Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 11.03.2019, Az.: 3 A 2109/16

behördliches Mitverschulden; Billigkeitserlass bei gleichzeitigem SGB II-Leistungsbezug; Erstattungsanspruch; UVG-Leistungen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
11.03.2019
Aktenzeichen
3 A 2109/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70068
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wer als zunächst alleinerziehender Elternteil eine während des Bezuges von UVG-Leistungen seines Kindes erfolgte Heirat der UVG-Stelle trotz entsprechender Belehrung nicht mitteilt, ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG erstattungsverpflichtet.
Wenn die UVG-Stelle trotz erfolgter Mitteilung einer nach Beginn des Leistungsbezuges vollzogenen Heirat weiterhin UVG-Leistungen für das Kind zahlt, darf der vormals alleinerziehende Elternteil auf die Rechtmäßigkeit dieser Zahlungen nicht vertrauen, sondern ist verpflichtet, sich diesbezüglich bei der UVG-Stelle rückzuversichern. Tut er dieses nicht, sondern vereinnahmt die weiteren UVG-Zahlungen, haftet der Elternteil insoweit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG. In einer solchen Situation ist der behördliche Informationsverarbeitungsfehler nicht als Mitverschulden entsprechend § 249 BGB haftungsreduzierend zu berücksichtigen.
Keine entsprechende Anwendung von § 227 AO in Fällen, in denen die materiell rechtswidrig gezahlten UVG-Leistungen auf gleichzeitig bezogene SGB II-Leistungen angerechnet worden waren.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Kostenvollstreckung seitens des Beklagten mittels Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten über die Erstattung von Unterhaltsvorschussleistungen für ihren Sohn Marvin.

Der Sohn der damals ledigen Klägerin kam im Mai 2012 zur Welt. Die Vaterschaft wurde vom AG A-Stadt mit Beschluss vom 06.05.2013 festgestellt. Die Kindeseltern lebten und leben nicht zusammen.

Am 18.06.2012 beantragte die Klägerin bei der vormals zuständigen Stadt A-Stadt erstmals Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für ihren Sohn. In dem Zusammenhang unterschrieb sie u.a. auch ein standardisiertes „Merkblatt zum Unterhaltsvorschussgesetz (UVG)“ (im Folgenden: Merkblatt), in dem im Einzelnen die Anspruchsvoraussetzungen näher erläutert werden und auch dargestellt ist, wann keine Ansprüche auf Leistungen (mehr) bestehen. Der Fall einer nachfolgenden Heirat des betreuenden Elternteils wird darin ausdrücklich benannt. Außerdem wird in dem Merkblatt im Einzelnen die Pflicht zur Erteilung von Auskünften und zur Anzeige von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen beschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Merkblatt Bezug genommen.

Mit an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 19.06.2012 bewilligte die Stadt A-Stadt dem Sohn der Klägerin UVG-Leistungen. Auch der Bescheid enthält nochmals ausdrücklich Belehrungen bezüglich (des Wegfalls) der Anspruchsvoraussetzungen und der Anzeigepflichten bei Veränderungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Neben den UVG-Leistungen bezog die Klägerin für sich und ihren Sohn Leistungen nach dem SGB II vom Beigeladenen, auf die die für ihren Sohn gezahlten UVG-Leistungen als Einkommen angerechnet wurden.

Auf Aufforderung des zwischenzeitlich zuständig gewordenen Beklagten machte die Klägerin Ende Oktober 2014 in einem ihr übersandten Fragebogenformular Angaben zu ihren aktuellen Verhältnissen. Dabei trug sie darin u.a. ein, seit dem 10.01.2014 verheiratet zu sein. Weiter gab sie an, der Kindesvater zahle für das Kind nach wie vor keinen Unterhalt. Darauf reagierte der Beklagte, indem er mit Schreiben vom 01.12.2014 die Ergänzung bestimmter weiterer Angaben in dem Fragebogen erbat, was die Klägerin zeitnah erledigte. Auf die Angabe zum veränderten Familienstand reagierte der Beklagte in der Folgezeit nicht, sondern zahlte weiterhin UVG-Leistungen für den Sohn der Klägerin aus. Diese wurden wiederum weiterhin auf die vom Beigeladenen der Bedarfsgemeinschaft gewährten SGB II-Leistungen als Einkommen des Kindes angerechnet.

