigen.

91

Nach § 19c Abs. 2 BNatSchG ist ein Vorhaben unzulässig, wenn die Prüfung der Verträglichkeit ergibt, dass das Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Gemäß Abs. 3 der Vorschrift darf abweichend hiervon ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es (1.) aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und (2.) zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. In § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG ist bestimmt, dass für den Fall, dass sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten befinden, als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden können. Sonstige Gründe i. S. d. des § 19 c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG können nur dann berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat (§ 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG). Nach § 19c Abs. 5 BNatSchG sind im Falle der Zulassung eines unverträglichen Projekts die zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" notwendigen Maßnahmen vorzusehen.

92

Soweit es um den Eingriff in das genannte Europäische Vogelschutzgebiet geht, sind die Regelungen auch anwendbar und nicht - wie die Antragsteller geltend machen - Artikel 4 Abs. 4 S. 1 der Vogelschutzrichtlinie mit seinem erhöhten Schutzregime. Denn nach Art. 7 der FFH-Richtlinie treten die Verpflichtungen nach dessen Art. 6 Absätze 2 bis 4 bereits ab dem Datum der Anwendung der Richtlinie, bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Vogelschutzrichtlinie zum besonderen Schutzgebiet erklärt wird oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 der Vogelschutzrichtlinie ergeben. Nach einem Hinweis in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 1998 (- 9.97 - a.a.O., S. 966) folgt aus dieser Regelung, dass die FFH-Richtlinie nicht für Vogelschutzgebiete galt, solange die FFH-Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt war. Dies ist jedoch zwischenzeitlich durch die am 9. Mai 1998 (vgl. Gesetz vom 30. April 1998, BGBl. I, Seite 823) in Kraft getretenen Regelungen der §§ 19a ff. BNatSchG geschehen.

93

Aus Art. 7 der FFH-Richtlinie ergibt sich jedoch nicht, wie die Antragsteller vorbringen, weitergehend, dass die FFH-Richtlinie nicht für Vogelschutzgebiete gelten soll, solange die Bundesrepublik Deutschland der Kommission noch nicht gem. Art. 5 der FFH-Richtlinie alle europäischen Schutzgebiete gemeldet hat. Denn dafür bietet der Wortlaut des Art. 7 der FFH-Richtlinie keine Anhaltspunkte. Vielmehr soll danach Voraussetzung für die Anwendbarkeit der FFH Richtlinie auf Europäische Vogelschutzgebiete die rechtliche, nicht die verwaltungsmäßige Umsetzung der FFH-Richtlinie, sein. Dafür streitet auch der Gedanke, dass sich ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen dem Schutzumfang von Vogelschutzgebieten und der Meldung von Gebieten, die der FFH-Richtlinie unterfallen, nicht erkennen lässt (vgl. auch OVG Münster, Beschluss v. 11. Mai 1999 - 20 B 1464/98 AK - S. 33 f.; Schrödter, Nds. VBl. 1999, 173, 183; Louis DöV 1999, 374, 379). Auch der Hinweis auf eine weitere Passage des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 1998 (a.a.O., Seite 968) gibt für die Auffassung der Antragsteller nichts her. Der dort angespochene Gesichtspunkt der fehlenden Umsetzung der FFH-Richtlinie aufgrund nicht vollständiger Gebietsmeldungen ist nämlich nicht im Zusammenhang mit einer Anwendung dieser Richtlinie auf Vogelschutzgebiete erörtert worden, sondern gerade bei einer Prüfung des dort maßgeblichen Vorhabens anhand der FFH-Richtlinie.

94

Nach Ansicht der Kammer wird deshalb insoweit auch im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 des EWG-Vertrages in Betracht kommen.

95

Auch ist Art. 7 der FFH-Richtlinie entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht wegen seiner Regelungstechnik unwirksam. Es ist vielmehr - wie ausgeführt - jedenfalls durch Auslegung ermittelbar, ab welchem Zeitpunkt für die Europäischen Vogelschutzgebiete Art. 4 Abs. 4 S. 1 der Vogelschutzrichtlinie nicht mehr gelten soll. Allein Schwierigkeiten bei der Interpretation rechtfertigen die Annahme der Nichtigkeit nicht. Es gibt auch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach eine ausdrücklichere Aufhebung der nicht mehr anwendbaren Vorschrift erfolgen müsste (vgl. auch OVG Münster, a.a.O., Seite 33).

96

Für die Beurteilung der Verträglichkeit nach § 19c Abs. 2 BNatSchG ist zunächst schon nach dem Wortlaut der Bestimmung maßgeblich, ob ein Eingriff gerade in die die Schutzgebietsausweisung tragenden Erhaltungsziele führen kann, während ein Eingriff in andere als die im Anhang I der FFH-Richtlinie genannten natürlichen Lebensräume und in andere als im Anhang II aufgeführten Tier- und Pflanzenarten bzw. die im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten insoweit unberücksichtigt bleiben muss. Das ergibt sich ferner auch aus § 19a Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG, wonach als Erhaltungsziele gerade die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der genannten Lebensräume und Tiere bzw. Pflanzen definiert werden. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck dieser auf dem europäischen Naturschutzrecht basierenden Regelungen. Denn hiernach sollen ausschließlich die im europäischen Maßstab als bedeutend angesehenen Lebensräume sowie Tiere und Pflanzen einem besonderen Schutz unterstellt werden (vgl. auch OVG Münster a.a.O., Seite 36).

97

Die von den Antragstellern vertretene Auffassung, wonach ein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 7 NNatSchG notwendig auch die Unverträglichkeit nach § 19c Abs. 2 BNatSchG zur Folge habe, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Vielmehr ist nach der letzteren Bestimmung maßgeblich, ob ein in Abs. 1 der Vorschrift genanntes Gebiet als solches beeinträchtigt wird. Dies ergibt auch Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der FFH-Richtlinie, der darauf abstellt, ob "ein solches Gebiet" erheblich beeinträchtigt wird (vgl. auch Schrödter aaO S. 179; Louis aaO S. 379; Thyssen, DVBl 1998, 877, 881).

98

Auch die konkrete Festlegung der Erhaltungsziele ist voraussichtlich nicht zu beanstanden. Sie sind aus den Gebietsvorschlägen des Nds. Umweltministeriums sowie Raumordnungsprogrammen und Naturschutzgebietsverordnungen abgeleitet worden (vgl. IBL Gutachten zur Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie vom 7. Mai 1999, Anlage 413 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 33 f.). Einzelne andere Erhaltungsgziele haben die Antragsteller im übrigen nicht benannt.

99

Die Kammer kommt in Anwendung dieser Grundsätze bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des o.g. Vogelschutzgebietes nicht erfolgt. Sie folgt damit ebenso wie die Antragsgegnerin der Bewertung in dem neuen Gutachten der IBL (aaO, S. 43 ff.).

100

Dabei überzeugt die Kammer zunächst die von denselben Gutachtern in der Umweltverträglichkeitsstudie vom August 1997 (Anlage 27 zum Planfeststellungsbeschluss, C I. 4.2. S. 115) getroffene Feststellung, dass baubedingt mit Störungen der Vogelwelt in einem Radius von 500m zu rechnen ist, während betriebsbedingt nur etwa ein Umkreis von 100m beeinträchtigt wird. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Auswirkungen während der Bauphase durch Lärm und Bewegungen im Baustellenbereich weiträumiger sind als während der Betriebsphase. Im übrigen ist in der Umweltverträglichkeitsstudie (aaO) auch anhand von Literaturangaben, die auf Kartierungen beruhen, belegt, dass Vögel von Deichen häufig sogar nur einen Abstand von 50m wahren. Für diese Einschätzung spricht daher mehr als der undifferenzierte Hinweis der Antragsteller, es sei stets eine Störzone von 500m zu beachten.

101

Der allgemeine Hinweis der Antragsteller auf die Stellungnahme von K. zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsbeschluss (Anlage 18 zum Schriftsatz vom 16. Oktober 1998 in der Sache 1 A 3558/98), wonach die im Planfeststellungsbeschluss dargestellten "Beeinträchtigungen (der Vogelwelt) zu wenig nachvollziehbar und zu undifferenziert beschrieben und offensichtlich zum Teil unterschätzt" würden, ist jedenfalls für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu allgemein, um Zweifel an den auf sachverständiger Basis getroffenen Feststellungen der Antragsgegnerin begründen zu können.

102

Die Untersuchung der IBL-Umweltplanung bezieht sich auch auf alle im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten und von den Antragstellern genannten Vogelarten (vgl. aaO, S. 45 und 47).

103

In der genannten Untersuchung der IBL-Umweltplanung (aaO, S. 53) wird allerdings davon ausgegangen, dass ein erheblicher Eingriff in das Brutgebiet des Säbelschnäblers im N.-Vorland erfolgen würde. Andererseits wird aber ausgeführt, dass dies im Verhältnis zu der Population im gesamten Vogelschutzgebiet, welches aus den Teilen P.-Vorland, N.-Vorland und T.-Vorland besteht, noch als unerheblich angesehen wird. Dabei ist die Gesamtbetrachtung nach Ansicht der Kammer gut verständlich, weil es sich insoweit um ein einheitlich gemeldetes Europäisches Vogelschutzgebiet handelt. Der Gebietsbeschreibung der IBL-Umweltplanung (aaO, S. 43 f.) ist auch zu entnehmen, dass sich in den drei jeweils außendeichs belegenen Flächen ähnliche Biotypen befinden.

104

Im P.-Deichvorland befinden sich (vgl. IBL-Umweltplanung aaO S. 45) etwa 500 bis 550 Brutpaare des Säbelschnäbler, etwa 50 Brutpaare halten sich im N.-Vorland auf und 7 im T.-Vorland. Betroffen sind im N.-Vorland durch das Vorhaben insgesamt 13 Brutpaare (aaO, S. 53), so dass nur 2 % der Brutpopulation des gesamten Gebietes negativ beeinträchtigt sind. Der Schwerpunkt der Säbelschnäblerpopulation befindet sich dagegen offensichtlich im P.-Vorland. Es werden auch insgesamt nur 5 % der Flächen, die als Brutflächen in Betracht kommen, beseitigt. Die IBL-Untersuchung (aaO) geht zudem davon aus, dass nach Durchführung des Vorhabens in dem Vogelschutzgebiet die gleiche Brutpopulation an Säbelschnäblern vorhanden sein wird, weil sich die Tiere auf das Vorhaben einstellen werden. Auch dass weitere Beeinträchtigungen, insbesondere die zeitweiligen baubedingten Auswirkungen für Röhrichtbrüter (aaO, Seite 51) und auch die baubedingten Folgen für den Säbelschnäbler (aaO Seite 61) nicht zu einer erheblichen negativen Auswirkung auf die Erhaltungsziele führen, erscheint der Kammer nachvollziehbar, weil die übrigen Beeinträchtigungen für die Vogelwelt als eher geringfügig eingestuft werden. Es ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass während des Aufstaus im Sommer nur Flächen vernässt werden, auf denen ohnehin nicht gebrütet wird, weil es sich um das gewöhnliche Überflutungsgebiet handelt. Die höheren Aufstauungen im Winter erfolgen dagegen außerhalb der Brutzeit (vgl. aaO, Seite 52). Im P.-Vorland befinden sich im Bereich der Auswirkungen des Sperrwerks keine Brutvögel, weil das Gebiet im Störbereich sehr schmal ist (vgl. aaO, Seite 49). Erhebliche Auswirkungen auf Gastvögel (etwa Gänse) sind nicht zu erwarten (vgl. aaO, S. 54).

105

Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin nach Auffassung der Kammer im Rahmen der Beurteilung der Verträglichkeit nach § 19c Abs. 2 BNatSchG zutreffend auch Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt hat (vgl. OVG Münster, aaO, S. 37). Vermeidungs- bzw. Verminderungsmaßnahmen (§ 8 NNatSchG) führen unmittelbar zu einem geringeren Eingriff in Natur und Landschaft. Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 10 NNatSchG sind - anders als Ersatzmaßnahmen (§ 12 NNatSchG) - gerade darauf gerichtet, die von dem Eingriff betroffenen Grundflächen wieder so herzurichten, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zurückbleibt. Es handelt sich mithin um Maßnahmen, die eine unmittelbare Kompensation der Beeinträchtigungen ermöglichen sollen. Der von den Antragstellern befürchtete Leerlauf der Regelungen des § 19c BNatSchG tritt nicht ein, weil nach Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen auf denselben Grundflächen im Ergebnis gerade keine Verschlechterung vorliegt. Gegen die Auffassung der Kammer spricht auch nicht zwingend die Regelung des § 19c Abs. 5 BNatSchG, wonach lediglich bei im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift unverträglichen Projekten Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" vorgesehen sind. Denn hierunter sind auch Ersatzmaßnahmen außerhalb des Bereichs des Eingriffs zu zählen (vgl. dazu auch Handbuch des Bundesamtes für Naturschutz zur Umsetzung der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie, 1998, S. 39).

106

Hier sollen die in Nr. 2.1.1 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen und im landschaftspflegerischen Beitrag (Anlage 44 zum Planfeststellungsbeschluss) beschriebenen Maßnahmen A1 - A4 und A 8 - A10 u.a. den Eingriff in die Vogelwelt ausgleichen. Hierdurch sollen im N.-Vorland großflächig Intensivgrünland zur Salzwiese verändert und vorhandene Salzwiesen extensiviert werden. Nach Einschätzung der IBL-Untersuchung vom 7. Mai 1999 (aaO S. 56 f.; vgl. auch die Abbildung A 2) werden sich dadurch etwa die Bedingungen für die Brut des Säbelschnäblers sogar verbessern. Hinzu kommt, dass aufgrund des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Juli 1999 (III. 1.5.) vorbehalten ist, in unmittelbarer Nähe zum N.-Vorland die Extensivierung oder Nutzungsaufgabe weiterer 10 ha landwirtschaftlich intensiv genutzter Fläche vorzuschreiben.

107

Dabei besteht für die Ausgleichsmaßnahmen, soweit sie hier zu beurteilen sind, entgegen dem Vortrag der Antragsteller auch kein allgemeiner Grundsatz, wonach diese stets bereits im Zeitpunkt des Eingriffs wirksam sein müssten. Dies hängt vielmehr von der Art des Eingriffs ab und kann nur im Einzelfall beurteilt werden (vgl. Gassner aaO Rn. 34 zu § 8; Louis, NNatSchG, 1990, Rn. 3 zu § 10; s. auch Eissing/Louis NuR 1996, 483, 490 f. [BGH 15.02.1996 - III ZR 143/94]). Die im BfN-Handbuch (aaO) angesprochene Gleichzeitigkeit von Kompensationsmaßnahmen bezieht sich auf solche nach § 19c Abs. 5 BNatSchG (s. dazu unten). Dabei sei auch darauf hingewiesen, dass die aufgrund des Planergänzungsbeschlusses vorbehaltenen Maßnahmen vor dem (weiteren) Eingriff in das N.-Vorland bereitgestellt werden sollen. Die Antragsteller haben angesichts der Art und Weise der Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes im übrigen nicht dargelegt, dass gerade im konkreten Fall ein Ausgleich nur durch sofort wirksame Kompensationsmaßnahmen erfolgen könnte.

