Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 28.10.1999, Az.: 2 A 4851/97

Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer; Steuerpflichtigkeit von juristischen Personen; Begriff der Aufwandsteuer; Abgrenzung zur Hunde- und Vergnügungssteuer; Voraussetzungen des (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruchs; Zinsanspruch bei der Erstattung von Steuerbeträgen

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
28.10.1999
Aktenzeichen
2 A 4851/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 18396
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:1999:1028.2A4851.97.0A

Fundstelle

  • ZKF 2000, 109-111

Verfahrensgegenstand

Zweitwohnungssteuer

Prozessführer

der Firma C F, F GmbH,
vertreten durch Herrn F,

Proz.-Bev.:Rechtsanwälte Kühn und andere, Bohlweg 26, 38259 Salzgitter, - 135/98 -,

Prozessgegner

die Gemeinde Butjadingen,
vertreten durch den Bürgermeister, Butjadinger Straße 59, 26969 Butjadingen,

Proz.-Bev.:Rechtsanwälte Klausing und andere, Rühmkorffstraße 5, 30163 Hannover, - 3068/97 -

Redaktioneller Leitsatz

Aus der Ausgestaltung der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer folgt, dass juristische Personen von ihr nicht erfasst werden.

Sofern eine juristische Person eine Wohnung ihren Gesellschaftern, Mitarbeitern oder Geschäftsfreunden überlässt, so sind diese - nach Maßgebe einer entsprechenden Satzung - zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer verpflichtet, wenn sie die Wohnung als Zweitwohnung innehaben.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 2. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Bergner,
den Richter am Verwaltungsgericht Schwettmann und
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Menzel sowie
die ehrenamtlichen Richter Reil und Reinke
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 5. Mai 1997 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 3. November 1997 gefunden hat, wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die von ihr entrichtete Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1993 bis 1997 in Höhe von 2.177,28 DM nebst 6 % Zinsen auf 1.935,36 DM seit dem 11. November 1997 zu erstatten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer.

2

Das Ehepaar Jutta und Meinhard Funk ist Eigentümer eines Ferienhauses im Ferienpark Eckwarderhörne im Gebiet der Beklagten. Mit Vertrag vom 7. Januar 1993 schlossen die Eigentümer mit der Klägerin einen "Mietvertrag". Dabei ist in § 1 des Vertrages geregelt:

"Vermietet wird das möblierte Ferienhaus E 2 im Ferienpark Eckwarderhörne/Butjadingen. Die Eigentümer haben während der Mietdauer keine Belegungsrechte. Eine kurzzeitige Nutzung nach vorheriger Absprache von weniger als 14 Tagen zu Kontroll- und Renovierungszwecken bleibt davon unberührt."

3

In § 4 ist hinsichtlich der Miete geregelt:

"Der Mietzins beträgt jährlich DM 7 000,00, zzgl. der Wasser-, Strom-, Gas- und Verwaltungskosten. Der Mietzins ist jeweils zur Jahresmitte in voller Höhe zuzüglich der geschätzten Nebenkosten fällig, Abrechnung im Folgejahr."

4

Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 5. Mai 1997 für den Zeitraum der Jahre 1993 bis 1997 zur Zweitwohnungssteuer für das o.g. Objekt in Höhe von insgesamt 2.177,28 DM heran (für die Jahre 1993 bis 1995 in Höhe von jährlich 403,20 DM, im übrigen in Höhe von jährlich 483,84 DM).