Mit Schreiben vom 19.06.2015 forderte der Beklagte die Klägerin erneut auf, in dem beigefügten Fragebogen Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen zu machen. In Beantwortung dessen gab die Klägerin in dem Fragebogen wiederum an, seit dem 10.01.2014 verheiratet zu sein. Daraufhin veranlasste der Beklagte nunmehr zunächst intern eine Auszahlungssperre für den nächsten Auszahlungstermin der UVG-Leistungen (für August 2015). Mit Schreiben vom 01.07.2015 teilte er dies der Klägerin mit und wies zudem darauf hin, dass ab dem Zeitpunkt der Heirat ein UVG-Anspruch nicht mehr bestanden habe. Sie erhalte Gelegenheit zur Äußerung, bevor er weitergehende Maßnahmen einleite. Die Klägerin antwortete dem Beklagten, dass sie auf ihre Heirat bereits im Oktober 2014 hingewiesen habe.

Mit Bescheid vom 16.07.2015 stellte der Beklagte die Bewilligung von UVG-Leistungen an den Sohn der Klägerin zum 31.07.2015 ein. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 16.07.2015 setzte der Beklagte gegen die Klägerin eine Erstattungsforderung bzgl. der für ihren Sohn im Zeitraum vom 11.01.2014 – 31.07.2015 gezahlten UVG-Leistungen in Höhe von insgesamt 2.482,- EUR fest. Zur Begründung verwies er in dem Bescheid auf § 5 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 4 UVG und führte dazu aus: Auf Grund der Heirat der Klägerin sei für ihren Sohn der Anspruch auf UVG-Leistungen gemäß § 1 UVG entfallen. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, die Heirat unverzüglich anzuzeigen, was sie unterlassen habe. Der Klägerin seien der Wegfall der Anspruchsberechtigung und ihre Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Heirat aus dem von ihr mittels Unterschrift zur Kenntnis genommenen Merkblatt bekannt gewesen. Deshalb könne sie sich auch nicht darauf berufen, ihre Heirat jedenfalls Ende Oktober 2014 bereits mitgeteilt zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Auf dem in dem vorgelegten Verwaltungsvorgang befindlichen Exemplar des Bescheides ist ein „Ab“-Vermerk angebracht. Ob der Bescheid der Klägerin postalisch zugegangen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Bescheid wurde der Klägerin unstreitig am 06.10.2015 in den Amtsräumen des Beklagten persönlich ausgehändigt.

Bereits am 05.10.2015 führte die fallzuständige Sachbearbeiterin des Beklagten mit der beim Beigeladenen für die SGB II-Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft (Klägerin, Kind, Ehemann) zuständigen Sachbearbeiterin ein Telefonat, in dem sie offenkundig fernmündlich einen Erstattungsanspruch des Beklagten gegenüber dem Beigeladenen geltend machte. Mit E-Mail vom selben Tag erbat sie anschließend unter Angabe der Buchungsdaten gegenüber dem Beigeladenen die Auszahlung einer Erstattung in Höhe des gegen die Klägerin festgesetzten Betrages. Der Beigeladene kehrte an den Beklagten im Folgenden einen (Teil-)Betrag in Höhe von 1.728,64 EUR aus. Ein schriftlicher Beleg über Rechtsgrund und Berechnung der Zahlung findet sich im vorgelegten Verwaltungsvorgang des Beklagten nicht.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2015 legte die Klägerin gegen die Festsetzung der Erstattungsforderung im Bescheid vom 16.07.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie habe unverzüglich nach ihrer Heirat dem Beklagten die Änderung ihres Personenstandes mitgeteilt. Eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides nach § 45 SGB X komme wegen der Jahresfrist in Absatz 4 Satz 2 der Norm nicht mehr in Betracht.