108

Soweit die Antragsteller im Ansatz zutreffend darauf hinweisen, dass durch das Sperrwerk 4,2 ha Fläche des Vogelschutzgebietes verlorengingen und der Lebensraum der Tiere im N.-Vorland durchschnitten werde, kann dies hier eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Denn die Erheblichkeit der Beeinträchtigung eines geschützten Gebietes lässt sich nicht schon damit rechtfertigen, dass dieses durch das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998 aaO S. 19; OVG Münster aaO, Seite 49). Hinzu kommt, dass - wie oben ausgeführt - für die Einschätzung des Gerichts nicht allein eine quantitative Betrachtung in Form einer Flächenrelation, sondern auch gerade der konkrete Umfang der Beeinträchtigungen der Vögel maßgebend ist.

109

Auch allein der Umstand, dass zugleich in eine nach der FFH-Richtlinie geschützte atlantische Salzwiese (Anhang I Nr. 1330) eingegriffen wird (s. dazu unten), indiziert entgegen der Auffassung der Antragsteller noch nicht notwendig einen erheblichen Eingriff in ein Vogelschutzgebiet. Vielmehr spricht viel dafür, dass entsprechend der Untersuchung der IBL-Umweltplanung vom 7. Mai 1999 die Beeinträchtigung von FFH-Gebieten hiervon getrennt zu beurteilen ist, da die Schutzansprüche sich zunächst unabhängig voneinander ergeben.

110

Soweit die Antragsteller die Auswirkungen eines angenommenen Massenfischsterbens aufgrund von Salinitätsveränderungen in der Ems oberhalb von Leerort für die Vogelwelt ansprechen, kann auf die noch folgenden Ausführungen zu 18.) verwiesen werden, wonach ein solches Phänomen voraussichtlich nicht zu erwarten ist.

111

Eine andere Beurteilung der Frage der Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets ergibt sich auch nicht, wenn einige in der Umgebung befindliche Windparks mit berücksichtigt werden. Aus § 19a Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG ergibt sich zwar, dass bei der Verträglichkeitsprüfung auch das Zusammenwirken mit anderen Projekten berücksichtigt werden soll. Insoweit hat die Antragsgegnerin aber im Planfeststellungsbeschluss (S. 185 f.) nachvollziehbar ausgeführt, dass diese sich wegen ihrer Entfernung zum Sperrwerksstandort nicht negativ auf die Vogelwelt in diesem Bereich auswirken könnten. Im Hinblick auf einen Windpark G. sei eine entsprechende Flächennutzungsplanänderung abgelehnt worden. Gesichtspunkte, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten, haben die Antragsteller nicht dargelegt.

112

Soweit die Europäische Kommission in den Stellungnahmen vom 6. Mai und 2./6. September 1999 gegenüber der Bundesregierung bzw. an den "Bund Freunde der Erde" von einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes durch Flächenverlust, biannuelle Überstauungen und hohen Besucherdruck ausgeht, vermag dies jedenfalls für das vorliegende Eilverfahren auch in Anbetracht der hohen fachlichen Qualifikation dieser Stelle keine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Denn die Stellungnahme der Kommission enthält aus Sicht der Kammer keine hinreichend genaue Auseinandersetzung mit der IBL-Untersuchung vom 7. Mai 1999 (aaO), die die von der Europäischen Kommission angesprochenen Gesichtspunkte bei der Einschätzung berücksichtigt hat.

113

Auf die von der Antragsgegnerin "hilfsweise" vorgenommene Prüfung nach § 19 c Abs. 3 und 4 BNatSchG kommt es insoweit nicht an.

114

Die Kammer geht allerdings bei summarischer Prüfung mit der Antragsgegnerin davon aus, dass durch die Errichtung des Sperrwerks ein erheblicher Eingriff in das potentielle FFH-Gebiet "Unterems von Papenburg bis Dollart" erfolgt.

115

Die Kammer folgt dabei der Tendenz des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - 4 C 11.96 -, NuR 1998, 649, 652 sowie - 4 A 9.97-, NVwZ 1998, 961, 967 [BVerwG 19.05.1998 - BVerwG 4 A 9.97]) [BVerwG 19.05.1998 - 4 A 9/97], das dazu neigt, anzunehmen, dass im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu sogenannten faktischen Vogelschutzgebieten (vgl. EuGH, Urteil vom 02. August 1993 - Rs C-355/90 - NuR 1994, 521; Urteil vom 11. Juli 1996 - Rs C-44.95 -, NuR 1997, 36) nach Ablauf der Umsetzungsfrist der FFH-Richtlinie am 5. Juni 1994 nicht gemeldete Gebiete dennoch (als sog. potentielle FFH-Gebiete) unter den Schutz dieser Richtlinie fallen, wenn hierfür naheliegende und sich aufdrängende Gründe gegeben sind. Denn nach dem Grundsatz des sog. effet utile kann allein aus dem Fehlen der Umsetzung einer Richtlinie nicht folgen, dass der Schutz von eindeutig zu erfassenden Gebieten entfällt. (vgl. auch OVG Münster a.a.O., Seite 45 ff.).

116

In dem oben genannten Gebiet befinden sich die im Anhang I (Nr. 1130, 1140 und 1330) der FFH-Richtlinie genannten Lebensräume "Ästuar", "vegetationsfreies Schlickwatt", und "atlantische Salzwiese". Daher ist jedenfalls für das Eilverfahren mit dem Planfeststellungsbeschluss davon auszugehen, dass das Gebiet eindeutig der FFH-Richtlinie unterfällt, auch wenn es selbst in der im Februar 2000 vorgesehenen Meldung der sog. 2. Tranche nicht enthalten ist. Immerhin sind die Flächen aber in einem Gebietsvorschlag des Nds. Landesamtes für Ökologie enthalten.

117

Mit der Antragsgegnerin (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 182 f.) ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Eingriff in das genannte potentielle FFH-Gebiet deshalb vorliegt, weil 4,2 ha atlantischer Salzwiese im N.-Vorland und 0,5 ha auf G. Seite durch die dortigen Anschlussdeiche überbaut werden.

118

Weitere erhebliche Eingriffe in die im Anhang I zur FFH-Richtlinie angeführten Biotypen sind dagegen nicht festzustellen.

119

Soweit das Erhaltungsziel "Erhaltung der natürlichen Dynamik des Ems-Ästuars" betroffen ist, führt der Betrieb des Sperrwerks voraussichtlich nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen. Das Sperrwerk wird im Sturmflutfall nämlich erst bei sehr hohen Sturmfluten, wenn eine Überschwemmung des Vorlandes bereits eingetreten ist, geschlossen. Außerdem ist die Absperrung ein seltenes Ereignis (vgl. IBL Untersuchung, aaO, S.13 und 40). Auch der Staufall bewirkt (aaO, Seite 40 f.) lediglich, dass oberhalb des Sperrwerks mit einer 500m langen sog. fluid-mud Schicht zu rechnen ist. Die maßgeblichen Parameter würden zudem nur kurzfristig beeinflußt.

120

Die Antragsteller weisen in diesem Zusammenhang auf weitere negative Effekte durch den geplanten Umbau des Emder Fahrwassers (Geiseleitdamm) bzw. die Herstellung von Buhnen in der Unterems (sog. LUKE-Konzept) hin. Das Projekt "Geiseleitdamm" soll nach den Angaben der Antragsgegnerin jedoch noch keine Planreife aufweisen und kann daher unberücksichtigt bleiben (Gellermann NuR 1996, 548, 552). Zur Herstellung der Buhnen hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24. September 1999 (S. 18 f.) nachvollziehbar ausgeführt, dass letztere aus Umweltsicht eher positive Auswirkungen haben. Nach der dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 1999 beigefügten Stellungnahme der Bundesanstalt für Wasserbau vom 20. Oktober 1999 tritt hierdurch eher eine Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit ein. Außerdem würden Unterhaltungsbaggerungen eingeschränkt werden können.

121

Als weitere in die Prüfung einzubeziehende Projekte in diesem Sinne sind allerdings die bereits abgeschlossenen Emsvertiefungen anzusehen. Dabei ist es entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin unerheblich, ob die Vertiefungen der Ems wegen der Bestandskraft der sie zulassenden Planfeststellungsbeschlüsse wieder rückgängig gemacht werden können. Vielmehr ist maßgeblich, ob das Emssperrwerk als weitere Belastung der Ems noch zusätzlich errichtet und betrieben werden darf. Dies entspricht vor allem auch Sinn und Zweck der Regelungen über den Schutz der europäischen Naturschutzgebiete. Denn anderenfalls könnten nach und nach - jeweils nach bestandskräftiger Zulassung einer Maßnahme - Beeinträchtigungen, die jeweils für sich genommen nicht erheblich sind, im Ergebnis zur Beseitigung schützenswerter Naturräume führen, ohne dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 und 4 BNatSchGüberprüft werden müsste. Gerade dies soll aber durch die Berücksichtigung von Summationseffekten verhindert werden. Das Gewicht eines zugelassenen Eingriffs in Natur und Landschaft wird auch nicht dadurch geringer, dass er auf einer unanfechtbaren Entscheidung beruht (vgl. auch Schödter aaO S. 173; Gellermann aaO; BfN-Handbuch S. 38).

122

Dass die Antragsgegnerin entsprechende Summationseffekte mit Emsvertiefungen nicht geprüft hat und dies dementsprechend bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch wird nachholen müssen, führt indes nicht zum Erfolg des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens der Antragsteller. Denn es erscheint der Kammer eher unwahrscheinlich, dass sich im Ergebnis eine wesentlich andere Beurteilung ergeben wird. Das Erhaltungsziel der "Erhaltung der natürlichen Tidedynamik der Ems" wird durch die Vertiefungen der Ems nach Einschätzung des Gerichts wohl negativ beeinflusst (vgl. auch BfN-Handbuch S. 103). Denn hierdurch kann der Tidestrom ungehinderter in das Ästuar gelangen und fließt auch schneller wieder ab (vgl. auch Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau vom 17. Juni 1998, Anlage 341 zum Planfeststellungsbeschluss, Seite I). Das Sperrwerk hat aber nach den obigen Ausführungen genau den gegenteiligen Effekt, verlangsamt mithin die Strömungsgeschwindigkeit eher. Es kommen also vermutlich gegenläufige Prozesse in Gang, die sich nicht summieren, sondern in der Tendenz gegenseitig aufheben. Dass andere bereits behandelte bzw. noch im folgenden erörterte Erhaltungsziele der hier zu beurteilenden europäischen Schutzgebiete durch die Emsvertiefungen negativ betroffen sind, haben auch die Antragsteller (vgl. Schriftsatz vom 16. Oktober 1998 in der Sache 1 A 3558/98 S. 157) nicht weiter dargelegt. Sie haben lediglich ausgeführt, dass durch die Emsvertiefungen ebenfalls "wesentliche Teile des Naturhaushalts, insbesondere der Bereiche Wasser, aquatische Lebensgemeinschaften und Boden" betroffen seien.

123

Das Süßwasserwatt oberhalb von L. wird im Staufall voraussichtlich nicht erheblich beeinträchtigt. Dieses ist wohl eher zum Lebensraumtyp "Ästuar" zu zählen (vgl. dazu Anhang B der IBL-Untersuchung aaO S. 6; BfN-Handbuch S. 102). Zwar ist dieser Gesichtspunkt in der genannten IBL-Untersuchung nicht näher behandelt. Die Antragsgegnerin hat hierzu (Schriftsatz vom 24. September 1999 S. 25) jedoch ausgeführt, dass die Bereiche unterhalb von Papenburg nicht als reines Süßwasserwatt anzusehen seien. Die Schlüssigkeit dieser Aussage wird belegt durch das Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau vom 17. Juni 1998 (aaO S. 27). Danach ist anhand von Salzgehaltsmessungen festgestellt worden, dass bei einer leichten Sturmflut Anfang Oktober 1997 die obere Brackwasserzone bis oberhalb von W. vorgedrungen ist. Die Behauptung der Antragsteller, es gäbe hierfür kein belegbares Beispiel, ist also nicht zutreffend. Im Ist-Zustand wird daher nach höheren Sturmfluten - nicht nur wie die Antragsteller vorbringen bei niedrigem Oberwasserzufluss - sogar ein kurzfristiges Vordringen von Salzwasser in den Bereich P. für wahrscheinlich erachtet. Auch wenn dies nach den übrigen von der Antragsgegnerin ausgewerteten Messungen (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 129 f.) eher seltene Ereignisse sein dürften, ergibt sich jedoch bei summarischer Prüfung, dass auch dieser im wesentlichen limnische Bereich von Salzwassereinflüssen offenbar nicht völlig unberührt ist. Die Antragsgegnerin hat zur Frage der Beeinträchtigung von Süßwasserwattflächen zudem nachvollziehbar vorgebracht, dass das Salzwasser sich sohlnah bewegt (vgl. dazu auch Bundesanstalt für Wasserbau aaO S. 35), mithin die Wattflächen nicht erreicht werden.

124

Auch eine erhebliche Beeinträchtigung des vegetationslosen Schlickwattes ist wahrscheinlich nicht zu erwarten. Die Untersuchung der IBL-Umweltplanung (aaO S. 41) führt hierzu nachvollziehbar aus, dass der Verlust der maßgeblichen Flächen durch die Herstellung des Bauwerks weit weniger als 1 % ausmacht und außerdem zu berücksichtigen sei, dass durch die Dynamik des Ästuarsystems eine ständige Neuschaffung von Wattflächen zu beobachten sei.

125

Die Kammer geht auch nicht davon aus, dass die von den Antragstellern angeführten Weidenbestände, insbesondere bei C. und W. (s. dazu insbesondere die vegetationskundliche Studie von Kesel vom Juni 1999, S. 4 und 11, und Anhang B der IBL-Untersuchung, aaO), prioritäre Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie (Typ 91 EO, Auenwälder mit alnus bluninosa und fraxinus excelsior) darstellen. Nach der IBL-Untersuchung (aaO, S. 25) erreichen diese nicht die Größe, Struktur und Ausprägung, die für eine Einstufung als Weidenauwald notwendig seien. Diese Einschätzung beruht auf am 12. April 1999 durchgeführten Ortsbegehungen an den jeweiligen Standorten. Ferner wird ausgeführt (aaO, Anhang B, S. 9 ff.), dass es sich aufgrund der geringen Größe der Flächen nicht um Wälder handeln könne und diese auch keine historische Kontinuietät aufwiesen. Ferner kämen keine Arten nach dem Anhang II der FFH-Richtlinie vor. Zum gleichen Ergebnis kommt auch die Europäische Kommission in dem von den Antragstellern vorgelegten Schreiben an den "Bund Freunde der Erde" vom 6. September 1999. Darin ist ausgeführt, dass der Lebensraumtyp 91 EO nur natürliche und naturnahe Wälder des Hochwald- bzw. Mittelwaldstadiums erfasse.

126

Der Gutachter Kesel (aaO S. 13 f.) kommt allerdings unter Auseinandersetzung mit der IBL-Untersuchung, deren Kriterien er für ungeeignet hält, zu einer anderen Schlussfolgerung. Ob die vorgelegten Schreiben des Bundesamtes für Naturschutz und des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie vom 26. Februar 1999 und 18. August 1999 an den WWF - Fachbereich Meere und Küsten - ebenfalls in diese Richtung deuten, bedarf keiner Entscheidung.