5

Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im wesentlichen damit, sie vermiete das Ferienhaus an Geschäftsfreunde, Betriebsangehörige sowie deren Verwandte und Freunde sowie an interessierte Kunden. Ferner werde eine Nutzung des Hauses auch gelegentlich im Rahmen von Sonderveranstaltungen verlost. Der Rechtmäßigkeit der Besteuerung stehe weiter entgegen, dass eine GmbH ein solches Haus - mangels natürlicher Körperlichkeit - nicht zu Erholungszwecken in persona, sondern allenfalls zu Berufszwecken nutzen könne. Es sei weiter zu beanstanden, dass die Steuern rückwirkend erhoben worden seien.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 1997 zurück und führte zur Begründung aus: Im Fall der Klägerin läge eine Zweitwohnung und keine reine Kapitanlage vor. Auch eine juristische Person, wie hier die GmbH, könne Inhaber einer Wohnung sein. Steuerpflichtig sei der jeweilige Inhaber einer Wohnung. Das Innehaben einer vom Hauptsitz getrennten Einrichtung (wie z.B. eines Gästehauses oder ähnliches) sei ebenso Ausdruck einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wie bei natürlichen Personen. Dementsprechend könnten auch Einrichtungen von juristischen Personen die Voraussetzungen der Zweitwohnungssteuerpflicht erfüllen. Der Erklärung der Klägerin sei zu entnehmen, dass eine Nutzung des Hauses auch gelegentlich im Rahmen von Sonderveranstaltungen verlost werde. Hierin bestehe bereits eine Vorhaltung für den eigenen Bedarf der GmbH sowie eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die wie bei natürlichen Personen zum Ausdruck komme. Aufgrund dieser und der weiteren Nutzung der Wohnung für Betriebsangehörige und Geschäftsfreunde sei von einer Vorhaltung der Wohnung für GmbH-eigene Zwecke auszugehen, da betriebseigene Zwecke verfolgt würden. Da die Wohnung für eigene Zwecke vorgehalten und auch genutzt werde, liege eine steuerpflichtige Zweitwohnung und keine reine Kapitalanlage vor. Der im Widerspruchsvorbringen geäußerte Hinweis der Klägerin, es sei eine unzulässige rückwirkende Veranlagung anzunehmen, gehe fehl. Die rückwirkende Veranlagung verstoße nicht gegen Rechtsvorschriften, da Verjährungstatbstände nicht eingetreten seien. Die Veranlagung sei vielmehr innerhalb der Festsetzungsfrist von 4 Jahren erfolgt.

7

Die Klägerin hat am 11. November 1997 Klage erhoben. Sie macht ergänzend zum vorprozessualen Vorbringen geltend, ihre Veranlagung stehe mit den satzungsrechtlichen Vorgaben der Beklagten nicht im Einklang. Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten sei derjenige steuerpflichtig, der die Zweitwohnung innehabe. Unter "Innehaben" der Wohnung sei jedoch ausschließlich das Innehaben für den "persönlichen Lebensbedarf" gemeint. Dies stelle § 2 Abs. 2 der Satzung klar. An dieser Voraussetzung fehle es, weil eine juristische Personen einen "persönlichen Lebensbedarf" nicht habe. Dieser Beurteilung stehe die im Lauf des Jahres 1997 von der Beklagten vorgenommene Ergänzung der Zweitwohnungssteuersatzung - § 2 Abs. 4 - nicht entgegen. Diese Bestimmung sei unwirksam, da eine Besteuerung juristischer Personen durch Satzung der Beklagten ausgeschlossen sei. Die Beklagte sei lediglich befugt, eine Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer zu erheben. Es sei anerkannt, dass eine Aufwandsteuer auf eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im ausschließlich privaten Bereich abziele. An dieser Voraussetzung fehle es, weil juristische Personen schon begrifflich keinen Bereich privater Lebensgestaltung kennen würden. Dies werde gerade am Beispiel "Wohnung" deutlich. Juristische Personen hätten keine (Haupt- oder Zweit-)"Wohnung", sondern lediglich Geschäftsräume. Im übrigen sei der angefochtene Bescheid auch deswegen rechtswidrig, weil er sich auf Zeiträume vor Einführung des § 2 Abs. 4 der Satzung der Beklagten erstreckte und damit gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. In Frage stünden längst abgeschlossene Veranlagungszeiträume.