Mit Schreiben vom 04.11.2015 teilte der Beklagte der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass der Beigeladene zwischenzeitlich einen Teilbetrag von 1.728,64 EUR „von der Rückforderung“ der streitigen UVG-Leistungen gezahlt habe. Es bestehe damit noch eine Restforderung in Höhe von 753,36 EUR gegen die Klägerin, die diese auf Antrag auch in Raten zurückzahlen könne. Der Klägerin sei auf Grund der ihr in dem Merkblatt gegebenen Informationen bekannt gewesen bzw. habe ihr bewusst sein müssen, dass infolge ihrer Heirat ein Anspruch auf UVG-Leistungen nicht mehr bestanden und sie gleichwohl bezogene Leistungen zu erstatten habe. Außerdem vertrat der Beklagte die Auffassung, dass der Widerspruch verfristet sei.

Darauf erwiderte die jetzige Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 04.02.2016, dass die Klägerin jedenfalls Ende 2014 bereits mitgeteilt habe, seit Januar 2014 verheiratet zu sein. Eine Rückforderung der UVG-Leistungen komme deshalb allenfalls für den Zeitraum Januar bis Dezember 2014 in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2016, zugestellt am 02.03.2016, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung, dieser sei verfristet, als unzulässig zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Die Klägerin hat am 04.04.2016, einem Montag, Klage erhoben, zu deren Begründung sie sich auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren beruft. Der Widerspruch sei nicht verfristet gewesen, weil ihr der Bescheid vom 16.07.2015 nicht postalisch zugegangen sei. Vielmehr sei ihr der Bescheid erst mit der persönlichen Aushändigung in den Amtsräumen des Beklagten am 06.10.2015 bekannt gegeben worden. Einen früheren Zugang habe der Beklagte zu beweisen, was er nicht könne.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 16.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die rechtliche Bewertung aus dem Widerspruchsbescheid zur Verfristung des Widerspruchs und führt dazu aus: Üblicherweise verschicke er mehrere Bescheide vom selben Tag an denselben Adressaten in derselben Angelegenheit in einem Umschlag. Auffällig sei, dass die Klägerin auf das Ausbleiben von UVG-Leistungen ab dem August 2015 nicht reagiert habe. Das spreche dagegen, dass sie die beiden gemeinsam verschickten Bescheide vom 16.07.2015 nicht erhalten habe. In der Sache sei der Erstattungsbescheid vom 16.07.2015 ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch wenn die Klägerin unstreitig ihre Heirat Ende Oktober 2014 angezeigt habe, habe ihr nach den Belehrungen in dem Merkblatt und in dem Bewilligungsbescheid vom 19.06.2012 klar sein müssen, dass ihr Sohn seitdem keinen Anspruch auf UVG-Leistungen mehr gehabt habe. Die Klägerin habe deshalb auch nach ihrer Auskunft Ende Oktober 2014 nicht darauf vertrauen können, dass die gleichwohl weitergezahlten UVG-Leistungen rechtmäßig seien. Vielmehr hätte für sie Veranlassung bestanden, diesbezüglich bei ihm nachzufragen, ob es mit der weiteren Auszahlung der Leistungen trotz der mitgeteilten Heirat seine Richtigkeit habe.

Der Beigeladene habe mitgeteilt, dass er für die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin für den Zeitraum 01.02. – 31.07.2015 nachträglich die Anrechnung der UVG-Leistungen auf das Einkommen herausgenommen und den sich daraus ergebenden Nachzahlungsbetrag an ihn, den Beklagten, ausgekehrt habe. Gleichzeitig habe sich herausgestellt, dass für diesen Zeitraum vom Ehemann erzieltes, aber nicht angegebenes Einkommen anzurechnen gewesen sei. Daraus habe sich bzgl. der an die Bedarfsgemeinschaft für diesen Zeitraum ausgezahlten SGB II-Leistungen eine Rückforderung des Beigeladenen ergeben. Diese sei im Berechnungsprogramm des Beigeladenen mit einer Erstattungszahlung an ihn, den Beklagten, verrechnet worden. Daraus resultiere, dass letztlich nur für den Teilzeitraum 11.01.2014 – 31.01.2015 eine Erstattung des Beigeladenen an ihn erfolgt sei.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1.