127

Die ersichtlich unterschiedlichen fachlichen Bewertungsmöglichkeiten bedürfen nämlich voraussichtlich keiner abschließenden gerichtlichen Bewertung. Denn sie zeigen deutlich, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines potentiellen FFH-Lebensraumes nicht gegeben sind. Vielmehr folgt aus der obigen Darstellung, dass die Schutzwürdigkeit der fraglichen Flächen nicht - wie es die oben aufgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt - mit der erforderlichen Eindeutigkeit feststeht. Auch die in einem Schreiben der Antragsgegnerin vom 29. Mai 1998 vorgesehene Vergabe von Mitteln für einen "Auwald W." rechtfertigt keine andere Einschätzung.

128

Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin (Planfeststellungsbeschluss S. 189) für die Kammer einleuchtend ausgeführt, dass die Standorte sich bei geringem Oberwasserzufluss bereits jetzt in einem brackigen Milieu befinden. Zur Plausibilität dieser Aussage kann dabei auf die obigen Ausführungen zur Beeinträchtigung des Süßwasserwatts verwiesen werden, wobei - wie ausgeführt - gerade die kurzzeitige Verschiebung der Brackwassergrenze bis C. kurz oberhalb von L., aber auch bis W. nachgewiesen ist. Zum anderen hat die Antragsgegnerin hervorgehoben, dass durch die Nebenbestimmungen zum Salzgehalt (Ziff. 2.2.2 zum Planfeststellungsbeschluss) vermieden würde, dass extreme Zustände auftreten könnten. Ferner ist dargelegt worden, dass an anderen Standorten unbeeinträchtigte Weidengebüschformationen vorhanden seien, die sehr viel größeren und zahlreicheren Salzgehaltsschwankungen ausgesetzt seien.

129

Zu folgen vermag die Kammer auch den Ausführungen der Antragsgegnerin auf S. 23 f. ihres Schriftsatzes vom 24. September 1999, insbesondere auch soweit die Aussagen in der von den Antragstellern vorgelegten Expertise von W. und S., Bremen, vom August 1999, als zu vage bezeichnet werden. Denn auch diese können keine gesicherten Aussagen zu der Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Weidenformationen machen. Zusammenfassend wird von diesen (S. 29) nämlich ausgeführt, das Grundlagenwissen für eine fundierte Prognose fehle. Es ließe sich lediglich vermuten, dass durch den Einstau mit salzhaltigem Wasser Verschiebungen in faunistischer Hinsicht einträten. Es bestehe ein nicht kalkulierbares Risiko. Soweit die Antragsgegnerin (aaO) zudem kritisiert, dass die Expertise von W. und S. von falschen Annahmen ausgehe, kann das Gericht dem ebenfalls folgen. Denn dem Gutachter haben offenbar keine faunistischen Daten des maßgeblichen Bereichs zur Verfügung gestanden. Auch ist - wie oben ausgeführt unzutreffend - von einem rein limnisch geprägten Gebiet ausgegangen worden.

130

Dabei weist die Kammer in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass sie die hier und im folgenden als für das Eilverfahren überzeugend angesehenen Angaben der Antragsgegnerin - auch soweit sie nicht auf Aussagen externer Gutachter beruhen bzw. von diesen abweichen - trotz des Fehlens schriftlicher Unterlagen, die bei der Erarbeitung des Planfeststellungsbeschlusses hätten vorliegen können (vgl. Schriftsätze vom 7. und 11. Oktober 1999 sowie Vermerk vom 8. Oktober 1999), als hinreichend fachlich fundiert bewertet. Denn die Antragsgegnerin hat in den genannten Schriftsätzen glaubhaft dargelegt, dass die naturschutzfachlichen Aussagen im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den an das Gericht gerichteten Schriftsätzen befindlichen unmittelbar auf den Angaben entsprechender sachverständiger Beschäftigter beruhen. Der gegenteiligen Annahme der Antragsteller fehlt eine substantiierte Begründung. Die schriftliche Fixierung der naturschutzfachlichen Stellungnahmen ist zwar wünschenswert und kann insbesondere die Überprüfung durch das Verwaltungsgericht wesentlich erleichtern. Ein allgemeiner Grundsatz, der eine entsprechende Arbeitsweise vorschriebe, besteht aber nicht. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die hier nicht ersichtlich sind, lässt sich auch nicht etwa die Annahme rechtfertigen, die im Planfeststellungsverfahren bzw. in dem vorliegenden Rechtsstreit gemachten Angaben gäben nicht in allem die Auffassungen von Fachleuten auf dem Gebiet des Naturschutzes wieder, sondern seien durch eine auch nicht naturschutzfachliche Gesichtspunkte erfassende Diskussion mit bestimmt.

131

Es ist voraussichtlich auch keine erhebliche Beeinträchtigung von Tierarten nach dem Anhang II der FFH-Richtlinie festzustellen.

132

Dies gilt zunächst für den Fischotter. In der IBL-Untersuchung vom 7. Mai 1999 (Seite 42) ist die Erhaltung und Entwicklung eines ökologisch durchgängigen Flußlaufs mit der Eignung für die Wiederansiedelung des Fischotters, der derzeit an der Ems nicht einmal heimisch ist, geprüft worden.

133

Die Anschlussdeiche stellen danach kein Wanderungshindernis für diese Tiere dar. Durch die Ausgleichsmaßnahme A5 (vgl. landschaftspflegerischer Beitrag aaO S. 11) ist die Herstellung von Röhrichtbeständen im Anschluß an den Flügeldeich im N.-Vorland vorgesehen. Es enstehen dadurch für die Tiere Versteckmöglichkeiten, die auch Beeinträchtigungen durch den Sperrwerkskörper weitestgehend verhindern. Lediglich während der Bauphase können Störungen nicht vermieden werden. Eine staufallbedingte Beeinträchtigung der Durchgängigkeit der Ems für den Fischotter ist nach dortiger nachvollziehbarer Auffassung nicht erkennbar (vgl. auch Umweltverträglichkeitsstudie, aaO, C 1.4.2, Seite 111f.).

134

Auch wesentliche Beeinträchtigungen der in der Ems aufsteigenden Fische Neunauge und Lachs sind nach der IBL-Untersuchung (aaO Seite 32) nicht zu erwarten. Insbesondere ist - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - nicht davon auszugehen, dass die Tiere in den Pumpenstrom gelangen. Neunaugen steigen während einer Springtide auf. Der Auflauf des Wassers ist beim Schließen des Sperrwerks zu Stauzwecken aber bereits beendet, d.h. das Wasser läuft bereits wieder ab (vgl. Abbildung 8.1. S. 36 des Gutachtens der Bundesanstalt für Wasserbau vom 17. Juni 1998, aaO). Im Falle des Lachses ist im Staufall der für seinen Aufstieg erforderliche starke Oberwasserabfluß naturgemäß nicht gegeben.

135

Nach Ansicht des Gerichts spricht nach Auswertung der Unterlagen auch erhebliches dafür, dass der Nordseeschnäpel als nach dem Anhang II zur FFH-Richtlinie prioritäre Fischart durch den Betrieb des Emssperrwerks nicht wesentlich beeinträchtigt wird (vgl. IBL-Untersuchung aaO, Seite 25 f.). Dieser ist nämlich höchstwahrscheinlich nicht nur in Niedersachsen, sondern in allen deutschen Ästuaren ausgestorben bzw. verschollen. Dies hat eine von der IBL-Umweltplanung (aaO) durchgeführte umfangreiche Auswertung der einschlägigen Literatur ergeben. Diese hat auch die Europäische Kommission für ausreichend erachtet (vgl. Schreiben vom 6. September 1999 an den "Bund Freunde der Erde"). Zu dem gleichen Ergebnis ist die Europäische Kommission auch im Schreiben vom 6. Mai 1999 an die Bundesregierung unter Auswertung der sog. Roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz gelangt. Es wird daher nicht zu beanstanden sein, dass insoweit eine nähere Betrachtung der Möglichkeit einer Wiederansiedelung dieser Fischart in der Ems nicht erfolgt ist.

136

Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Fischers D., J., dass er mehrere Exemplare des Nordseeschnäpels gefangen habe, ist zu wenig aussagekräftig, um diese Einschätzung in Frage zu stellen, zumal es sich auch danach nur um wenige Einzelexemplare handeln kann, die aber für die Bewertung unerheblich sind (vgl. Schreiben der Kommission vom 6. September 1999 aaO). Soweit die Antragsteller behaupten, der Vorhabenträger habe durch eine vertragliche Vereinbarung die Wiederansiedelung des Nordseeschnäpels verhindert, ist dies nicht durch Vorlage des entsprechenden Vertragstextes oder anderer Dokumente glaubhaft gemacht. Außerdem würde dies an dem naturschutzfachlichen Befund über die gegenwärtige Population des Nordseeschnäpels nichts ändern.

137

Der Stör ist in dem hier maßgeblichen Gebiet ebenfalls ausgestorben oder verschollen (vgl. Seite 27 f. der IBL-Untersuchung aaO). Eine wesentliche Beeinträchtigung dieser Fischart scheidet mithin aus.

138

Soweit nach den obigen Ausführungen eine erhebliche Beeinträchtigung des potentiellen FFH-Gebiets "Unterems von Papenburg bis Dollart" vorliegt und daher das Emssperrwerk unverträglich im Sinne des § 19c Abs. 2 BNatSchG ist, liegen bei summarischer Prüfung die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Abs. 3 der Vorschrift vor. Dabei ist diese Regelung auch bei Eingriffen in potentielle FFH-Gebiete anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9/97 - aaO S. 968).

139

Es ist davon auszugehen, dass im Sinne der Nr. 1 der zuletzt genannten Bestimmung zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen. Dabei muss es sich um Gründe von hohem Gewicht handeln (vgl. OVG Münster aaO S. 43). Ein solcher ist hier die mit dem Sperrwerk bezweckte Verbesserung des Küstenschutzes und zum anderen das Interesse an der Förderung der Region Papenburg. Dabei sind Gesichtspunkte des Sturmflutschutzes regelmäßig herausragende Allgemeinwohlbelange, da hierdurch Gefahren für die Gesundheit und das Leben einer Vielzahl von Menschen und für umfangreiche Sachwerte abgewendet werden sollen. Auch die große Zahl von Arbeitsplätzen, die in der Region P. von dem Betrieb der Werft der Beigeladenen abhängt, ist ein Belang von weit überdurchschnittlichem Gewicht.

140

Eine weitere Kontrolle dieser Gesichtspunkte anhand der von den Antragstellern insoweit vorgebrachten Einwände ist dem Gericht entgegen ihrer Auffassung verwehrt. Die Verbandsklage berechtigt nämlich auch im Zusammenhang mit der Prüfung des § 19c BNatSchG nicht zu einer Rüge von Belangen, die nicht naturschutzfachlicher Art sind. Zwar wird die Vorschrift unzweifelhaft vom Wortlaut des § 60c Abs. 1 NNatSchG erfasst. Für das Gericht ergibt sich jedoch aus Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Verbandsklage in Niedersachsen, dass im Rahmen aller in § 60c Abs. 1 NNatSchG genannten Vorschriften lediglich die fehlende oder unzutreffende Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege geltend gemacht werden kann.

141

Die Verbandsklage stellt sich nämlich als Fortsetzung der in §§ 29 Abs. 2 BNatSchG, 60a NNatSchG geregelten Verbandsbeteiligung im Verwaltungsverfahren dar (vgl. auch LT-Drs. 12/4371, S. 33). Von deren Ausübung hängt nach § 60c Abs. 2 Nr. 1 NNatSchG auch das Bestehen einer Klagebefugnis ab. Die Rechte auf Verbandsbeteiligung beschränken sich jedoch - wie bereits oben ausgeführt - auf die Gelegenheit zur Stellungnahme und die Einsicht in die "einschlägigen Sachverständigengutachten" (§ 29 Abs. 1 BNatSchG) bzw. die Unterlagen "soweit diese für die Beurteilung der Auswirkungen auf Natur und Landschaft erforderlich sind" (§ 60a Abs. 1 NNatSchG). Dabei besteht ein Anspruch auf Einsichtnahme nur in die unmittelbar die Natur und Landschaft betreffenden Unterlagen. Ein Einsichtsrecht in Akten, die nur mittelbar für die Umweltbelange von Bedeutung sind, ist dagegen nicht vorgesehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. November 1997 und 12. Dezember 1996 aaO). Durch dieses eingeschränkte Einsichtsrecht sind die Naturschutzverbände in ihren Mitwirkungsmöglichkeiten mithin von vornherein wesentlich begrenzt. Es handelt sich um eine "spezifisch naturschutzrechtliche" Beteiligung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1995 - 11 A 1.95 -, Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 6, Urteil vom 24. Mai 1997 - 11 A 43/96 -, NVwZ 1998, 279, 280) [BVerwG 14.05.1997 - 11 A 43/96].

142

Auch die Begründung des maßgeblichen Gesetzentwurfes der Landesregierung, der zur Einführung der Verbandsklage geführt hat, spricht für die vertretene Auffassung. So heißt es in der Regierungsvorlage (aaO S. 31), dass die Einführung der Verbandsklage der Stärkung der Belange der Naturschutz- und Landschaftspflege im Verwaltungsverfahren dienen solle, "weil die Abwägung dieser Belange unmittelbar einer Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterworfen wird". Daraus läßt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Gesetzgeber, der den Entwurf insoweit inhaltsgleich verabschiedet hat, die Vorstellung hatte, dass die Naturschutzverbände lediglich die fehlerhafte Beachtung dieser Aspekte sollen rügen können.

143

Dies wird bestätigt durch die Stellung der Naturschutzverbände gegenüber den Behörden, die auch im Gerichtsverfahren fortwirken muss. Sie sollen als "Verwaltungshelfer" nämlich ihren spezifisch naturschutzfachlichen Sachverstand in ein Verfahren einbringen. Dadurch soll Vollzugsdefiziten - gerade in diesem Bereich - entgegengewirkt werden (vgl. BVerwG, Urteile v. 12. November 1997 und 12. Dezember 1996 a.a.O.). Sie sind "Anwälte der Natur" (vgl. BVerwG, Urteil v. 14. Mai 1997 aaO) und damit nicht Sachverwalter anderer Interessen. Es bestehen mithin auch von daher keine Anhaltspunkte dafür, dass andere fachfremde Gesichtspunkte in die Rügekompetenz der Naturschutzverbände fallen könnten (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1997 a.a.O. in Zusammenhang mit den Beteiligungsrechten; auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. Juli 1999 - NStN 1999, 275, 276).