8

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Abgabenbescheid der Beklagten vom 5. Mai 1997 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 3. November 1997 gefunden hat, aufzuheben und

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin gezahlte Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1993 bis 1997 in Höhe von 2.177,28 DM nebst 6 % Zinsen auf 1.935,36 DM seit 11. November 1997 zu erstatten.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Sie erwidert: Die Heranziehung der Klägerin zur Zweitwohnungssteuer unterliege keinen durchgreifenden Bedenken. Bei der Zweitwohnungssteuer gehe es darum, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern. Anknüpfungsgrund für die Steuer sei ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Bei der Zweitwohnungssteuer handele es sich um eine Aufwandsteuer. Maßgebend für den Charakter einer Steuer als Aufwandsteuer sei, dass die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden solle. Die Voraussetzungen für eine Heranziehung zur und eine Rechtfertigung der Zweitwohnungssteuer seien auch im Falle einer juristischen Person gegeben, die neben den Räumlichkeiten an ihrem Hauptsitz eine (Zweit-)Wohnung unterhalte und damit einen Zustand schaffe, der die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Es bestehe kein Grund, juristische Personen von einer Besteuerung dieser wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszunehmen. Da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass es sich bei ihrer Wohnung um eine reine Kapitalanlage handele, könne sie als steuererhebende Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung der Wohnung (auch) für Zwecke der individuellen Lebensführung der juristischen Person ausgehen. Die Klägerin habe keine Umstände vorgetragen, welche die tatsächliche Vermutung der Vorhaltung der Wohnung erschüttere.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist begründet.

13

Was den Klageantrag zu 1.) angeht, sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

14

Die angefochtenen Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten vom 22. Oktober 1992 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 20. November 1992 - S. 1463) in Fassung der 2. Änderungssatzung vom 21. September 1997 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems Nr. 42 vom 17. Oktober 1997), die auf den §§ 2 und 3 NKAG beruhen.

15

Die Satzungsbestimmungen der Beklagten rechtfertigen nicht die Heranziehung der Klägerin zur Zweitwohnungssteuer. Dabei braucht das erkennende Gericht nicht zu entscheiden, ob die Satzung bereits deswegen zu beanstanden ist, weil in der am 17. Oktober 1997 bekannt gemachten Ergänzung der Zweitwohnungssteuersatzung, § 2 Abs. 4 - "diese Vorschriften gelten entsprechend für juristische Personen" -, eine unzulässige Rückwirkung zu sehen ist. Selbst wenn der Argumentation der Beklagten zu folgen und der Vorschrift des § 2 Abs. 4 der Satzung eine lediglich klarstellende Bedeutung beizumessen wäre, wäre die Heranziehung der Klägerin zur Zweitwohnungssteuer zu beanstanden. Die Einbeziehung einer juristischen Person in den Kreis der Steuerpflichtigen geht über die Fälle hinaus, in denen zulässigerweise Zweitwohnungssteuer erhoben werden kann. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

16

Die Zweitwohnungssteuer ist eine unter Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz - GG - fallende Aufwandsteuer. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Aufwandsteuern Abgaben auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Maßgebend für den Charakter eine Steuer als Aufwandsteuer ist es also, dass die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden soll (BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325 = DVBl. 1984, 216, 218). Daraus folgt, dass ein die Besteuerung rechtfertigender Aufwand nur bei natürlichen Personen entstehen kann. Der VGH Baden-Württemberg führte in diesem Zusammenhang im Urteil vom 9. Dezember 1987 - 2 S 2335/86 - auszugsweise aus:

"Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Zweitwohnungssteuersatzung nicht etwa deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil nur natürliche, nicht aber auch juristische Personen zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden (vgl. § 1 Abs. 1 ZwStS). Aus der Ausgestaltung der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer folgt, dass juristische Personen - ebenso wie reine Kapitalanlagen - von ihr nicht erfaßt werden. Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O.). Juristische Personen erbringen aber keinen Aufwand für die persönliche Lebensführung. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen (Art. 2 § 6 EntlG)."