Die Klage ist zulässig.

Sie ist zunächst fristgerecht innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben worden.

Für die Klage fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb, weil der angegriffene Bescheid vom 16.07.2015 bereits vor Einlegung des Widerspruchs bestandskräftig geworden wäre. Denn eine solche Verfristung kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin der streitbefangene Erstattungsbescheid vom 16.07.2015 auf postalischem Wege überhaupt zugegangen ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt im Zweifel gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 SGB X der Beklagte. Der Vortrag des Beklagten, er versende üblicherweise zwei gleichzeitig gefertigte Bescheide in derselben Angelegenheit an denselben Empfänger in einem Umschlag, weshalb davon auszugehen sei, dass der Klägerin nicht nur der ebenfalls am 16.07.2015 gefertigte Bescheid über die Einstellung der UVG-Leistungen an ihren Sohn, sondern damit zugleich auch der vorliegend streitbefangene Bescheid über die Erstattungsforderung zugegangen sei, reicht nicht aus, um die bestehenden Zweifel am postalischen Zugang des streitbefangenen Bescheides auszuräumen. Denn daraus ergibt sich schon nicht mit hinreichender Sicherheit, dass tatsächlich beide Bescheide in einem Umschlag versandt worden sind. Einen Beweis dafür hat der Beklagte nicht angeboten. Auch allein aus dem „Ab“-Vermerk auf der in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten vorhandenen Ausfertigung des streitbefangenen Bescheides kann ein tatsächlicher postalischer Zugang des Bescheides bei der Klägerin nicht hinreichend sicher abgeleitet werden.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der angegriffene Erstattungsbescheid des Beklagten vom 16.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2016 verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten, denn er ist rechtmäßig.

1.

Inhaltlich streitgegenständlich ist der Ausgangsbescheid bezüglich der darin festgesetzten Erstattungsforderung in vollem Umfang. Dass der Beklagte der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 04.11.2015 mitgeteilt hatte, der Beigeladene habe zwischenzeitlich einen Teilbetrag von 1.728,64 EUR „von der Rückforderung“ der streitigen UVG-Leistungen erstattet, ändert daran nichts. Diesem Hinweis ist aus objektivierter Empfängersicht eine dadurch bewirkte Änderung der im Ausgangsbescheid vorgenommenen Festsetzung der Erstattungsforderung nicht zu entnehmen. Denn sie lässt sich auch so verstehen, dass die Zahlung des Beigeladenen an den Beklagten ihren Rechtsgrund gerade darin haben soll, dass letzterer gegen die Klägerin die Erstattungsforderung in der im Ausgangsbescheid benannten Höhe festgesetzt hatte. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend erklärt, den Hinweis in dem vorprozessualen Schreiben des Beklagten vom 04.11.2015 nicht so verstanden bzw. gemeint zu haben, dass damit die ursprünglich vorgenommene Festsetzung habe reduziert werden sollen.

2.

Anspruchsgrundlage für die vom Beklagten festgesetzte Erstattungsforderung ist § 5 Abs. 1 UVG (in der Fassung vom 17.07.2007; BGBl. I 2007, 1446). Danach ist, wenn die Voraussetzungen für die Zahlung von Unterhaltsvorschussleistungen in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden sind, nicht vorgelegen haben, der Elternteil, bei dem das leistungsberechtigte Kind lebt, verpflichtet, den geleisteten Betrag insoweit zu ersetzen, als er

1. die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen hat, oder

2. gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Behörde auch ohne eine ausdrücklich im Gesetz verankerte Eingriffsermächtigung berechtigt ist, die Erstattungsforderung mittels Verwaltungsaktes einseitig hoheitlich gegen den erstattungspflichtigen Elternteil festzusetzen (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 – 5 C 20/11 –, BVerwGE 144, 306-313, juris Rn. 12).