144

Geklärt ist dementsprechend zunächst, dass die Naturschutzverbände im Rahmen des allgemeinen rechtsstaatlichen Abwägungsgebotes (s. dazu unten) lediglich die richtige Berücksichtigung der Naturschutzbelange verlangen können, während sie grundsätzlich keinen Anspruch auf die gerichtliche Überprüfung anderer Gesichtspunkte haben, mithin die diesbezüglichen behördlichen Feststellungen und Gewichtungen insoweit zugrundezulegen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 - a.a.O. S. 963, OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998 a.a.O. S. 13 f.). Dies gilt aber auch für die nicht naturschutzrechtlichen Belange, die im Rahmen der Abwägung nach § 11 NNatSchG zu beachten sind (ebenso im Ergebnis OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998 a.a.O.; Harings, NVwZ 1997, 538, 540 [BVerwG 31.10.1990 - BVerwG 4 C 7.88]; Knack, aaO, Anm. 6.2.5 zu § 74). Sachliche Gründe, dies im Rahmen der Prüfung des § 19c Abs. 3 BNatSchG anders zu beurteilen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

145

Allerdings ist nicht zu verkennen, dass gerade im Rahmen von planerischen Entscheidungen die Berücksichtigung und Gewichtung von Gesichtspunkten, die den Belangen des Naturschutzes entgegenstehen, sich mittelbar auf die Umweltbelange auswirken kann. Je stärker naturschutzfremde Gesichtspunkte gewichtet werden, desto leichter ist es, im Rahmen einer Abwägungsentscheidung die Umweltbelange zurücktreten zu lassen. Dies eröffnet dem Gericht - ähnlich wie im Rahmen der unter 4.) erörterten Frage, ob durch ein bestimmtes Verfahren Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände umgangen worden sind - eine Art grobe Mißbrauchskontrolle auch in Bezug auf andere Gesichtspunkte (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9/97 - aaO 963 "erkennbar mißbräuchlich oder vorgeschobene Gründe"; vgl. auch Diefenbach, NuR 1997, 573, 576).

146

Bei Anwendung dieser Grundsätze stellen sich die für das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte - wie unter 9.) bereits dargelegt - nicht als erkennbar vorgeschoben dar. Die Gewichtung gegenüber den Belangen des europäischen Naturschutzes erfolgt dabei im Rahmen des § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG durch eine Abwägungsentscheidung (vgl. Niederstadt, NuR 1998, 515, 524; Louis aaO, S. 380; Thyssen aaO, S. 882). Sie belässt der Behörde aber keinen planerischen Gestaltungsspielraum, sondern ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl. auch OVG Münster, aaO, S. 42). Hierfür spricht insbesondere, dass nach dem Wortlaut der Regelung zwingende Gründe bestehen müssen, also - wie ausgeführt - solche, die besonderes Gewicht aufweisen. Ferner stellt § 19c Abs. 3 BNatSchG auch im übrigen zwingendes Recht dar. Systematisch handelt es sich um eine Ausnahmeregelung. Auch angesichts der besonderen Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit der europäischen Schutzgebiete kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Rahmen dieser Vorschrift noch ein planerischer Spielraum der Verwaltungsbehörden besteht. Dafür spricht im übrigen auch, dass nach § 19a Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG nicht nur Maßnahmen, die durch Planentscheidungen zugelassen werden, sondern auch sonstige Vorhaben, die aufgrund rechtsgebundener Vorschriften zu beurteilen sind, einer Verträglichkeitsüberprüfung unterliegen können.

147

Die hier zugrundezulegenden Gesichtspunkte des Küstenschutzes und der Interessen der Region Papenburg sind gegenüber der Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des oben genannten potentiellen FFH-Gebietes vorrangig. Küstenschutzgründe sind stets herausragend wichtige Belange. Die mit dem Stauzweck beabsichtigte Förderung der Region Papenburg verstärkt die Gewichtung der für das Vorhaben sprechenden Belange erheblich. Andererseits ist zu beachten, dass die Beeinträchtigung der Salzwiesen - wie ausgeführt - wahrscheinlich der einzige Eingriff in eines der maßgeblichen Erhaltungsziele sein wird. Ferner erscheint dieser erhebliche Eingriff auch deshalb weniger gewichtig, weil es sich lediglich um 3 % der Salzwiesen im Bereich der Unterems handelt (vgl. IBL-Untersuchung, aaO, S. 41). Auch ist zu beachten, dass - wie noch ausgeführt werden wird - der Verlust der Salzwiesen durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden kann.

148

Es sind auch keine i. S. d. § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG zumutbaren Alternativen zu dem Projekt erkennbar. Dabei ist - entsprechend den obigen Ausführungen zur Reichweite der Verbandsklage - auch im Rahmen dieser Prüfung grundsätzlich nur die Bewertung der Umweltbelange rügefähig, nicht aber die Grundlagen der Alternativenfeststellung, soweit sie mit dem Naturschutz nicht in Verbindung stehen.

149

Die von der Antragsgegnerin im Rahmen der Fortsetzung des Planfeststellungsverfahrens besonders untersuchte Alternative der Deicherhöhung erscheint der Kammer gegenüber einem Sperrwerk, welches rein aus Küstenschutzgründen errichtet würde, bei der Betrachtung nach § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG vorzugswürdig zu sein. Denn entsprechend ihrer Intention ist bei der naturschutzfachlichen Bewertung im Rahmen dieser Bestimmung maßgeblich allein die Beeinträchtigung der Erhaltungsziele im Sinne des § 19a Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG. Von Bedeutung sind im Rahmen des § 19c BNatSchG lediglich die Eingriffe in die aus europäischer Sicht besonders schützenswerten Biotypen. Wie ausgeführt, sind auch bei der Prüfung der Unverträglichkeit nach § 19c Abs. 2 BNatSchG lediglich die besonderen Erhaltungsziele, die sich aus den in der FFH-Richtlinie bzw. der Vogelschutzrichtlinie genannten Schutzgütern ergeben, zu berücksichtigen. Wie sich indes aus der Aufstellung auf S. 209 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt, werden bei den mittelfristig, d.h. in den nächsten 40 bis 50 Jahren, erforderlichen Deicherhöhungen an der Ems maximal 1,3 ha atlantische Salzwiese überbaut, während durch ein Sperrwerk sofort 4,7 ha beseitigt werden.

150

Indes sind eine Deicherhöhung sowie andere Varianten, die nach Meinung der Antragsteller den Küstenschutz besser gewährleisten sollen (Rückdeichung, Rückhaltung, Rückbau, Verzicht auf Unterhaltungsbaggerungen sowie Kombinationslösungen), von vornherein keine wirklichen Alternativen zum Emssperrwerk, weil sie nicht ausreichend sind, um dem Zweck des Vorhabens zu genügen. Wie bereits oben ausgeführt, ist ein weiterer gleichwertiger Zweck des Bauwerks, durch den Aufstau der Ems die Überführung großer Kreuzfahrtschiffe von der Werft der Beigeladenen zu ermöglichen und dadurch die Region Papenburg wirtschaftlich zu fördern. Es kommen mithin lediglich Alternativen in Betracht, die zugleich auch diesem Zweck Rechnung tragen.

151

Solche sind aber nicht erkennbar. Insbesondere ist die Verlegung des Betriebes der Beigeladenen etwa nach Emden oder in die Niederlande keine wirkliche Alternative, die im Großen und Ganzen (vgl. OVG Münster aaO S. 44) diesen Interessen Rechnung tragen würde. Denn hierdurch würde - wie die Antragsgegnerin zu Recht ausgeführt hat (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 213) - die beabsichtigte Stärkung der Wirtschaftskraft der Region P. offensichtlich nicht erreicht werden. Vielmehr hätte eine Werftverlagerung die wirtschaftliche Stärkung einer anderen Region zur Folge. Die Antragsteller berücksichtigen insoweit nicht ausreichend, dass durch das Emssperrwerk zwar offensichtlich auch der Betrieb der Beigeladenen gefördert wird, jedoch von dem Unternehmen auch zahlreiche in der Region P. ansässige Zulieferbetriebe, aber auch sonstige Gewerbetreibende, die von der Kaufkraft der auf der Werft der Beigeladenen Beschäftigten leben, abhängen. Mit anderen Worten wird die Wirtschaftskraft der Region ganz maßgeblich von dem Standort der Werft der Beigeladenen in P. beeinflusst.

152

Soweit es um die Alternativenuntersuchung geht, unterscheidet sich die Fragestellung im vorliegenden Beschluss maßgeblich von derjenigen, die im Beschluss der Kammer vom 26. November 1998 (S. 16 ff.) zu behandeln war. Jetzt geht es um eine Alternative zu einem Sperrwerk, das sowohl dem Küstenschutz wie auch dem Aufstauen dient; in diesem Zusammenhang ist zu dem geplanten Sperrwerk keine geeignete Alternative ersichtlich. Im Beschluss vom 26. November 1998 wurde - wegen der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Aufspaltung bei der Anordnung des Sofortvollzuges - hilfsweise erörtert, ob es für ein ausschließlich dem Küstenschutz dienendes Sperrwerk eine Alternative gäbe, und ausgeführt, dass die Angaben zur Frage der Deicherhöhung nicht ausreichten. Bei dem jetzt gegebenen Umfang des Sofortvollzuges sind indes genaue Angaben zu den gebotenen Erhöhungen auf den einzelnen Deichstrecken entbehrlich.

153

Der Vortrag der Antragsteller, Standortalternativen seien nicht ausreichend geprüft worden, ist viel zu pauschal, um die im Planfeststellungsbeschluss (S. 212) geäußerte Auffassung der Antragsgegnerin in Frage stellen zu können. Insbesondere unter ökologischen Gesichtspunkten erscheinen die diesbezüglichen Ausführungen vielmehr gut nachvollziehbar.

154

Ein Verstoß gegen § 19 c Abs. 4 BNatSchG läßt sich voraussichtlich nicht feststellen.

155

Dabei kann offenbleiben, ob sich in dem oben genannten potentiellen FFH-Gebiet prioritäre Gebiete (19a Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG) oder prioritäre Arten (§ 19a Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG) befinden, so dass grundsätzlich nur die in § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG genannten besonderen Gründe des öffentlichen Interesses eine erhebliche Beeinträchtigung rechtfertigen könnten.

156

In Betracht kommen als prioritäre Arten nach den obigen Ausführungen allein die im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie genannten Vogelarten, die in dem Gebiet beheimatet sind. Sie sind zwar in den Anhängen I und II der FFH-Richtlinie nicht mit einem Sternchen gekennzeichnet. Die Kammer hat allerdings hierzu im Beschluss vom 26. November 1998 (S. 28 f.) ausgeführt, dass dennoch einiges dafür spreche, sämtliche Vogelarten nach der Vogelschutzrichtlinie als prioritär anzusehen. Ob diese Auffassung weiter aufrecht erhalten werden kann (vgl. zum Streitstand etwa OVG Münster aaO S. 41; Schrödter aaO S. 183), bedarf indes keiner Entscheidung, so dass auch im Hauptsacheverfahren insoweit keine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 EWG-Vertrag notwendig sein wird.

157

Selbst wenn man unterstellen würde, dass es prioritäre Vogelarten gibt, wäre § 19c Abs. 4 BNatSchG nämlich nicht verletzt.

158

Zwar liegen - wie bereits oben ausgeführt - nicht nur die in § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG genannten besonderen Gründe des öffentlichen Interesses vor. Denn neben dem Küstenschutz rechtfertigt sich das Vorhaben gleichwertig auch aus den hiervon nicht umfassten Gründen wirtschaftlicher Art.

159

Es bedarf dennoch der in solchen Fällen nach Satz 2 der Vorschrift vorgeschriebenen Einholung einer Stellungnahme der Kommission nach Ansicht der Kammer nicht mehr.

160

Dabei kann offenbleiben, ob die Antragsteller, deren Verfahrensrechte - wie ausgeführt - an sich in §§ 29 Abs. 1 BNatSchG/60a NNatSchG abschließend umschrieben sind, sich überhaupt auf eine solche Beteiligung einer anderen Behörde berufen können.

161

Jedenfalls hat die Kommission in dem Schreiben an die Bundesregierung vom 2. September 1999 eine Stellungnahme zu dem Projekt abgegeben. Diese erfolgte - ausweislich dieses Schreibens - aufgrund einer Bitte der Bundesrepublik Deutschland, das Emssperrwerk im Hinblick auf die Beachtung des europäischen Umweltrechts zu überprüfen. Es hat daraufhin mehrere Gespräche zwischen den Behörden der Bundesrepublik und Mitarbeitern der Kommission gegeben, so dass davon auszugehen ist, dass sämtliche maßgeblichen Informationen vorgelegen haben. Aufgrund des gleichzeitig anhängigen Beschwerdeverfahrens von Naturschutzverbänden sind der Kommission auch die Bedenken gegen das Vorhaben bekannt gewesen. Ausweislich des Schreibens ist - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - sowohl die Beeinträchtigung eines Europäischen Vogelschutzgebietes als auch des Gebiets nach der FFH-Richtlinie überprüft worden (vgl. Absatz 3 des Schreibens vom 2. September 1999). Dass eine solche umfassende BehandIung erfolgt ist, ergibt sich zudem auch in Zusammenschau mit dem Schreiben der Kommission vom 6. September 1999 an den "Bund Freunde der Erde". Denn hierin werden ausführlich einige Einzelprobleme erörtert (insbesondere betr. prioritäre Lebensräume bzw. Tierarten), die nur im Zusammenhang mit dem Eingriff in das o.g. potentielle FFH-Gebiet von Bedeutung sind.

162

Das Gericht geht - entgegen der Auffassung der Antragsteller - auch nicht davon aus, dass es sich bei dem Schreiben vom 2. September 1999 um eine bloße Zwischenmitteilung handelt. Denn die in Absatz 4 des Briefes verwandte Formulierung, dass "aus unserer Sicht eine Verletzung von europäischem Umweltrecht durch das geplante Vorhaben im Ergebnis nicht mehr erkennbar" sei, ist unter keinen Vorbehalt gestellt worden. Das von den Naturschutzverbänden angestrengte Beschwerdeverfahren ist zwar noch nicht abgeschlosssen. Indes sind die Stellungnahme nach § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG und ein Beschwerdeverfahren rechtlich voneinander zu trennen.

163

Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung, wonach das Schreiben vom 2. September 1999 ausreichend ist, spricht auch folgender Umstand: Nach ständiger Praxis der Kommission (vgl. etwa Schreiben vom 6. Mai 1999 an die Bundesregierung und Schrödter aaO) sind die durch die Vogelschutzrichtlinie unter besonderen Schutz gestellten Vogelarten nämlich keine prioritären Arten im Sinne der FFH-Richtlinie. Eine weitergehende auf § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 2 der FFH-Richtlinie beruhende Stellungnahme der Kommission zum Emssperrwerk wird daher voraussichtlich nicht abgegeben werden. Die Antragsgegnerin hätte dabei im übrigen keine realistische Möglichkeit, eine weitere Stellungnahme im Klagewege beim Europäischen Gerichtshof zu erzwingen. Denn der von den Antragstellern angeführte Art. 234 Abs. 1 b des EWG-Vertrages bezieht sich auf das Vorabentscheidungsverfahren, welches aufgrund einer gerichtlichen Vorlage betreffend die Auslegung europäischen Rechts durchgeführt wird. Eine entsprechende Möglichkeit der Durchsetzung ergibt sich auch nicht aus Art. 232 des EWG-Vertrages. Danach kann allein das Unterlassen eines Beschlusses oder eines anderen verbindlichen Rechtsaktes der Kommission beim Europäischen Gerichtshof gerügt werden. Hierzu gehören letztlich rechtlich unverbindliche Stellungnahmen wie diejenige nach § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG aber gerade nicht (vgl. auch Art. 230 Abs. 1 EWG-Vertrag).

164

Unerheblich ist im Ergebnis auch, dass die o.g. Stellungnahme erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses vorgelegen hat. Dies ergibt sich aus den Regelungen des § 45 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 VwVfG, wonach Stellungnahmen anderer Behörden auch im gerichtlichen Verfahren nachholbar sind. Auch hätte die verspätete Stellungnahme keine konkreten Auswirkungen auf die Entscheidung der Antragsgegnerin gehabt, soweit es europäisches Naturschutzrecht betrifft. Denn insoweit ist - wie bereits ausgeführt - ein Verstoß von der Europäischen Kommission gerade nicht festgestellt worden.

