Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 21.03.2019, Az.: 13 A 8384/17

Erschwerniszulage; Prozesszinsen; Verpflichtungsklage

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
21.03.2019
Aktenzeichen
13 A 8384/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70065
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Erschwerniszulage nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung gewährt wird.

Tenor:

Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 21. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2017 sowie des Bescheides vom 7. Mai 2018 verpflichtet, dem Kläger auch nach der zum 1. Februar 2016 erfolgten Umsetzung in die Abteilung 2, Dezernat 27, eine Erschwerniszulage zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Erschwerniszulage.

Der am E. geborene Kläger ist Beamter im F. Polizeidienst und steht nach Beförderung im Juni 2012 aktuell im Statusamt eines Kriminalhauptkommissars (BesGr. A 11 BBesO). Im April 2011 war dem Kläger der Dienstposten eines Truppleiters/-in Mobiles Einsatzkommando - Fortbildung in der Abteilung 4, Dezernat 44, des Beklagten übertragen worden. Für die Tätigkeit auf diesem Dienstposten wurde ihm eine monatliche Erschwerniszulage in Höhe von 153,39 EUR nach § 22 Abs. 2 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen (im Folgenden: EZulV) in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung gewährt. Mit Verfügung vom 21. Januar 2016 wurde der Kläger zum 1. Februar 2016 - zunächst befristet und unter Beibehaltung des ihm in der Abteilung 4, Dezernat 44, übertragenen Dienstpostens - in die Abteilung 2 (Einsatz- und Ermittlungsunterstützung) in das Dezernat 27 (Spezialeinsatzkommando (SEK)) umgesetzt, wo er in der Führungsgruppe eingesetzt wurde. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, dass er ab dem 1. Februar 2016 die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 EZulV nicht mehr erfülle und daher ab diesem Zeitpunkt keinen Anspruch mehr auf Gewährung der Erschwerniszulage habe.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 Widerspruch. Er machte geltend, auch nach Umsetzung in das Dezernat 27 einen Anspruch auf Weitergewährung der Erschwerniszulage zu haben. Für die Frage, ob ein Polizeivollzugsbeamter in einer zulagenberechtigten Organisationseinheit im Sinne von § 22 Abs. 2 EZulV verwendet werde, sei nicht maßgeblich, welche Aufgaben dem Beamten konkret übertragen seien, sondern, wo sein Dienstposten, d. h. das Amt im konkret-funktionellen Sinne, eingerichtet sei. Selbst wenn - entgegen diesen Grundsätzen - aber auf die konkret zugewiesenen Aufgaben abzustellen sei, bestehe eine Zulagenberechtigung auch aufgrund seiner Tätigkeit im Dezernat 27 der Abteilung 2. Dort werde er gleich den anderen Mitgliedern der Führungsgruppe des SEK bei großen Einsätzen des SEK im Außendienst eingesetzt, sei anlässlich von Großeinsätzen als Mitglied der Führungsgruppe Teil der Befehlsstelle und nehme den Wachdienst auf der Wache des SEK wahr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2017 - zugestellt am 25. August 2017 - wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Eine Zulagenberechtigung lasse sich weder aus dem bei Dezernat 44 verbliebenen Dienstposten noch aus der Umsetzung in das Dezernat 27 herleiten. Eine Berechtigung aus der Tätigkeit im Dezernat 27 scheitere schon daran, dass dem Kläger dort kein Dienstposten übertragen sei. Weiter könne eine Erschwerniszulage aufgrund der Tätigkeit im Dezernat 27 auch deshalb nicht gewährt werden, weil die SEK-Tauglichkeit des Klägers nicht nach den „Regelungen zur regelmäßigen Untersuchung von Angehörigen der Spezialeinheiten der Polizei des Landes G.“ (RdErl. d. MI v. 9. Juli 2009 - P 25.4-12506 - VORIS 21026) festgestellt sei. Eine Feststellung der SEK-Tauglichkeit könne nicht erfolgen, da der Kläger die in dem Erlass „Spezialeinheiten und Spezialkräfte der Polizei (Spezialeinheitenerlass Nds.) - RdErl. d. MI v. 27. Februar 2008 - P 23-01512/70 - VS-NfD- (im Folgenden: SE-Erlass) vorgesehene Zugehörigkeitsdauer in Spezialeinheiten deutlich überschritten habe. Zudem setze eine Zugehörigkeit im SEK den erfolgreichen Abschluss eines Lehrganges / Eignungsauswahlverfahrens gemäß Ziff. 2.2.4 des SE-Erlasses voraus. Aus dem dem Kläger im Dezernat 44 weiterhin formal zugewiesenen Dienstposten könne sich eine Zulagenberechtigung nicht ergeben, da er dort tatsächlich keine Aufgaben mehr wahrnehme. Dafür, dass die Zulagenberechtigung eine tatsächliche Aufgabenwahrnehmung in einer zulagenberechtigten Organisationseinheit voraussetze, spreche der Wortlaut von §§ 18 und 19 Abs. 1 EZulV. Zudem würde die fehlende Feststellung der körperlichen Eignung einer tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung im Dezernat 44 ebenfalls entgegenstehen.