3.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erstattungspflicht sind in der Person der Klägerin für den gesamten Zeitraum, den der Erstattungsbescheid erfasst, dem Grunde nach erfüllt.

a)

Dem Sohn der Klägerin standen infolge deren Heirat am 10.01.2014 (zumindest) ab dem 11.01.2014 unstreitig keine UVG-Leistungen mehr zu. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 3 UVG (in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3194). Danach besteht kein Anspruch auf UVG-Leistungen, wenn der betreuende Elternteil heiratet, wobei die UVG-Leistungen für den Monat, in den die Heirat fällt, nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UVG anteilig zu berechnen sind.

b)

Die Klägerin hat die Zahlung von UVG-Leistungen für ihren Sohn über den 10.01.2014 hinaus zunächst bis einschließlich November 2014 im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG schuldhaft dadurch herbeigeführt, dass sie dem Beklagten ihre Heirat bis Ende Oktober 2014 nicht angezeigt hatte.

Eine Mitteilung über die Heirat ist im Verwaltungsvorgang des Beklagten erstmals mit dem Eingang des von der Klägerin ausgefüllten und der Beklagten übermittelten Fragebogens zu ihren persönlichen Verhältnissen Ende Oktober 2014 dokumentiert. Dass sie bereits zuvor eine entsprechende Mitteilung gemacht habe, behauptet die Klägerin selbst nicht. Ebenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass der funktionell zuständigen UVG-Stelle des Beklagten dieser Umstand auf andere Weise vor Ende Oktober 2014 bekannt geworden und sie dadurch in die Lage versetzt worden wäre, darauf mit einer Einstellung der Zahlungen zu reagieren. Bei Eingang des von der Klägerin ausgefüllten Fragebogens beim Beklagten hatte dieser die Auszahlung der UVG-Leistungen für November 2014 bereits technisch abschließend veranlasst, so dass er diese auch bei unverzüglicher Kenntnisnahme und rechtlich gebotener Umsetzung der Information über die Heirat nicht mehr hätte stoppen können.

Dadurch, dass die Klägerin ihre Heirat dem Beklagten nicht unmittelbar danach angezeigt hatte, hatte sie auch – mindestens fahrlässig – gegen ihre Pflichten aus § 6 Abs. 4 UVG verstoßen. Nach dieser Vorschrift hat der Elternteil, bei dem das berechtigte Kind lebt, der zuständigen Stelle unverzüglich die Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistungen von UVG erheblich sind. Dass diese Mitteilungspflicht bestand und dass sie sich auch auf eine Verheiratung bezog, war der Klägerin bekannt bzw. hätte ihr zumindest bekannt gewesen sein müssen. Denn die Klägerin war bei der erstmaligen Beantragung von UVG-Leistungen darüber ausdrücklich schriftlich belehrt worden und hatte die Kenntnisnahme dieser Belehrung auch schriftlich bestätigt. Zudem enthielt auch der Bewilligungsbescheid vom 19.06.2012 nochmals einen ausdrücklichen entsprechenden Hinweis. Wenn der Klägerin trotz dieser ausdrücklichen Hinweise nicht positiv bekannt gewesen sein sollte, dass sie ihre Heirat unverzüglich anzuzeigen hatte, dann konnte das nur darauf beruhen, dass sie es unterlassen hatte, sich das Merkblatt und den Bewilligungsbescheid mit genügender Aufmerksamkeit durchzulesen und die darin enthaltenen Hinweise zu verinnerlichen. Den Inhalt eines extra ausgehändigten Merkblattes, dessen Kenntnisnahme man sogar mit seiner Unterschrift bestätigt, gleichwohl tatsächlich nicht zur Kenntnis zu nehmen, verletzt jedenfalls die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maße.

c)

Für den Zeitraum ab Dezember 2014 bis zum 31.07.2015 sind in der Person der Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG erfüllt, weil sie insoweit zumindest infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht (mehr) erfüllt waren.