165

Teilweise zu beanstanden sind nach Auffassung der Kammer aber vorausichtlich die Maßnahmen, die im Planfeststellungsbeschluss gem. § 19c Abs. 5 BNatSchG zur Sicherung des Zusammenhanges des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" vorgesehen sind (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 184).

166

Im Hinblick auf die festgestellte Beeinträchtigung der Salzwiesenstandorte hat die Antragsgegnerin in der Nebenbestimmung 2.1.1 vorgeschrieben, dass im N.-Vorland 23,1 ha Intensivgrünland in Salzwiese umzuwandeln und ferner 40,1 ha Salzwiese zu extensivieren seien (Ausgleichsmaßnahmen A 1 bis 4 nach dem landschaftspflegerischen Beitrag).

167

Dabei spricht nach Einschätzung der Kammer allerdings derzeit wenig für die Auffassung der Antragsteller, dass der Salzwiesenverlust schon im Grundsatz nicht ausgleichbar sei, weil sich deren Herstellung über viele Jahrzehnte hinziehe. Die Kammer berücksichtigt bei der Bewertung, dass die entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen und damit auf sachverständiger Grundlage festgesetzt worden sind. Hinzu kommt, dass es derzeit nachvollziehbar erscheint, dass - wie die Antragsgegnerin mit Schriftsätzen vom 24. September 1999 (Seite 6), sowie vom 11. und 21. Oktober 1999 (S. 2 bzw. 10) vorgetragen hat - die schwere Regenerierbarkeit nur bei ausschließlich salzwassergeprägten Salzwiesen bestehen soll. Der Unterschied wird dabei gut verständlich damit erläutert, dass die Salzwiesen im Ästuar - im Gegensatz zu sonstigen Salzwiesen - allein bei einer Bewirtschaftung entstehen und sich anderenfalls Brackwasserröhrichte entwickeln würden. Soweit die Antragsteller diese Angaben bestreiten, ist dies jedenfalls für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu unsubstantiiert, um eine andere Entscheidung rechtfertigen zu können. Der Hinweis auf die Rote Liste der Biotypen in Niedersachsen ergibt zudem nicht, dass die Salzwiesen der Ästuare generell nur schwer regenerierbar seien. Die Regenerationsfähigkeit wird vielmehr der Stufe 3-4 zugeordnet. Stufe 4 bedeutet dabei, dass unter günstigen Rahmenbedingungen, die Biotypen in relativ kurzer Zeit (weniger als 15 Jahre) wiederentstehen könnten, wobei gerade die Präsenz von entsprechenden Biotypen im Umfeld von Bedeutung ist.

168

Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass etwa das fünffache der verlorengegangenen Flächen als neue Salzwiesenstandorte hinzukommen. Auch dass der Umstand, dass die verlorengegangenen Flächen durch intensive Nutzung stark degeneriert gewesen seien, gewichtet wurde, ist gut verständlich. Soweit die Antragsteller diesen Vortrag, der von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21. Oktober 1999 auch noch weiter durch Vorlage einer Bestätigung der Rheider Deichacht vom 20. Oktober 1999 belegt wurde, pauschal in Frage stellen, fehlt hierfür jeder Beleg.

169

Auch der Umstand, dass sich die Ausgleichsflächen im hier maßgeblichen FFH-Gebiet selbst befinden, vermag eine andere Einschätzung voraussichtlich nicht zu rechtfertigen. Denn zwar sollen solche Maßnahmen nicht zum Ausgleich eines Eingriffs in ein europäisches Schutzgebiet verwandt werden, die ohnehin gem. Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie als Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. BfN-Handbuch S. 39). Es soll hierdurch verhindert werden, dass schon aus anderen Rechtsgründen gebotene Maßnahmen zur Aufwertung eines Gebiets gleichzeitig als Ausgleich für einen Eingriff nach § 19c Abs. 2 BNatSchG genutzt werden. Indes lässt sich hieraus - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht entnehmen, dass Maßnahmen in demselben Gebiet grundsätzlich unzulässig wären. Denn nicht jeder Zustand eines Schutzgebiets, der von optimalen Gegebenheiten abweicht, muss von vornherein Verbesserungsmaßnahmen unterzogen werden.

170

Danach spricht hier wenig dafür, dass die o.g. Ausgleichsmaßnahmen ohnehin hätten durchgeführt werden müssen. Zum einen haben die Antragsteller nicht substantiiert vorgebracht, dass die vorgesehenen Maßnahmen gerade als Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen geboten gewesen wären. Eine Verpflichtung zur großflächigen Schaffung neuer Salzwiesenstandorte liegt in diesem Zusammenhang wohl auch eher fern. Auch spricht bei summarischer Prüfung einiges dafür, dass die bisherige intensive landwirtschaftliche Nutzung von Flächen mit rechtlichen Instrumentarien anderenfalls nicht gegen den Willen der Eigentümer hätte verhindert werden können.

171

Rechtlich zu beanstanden ist aber, dass in der Auflage Nr. 2. 1. 1. zum Planfeststellungsbeschluss lediglich vorgesehen ist, dass die Maßnahmen innerhalb eines Jahres nach Baubeginn durchzuführen sind. Dies ist - anders als bei sonstigen Ausgleichsmaßnahmen (s.o.) - voraussichtlich zur Kohärenzsicherung nach § 19c Abs. 5 BNatSchG nicht ausreichend. Hierzu ist es nämlich erforderlich, dass die Maßnahmen bereits vor dem Eingriff in das europäische Schutzgebiet wirksam werden (vgl. BfN-Handbuch, aaO; sowie auch die vorbehaltene Entscheidung III. 1.5 im Planfeststellungsbeschluss). Denn ein unverträglicher Eingriff in das ökologische Netz Natura 2000 soll im Ergebnis zu keinem Zeitpunkt zu einer Verschlechterung des Gesamtgebiets führen. Die Antragsgegnerin hätte dem Vorhabenträger daher aufgeben müssen, dass die Flächen für die o.g. Ausgleichsmaßnahmen bereits vor dem Beginn der Überbauung der Salzwiesenstandorte sowohl auf G. Seite als auch im N.-Vorland bereitgestellt sein müssen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist aber die Bereitstellung der Flächen ausreichend. Denn bereits hiermit beginnt die Wirksamkeit der Ausgleichsmaßnahmen.

172

Diese Verpflichtung führt jedoch nach den o.g. Grundsätzen nicht zur Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und damit nicht zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller. Denn es handelt sich bei der Frage des Zeitpunkts der Ausgleichsmaßnahmen um ein Detailproblem, welches sich auf die Abwägung der für und wider das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte nicht ausgewirkt haben kann. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass Rechte Dritter betroffen sein könnten oder der Vorhabenträger dies zum Anlass nehmen könnte von der Planung abzusehen, hat die Kammer nicht. Es ist zudem höchstrichterlich geklärt, dass das Fehlen ausreichender naturschutzrechtlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen regelmäßig im Wege einer Planergänzung durch Schutzauflagen behoben werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1996 - 11 VR 21.95 - NuR 1997, 497, 498; Beschluss vom 21. Dezember 1995 - 11 VR 6/95 - NVwZ 1996, 896, 899).

173

Allerdings können Schutzauflagen im Grundsatz auch im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) durchgesetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1999 - 11 VR 8/98 - NVwZ 1999, 650 [BVerwG 21.01.1999 - BVerwG 11 VR 8/98]). Die Auslegung, dass die Antragsteller mit dem vorliegenden Eilantrag sinngemäß auch einen solchen Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO gestellt haben, scheidet nach Auffassung der Kammer schon deshalb aus, weil nicht vorgetragen ist, ob. die Ausgleichsflächen bisher nicht bereitgestellt sind und ob noch Salzwiesenstandorte vorhanden sind, die durch die bisherigen Bauarbeiten nicht zerstört wurden. Zur Vermeidung eines entsprechenden Rechtsstreits weist die Kammer jedoch noch auf folgendes hin:

174

Es wäre grundsätzlich eine Eilbedürftigkeit der Sache anzunehmen, weil es gerade darum ginge, die Salzwiesen noch vor dem Weiterbau des Vorhabens bereitzustellen. Der oben festgestellte Mangel der Nebenbestimmung 2.1.1. würde sich allerdings nicht mehr auswirken, wenn der Vorhabenträger die Ausgleichsflächen inzwischen entsprechend dem Wortlaut ("innerhalb eines Jahres ab Baubeginn") bereitgestellt hätte. Sofern dies nicht der Fall ist, wären folgende Möglichkeiten zu unterscheiden. Sofern - wovon die Kammer allerdings ausgeht - durch die Baumaßnahmen im Herbst 1998 bereits zahlreiche Salzwiesenstandorte zerstört worden sind, wäre dem Vorhabenträger aufzugeben, die Bereitstellung der Flächen unverzüglich nachzuholen. Unverzüglich bedeutet dabei, dass der Vorhabenträger die rechtlich und tatsächlich schnellstmöglichen Maßnahmen ergreift, damit die fraglichen Flächen dem Naturschutz in der vorgesehenen Art und Weise zur Verfügung gestellt werden können. Soweit im Baubereich noch intakte Salzwiesenstandorte vorhanden sind, dürften diese nicht vor Bereitstellung der Ausgleichsflächen erheblich beeinträchtigt werden.

175

11.)

Soweit der Überbau der Salzwiesen im Nendorper Vorland einen gem. § 28a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 NNatSchG an sich unzulässigen Eingriff in einen besonders geschützten Biotop darstellt, ist hiervon im Planfeststellungsbeschluss zulässigerweise eine Ausnahme erteilt worden. Diese ist nämlich gemäß § 28a Abs. 5 Nr. 1 NNatSchG dann zulässig, wenn die hierdurch entstehenden Beeinträchtigungen des Naturhaushalts durch Ausgleichsmaßnahmen ausgeglichen werden. Dass dies hier der Fall ist, ergibt sich aus den obigen Ausführungen zu 10.). Die ausdrückliche Erteilung der Ausnahme war aufgrund der in § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG geregelten Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nicht geboten.

176

12.)

177

Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen die Verordnung der Antragsgegnerin über das Naturschutzgebiet Petkumer-Vorland vom 20. Juli 1994 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems S. 886). Unmittelbar wird nämlich durch den Bau des Emssperrwerks in das nach § 1 Abs. 3 der Verordnung geschützte außendeichs belegene Gebiet nach den in den Antragsunterlagen befindlichen Lageplänen nicht eingegriffen. Handlungen, die von außerhalb in das Gebiet einwirken, sind dagegen grundsätzlich unerheblich. Nach §§ 24a Abs. 2 NNatSchG, 3 Abs. 1 der Verordnung sind grundsätzlich nur Vorhaben im Naturschutzgebiet verboten (vgl. auch Blum/Agena/Franke, aaO, RdNr. 23 zu § 24). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in der Naturschutzgebietsverordnung gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 NNatSchG Regelungen über Störungen von außen getroffen werden. In der hier maßgeblichen Verordnung (§ 3 Abs. 3) ist insoweit lediglich vorgeschrieben, dass auch in der binnendeichs belegenen sog. Schutzzone der Betrieb von Modellflugzeugen und anderen Fluggeräten verboten ist. Im Planfeststellungsbeschluss ist indes in diesem Bereich nur die Zufahrtstraße und die Baustelleneinrichtung vorgesehen. Eine erweiternde Auslegung des in § 3 Abs. 3 der Verordnung vorgesehenen Verbots ist nach Ansicht der Kammer schon deshalb nicht zulässig, weil nur ganz bestimmte einzeln bezeichnete Handlungen untersagt sind. Auf die von den Beteiligten erörterte Frage des Sinn und Zwecks der Regelung kommt es daher hier nicht an. Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang angesprochenen Hubtore des Sperrwerkes befinden sich außerhalb der o.g. Schutzzone.

178

13.)

179

Die Errichtung und der Betrieb des Sperrwerks verstoßen auch nicht gegen die Verordnung der Antragsgegnerin über das Naturschutzgebiet Dollart vom 17. September 1980 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems, S. 998). Nach § 3 Abs. 1 der Verordnung sind lediglich Handlungen und Maßnahmen im geschützten Gebiet verboten. Das Sperrwerk wird jedoch nicht im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung errichtet .

180

14.)

181

Das Vorhaben ist auch mit der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen - Teil II - vom 18. Juli 1994 (Nds. GVBl., S. 317), geändert durch Verordnung vom 19. März 1998 (Nds. GVBl., S. 270), vereinbar.

182

Ein Verstoß ließe sich nur dann feststellen, wenn im Landes-Raumordnungsprogramm insoweit eine widersprechende hinreichend konkrete durch Abwägung nicht überwindbare standortbezogene Aussage getroffen worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1984 - 4 C 70.79 - BVerwGE 68, 319, 320 f.[BVerwG 20.01.1984 - 4 C 70/79] zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB).

183

Solche konkreten dem Vorhaben widersprechende Festlegungen sind indes nicht erkennbar. Zwar ist der gesamte Verlauf der Ems unterhalb von R. ausweislich der zeichnerischen Darstellung als Vorranggebiet für Natur und Landschaft vorgesehen. Der Begründung der Verordnung (S. 111) läßt sich indes entnehmen, dass die unmittelbare Bindungswirkung der Festlegung von Vorranggebieten jeweils im Einzelfall festgestellt werden muss. Im weiteren ergibt sich (vgl. aaO S. 138), dass alle größeren Gewässer Niedersachsens als Teil des Niedersächsischen Fließgewässerprogramms zu Vorranggebieten für Natur und Landschaft bestimmt worden sind. Es ist danach geplant, diese Gewässer generell ökologisch aufzuwerten, insbesondere auch den Durchgang bis zum Meer zu sichern. Deshalb sind die Flußauen in Bändern gleicher Größe dargestellt. Eine konkrete Aussage über die Schutzbedürftigkeit einzelner Flächen soll dagegen erst in den Regionalen Raumordnungsprogrammen erfolgen. Dass diese hier für den Standort des Emssperrwerks erfolgt wäre, ist aber weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

184

Konkrete Festlegungen für den geplanten Standort des Sperrwerks ergeben sich auch nicht aus der Qualifizierung als schützenswerter Naturraum (vgl. aaO S. 39 f.). Diese dient erst der Festlegung und Abgrenzung der Vorranggebiete (aaO S. 123).

185

Dadurch dass der hier maßgebliche Bereich aufgrund der Vogelschutzrichtlinie auch raumordnerisch als Vorranggebiet für Natur und Landschaft angesehen wird (vgl. aaO S. 133), kann der hierdurch bewirkte Schutz jedenfalls nicht weiter als unter 10.) dargestellt reichen.

186

Soweit die Antragsteller auf gewässerschützende Zielvorstellungen im Landesraumordnungsprogramm 1982 hinweisen, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Zum einen sind die von den Antragstellern angeführten Vorschriften außer Kraft und zum anderen die zitierten Ausführungen zu generalisierend, um aus ihnen eine absolute Bindungskraft ableiten zu können.

187

15.)