Der Kläger hat am 18. September 2017 Klage erhoben.

Während des anhängigen Klageverfahrens setzte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 7. Mai 2018 (rückwirkend) zum 1. Mai 2018 unbefristet - in Abteilung 2, Dezernat 27, um und übertrug ihm den Dienstposten eines Sachbearbeiters Spezialeinsatzkommando (bewertet nach A 9 - A 11 NBesG). Die Umsetzungsverfügung enthielt erneut den Hinweis, dass die im Dezernat 27 übertragenen Aufgaben weiterhin nicht zu einer Zulagenberechtigung führten.

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren und macht im Wesentlichen geltend: Bis zu seiner unbefristeten Umsetzung in die Abteilung 2, Dezernat 27, des Beklagten ergäbe sich seine Zulagenberechtigung bereits aus dem ihm formal noch in der Abteilung 4, Dezernat 44 übertragenen Dienstposten. Letztlich könne aber offenbleiben, in welchem der beiden Dezernate ihm (bis zu seiner unbefristeten Umsetzung) ein Dienstposten übertragen gewesen sei, da in beiden organisatorischen Einheiten unabhängig von den konkret zugewiesenen Aufgaben ein Anspruch auf Gewährung der Erschwerniszulage bestehe. Die Abteilung 2 des Beklagten habe zudem in einer im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingeholten Stellungnahme mit E-Mail vom 6. Februar 2017 bestätigt, dass der Kläger den Beamten in der Führungsgruppe des Dezernates 27 gleichgestellt sei und „die Zahlung der Zulage gerechtfertigt“ sei. Im Dezernat 27 sei der Kläger planmäßig Teil jedes Einsatzes, der mit einer Befehlsstelle geführt werde, ebenso bei BAO-Einsätzen. Im normalen Tagesgeschehen sei der Kläger Mitglied der Führungsgruppe des SEK mit den Schwerpunkten Aus- und Fortbildung und Administration. Ebenso wie die anderen Mitglieder der Führungsgruppe nehme der Kläger bei Notwendigkeit direkt an Einsätzen teil. In diesem Rahmen sei er bei jedem größeren Einsatz als Erstbesetzung dabei. Im Rahmen von Vollalarmierungen habe er bereits an zwei Einsätzen des SEK neben Beamtinnen und Beamten aus Führungs- und Einsatzgruppen teilgenommen. Auch nach der unbefristeten Umsetzung in das Dezernat 27 zum Mai 2018 habe sich sein Aufgabenbereich nicht geändert. Er gehöre weiterhin der Führungsgruppe des SEK an. Die Zulagenberechtigung der anderen Einsatzbeamten des SEK, mit denen der Kläger in der Führungsgruppe des SEK tätig sei, werde durch den Beklagten nicht infrage gestellt. Auf die Absolvierung eines SEK-Lehrganges komme es nicht an.

Der Kläger hat die Kopie einer vom 10. Juli 2018 datierenden Ausnahmegenehmigung zur Akte gereicht, mit welcher die Behördenleitung des Beklagten einem Ausnahmeantrag der Abteilung 2 für einen weiteren Verbleib des Klägers im Dezernat 27 gemäß den Regelungen des SE-Erlasses („hier Höchstverwendungszeit und Alter“) mit der Auflage einer erneuten Prüfung nach Ablauf von zwei Jahren zugestimmt hat (vgl. Bl. 50 der GA).