Der Klägerin musste auf Grund der von ihr mit Unterschrift bestätigten schriftlichen Belehrung in dem Merkblatt sowie der nochmaligen ausdrücklichen Belehrung in dem Bewilligungsbescheid vom 19.06.2012 bekannt sein, dass ihrem Sohn wegen ihrer Heirat keine UVG-Leistungen mehr zustanden. Dieser Tatbestand für den Wegfall der UVG-Berechtigung wird sowohl in dem Merkblatt als auch in den Hinweisen im Bewilligungsbescheid ausdrücklich benannt. Im Merkblatt wird insoweit sogar darauf hingewiesen, dass eine Heirat „vorab“ der UVG-Stelle mitzuteilen sei.

Angesichts dieser ausdrücklichen Hinweise war es zumindest fahrlässig, wenn sich die Klägerin, was sie selbst aber auch gar nicht substantiiert behauptet, vorgestellt haben sollte, dass es mit der weiteren Auszahlung von UVG-Leistungen auch ab Dezember 2014 gleichwohl seine Richtigkeit habe. Fahrlässig handelt nach dem mangels anderweitiger Regelung in diesem Zusammenhang entsprechend anwendbaren § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Rechtsverkehr nach seinen jeweiligen persönlichen Verhältnissen erforderliche und mögliche Sorgfalt außer Acht lässt. Das hat die Klägerin getan. Ihr hätten sich nämlich nach ihren persönlichen Verhältnissen und den konkreten Umständen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der weiteren Auszahlung von UVG-Leistungen für ihren Sohn ab Dezember 2014 aufdrängen müssen, denen sie hätte nachgehen müssen.

Zwar hatte die Klägerin zunächst davon ausgehen können, dass sie mit der wahrheitsgemäßen Mitteilung ihrer Heirat in dem ihr vom Beklagten extra zu Überprüfungszwecken übersandten Fragebogen Ende Oktober 2014 ihren Auskunftspflichten aus § 6 Abs. 4 UVG insoweit – wenn auch verspätet – hinreichend nachgekommen war. Sie durfte aber, nachdem ihr gleichwohl für November 2014 als nächstem Auszahlungstermin weiterhin UVG-Leistungen für ihren Sohn ausgezahlt worden waren, nicht ohne Weiteres annehmen, dass der Beklagte die Information über ihre Heirat in dem Fragebogen zur Kenntnis genommen und daraus zudem die rechtlich zutreffenden Schlüsse gezogen hatte. Unter Berücksichtigung des der Klägerin im Merkblatt und in dem Bewilligungsbescheid vom 19.06.2012 gegebenen ausdrücklichen Hinweises, dass im Falle ihrer Heirat der UVG-Anspruch ihres Sohnes entfällt, hätte sich ihr vielmehr die Frage aufdrängen müssen, warum der Beklagte trotz ihrer Angaben in dem Fragebogen weiterhin UVG-Leistungen für ihren Sohn zahlte. Es wäre aus Sicht der Klägerin in dieser Situation naheliegend gewesen, dazu zumindest zunächst nochmals das ihr ausgehändigte Merkblatt und den Bewilligungsbescheid zu lesen, um sich zu vergewissern, ob die Weiterleistung gleichwohl rechtmäßig sein könnte. Das allerdings hätte die Klägerin erst recht an der Rechtmäßigkeit der weiterhin erfolgenden Auszahlung der UVG-Leistungen zweifeln lassen und für sie Veranlassung sein müssen, diese Zweifel umgehend durch weitere Erkundigungen, ggf. auch eine Rückfrage beim Beklagten auszuräumen (vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 22.04.1987, – 8 B 556/87 –, FamRZ 1987, 1191 f.).

4.