188

Auch ein Verstoß gegen die Qualitätsstandards regelnde Fischgewässerrichtlinie des Rates vom 18. Juli 1978 (78/659/EWG - Amtsblatt EG Nr. L 222) lässt sich nicht feststellen. Nach Anlage 1 der Fischgewässerqualitätsverordnung vom 5. September 1997 (Nds. GVBl., S. 407), die der Umsetzung der genannten europäischen Rechtsnormen dient, ist die Ems lediglich von der Landesgrenze mit Nordrhein-Westfalen bis zum Wehr H. erfasst. Diese Beschränkung lässt sich mit der Fischgewässerrichtlinie vereinbaren, auch wenn die Ems nach einem Entwurf zur Fischgewässerqualitätsverordnung bis zur Einmündung der Leda erfasst werden sollte.

189

Gem. Art. 249 Abs. 3 des EWG-Vertrages ist eine Richtlinie grundsätzlich für den Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu errreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Eine unmittelbare Geltung besteht ausnahmsweise dann, wenn die Umsetzungsfrist abgelaufen ist und die Richtlinie unbedingt und inhaltlich so bestimmt ist, dass es zu ihrer Anwendung keiner Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedarf (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 11. August 1995 - Rs C-431/92 - NVwZ 1996, 369, 371 [EuGH 11.08.1995 - C 431/92]; Urteil vom 22. Juni 1989 - Rs 103/88 - DVbl. 1990, 689, 690). Bei Anwendung dieser Grundsätze lässt sich eine unmittelbare Wirkung der Fischgewässerrichtlinie nicht feststellen. Nach deren Art. 1 Abs. 1 sollen die Gewässer erfasst werden, die von den Mitgliedsstaaten als schutz- und verbesserungsbedürftig bezeichnet werden, um das Leben von Fischen zu erhalten. Hinreichend konkrete Kriterien, die - wie etwa in Art. 4 i.V.m. den Anhängen der FFH-Richtlinie - bestimmen, welche Gewässer unter Schutz gestellt werden sollen, fehlen jedoch.

190

Auch der von den Antragstellern vorgebrachte und von der Antragsgegnerin nicht bestrittene Umstand, dass die Ems gem. Art. 15 der Richtlinie im Jahre 1986 bis zur Einmündung der Leda der Europäischen Kommission gemeldet worden ist, vermag eine andere Einschätzung nicht zu rechtfertigen. Die Mitteilung nach Art. 15 der Richtlinie hat nämlich lediglich nachvollziehenden, aber keinen konstitutiven Charakter. Denn sie soll lediglich die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie "bezeichneten" Gewässer enthalten. "Bezeichnet" im Sinne der Richtlinie ist ein Gewässer aber erst, wenn dies durch innerstaatliche Rechtsvorschriften geschehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Dezember 1996 - Rs C-298/95 - Tätigkeitsbericht EuGH 35/96 S. 26, 27 zu Art. 3 und 5 der Richtlinie). Eine Meldung der Ems bis zur Einmündung der Leda hätte mithin bis zum Erlass der Fischgewässerqualitätsverordnung nicht erfolgen dürfen. Aus einer unzutreffenden Meldung können die Antragsteller aber Rechte nicht herleiten. Auch ist davon auszugehen, dass die Bundesrepublik Deutschland die bisherige Meldung bereits korrigiert hat bzw. noch entsprechend der Umsetzung in der Fischgewässerqualitätsverordnung modifizieren wird.

191

Ob sich - wie die Beigeladene vorträgt - die Antragsteller im Rahmen des Verbandsklagerechts nach § 60c NNatschG auf die Einhaltung der Fischgewässerrichtlinie schon deshalb nicht berufen können, weil sie allein den Belangen der Fischereiwirtschaft dient, bedarf daher keiner Entscheidung.

192

Der hier maßgebliche Planfeststellungsbeschluss verstößt - jedenfalls soweit er aufgrund der Klage der Antragsteller überprüfbar ist - voraussichtlich nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Gebot der Abwägung bzw. gegen die Regelungen der §§ 7 ff NNatSchG über die Behandlung von Eingriffen in Natur und Landschaft. Letztere Vorschriften sehen vor, dass erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft i.S.d. § 7 Abs. 1 NNatSchG die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und das Landschaftsbild nicht mehr als unbedingt notwendig beeinträchtigen sollen (§ 8 NNatSchG). Unvermeidbare Eingriffe sollen gem. §§ 9 Nr. 2, 10 NNatSchG grundsätzlich durch die Herrichtung der betroffenen Grundstücke in der Weise, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes zurückbleiben (Ausgleichsmaßnahmen), kompensiert werden. Ist ein Eingriff nicht zu vermeiden oder nicht auszugleichen, ist er unzulässig, wenn bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft untereinander die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen (§ 11 NNatSchG).

193

Im Rahmen der - wie unter 4.) und 10.) bereits näher ausgeführt - eingeschränkten Klagebefugnis der Antragsteller nach § 60c Abs. 1 NNatSchG können diese im Zusammenhang mit der Anwendung der vorgenannten Rechtsregeln nur verlangen, dass die Behörde die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in die Abwägung überhaupt und vollständig einstellt, ihre richtige Bedeutung erkennt und gegenüber den übrigen Belangen zutreffend gewichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 - aaO; OVG Lüneburg, Urteil vom 18. November 1998, aaO, S. 13 f.). Dabei werden im folgenden die von den Antragstellern vorgebrachten Gesichtspunkte nur noch insoweit behandelt, als sie nicht schon Gegenstand der obigen Prüfung nach § 19c BNatSchG waren (vgl. dazu 10.)

194

Das Gericht folgt nicht der wiederholt von den Antragstellern vorgetragenen Einschätzung, die Antragsgegnerin habe im Rahmen der Prüfung der §§ 7 ff NNatSchG stets nur eine Relation in Bezug auf den gegenwärtigen (schlechten) Zustand der Ems hergestellt. Vielmehr hat sie - nur um Beispiele zu nennen - etwa bei der Prüfung des durch den Staufall eintretenden erhöhten Salzgehalts der Ems berücksichtigt, dass sich in dem hiervon besonders betroffenen Bereich zwischen L. und P. möglicherweise in Zukunft wieder vermehrt sog. limnische, d.h. süßwassergeprägte, Makrozoobenthos (wirbellose Kleinstlebewesen) aufhalten könnten (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 117) und auch Fragen der Wiederansiedlung des derzeit im Emsbereich nicht heimischen Fischotters geprüft (vgl. die obigen Ausführungen zu 10.)

195

Einen allgemeinen Grundsatz, wonach Vorbelastungen bei der Bewertung der Erheblichkeit eines Eingriffs in Natur und Landschaft stets unberücksichtigt zu lassen sind, gibt es allerdings entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht. Die Beurteilung der Erheblichkeit des Eingriffs ist einzelfallabhängig und erfolgt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, wobei etwa die naturschutzfachliche Wertigkeit und Größe der in Anspruch genommenen Flächen oder das Vorkommen seltener Tier- oder Pflanzenarten maßgeblich sein können (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 1995 - 1 L 6044/92 - NVwZ-RR 1995, 556, 557). Auch ist die Vorbelastung des Bereichs zu berücksichtigen, wobei insoweit je nach Einzelfall diese sowohl die Erheblichkeit des Eingriffs begründen, aber auch dazu führen kann, dass diese gerade verneint wird (vgl. Blum/Agena/Franke aaO Rn. 6 zu § 7; Gassner aaO Rn. 12 zu § 8). Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung hat dabei allein die Zielsetzung, einer Verschlechterung des gegenwärtigen Zustands entgegenzuwirken, nicht aber Verbesserungen der ökologischen Situation zu erreichen (vgl. Louis aaO Rn. 4 zu § 7).

196

Nach Auffassung der Kammer sind zunächst die durch das Bauwerk selbst eintretenden Beeinträchtigungen von der Antragsgegnerin zutreffend bewertet worden:

197

16.)

198

Das Gericht geht davon aus, dass die Antragsgegnerin die von dem Sperrwerkskörper ausgehenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch das Vorhaben richtig eingeschätzt hat.

199

Nach der Stellungnahme der IBL-Umweltplanung zu den Auswirkungen des Emssperrwerks auf das Landschaftsbild vom 15. Mai /15. Juli 1998 (Anlage 396 zum Planfeststellungsbeschluss) ist unter Berücksichtigung der Änderungen des Bauvorhabens gemäß Erläuterungsbericht vom 29. Mai 1998 davon auszugehen, dass in dem Sperrwerkskörper ein erheblicher Eingriff im Sinne des § 7 NNatSchG zu sehen ist, weil insgesamt hierdurch der freie Blick binnendeichs auf einer Fläche von insgesamt etwa 124 ha und außendeichs in einem Bereich mit einer Größe von 820 ha gestört ist. Dies ist auch im Planfeststellungsbeschluss (Seite 160 f.) von der Antragsgegnerin so bewertet worden. Da Ausgleichsmaßnahmen nach § 10 NNatSchG nur teilweise möglich waren, ist gem. § 11 NNatSchG eine nicht zu beanstandende Abwägung mit den für das Vorhaben sprechenden Belangen erfolgt (vgl. Planfeststellungsbeschluss, Seite 241). Für den Eingriff ist - soweit nicht ausgleichbar - die Durchführung von Ersatzmaßnahmen angeordnet worden (Nebenbestimmung 2.1.3).

200

Nach summarischer Prüfung spricht derzeit auch wenig dafür, dass - wie die Antragsteller sinngemäß vorbringen - der Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 8 NNatSchG vermeidbar war. Insbesondere ergibt sich dies voraussichtlich nicht aus einem Vergleich zwischen der ursprünglich geplanten Bauausführung und den Änderungen aufgrund der Ergänzungen zum Erläuterungsbericht vom 29. Mai 1998.

201

Zunächst bedarf die Regelung des § 8 NNatSchG rechtlicher Einschränkung, weil im naturwissenschaftlichen Sinne jeder Eingriff vermieden werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30. Oktober 1992 - 4 A 4/92 -, NuR 1993, 125, 128). Sie setzt nicht bei der Frage an, ob ein Vorhaben als solches vermieden werden kann, sondern beinhaltet lediglich eine technisch-fachliche Optimierungspflicht unter dessen grundsätzlicher Hinnahme (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 23. Juni 1988 - 5 S 1030/87-, NuR 1989, 439; Urteil v. 30. Juli 1985 - 5 S 2553/84 -, NuR 1987, 31, 33). Dieser Ansicht entspricht es, dass die Frage der Vermeidbarkeit erst aufzuwerfen ist, wenn die fachplanerische Abwägung bereits getroffen worden ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 07. März 1997 - 4 C 10.96 -, NVwZ 1997, 924 f.; ähnlich auch OVG Lüneburg, Beschluss v. 12. März 1997 - 7 M 919/97 -). Damit kann unter Hinweis auf das Vermeidungsgebot lediglich auf Einzelheiten der Ausführung des Vorhabens Einfluß genommen werden.

202

Vor diesem Hintergrund hat der NLWK in dem Schreiben vom 12. Oktober 1999 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 11. Oktober 1999, S.5 f.) nachvollziehbar ausgeführt, dass die nunmehr vorgesehenen Hubtore wegen ihrer einfacheren Bewegungsmechanik eine bessere Betriebssicherheit aufweisen und geringere Unterhaltungskosten verursachen. Die Anschaffungskosten sind für die beiden Hubtore insgesamt um 2,4 Mio DM geringer.

203

Des weiteren spricht bei summarischer Prüfung viel dafür, dass die durch den ergänzten Erläuterungsbericht vorgesehen Änderungen im Sperrwerkskörper nicht so erheblich gewesen sind, dass im Hinblick auf das Landschaftsbild eine wesentliche Neubewertung erforderlich gewesen wäre.

204

Soweit sich zwischen der Umweltverträglichkeitsstudie vom August 1997 (aaO, C 1.5 S. 10ff.) und der genannten Stellungnahme der IBL vom 15. Mai/15. Juni 1998 signifikante Unterschiede ergeben, sind diese nicht auf die baulichen Unterschiede zurückzuführen. Wie die Antragsgegnerin schon im Planfeststellungsbeschluss (S. 159) ausgeführt hat, wurden von ihrem Naturschutzdezernat die in der Umweltverträglichkeitsstudie ermittelten betriebsbedingten Auswirkungen auf das Landschaftsbild als nicht ausreichend berücksichtigt bewertet und deshalb die IBL-Umweltplanung - im übrigen vor der Änderung des Erläuterungsberichts - mit einer Neubeurteilung beauftragt.

205

Dass eine wesentliche Änderung des Vorhabens in Bezug auf das Landschaftsbild voraussichtlich nicht erfolgt ist, ergibt sich aus den im einzelnen durch den NLWK in dem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 12. Oktober 1999 (aaO S. 4 ff.) dargestellten eher geringfügigen Modifikationen des Bauwerks. Sie bestehen im wesentlichen zunächst darin, dass die südlichen Nebenöffnungen von fünf auf vier reduziert werden, diese aber statt 50 m jeweils 63,50 m breit sein sollen. Dies verändert die Einwirkung auf das Landschaftsbild nicht. Ferner sind in den beiden Nebenöffnungen neben den Schifffahrtsöffnungen nunmehr Hubtore vorgesehen, deren Oberkanten gut 2 m höher sind als die der ursprünglich geplanten Drehsegmenttore. Damit wird nur die Höhe der Brücke über der Binnenschifffahrtsöffnung erreicht, so dass insgesamt insoweit keine Erhöhung des Bauwerks erfolgt ist. Die Hubtore werden lediglich bei hohen Tiden (mittlere Sturmfluten) kurzfristig bis auf 14,10 m über NN angehoben. Die zwei Hubtore benötigen Hydraulikarme, die 24 m hoch sind. Die bereits zuvor vorgesehenen Hydraulikarme weisen zwar lediglich eine Höhe von 17m auf. Die Wirkungen gerade der Hydraulikarme, die lediglich einen Durchmesser von 80cm haben, sind aber binnendeichs flächenmäßig erheblich beschränkt (vgl. die zeichnerische Darstellung der IBL-Umweltplanung, Anlage 397 zum Planfeststellungsbeschluss). Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Höhe des Betriebs- und Informationsgebäude um 4 m reduziert werden soll.

206

Auch wird berücksichtigt werden können, dass sich ein harmonisch gestalteter Ingenieurbau in die Landschaft einfügen kann.

207

Die Umweltbeeinträchtigungen, die allein auf den beabsichtigten Aufstau der Ems zurückzuführen sind, hat die Antragsgegnerin vorausssichtlich ebenfallszutreffend in die Abwägung eingestellt:

208

17.)

209

Nicht zu beanstanden wird voraussichtlich die Einschätzung der Antragsgegnerin zu denkbaren Sauerstoffmangelsituationen im Staufall sein, die die im Einflussbereich lebenden Tiere gefährden könnten. Sauerstoffmangelsituationen könnten im Ansatz deshalb auftreten, weil es in diesem Falle zu einer Sauerstoffzehrung aufgrund der im zugepumpten Wasser vorhandenen Schwebstoffe, des Ausfalls des Tidestroms, der Überführung von Schiffen und der Öffnung des Sperrwerks kommen kann (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 89; Forschungsbericht von Dr. Z./H., Oldenburg, vom Januar 1998, Anlage 394).