17

Dieser Rechtsauffassung schließt sich das erkennende Gericht an. Im Hinblick darauf folgt das Gericht nicht der Auffassung der Beklagten, dass grundsätzlich von der Zweitwohnungssteuerpflicht auch juristischer Personen auszugehen ist. Der - an die Kommentierung von Birk: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar (§ 3 Nr. 228) anknüpfende - Hinweis der Beklagten, die Differenzierung zwischen steuerpflichtiger natürlicher und nichtsteuerpflichtiger juristischer Person überzeuge nicht, weil die Voraussetzungen für eine Heranziehung zur und eine Rechtfertigung der Zweitwohnungssteuer auch im Falle einer juristischen Person dann gegeben seien, wenn diese neben den Räumlichkeiten an ihrem Hauptsitz eine (Zweit-)Wohnung unterhalte und damit einen Zustand schaffe, der die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe, geht fehl. Die Steuerpflicht hinsichtlich der Zweitwohnungssteuer scheitert zwar nicht daran, dass eine GmbH durch die Vorhaltung eines zweiten Sitzes (ggf. in Gestalt der Anmietung einer Wohnung) - wie von der Beklagten dargelegt - in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Die Einbeziehung einer juristischen Person in den Kreis der Steuerpflichtigen geht aber deswegen über die Fälle, in denen zulässigerweise Zweitwohnungssteuer erhoben werden kann, hinaus, weil juristische Personen einen solchen besonderen, die Besteuerung rechtfertigenden Aufwand gar nicht betreiben können. Der VGH Baden-Württemberg weist in seinem Urteil vom 9. Dezember 1987 - Az.: 2 S 2335/86 - unter Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend darauf hin, dass das Merkmal "Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf", auf den bei Aufwandssteuern - wie dargelegt - abzustellen ist, bereits begriffslogisch nur von natürlichen Personen, nicht aber von abstrakten Rechtsgebilden erfüllt werden kann. Juristischen Personen kommt kein persönlicher Lebensbedarf zu, vielmehr entstehen ihnen allenfalls Sachkosten zur Wahrung der gesetzlich normierten Voraussetzungen ihrer Rechtsfähigkeit. Idealtypisch für Aufwandsteuern ist das Innehaben oder die Benutzung von Konsumgegenständen, wobei steuersystematisch durch die Aufwandsteuer als besondere Umsatzsteuer der Privatkonsum belastet werden soll (vgl. Siegmann in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 105 Rdnr. 31 mit weiteren Hinweisen; siehe auch Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 93 Rn 33, der von "Anerkennung des Privatkonsums als Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit spricht."). Die hier vertretene Auffassung, die ausschließliche Landeszuständigkeit für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern nach Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz erfasse nicht den Konsum allgemein, sondern sei auf den Privatkonsum beschränkt, steht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Einklang. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 1983 (2 BvR 1275/97 -, a.a.O.) lässt sich der Hinweis entnehmen, wonach als Inhaber einer Zweitwohnung der Eigentümer oder ein Mieter, der die Wohnung "für seinen privaten Lebensbedarf" nutzt oder zu diesem Zweck vorhält, in Betracht kommt. Durch das Herausstellen der "privaten" Komponente bei der Begriffsbestimmung eines Inhabers einer Zweitwohnung verdeutlicht das Bundesverfassungsgericht, dass es bei dieser Steuerart nicht pauschal darum geht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern (zumal insoweit auch Probleme hinsichtlich der Abgrenzung zu anderen Steuerarten wie z.B. der Gewerbe- oder Umsatzsteuer bestünden). Das Bundesverfassungsgericht zeigt damit vielmehr, dass es um die durch die Vermögens- und Einkommensverwendung dokumentierte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Konsumenten geht. Unter Zugrundelegung dieser Überlegung liegt es auf der Hand, dass nicht die juristischen Personen, sondern diejenigen (natürlichen) Personen, die z.B. als Gesellschafter nach der im Gesellschaftsvertrag vorgegebenen Gewinnbeteiligung aus der Tätigkeit der juristischen Person Einkommen oder Einkünfte erzielen, Zielgruppe der Institution "Zweitwohnungssteuer" sind.

18

Die Zulässigkeit der Veranlagung einer GmbH als juristischer Person zur Zweitwohnungssteuer lässt sich entgegen der Beklagten auch nicht mit einer vergleichenden Betrachtung der Veranlagung anderer Aufwandsteuern herleiten. Insbesondere geht der Einwand der Beklagten fehl, dass auch bei sonstigen Aufwandsteuern eine Differenzierung zwischen natürlichen Personen, die ihren Aufwand betreiben, an denen das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, und juristischen Personen oder sonstigen rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereinigungen, bei denen ein vergleichbarer Aufwand betrieben wird, nicht vorgenommen wird (vgl. insoweit auch Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 3 Rn. 228). Dies gilt sowohl für die von der Beklagten angeführten Hunde- als auch Vergnügungssteuer.