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung der Verfügung vom 21. Januar

2016, soweit die Zahlung der Erschwerniszulage eingestellt wird,

des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2017 und des

Bescheids vom 7. Mai 2018, soweit festgestellt wird, dass nach wie

vor keine Zulagenberechtigung vorliegt, zu verpflichten, dem Kläger auch über den 1. Februar 2016 hinaus eine Erschwerniszulage

zu gewähren,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Prozesszinsen in

Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit

Rechtshängigkeit auf einen Betrag in Höhe von 4.172,29 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Der Kläger werde vornehmlich im Bereich Aus- und Fortbildung eingesetzt und nur in Ausnahmefällen in tatsächlichen Einsatzsituationen. Dies werde auch durch die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingeholte Stellungnahme des Dezernates 27 bestätigt. Dass der Beklagte sich entschieden habe, den der Führungsgruppe angegliederten Bereich Aus- und Fortbildung unter dem Dach des Dezernates 27 anzugliedern und nicht beispielsweise dem grundsätzlich für Aus- und Fortbildung zuständigen Personaldezernat, könne nicht aufgrund einer rein formalen Betrachtungsweise zu einer Zulagenberechtigung des Klägers führen. Zudem sei auch zu beachten, dass der Verordnungsgeber den Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 EZulV zum 1. Januar 2017 angepasst habe. Neben der Verwendung in einer der genannten Einheiten werde nunmehr auch vorausgesetzt, dass der betroffene Beamte überwiegend in besonderen Einsätzen mit Spezialtechnik unterstützend tätig werde. Diese Gesetzesanpassung sei als Klarstellung des Verordnungsgebers zu sehen, dass bei der Gewährung der Zulage an die tatsächliche Aufgabenausübung angeknüpft werden solle. Zumindest seit dem 1. Januar 2017 lägen die Voraussetzungen für eine Zulagenberechtigung danach nicht mehr vor, da der Kläger nicht überwiegend in Einsätzen tätig werde. Aufgrund fehlender Ausbildung und fehlender Feststellung der körperlichen Eignung wäre eine solche Verwendung des Klägers auch nicht denkbar. Zwar würden bei personeller Notwendigkeit auch Mitarbeiter der Führungsgruppe an Einsätzen des SEK teilnehmen. Der Einsatz der übrigen Mitglieder der Führungsgruppe unterscheide sich aber deutlich von der Einsatzverwendung des Klägers, welcher, wenn er aufgrund von lagebedingten Notwendigkeiten an Einsätzen des SEK teilnehme, rein unterstützende Funktionen übernehme und nicht taktisch tätig werde. Ein Einsatz des Klägers als taktisch operierender Beamter wäre schon deshalb nicht möglich, weil er weder den SEK-Lehrgang absolviert habe noch seine SEK-Tauglichkeit festgestellt worden sei. Eine Untersuchung zur Feststellung der körperlichen Tauglichkeit wäre nicht durchgeführt worden, weil der Kläger die Altersgrenze für einen taktisch-operativen Einsatz sowie aufgrund seiner langen Zugehörigkeit beim MEK VIII die sogenannte „Standzeit“ überschritten habe. Die Tätigkeiten des Klägers im Bereich Aus- und Fortbildung seien nicht vergleichbar mit den Tätigkeiten von Angehörigen der Verhandlungsgruppe.

Soweit der Kläger vortrage, dass es für die Zulagenberechtigung nicht auf die konkret zugewiesenen Aufgaben, sondern auf die Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit ankomme, lasse er außer Acht, dass im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblich sei, ob die unterschiedliche Einstufung der Einheiten sachgerecht sei. Dabei müsse eine typisierende Vergleichsbetrachtung der Gefährdungen und Belastungen angestellt werden, die die Erfüllung der einer Einheit hauptsächlich obliegenden Aufgaben und die dabei herrschenden Arbeits- und Einsatzbedingungen üblicherweise mit sich brächten. Es seien die typischen Aufgaben der Einheiten und die daraus folgenden besonderen Anforderungen sowie erhöhten Gefährdungen, die Einsatzdauer, der räumliche Einsatzbereich sowie die für die Ausübung der Tätigkeit erforderliche Aus- und Fortbildung zu vergleichen. Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen sei festzustellen, dass der Aufgabenbereich des Klägers keine erhöhten Gefährdungen und Belastungen mit sich brächte und auch keine Sonderausbildung, wie sie für taktisch eingesetzte Beamte des SEK zwingend vorgesehen sei, erfordere.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Sie ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1) zulässig und begründet (I.). Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) ist sie zulässig, aber unbegründet (II.).

I.

1. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig. Er ist als Verpflichtungsantrag statthaft, da es sich bei der begehrten Gewährung der Zulage um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, der Voraussetzung für die Festsetzung und Auszahlung der Erschwerniszulage durch die Bezügestelle ist.

Die Klage ist auch fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben worden (§ 74 Abs. 2 VwGO). Der Kläger hat gegen den Bescheid vom 21. Januar 2016 zu Recht zunächst Widerspruch erhoben, da es sich um eine Maßnahme in einer besoldungsrechtlichen Angelegenheit handelte und das Vorverfahren somit nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO i. V. m. § 105 Abs. 1 NBG ausgeschlossen war. Besoldungsrechtliche Angelegenheiten sind solche, die sich unmittelbar auf die Besoldung beziehen. Entscheidend ist, dass der geltend gemachte Anspruch unmittelbar aus besoldungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet wird (Neuhäuser in BeckOK Beamtenrecht Nds., 9. Ed., Stand: 1. November 2018, NBG, § 105 Rn. 17). Bei der vom Kläger begehrten Erschwerniszulage handelt es sich um einen Bestandteil der Besoldung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 NBesG). Die begehrte Gewährung der Zulage stellt mithin eine Maßnahme in einer besoldungsrechtlichen Angelegenheit dar.

Soweit der Kläger die Gewährung der Zulage auch über den vom Widerspruchsverfahren abgedeckten Zeitraum hinaus (nämlich für die Zeit ab dem 1. Mai 2018) begehrt, ist unschädlich, dass er gegen den Bescheid vom 7. Mai 2018 keinen Widerspruch erhoben hat. Insoweit war die Durchführung eines weiteren Widerspruchsverfahrens ausnahmsweise entbehrlich. Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Sind diese Ziele vor Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder können sie nicht mehr erreicht werden, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die ohnehin folgende Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nur unnötig verzögern würde. Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck in diesem Sinne nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben wird (Neuhäuser in BeckOK Beamtenrecht Nds., 9. Ed., Stand: 1. November 2018, NBG, § 105 Rn. 30; VG Düsseldorf, Urt. v. 23. Juli 2015 - 13 K 2716/14 -, juris Rn. 35 ff.). Ebenso entbehrlich ist ein Vorverfahren, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Durchführung des Vorverfahrens durch einen gleichlautenden Verwaltungsakt ersetzt oder (nach Ablauf seiner Geltungsdauer) wiederholt wird, wenn der neue Verwaltungsakt im Wesentlichen die gleichen Sach- und Rechtsfragen zum Gegenstand hat (Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL, September 2018, § 68 Rn. 24; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 68 Rn. 23). Nach diesen Grundsätzen würde die Durchführung eines erneuten Widerspruchsverfahrens einen reinen Formalismus ohne eigenen Sinngehalt darstellen. Zum einen handelt es sich bei der im Bescheid vom 7. Mai 2018 getroffenen Feststellung, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte Zulage aufgrund der ihm im Dezernat 27 übertragenen Aufgaben weiterhin nicht erfüllt, um eine Wiederholung der bereits mit Bescheid vom 21. Januar 2016 und Widerspruchsbescheid vom 23. August 2017 getroffenen Entscheidung, da sich der Aufgabenbereich des Klägers auch nach der unbefristeten Umsetzung nicht geändert hatte und somit kein neuer Sachverhalt zu beurteilen war. Zum anderen hat der Beklagte in der Verfügung vom 7. Mai 2018 durch den Hinweis auf „das laufende Klageverfahren in der Sache“ deutlich gemacht, dass er an der im Klageverfahren vertretenen Auffassung ohnehin festhalten wird, sodass ein erneutes Vorverfahren sinnlos wäre.

2. Der Klageantrag zu 1) ist auch in der Sache begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2017 und der Bescheid vom 7. Mai 2018 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit dem Kläger hierin die Weitergewährung der Erschwerniszulage nach der zum 1. Februar 2016 erfolgten Umsetzung in Abteilung 2, Dezernat 27, versagt wird. Der Kläger hat auch nach der Umsetzung einen Anspruch auf Gewährung der begehrten Erschwerniszulage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Gewährung der Erschwerniszulage ist für den Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 § 85 BBesG in der Fassung vom 11. Juni 2013 i. V. m. § 47 BBesG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung i. V. m. § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung; für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2017 § 46 Abs. 2 Nr. 1 e) NBesG i. V. m. § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung.

Nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV in der genannten Fassung (im Folgenden: EZulV a. F.) erhält eine monatliche Zulage in Höhe von 153,39 EUR, wer als Polizeivollzugsbeamter in einem Mobilen Einsatzkommando oder in einem Spezialeinsatzkommando eines Landes für besondere polizeiliche Einsätze oder als Flugsicherheitsbegleiter an Bord von deutschen Luftfahrzeugen verwendet wird. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger auch nach seiner zum 1. Februar 2016 erfolgten Umsetzung in Abteilung 2, Dezernat 27.

Die Gewährung der Erschwerniszulage nach § 22 Abs. 2 EZulV a. F. setzt voraus, dass der Dienst mit Gefährdungen und Belastungen verbunden ist,die sich nach Schwere und Intensität erheblich von den Erschwernissen bei der Wahrnehmung vollzugspolizeilicher Aufgaben abheben. Diesem Erfordernis hat der Verordnungsgeber Rechnung getragen, indem er die Zulagenberechtigung an die weitere Voraussetzung der Verwendung für besondere Einsätze geknüpft hat. Er hat in Absatz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 der Vorschrift abschließend konkretisiert, was unter einer derartigen Verwendung zu verstehen ist. Soweit diese Regelungen auf eine Verwendung bei einer der in Absatz 2 genannten Polizei- oder Zolleinheiten abstellen, kommt es für die Zulagenberechtigung darauf an, dass der Beamte einer der aufgeführten Einheiten zur Dienstleistung zugewiesen ist. Maßgebend sind nicht die konkreten Aufgaben, die ihm übertragen sind, sondern deren organisatorische Zuordnung zu der Einheit. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beamte einen bei der Einheit eingerichteten Dienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinne) wahrnimmt (BVerwG, Beschl. v. 3. Juni 2011 - 2 B 13/11 -, juris Rn. 11 f. m. w. N.). § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV a. F. stellt für die Zulagenberechtigung nicht auf den konkreten Aufgabenbereich des Beamten, sondern auf dessen Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit ab (BVerwG, Beschl. v. 1. Oktober 2012 - 2 B 41/12 - BeckRS 2012, 58589; so auch VG Magdeburg, Urt. v. 22. Januar 2015 - 5 A 261/13 -, juris Rn. 18; a. A.: aber noch zu § 23 a Abs. 1 EZulV in älterer Fassung und durch die neueren Entscheidungen überholt: BVerwG, Urt. v. 14. März 1991 - 2 C 52/88 -, juris Rn. 18:).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt eine Verwendung des Klägers in einer zulagenberechtigten Organisationseinheit i. S. v. § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV auch nach seiner zum 1. Februar 2016 erfolgten Umsetzung in das Dezernat 27 vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich seine Zulagenberechtigung für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis zum 30. April 2018 allerdings nicht bereits aus seinem formal haushaltsrechtlich noch in Abteilung 4, Dezernat 44, verbliebenen Dienstposten. Nach der zunächst befristeten Umsetzung zum 1. Februar 2016 war der Kläger dem Dezernat 44 gerade nicht mehr „zur Dienstleistung zugewiesen“. Der von ihm ab diesem Zeitpunkt wahrgenommene Dienstposten, sein Amt im konkret-funktionellen Sinne, war vielmehr dem Dezernat 27 in Abteilung 2 zugewiesen. Die nach den oben dargestellten Maßstäben gebotene formale Betrachtungsweise, nach der nicht auf die dem Beamten konkret übertragenen Aufgaben, sondern auf deren organisatorische Zuordnung zu einer Einheit abzustellen ist, geht nicht so weit, dass auf die rein haushaltsrechtliche Zuweisung des dem Beamten formal (noch) übertragenen Dienstpostens abgestellt werden kann, wenn er auf diesem tatsächlich überhaupt nicht mehr eingesetzt wird. Dies folgt bereits aus Sinn und Zweck der Erschwerniszulage, die gerade dazu dient, die besonderen mit der Tätigkeit verbundenen Gefährdungen und Belastungen abzugelten. Derartigen Gefährdungen oder Belastungen war der Kläger aufgrund der zunächst rein formal noch bestehenden haushaltsrechtlichen Zuordnung seines Dienstpostens zum Dezernat 44 nicht mehr ausgesetzt. Auch aus dem Wortlaut von § 18 Abs. 1 EZulV, wonach der Anspruch auf die Zulage mit der tatsächlichen Aufnahme der zulagenberechtigenden Tätigkeit entsteht und mit deren Beendigung erlischt, ergibt sich, dass die rein haushaltsrechtliche Zuweisung eines Dienstpostens zu einer zulagenberechtigten Einheit ohne tatsächlichen Einsatz auf diesem Dienstposten für die Zulagenberechtigung nicht genügen kann.