210

Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei Einhaltung der in der Nebenbestimmung 2.2.1 zum Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Grenzwerte, die vor einem Aufstau der Ems eingehalten werden müssen, eine erhebliche Beeinträchtigung der Gewässergüte verhindert wird (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 137 f.). Die Antragsgegnerin hat diese Parameter in Anlehnung an die Vorschläge der Gutachter Dr. Z. und H. (aaO S. 13) festgesetzt. Maßgeblich ist dabei gewesen, dass ein fischkritscher Wert von 4mg/Liter nicht unterschritten wird. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 (S. 2 ff.) auch überzeugend dargelegt, dass die Festlegung dieses Wertes von 4mg/Liter bei Wassertemperaturen von 10° C oder weniger unproblematisch ist, weil bei diesen Temperaturen eine nennenswerte, d.h. für Lebewesen schädliche, Sauerstoffzehrung auch im Staufall praktisch nicht mehr stattfindet. Dies hat die Antragsgegnerin zum einen durch Verweise auf wissenschaftliche Literatur glaubhaft gemacht. Der im Schriftsatz der Antragsteller vom 22. Oktober 1999 (S. 3) zitierte Auszug aus einem Aufsatz belegt dies hinreichend, da hier ausgeführt wird, dass der Sauerstoffabbau im Winter auf "sehr niedrigem Niveau" weiterverlaufe, aber nicht völlig zum Erliegen komme. Zum anderen hat die Antragsgegnerin plausibel ausgeführt, dass bei Temperaturen von unter 10 Grad die biologischen Abbauprozesse im Wasser stark verlangsamt sind. Die mit dem Schriftsatz vom 22. Oktober 1999 eingereichten sachverständigen Ausführungen von Dr. Michael Schirmer, Bremen, vom Oktober 1999, wonach selbst bei Wassertemperatuuren unter 8°C ein deutlich erkennbarer Sauerstoffverbrauch eintreten soll, erscheinen der Kammer nach bisheriger Einschätzung weniger überzeugend. Seine grundsätzlichen Erkenntnisse gewinnt Schirmer aus einem Lehrbuch von Rheinheimer über die Mikrobiologie von Gewässern. Gerade in diesem soll nach den Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 (S. 3) aber ausgeführt sein, dass nennenswerte Sauerstoffzehrungen sogar erst oberhalb 15 °C stattfinden. Auch fehlt der Kammer in der sachverständigen Stellungnahme von Schirmer eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem ausführlichen Vortrag der Antragsgegnerin. Die Höhe der als "deutlich erkennbar" bezeichneten Sauerstoffzehrung ist zudem nicht näher quantifiziert.

211

Dass auch bei niedrigen Temperaturen allein wegen des Ausfalls des Tidestroms noch eine Sauerstoffzehrung stattfindet, erscheint deshalb der Kammer ebenfalls eher unwahrscheinlich, zumal die Antragsteller dies durch sachverständige Aussagen nicht belegt haben.

212

Dass - wie vorgetragen wird - ganz kurz vor oder sogar während des Staufalles noch Unterhaltungsbaggerungen, die zu einer Sauerstoffzehrung führen würden, stattfinden sollen, ist nicht ersichtlich. Aus der von den Antragstellern im Schriftsatz vom 22. Oktober 1999 (Seite 7) zitierten Passage des Planfeststellungsbeschlusses (S. 149), wonach Baggerungen vor einem Staufall nicht untersagt werden könnten, lässt sich dies nicht herleiten. Es wird hieraus vielmehr ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Gegenteil gerade davon ausgeht, dass bei der Bestimmung des Zeitpunktes der Unterhaltungsbaggerungen deren sauerstoffzehrendes Potential berücksichtigt wird.

213

Ferner hat die Antragsgegnerin schon im Planfeststellungsbeschluss (S. 138) anhand von nunmehr auch dem Gericht vorgelegten (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 1999) Messreihen dargelegt, dass der Sauerstoffgehalt bei Temperaturen um 10° C grundsätzlich deutlich höher als 4mg/Liter ist und sich daher die insofern von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die Sauerstoffwerte in der Nebenbestimmung 2.2.1 zu niedrig festgesetzt worden sind, als ein lediglich theoretisches Problem darstellt. Dabei gelten die von der Antragsgegnerin festgestellten Werte auch gerade für den Zeitpunkt des höchsten Wasserstandes, bei dem - wie die Antragsteller im Grundsatz zu Recht vortragen - der geringste Sauerstoffgehalt festzustellen ist.

214

Auch wird aus den in den Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 11. Oktober 1999 enthaltenen Diagrammen ersichtlich, dass - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - die Antragsgegnerin in der Nebenbestimmung 2.2.1 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise den Sauerstoffmindestgehalt und die Wassertemperaturen als Parameter festgesetzt hat. Denn es ergibt sich, dass die Höhe des Sauerstoffgehalts im direkten Verhältnis zur Erwärmung des Wassers steht. Zwar wird - worauf die Antragsteller im Ansatz zutreffend hinweisen - in dem Forschungsbericht von Z./H. (a.a.O.) auch der Schwebstoffgehalt als Parameter genannt. Allerdings ist auch der dort vorgeschlagene Grenzwert so zu verstehen, dass dieser alternativ ("bzw.") anhand der Temperaturen oder des Schwebstoffgehalts im Wasser festgelegt werden kann. Gut nachvollziehbar hat die Antragsgegnerin schon im Planfeststellungsbeschluss (aaO) dargelegt, dass der Schwebstoffgehalt des Wassers, von dem die Menge des Sauerstoffs abhängt, wesentlich schwieriger zu messen sei als die Sauerstoffwerte selbst, weil sie im Wasser inhomogen verteilt sind.

215

Dass nach der Nebenbestimmung 2.2.1 die vorgesehene Messung in einem Zeitraum von 7 Tagen vor dem Aufstau erfolgen soll, ist voraussichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn bei wesentlichen Änderungen, wozu etwa auch die von den Antragstellern angeführten Unterhaltungsbaggerungen führen dürften, muss eine Neumessung erfolgen. Dass die Messung oberflächennah erfolgt, erscheint ebenfalls nachvollziehbar, da dies auch Rückschlüsse auf den Sauerstoffgehalt im unteren Bereich zulassen wird. Dass "geringfügige" Abweichungen von den festgesetzten Werten zugelassen werden können, ist unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit nicht zu beanstanden

216

Die Notwendigkeit einer Messung der Sauerstoffkonzentrationen während des Stauvorganges besteht nach bisheriger Einschätzung der Kammer nicht. Denn es kann nach den obigen Ausführungen davon ausgegangen werden, dass aufgrund der festgesetzten Werte während des Staufalls keine kritischen Sauerstoffsituationen auftreten werden. Im übrigen soll nach der Nebenbestimmung 2.2.3 sogar ein Beweissicherungsprogramm durchgeführt werden.

217

Dass die Art und Weise der Messungen nach der Nebenbestimmung 2.2.1 einem vorzulegenden Betriebsplan vorbehalten bleiben soll, ist ebenfalls - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht zu beanstanden. Denn grundsätzlich ist es gem. § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig, im Planfeststellungsbeschluss Entscheidungen vorzubehalten, wenn diese im Zeitpunkt des Erlasses abschließend noch nicht getroffen werden können. Voraussetzung ist hierbei allerdings, dass die offengehaltene Entscheidung nicht ein solches Gewicht hat, dass die Planungsentscheidung ohne sie als ein unabgewogener Torso erscheint und damit andere Belange unverhältnismäßig zurückgesetzt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.August 1994 - 4 B 105/94 -NVwZ-RR 1995, 322; Urteil v. 5. März 1997 - 11 A 5/96 - UPR 1997, 327, 328). Hierfür bestehen insoweit aber keine Anhaltspunkte.

218

Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass Detailfehler der Nebenbestimmung zum Sauerstoffgehalt - auch im Hinblick auf die streitige Höhe der festgesetzten Ausgangswerte im Staufall - nach den oben genannten Grundsätzen wahrscheinlich ohnehin nur zu einem Anspruch auf Planergänzung führen könnten. Da die Durchführung des Staufalls wegen der mehrjährigen Bauzeit zunächst ausscheidet, bestünde insoweit auch keine für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erforderliche Eilbedürftigkeit. Die Kammer weist aber im Hinblick auf das Verfahren zur Hauptsache darauf hin, dass sich - zur Vermeidung einer kostenaufwendigen weiteren Begutachtung - auch wegen der tatsächlich regelmäßig höheren Sauerstoffwerte im Winterhabjahr eine Erhöhung der Grenzwerte - etwa in Anlehnung an den Vorschlag von Dr. Z./H. (aaO S. 13) ebenfalls als sachgerecht erweisen könnte.

219

18.)

220

Auch die durch den Staufall eintretenden Salinitätsänderungen in der Ems sind von der Antragsgegnerin voraussichtlich richtig bewertet worden. Diese treten dadurch auf, dass im Staufall salzhaltiges Dollartwasser in die Ems gepumpt wird und dieses Wasser durch den Ausfall des Tidestroms weiter ins Binnenland gelangen kann.

221

Die Antragsgegnerin ist davon ausgegangen (Planfeststellungsbeschluss S. 138 f.), dass sich oberhalb der unter normalen Bedingungen gegebenen natürlichen Brackwassergrenze bei Leerort unter Wahrung des Vorhabenzwecks erhebliche Beeinträchtigungen der Gewässergüte im Bereich bis P. nicht vermeiden ließen. Da diese nicht ausgeglichen werden können, sind diese zutreffend in die Abwägung mit den für das Vorhaben sprechenden Belangen eingestellt worden (aaO, S. 242). Es sind zur Kompensation mehrere Ersatzmaßnahmen vorgesehen (aaO, S. 139 und Nebenbestimmung 2.1.3)

222

Soweit die Antragsteller behaupten, die Antragsgegnerin habe Schädigungen zwischen Leerort und W. nicht berücksichtigt, ist dies unzutreffend. Die insoweit in Bezug genommenen Ausführungen auf Seite 150 des Planfeststellungsbeschlusses betreffen allein Einwendungen zu dem Bereich oberhalb von W., so dass andere Beeinträchtigungen hier nicht in den Blick genommen werden mussten. Hinzu kommt, dass - wie ausgeführt - im Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen wird, dass die obere Brackwasserzone natürlicherweise bei Leerort ende. Das von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Gutachten der IBL-Umweltplanung vom 15. Mai / 15. Juli 1998 (Anlage 396 zum Planfeststellungsbeschluss) bezieht sich auch gerade auf durchzuführende Ersatzmaßnahmen wegen Salinitätsänderungen zwischen L. und P..

223

Die Kammer geht bei summarischer Prüfung auch davon aus, dass die Beeinträchtigung besonders schützenswerter Bereiche der Ems oberhalb von P. (sog. T. Schleife mit dem V. Altarm) durch die Festlegung von Salzgrenzwerten in der Nebenbestimmung 2.2.2 verhindert werden. Diese Grenzwerte beruhen nämlich auf dem Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau vom 17. Juni 1998 (aaO, S. 37 f.). Dabei ist entgegen den Behauptungen der Antragsteller die Pumpleistung des Sperrwerkes von 100 cbm /s berücksichtigt worden (aaO S. 34).

224

Durch die von der Antragsgegnerin als Anlage 4.5 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 vorgelegte Stellungnahme der Bundesanstalt für Wasserbau vom selben Tage ist auch glaubhaft gemacht, dass den gegenteiligen Berechnungen im von den Antragstellern vorgelegten Gutachten von Dr. H. vom September 1999 ("Staufall ist Störfall", S.12) die fachliche Grundlage fehlt. In diesem ist von einem Vordringen des Salzkeiles mit einer Geschwindigkeit von 500m/Stunde ausgegangen worden. Dagegen weist die Bundesanstalt für Wasserbau (aaO, S. 8 ff.) nach, dass sich auch bei einer Pumpleistung von 100 cbm/s das salzhaltige Wasser nicht schneller als etwa 280m/Stunde voranschiebt. Insbesondere ergibt sich danach - wie nachvollziehbar unter Verweis auf physikalische Ausbreitungsprozesse beschrieben wird - aufgrund der Verdopplung der Pumpleistung des Sperrwerks keine dementsprechende Erhöhung der Ausbreitungsgeschwindigkeit. Dies stimmt auch mit den Angaben der Bundesanstalt für Wasserbau im Gutachten vom 17. Juni 1998 (aaO S. 35) überein, wonach eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 200-300m/Stunde zugrundegelegt wurde. Es wird in der Stellungnahme der Bundesanstalt für Wasserbau vom 11. Oktober 1999 (aaO S. 9) ferner gut nachvollziehbar dargelegt, dass die Salzzunge auch wegen der Verringerung der Stauzeit auf 52 Stunden gegenüber der zunächst zugrunde gelegten Dauer von 72 Stunden weniger weit fortschreitet.

225

Soweit die Europäische Kommission in ihrem Schreiben vom 2. September 1999 und auch die Antragsteller auf ein infolge der Salinitätsveränderungen eintretendes Massenfischsterben limnischer Arten einschließlich süßwassergeprägter Makrozoobenthos hinweisen, hält die Kammer dies bei summarischer Prüfung nicht für stichhaltig. Dabei sei zunächst darauf hingewiesen, dass der genannten Stellungnahme der Europäischen Kommission in diesem Punkt schon deshalb nur eingeschränktes Gewicht beigemessen werden kann, weil diese Fragen außerhalb des Kompetenzbereichs dieser Stelle, der sich auf Fragen des europäischen Umweltrechts beschränkt, liegen. Auch fehlt eine detaillierte Begründung der dargestellten Auffassung. Die Antragsgegnerin hat in den Schriftsätzen vom 24. September 1999 (S. 33 ff.) und 21. Oktober 1999 (S. 6 ff.) außerdem unter Verweis auf die Umweltverträglichkeitsstudie (C.I., S. 142) und Untersuchungen der IBL-Umweltplanung vom Dezember 1997 und 31. Oktober 1998 (Anlagen 3 und 4 zum Schriftsatz vom 21. Oktober 1999) zutreffend hervorgehoben, dass in dem fraglichen Bereich zwischen Leerort und P. nur zwei Arten von Makrozoobenthos vorhanden seien, die durch Salzwasser geschädigt werden könnten. Im übrigen sei die Anzahl der Individuen dieser Arten eher gering.

226

Auch für die Fische werden sich durch die vorhabenbedingten Salinitätserhöhungen voraussichtlich keine gravierenden Nachteile feststellen lassen (UVS aaO, S. 129). Der Fischbestand im Bereich oberhalb von Leer ist nämlich extrem vorbelastet, so dass dieses Gebiet nicht als dauerhafter Fischlebensraum anzusehen ist. Es wird in der Umweltverträglichkeitsstudie (aaO) nachvollziehbar ausgeführt, dass auch zu berücksichtigen sei, dass nur Teile des Wassers betroffen würden und nicht in jedem Aufstaufall die fischkritischen Werte erreicht würden. Hinzu kommt, dass sich - wie die Antragsgegnerin verständlich ausgeführt hat - die Brackwassergrenze nicht in jedem Falle bis Papenburg verschieben wird, sondern es sich bei den der Nebenbestimmung 2.2.2 zugrundeliegenden Berechnungen um eine sog. "worst-case"-Betrachtung handelt (vgl. Stellungnahme der Bundesanstalt für Wasserbau vom 11. Oktober 1999, S. 10). Nachvollziehbar hat die Antragsgegnerin in anderem Zusammenhang auch vorgetragen, dass sich das Fehlen eines Fischreichtums in dem hier in Rede stehenden Bereich auch daran gezeigt habe, dass bei dort aufgetretenen Sauerstoffmangelsituationen kein Fischsterben festgestellt wurde.