19

Das erkennende Gericht folgt zunächst nicht der Auffassung der Beklagten, dass eine juristische Person grundsätzlich zur Hundesteuer herangezogen werden kann. Insoweit kommen die gleichen - oben dargelegten - Erwägungen wie bei der Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer zum tragen. So führt - die obige Argumentation unterstützend - das OVG Münster im Urteil vom 23. Januar 1997 (22 A 2455/96 - NVwZ 1999, 318 ff.) im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Hundesteuer aus:

"Die Hundesteuer ist, wie unstreitig ist, eine unter Art. 105 Abs. 2a GG fallende Aufwandsteuer. Das bedeutet, dass Gegenstand der Steuer die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwandes, nämlich für das Halten eines Hundes, ist, der über das für Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Daraus folgt einmal, dass ein die Besteuerung rechtfertigender Aufwand nur bei einer natürlichen Person entstehen kann, denn nur diese haben allgemeine Lebensbedürfnisse und nur diese können deshalb einen über den durch diese Lebensbedürfnisse bedingten Aufwand hinausgehenden Aufwand für das Halten eines Hundes erbringen. Zum anderen darf auch bei den natürlichen Personen der Aufwand nur in den Fällen besteuert werden, in denen das Halten der Hunde persönlichen Zwecken dient. Das folgt daraus, dass derjenige, der einen Hund zu gewerblichen Zwecken hält, damit keinen besonderen Aufwand für seine Lebensbedürfnisse betreibt. Vielmehr handelt es sich bei seinem Aufwand um Kosten seiner gewerblichen Tätigkeit, die zu besteuern der Gemeinde eine Rechtsgrundlage fehlt. Entgegen diesen aus Art. 105 Abs. 2a GG folgenden Vorgaben will die Satzung der Stadt - der Hundesteuermustersatzung des Innenministers folgend -, ....., alle Hundehalter, also nicht nur natürliche Personen, sondern auch Vereine, juristische Personen und Behörden und ähnliche, die einen solchen besonderen, die Besteuerung rechtfertigenden Aufwand gar nicht betreiben (können), der Steuerpflicht unterwerfen."

20

Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an.

21

Was die von der Beklagten ins Feld geführte Veranlagung zur Vergnügungssteuer betrifft, scheitert eine das Vorbringen der Beklagten in diesem Rechtsstreit stützenden vergleichende Betrachtung bereits aus grundsätzlichen Erwägungen. Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass eine juristische Person grundsätzlich zur Vergnügungssteuer, die als örtliche Aufwandsteuer iSv Art. 105 Abs. 2 a GG anzusehen ist, herangezogen werden kann. Eine vergleichbare Situation zur Zweitwohnungssteuerveranlagung ist jedoch bereits deswegen zu verneinen, weil bei der Vergnügungssteuer das Institut der sog. Abwälzbarkeit hinzukommt. Dieses Institut bedeutet, dass die Vergnügungssteuer vom Veranstalter auf den sich Vergnügenden abgewälzt wird, was eine unabdingbare Voraussetzung jeder zulässigen Vergnügungssteuer ist (vgl. nur: Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand September 1999, § 3 Rdnr. 192). Die Zulässigkeit der Heranziehung des Veranstalters zur Vergnügungssteuer geschieht nur zur Vereinfachung, letztlich ist sie von jenem aufzubringen, der sich vergnügt, der also den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76 ff; BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1993 - 8 B 46.93 -, NVwZ - RR 1994, 353; VGH Mannheim, Urteil vom 3. November 1998 - 2 S 1170/88 -, KStZ 1989, 54 f; Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand September 1999, § 3 Rdnr. 189). Letztlich hat die Vergnügungssteuer allein das Ziel, die Einkommensverwendung des Vergnügenden, also dessen Aufwand, zu besteuern (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1998 - 8 B 228.97 -, NSt - N 1998, S. 234; BVerfG, Beschluss vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 o.a. -, NVwZ 1997, S. 573). Die Zulässigkeit der Heranziehung einer juristischen Person (als Veranstalter) zur Vergnügungssteuer ist unter Zugrundelegung dieser Erwägungen gerade nicht darin zu sehen, dass sie einen Zustand dokumentiert, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt.