Die Zulagenberechtigung des Klägers ab dem 1. Februar 2016 ergibt sich aber aufgrund seiner Verwendung in Abteilung 2 (Einsatz- und Ermittlungsunterstützung), Dezernat 27 (Spezialeinsatzkommando (SEK)), des Beklagten. Der Kläger wurde ab diesem Zeitpunkt in der Führungsgruppe des SEK eingesetzt. Auch nach seiner unbefristeten Umsetzung zum 1. Mai 2018 und Übertragung des Dienstpostens eines Sachbearbeiters Spezialeinsatzkommando gehört er - nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung - weiter der Führungsgruppe des SEK an. In dieser Eigenschaft nahm und nimmt er - zumindest teilweise - bei „lagebedingten Notwendigkeiten“ auch an Großeinsätzen des SEK teil.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die anderen Einsatzbeamten des SEK, die mit dem Kläger in der Führungsgruppe des SEK tätig sind, eine Erschwerniszulage erhalten. Bei der Führungsgruppe des SEK handelt es sich mithin um eine zulagenberechtigte Organisationseinheit. Der Kläger gehört damit tatsächlich einer zulagenberechtigten Organisationeinheit an. Eine Verwendung im Sinne von § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV a. F. ist somit gegeben. Insoweit kommt es nach den oben dargestellten Maßstäben gerade nicht entscheidend darauf an, welche Aufgaben dem Kläger konkret übertragen sind bzw. worin der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt. Der Gesetzgeber stellt in § 22 Abs. 2 Nr. 1 EZulV a. F. nicht auf die dem Beamten konkret übertragenen Aufgaben ab und macht die Zulagenberechtigung auch nicht davon abhängig, dass der Beamte überwiegend in Einsätzen tätig ist. Durch das Kriterium der „Verwendung“ in einer der genannten Spezialeinheiten für besondere polizeiliche Einsätze wird vielmehr eine typisierende Betrachtungsweise vorgegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3. Juni 2011 - 2 B 13/11 -, juris Rn. 13). Es ist nicht auf die konkreten Aufgaben des einzelnen Beamten abzustellen, sondern auf die Gefährdungen und Belastungen, die die Erfüllung der einer Einheit hauptsächlich obliegenden Aufgaben üblicherweise mit sich bringen, sowie auf die in der Einheit herrschenden Arbeits- und Einsatzbedingungen (vgl. BVerwG, a. a. O.). Danach ist der Umstand, dass der Kläger ausweislich der im Widerspruchsverfahren eingeholten Stellungnahme des Dezernates 27 schwerpunktmäßig im Bereich Aus- und Fortbildung und nicht überwiegend in Einsätzen tätig ist, für die Zulagenberechtigung des Klägers nicht erheblich. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Kläger nach den Ausführungen des Beklagten, rein unterstützend und nicht taktisch tätig wird, wenn er aufgrund von lagebedingten Notwendigkeiten an Einsätzen des SEK teilnimmt. Für seine Zulagenberechtigung entscheidend und ausreichend ist vielmehr, dass er einer Organisationseinheit angehört, die aufgrund der ihr hauptsächlich obliegenden Aufgaben und der hiermit verbundenen Belastungen und Gefährdungen als zulagenberechtigt anzusehen ist. Mit diesem Ergebnis übereinstimmend hatte im Übrigen auch das Dezernat 27 im Rahmen seiner Stellungnahme erklärt, dass die „Zahlung der Zulage gerechtfertigt“ sei.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich auch aus der zum 1. Januar 2017 in Kraft getretenen neuen Fassung von § 22 EZulV des Bundes nicht, dass nunmehr - entgegen den dargestellten Grundsätzen - für die Frage der Zulagenberechtigung an die konkret übertragenen Aufgaben anzuknüpfen und eine überwiegende Tätigkeit in besonderen Einsätzen erforderlich ist. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut von § 46 Abs. 2 NBesG, nach welchem bis zum Inkrafttreten einer Erschwerniszulagenverordnung des Landes G. die EZulV des Bundes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung anzuwenden ist, findet § 22 EZulV n. F. gerade keine Anwendung.