227

Auch die von den Antragstellern (Schriftsatz vom 16. Oktober 1998 in der Sache 1 A 3558/98, S. 104) angeführten Passagen der Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahre 1994 zum Planfestellungsverfahren zur Bedarfsvertiefung der Ems auf 7,30m, die die Bedeutung der Ems in fischökologischer Sicht hervorheben, widersprechen den Einschätzungen der Antragsgegnerin voraussichtlich nicht. Die zitierten eher allgemeinen Ausführungen befassen sich nämlich nicht nur mit dem speziell hier zu behandelnden Bereich zwischen Leerort und P.. Dass insoweit von den Antragstellern nur scheinbar Widersprüche festgestellt worden sind, belegt die Umweltverträglichkeitsstudie vom August 1997. Denn auch hierin (aaO, C.I. 4.2., S.100) wird grundsätzlich von einer hohen Bedeutung der Ems für die Fische ausgegangen.

228

Die Nebenbestimmung 2.2.2 wird auch insoweit nicht zu beanstanden sein, als darin für den Ablassvorgang zum Schutz des Dollarts maximale Salzgehaltsdifferenzen vorgeschrieben werden. Diese Anordnung wäre nämlich voraussichtlich aus Rechtsgründen noch nicht einmal erforderlich gewesen. Denn aus einem Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau vom 18. Juni 1998 (Anlage 339 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 17) ergibt sich, dass selbst bei einem geringen Oberwasserzufluß nicht mit Salzveränderungen zu rechnen ist, die größer als diejenigen sind, die unter natürlichen Bedingungen auftreten. Zutreffend ist die Antragsgegnerin dementsprechend im Planfeststellungsbeschluss (S. 135) davon ausgegangen, dass es sich um eine rein vorsorgliche Anordnung handele.

229

Daraus ergibt sich im übrigen auch, dass im Bereich des Dollarts entgegen der Annahme der Antragsteller durch den Ablassvorgang keine signifikante und schädliche Erhöhung des Süßwassergehalts eintreten wird. Die Bundesanstalt für Wasserbau (aaO, S. 16 f.) hat festgestellt, dass bei hohen Oberwasserzuläufen die Salzgehaltsdifferenz lediglich bei etwa 3 PSU liegen wird. Dies hänge damit zusammen, dass in diesen Fällen die Brackwassergrenze ohnehin schon bis zur Knock verschoben sei. Mithin ist der Dollart dann schon deshalb vermehrten Süßwasserzuführungen ausgesetzt. Auch wird darauf hingewiesen, dass sich die Salzgehaltsschwankungen aufgrund der schnellen Vermischung der Wassermengen ohnehin auf kurze Zeiten beschränken werden (aaO, S. 8). Dass die Bewertung der Salzvariationen in Tiefen von 2 bis 4m unter NN vorgenommen wurden, ist voraussichtlich nicht zu beanstanden, da dies nach summarischer Einschätzung der Kammer Rückschlüsse auf höhere Wasserschichten zulassen wird.

230

Soweit die Antragsteller geltend machen, es sei mit Schwierigkeiten mit dem Sauerstoffgehalt der Ems zu rechnen, wenn der Ablassvorgang wegen des Erreichens der festgesetzten Grenzwerte abgebrochen werden müsse, ist dies wohl lediglich eine theoretische Problematik. Im übrigen hat die Antragsgegnerin auch insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass die in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Sauerstoffwerte auch dann ausreichend seien. Denn - wie unter 17.) im einzelnen dargelegt - tritt gerade bei den im Winterstaufall vorauszusetzenden niedrigen Wassertemperaturen eine nennenswerte Sauerstoffzehrung voraussichtlich nicht ein.

231

19.)

232

Es bestehen wahrscheinlich auch nicht die von den Antragstellern behaupteten Ermittlungsdefizite.

233

Dies gilt zunächst hinsichtlich von Umweltauswirkungen durch die Zuführung von Wasser aus Nebenräumen der Ems.

234

Die Antragsgegnerin geht im Planfeststellungsbeschluss (S. 233) insoweit davon aus, dass lediglich eine Benutzung im Rahmen bestehender Rechte und Zustände erfolgen solle und daher ein Eingriff in den Wasserhaushalt nicht zu erwarten sei. Zutreffend weist sie daher darauf hin, dass hierdurch weitere bisher noch nicht genehmigte Gewässerbenutzungen nicht zugelassen werden.

235

Dass der Vortrag auch - entgegen der schlichten Behauptung der Antragsteller, dass dies nicht nachvollziehbar sei - plausibel ist, ergibt sich zunächst aus dem Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau vom 17. Juni 1998 (aaO, Seite II), wonach die Pumpleistung aller im Einzugsbereich vorhandenen Schöpfwerke 110 cbm je Sekunde beträgt, für die Stauhaltung aber nur 25 cbm je Sekunde erforderlich sind. Der Vorhabenträger hat zudem in seinem Schreiben vom 12. Oktober 1999 (aaO, S. 2) detailliert dargelegt, wie eine Wasserzuführung ohne Veränderungen der zugelassenen Wasserstände erfolgen soll. Zudem hat dieser nachvollziehbar ausgeführt, dass die Zuführung von Süßwasser im Staufall zur Verbesserung der Gewässergüte (in Bezug auf die Salinität und den Sauerstoffgehalt) in der Ems führen kann.

236

Die Antragsgegnerin und der Vorhabenträger haben im Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 (S. 7 f. und Anlage 4, S. 2f.) auch plausibel dargelegt, dass aufgrund der in der Nebenbestimmung 1.1. angeordneten Überprüfung von Schöpfwerks- und Sielzugsgebieten keine wesentlichen in die planerische Abwägung einzustellenden Umweltauswirkungen zu erwarten sein werden. Dabei hat die Antragsgegnerin klargestellt, dass die Überprüfung erfolgen soll, um der im Staufall dort eintretenden Verschlechterung der Entwässerungsverhältnisse entgegenwirken zu können. Hierfür wird in den vorhandenen Schöpfwerksgebieten nach bisheriger Einschätzung lediglich eine Anpassung der möglichen Pumpleistungen erforderlich sein und in einem Fall ein neues Schöpfwerk errichtet werden müssen.

237

Die notwendige Errichtung eines Schöpfwerkes am Ledasperrwerk (vgl. Nebenbestimmung 1.2.) ist in die Umweltverträglichkeitprüfung eingestellt worden (vgl. S. 71 des Planfeststellungsbeschlusses).

238

Soweit die Antragsteller vortragen, dass auch die in der Nebenbestimmung 1.9 angeordnete Überprüfung von Hauptdeichen an der Ems zu weiteren zu berücksichtigenden Umweltauswirkungen führen wird, kann auf die obigen Ausführungen zu 9.) verwiesen werden, wonach die Antragsgegnerin plausibel dargelegt hat, dass insoweit wegen der Entlastungswirkung des Sperrwerks mit Deichbaumaßnahmen nicht zu rechnen sei.

239

Die Antragsgegnerin und der Vorhabenträger haben im Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 (s. 8f. und Anlage 4, S.3) auch plausibel dargelegt, dass aufgrund der in den Nebenbestimmungen 1.5 und 1.6. angeordneten Überprüfung der Deiche im Leda-Jümme Gebiet und der Sommerdeiche an der Ems oberhalb von Papenburg wahrscheinlich ebenfalls keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Es ist danach nämlich davon auszugehen, dass Anpassungen lediglich im Rahmen der üblichen Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten erfolgen, weil die Solldeichhöhen im Staufall nicht überschritten werden. Soweit die Antragsteller vorbringen, dass die Instandsetzungsmaßnahmen an den Sommerdeichen zum Schutz der dahinter liegenden Flächen nicht einmal notwendig seien, hätte dies die weitere positive Folge, dass insoweit überhaupt keine Umweltauswirkungen mehr festzustellen wären. Dies vermag daher durchgreifende Zweifel an der Einschätzung der Antragsgegnerin nicht zu begründen. Im Rahmen der Untersuchung des Leda-Jümme Gebiets sind tatsächlich nur geringfügige tatsächliche Fehlhöhen auf einer Länge von insgesamt 245 m festgestellt worden.

240

20.)

241

Soweit die Antragsteller die Nebenbestimmung 2.15 angreifen, welche die Fischdurchgängigkeit des Sielbauwerkes Ditzum als Ersatzmaßnahme für die turbinenbedingten Schäden an Fischen im Staufall anordnet, kommt nach den oben aufgeführten Grundsätzen keine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses in Betracht, sondern allenfalls eine Planergänzung. Die Antragsteller rügen insoweit ein Detail, welches keine Erheblichkeit für die Abwägungsentscheidung haben kann, nämlich die Art und Weise bzw. die Realisierungsmöglichlkeit der Kompensation.

242

Da es sich um eine Ersatzmaßnahme für staufallbedingte Eingriffe in die Natur handelt, bestünde für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auch nicht die erforderliche Eilbedürftigkeit.

243

21.)

244

Die Antragsteller können sich gegen die zum Hochwasserschutz im Leda-Jümme Gebiet getroffene Nebenbestimmung 1.13 im Rahmen ihres Verbandsklagerechts nicht wenden. Es handelt sich nämlich nicht um eine Frage, die mit den Umweltauswirkungen des Vorhabens im Zusammenhang steht. Gleiches gilt für die vorbehaltene Entscheidung 1.3., die sich mit dem Monitoring der Wasserstände im genannten Bereich beschäftigt.

245

Auch können die Antragsteller dementsprechend nicht rügen, dass die Deichsicherheit unterhalb des Sperrwerkes nicht gewährleistet sei.

246

22.)

Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 (S. 4 ff.) auch überzeugend dargelegt, dass die Durchführung des Maximalaufstaus im Winterhalbjahr unter Einhaltung aller Nebenbestimmungen realistischer Weise möglich ist. Im einzelnen ist dies ohnehin keine Frage der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides, sondern allenfalls eine solche des Vollzuges. Es darf durch einen Planfeststellungsbeschluss nur nicht ein Vorhaben zugelassen werden, dessen Durchführung im Ergebnis unmöglich ist, so dass davon ausgegangen werden muss, dass der Vorhabenträger in Wahrheit ein hiervon abweichendes Projekt beabsichtigt (vgl. BVerwG, Urteil v. 24. November 1989 - 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123, 128[BVerwG 24.11.1989 - 4 C 41/88]; zum vergleichbaren Problem im Baurecht, BVerwG, Urteil v. 29. April 1992 - 4 C 43.89 -, DVBl. 1992, 1433; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. April 1993 - 6 L 169/90 -; Nds.Rpfl. 1993, 201, 202).

247

Die Antragsgegnerin hat im einzelnen unter Vorlage von statistischem Material (Anlage 2 zum Schrifttsatz vom 11. Oktober 1999) glaubhaft gemacht, dass die vorgeschriebenen Sauerstoff- und Salzwerte jedenfalls in der Zeit von Anfang November bis Mitte März nahezu zu 100 % erreicht werden. Dabei ist ein Staufall nicht - wie vorgetragen wurde - nur bei Wassertemperaturen unter 10 °C zulässig (s. Nebenbestimmung 2.2.1). Auch ergibt sich entgegen dem Vortrag der Antragsteller aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Jahresganglinien für Leerort und T., dass in dem genannten Zeitraum regelmäßig (Ausnahme Ende 1995) auch die niedrigsten in der Nebenbestimmung 2.2.2 festgesetzten Salzwerte (für Fälle, in denen die Flut mehr als 20cm unter dem normalen Tidehochwasser aufläuft), eingehalten werden. Aus der vorgelegten Stellungnahme von T. & Partner, D., vom 8. Oktober 1999 (Anlage 3 zum Schriftsatz vom 11. Oktober 1999) ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die Beachtung der Hochwassersituation im Leda-Jümme-Gebiet mit einem Überführungsfenster von 90 % gerechnet werden könne. Die abweichenden Angaben zu ihrem Gutachten vom 5. Juni 1998 (Anlage 350 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 50 ff.) sind nachvollziehbar damit begründet worden, dass nach neueren Ermittlungen des Vorhabenträgers sich der Staufall auch bei einem geringeren Ablauf aus der Ems und höherem Zulauf aus der Leda erreichen lässt. Letzteres ist darauf zurückzuführen, dass dort inzwischen die Teilfüllung eines Flussgebietsspeichers als möglich angesehen wird. Die Antragsteller verweisen dagegen auf das Gutachten von T. & Partner vom 5. Juni 1998, welches dieselben Gutachter inzwischen gerade modifiziert haben. Diese haben in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 1999 (S. 2) übrigen durchaus ausgeführt, dass sich Einschränkungen insoweit ergäben,als die Ausnutzung des Flussgebietsspeichers nur dann erfolgen solle, wenn die Wasserstandentwicklung hinreichend sicher vorausgesagt werden könne. Soweit die Antragsteller die Möglichkeit eines Aufstaus bei einem Oberwasserablauf der Ems von 20cbm/s bezweifeln, weisen sie selbst darauf hin, dass es sich um Angaben der sachverständigen Bundesanstalt für Wasserbau handelt. Auch die Behauptung, dass der Abfluss der "kleinen" Leda stets niedriger als die der "großen" Ems sein müsse, wird nicht belegt.

248

Auch der Umstand, dass eine Zuführung des Wassers aus Seitenräumen der Ems erfolgen soll, ohne dass in bisherige zugelassene Nutzungen eingegriffen wird (s. dazu 19.), gibt der Kammer keinen Anlass, an der Möglichkeit des Aufstaus zu zweifeln. Denn dies bedeutet nach der Einschätzung der Kammer nicht, dass eine Zuführung überhaupt nicht möglich wäre. Auch die von den Antragstellern angesprochene Verweigerung der Mitarbeit der Entwässerungsverbände ist zwar eine denkbare Möglichkeit. Jedoch fehlen der Kammer bisher ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich sicher absehen ließe, dass sich die Verbände tatsächlich entsprechend verhalten würden.

249

Die obigen Angaben der Antragsgegnerin belegen auch hinreichend, dass der Aufstaufall nicht nur bei Springtiden möglich ist, zumal in den Nebenbestimmung 2.2.2 sogar Salzwerte für unterdurchschnittlich auflaufende Fluten festgesetzt worden sind. Die von den Antragstellern angeführte Passage im Gutachten der Bundesanstalt vom 17. Juni 1998 (aaO S. 33) besagt auch lediglich, dass die "Springtidephase", also wohl ein längerer Zeitraum, genutzt werden solle.

250

Abschließend sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass - entsprechend den obigen Ausführungen zur rechtlichen Bedeutung der Möglichkeit der Durchführung des Emsaufstaus - auch noch deutlich unter den von der Antragsgegnerin angegebenen Überführungswahrscheinlichkeiten liegende Realisierungschancen nicht zur rechtlichen Beanstandung des Planfeststellungsbeschlusses führen würden.

251

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Es entsprach der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie einen im wesentlichen erfolgreichen Antrag gestellt und sich hierdurch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Dr. Block
Blaseio
Schulze