22

Nach alledem läßt sich festhalten, dass von juristischen Personen als Eigentümer oder Mieter einer Zweitwohnung - sofern von einer Zweitwohnung mangels Hauptwohnung einer juristischen Person überhaupt gesprochen werden kann - kein Mehraufwand verursacht wird, der mit der Zweitwohnungssteuer zumindest teilweise ausgeglichen werden kann. Folgerichtig hat die Beklagte in ihrer Satzung für die Person des Steuerschuldners grundsätzlich nicht auf die rechtliche Stellung als Eigentümer oder Mieter einer Wohnung abgestellt, sondern auf das tatsächliche Gebrauchmachen oder Vorhalten zu Wohnzwecken und damit auf den Personenkreis, der den erhöhten persönlichen Lebensbedarf tatsächlich realisiert. Sofern eine juristische Person - wie hier - die Wohnung ihren Gesellschaftern, Mitarbeitern oder Geschäftsfreunden überläßt, so sind diese zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer verpflichtet, wenn sie die Wohnung als Zweitwohnung i.S. des § 2 Abs. 1 der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten innehaben.

23

Der Klageantrag zu 2.) hat ebenfalls Erfolg. Die Klägerin kann den Ausspruch des Gerichts beanspruchen, dass die Beklagte die von ihr bezahlte Zweitwohnungssteuer zurückzuerstatten hat (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO). Nach § 113 Abs. 1S. 2 VwGO kann das Gericht im Falle des Vollzugs des Verwaltungsaktes auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat (sogenannter Folgebeseitigungsanspruch bzw. Vollzugsfolgebeseitigungsanspruch). Dabei ist der Anspruch nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist (§ 113 Abs. 1 S. 3 VwGO).

24

Rechtsgrundlage des Folgenbeseitigungsanspruches sind die §§ 12, 862, 1004 BGB analog (vgl. VGH München, Urteil vom 15. Mai 1990 - 8 B 86.558 -, NVwZ - RR 1991, 58 [VGH Bayern 15.05.1990 - 8 B 558/86]; vgl. zu anderen Ansätzen der Rechtsgrundlage des Folgenbeseitigungsanspruchs, z.B. das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das Prinzip materieller Gerechtigkeit, Art. 19 Abs. 4 GG etc. bei Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 11. Auf. 1998, § 113 Rn. 81 mit weiteren Hinweisen). Die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs sind gegeben. Die Rückgängigmachung der Vollziehung ist rechtlich und tatsächlich (noch) zulässig und möglich, da die Klägerin die Zweitwohnungssteuer entrichtet hat. Darüber hinaus ist der Anspruch auf die beantragte Entscheidung des Gerichts spruchreif, weil keine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist.

25

Der Zinsanspruch der Klägerin ist gemäß §§ 11 Abs. 1 Ziff. 5 b NKAG i.V.m. §§ 236 Abs. 1, 238 AO gegeben. Nach §§ 11 Abs. 1 Ziff. 5 b NKAG i.V.m. § 236 Abs. 1 AO ist im Falle einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung der zu erstattende Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Nach § 238 Abs. 1 AO betragen die Zinsen für jeden Monat 1/2 v.H.. Die Voraussetzungen des Zinsanspruches sind in dem beantragen Umfang gegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch, dass die zu erstattende Zweitwohnungssteuer vom Tag der Rechtshängigkeit - 11. November 1997 -, also vom Zeitpunkt der Erhebung der Klage (§ 90 Abs. 1 VwGO) zu verzinsen ist.

26

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Bergner, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht
Schwettmann, Richter am Verwaltungsgericht
Dr. Menzel, Richter am Verwaltungsgericht