Die Zulagenberechtigung des Klägers entfällt schließlich auch nicht wegen seiner fehlenden festgestellten SEK-Tauglichkeit oder der fehlenden Absolvierung eines SEK-Lehrganges. Unabhängig davon, ob die erforderliche Tauglichkeit und Ausbildung des Klägers für eine Verwendung in der SEK-Führungsgruppe vorliegen, ist er organisatorisch dieser Einheit zugeordnet. Im Übrigen wäre es mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn schlechthin nicht zu vereinbaren, einen für eine mit erheblichen Gefährdungen verbundene Tätigkeit körperlich nicht tauglichen oder nicht ausreichend ausgebildeten Beamten trotz dieser fehlenden Eignung für die Tätigkeit hierin einzusetzen und bloß die Gewährung der auf Abgeltung der speziellen Gefährdungen gerichteten Zulage mit dem Hinweis auf die fehlende Eignung oder Tauglichkeit abzulehnen. Soweit der Beklagte vorträgt, eine Untersuchung zur Feststellung der körperlichen Tauglichkeit wäre nicht durchgeführt worden, weil der Kläger die Altersgrenze sowie die „Standzeit“ überschritten habe, ist festzustellen, dass dem Kläger unter dem 10. Juli 2018 für einen weiteren Verbleib im Dezernat 27 eine Ausnahmegenehmigung von den Regelungen des SE-Erlasses zu Höchstverwendungszeit und Alter erteilt worden ist (Bl. 48 der GA). Einer Untersuchung zur Feststellung der körperlichen Tauglichkeit stände demnach nichts (mehr) im Wege.

II.

Der Klageantrag zu 2) ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Prozesszinsen. Zwar findet die Vorschrift des § 291 BGB auf öffentliche-rechtliche Geldforderungen entsprechende Anwendung. Ebenso ist anerkannt, dass im Verwaltungsstreitverfahren Prozesszinsen für rechtshängige Geldforderungen auch verlangt werden können, wenn nicht unmittelbar auf Leistung des Geldbetrages, sondern - wie vorliegend - auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines die Zahlung unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes geklagt wird (vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urt. v. 28. Mai 1998 - 2 C 28/97 -, juris; BVerwG, Urt. v. 20. Dezember 1960 - II C 120/59 -, BeckRS 1960, 103806). Schließlich steht auch die Vorschrift des § 4 Abs. 5 NBesG der Forderung von Prozesszinsen nicht entgegen (vgl. zu einer vergleichbaren landesrechtlichen Vorschrift: BVerwG, Urt. v. 20. Dezember 1960, a. a. O.).

Der Klageantrag zu 2) ist jedoch gegen den falschen Beklagten gerichtet. Infolge des mit dem Klageantrag zu 1) begehrten begünstigenden Verwaltungsaktes wird nicht der Beklagte, bei dem es sich um eine Landesbehörde handelt, sondern das Land G., vertreten durch das H., zur Zahlung und Nachzahlung der begehrten Erschwerniszulage verpflichtet. Ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen auf die rechtshängige Forderung kann dementsprechend ebenfalls nur gegenüber dem Land G. bestehen. Denn zur Zahlung von Prozesszinsen ist nach § 291 BGB der Schuldner einer Geldforderung verpflichtet.

Der auf Zahlung von Prozesszinsen gerichtete Klageantrag zu 2) hätte daher - anders als der auf Verpflichtung gerichtete Klageantrag zu 1), für den gem. § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 79 Abs. 2 NJG das sogenannte „Behördenprinzip“ gilt, - gegen das Land G. gerichtet werden müssen.

Entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung regelt § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 79 Abs. 2 NJG auch nicht lediglich die bloße Bezeichnung des Beklagten, sondern die Frage, gegen welchen öffentlichen Entscheidungsträger die Klage zu richten ist. Greift - wie vorliegend hinsichtlich des Klageantrages zu 1) das Behördenprinzip ein, ist Beklagter damit nur die Landesbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Ein Prozessrechtsverhältnis gegenüber dem Land als Rechtsträger der Behörde wird hierdurch gerade nicht begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der lediglich auf Zahlung von Prozesszinsen gerichtete Klageantrag zu 2) wirkt sich gem. § 43 Abs. 1 GKG nicht streitwerterhöhend aus; das diesbezügliche Unterliegen des Klägers hat daher auf die Kostenentscheidung keinen Einfluss. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.