Der Beklagte hat zu Recht den vollen Betrag der rechtswidrig an den Sohn der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum gewährten UVG-Leistungen als Erstattungsforderung gegen die Klägerin festgesetzt.

a)

Als Rechtsfolge sieht § 5 Abs. 1 UVG zwingend die Geltendmachung einer Erstattungsforderung gegenüber dem schuldhaft handelnden Elternteil oder gesetzlichen Vertreter des begünstigten Kindes in der Höhe vor, die dem Leistungsbetrag entspricht, der infolge des schuldhaften Verhaltens bzw. der schuldhaften Unkenntnis zu Unrecht geleistet worden ist. Ermessen ist der Behörde insoweit nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht eingeräumt.

b)

Für die Erstattungspflicht der Klägerin aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG für den Zeitraum ab Dezember 2014 ist es der Höhe nach unerheblich, dass der Beklagte die weitere Auszahlung von UVG-Leistungen für ihren Sohn ab Dezember 2014 auch in eigener Verantwortung hätte verhindern können, wenn er die ihm von der Klägerin in dem Ende Oktober 2014 zurückgereichten Fragebogen gegebene Information zu ihrer Heirat zur Kenntnis genommen und unverzüglich zum technisch nächst erreichbaren Auszahlungstermin (Ende November 2014 für Dezember 2014) die rechtlich gebotene Einstellung der Zahlungen veranlasst hätte. Dieser Umstand berührt weder den der Klägerin insoweit zu machenden Fahrlässigkeitsvorwurf, noch ist ein daraus abzuleitendes „Mitverschulden“ des Beklagten an der weiteren Auszahlung der UVG-Leistungen mittels einer entsprechenden Anwendung von § 254 BGB zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen.

aa)

Allerdings wird in der Rechtsprechung und Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass die Schwere des behördlichen Mitverschuldens unter Umständen bei der Beurteilung des Ausmaßes des dem betreuenden Elternteil zu machenden Fahrlässigkeitsvorwurfs von Bedeutung sein könne (vgl. Helmbrecht, Unterhaltsvorschussgesetz, 5. Auflage 2004, § 5 Rz. 5, mit Hinweis auf einen nicht veröffentlichen Beschluss des OVG NW vom 17.03.2000 – 16 E 77/00 –, zum Fall einer Überzahlung nach Ablauf des gesetzlichen Leistungszeitraums) oder dass insoweit die Grundsätze des Mitverschuldens nach der Vorschrift des § 254 BGB entsprechend anzuwenden und ein behördliches Mitverschulden bei der Bemessung des Ersatzanspruches zu berücksichtigen sei (vgl. etwa VG Augsburg, Urteil vom 19.05.2009 – Au 3 K 08.1495 –, juris für den Fall einer Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen ohne vorherigen Nachweis sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen durch den Antragsteller; VG Aachen, Urteil vom 04.10.2010 – 2 K 911/08 –, juris, für den Fall einer unterlassenen Bearbeitung des von dem betreuenden Elternteil ausgefüllten Überprüfungsbogens; grds. dagegen aber VG Gießen, Gerichtsbescheid vom 26.04.2013 – 7 K 462/13.GI –, juris).

bb)

Ob ein etwaiges behördliches Fehlverhalten in der Verarbeitung dort vorhandener Informationen bei der Bemessung der Ersatzpflicht nach § 5 Abs. 1 UVG grundsätzlich von Bedeutung sein kann, braucht nicht abschließend geklärt zu werden. Denn weder berührt in der vorliegenden Konstellation der Umstand, dass der Beklagte in Folge der ihm Ende Oktober 2014 gegebenen Information zur Heirat der Klägerin nicht unverzüglich die rechtlich gebotenen Schritte zur Beendigung der Leistung an deren Sohn unternommen hatte, den der Klägerin zu machenden Fahrlässigkeitsvorwurf, noch ist insoweit ein maßgebliches Mitverschulden des Beklagten an der weiteren Auskehrung der Leistungen über den November 2014 hinaus festzustellen. Das ergibt sich aus dem Zeitablauf und aus dem in § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG festgelegten Tatbestandsmerkmal, auf das sich gesetzlich der Verschuldensvorwurf gegenüber dem erstattungsverpflichteten Elternteil bezieht. Dieses ist als zumindest fahrlässige Unkenntnis, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der UVG-Leistungen nicht (mehr) erfüllt waren, definiert. In der vorliegenden Konstellation ergibt sich der Fahrlässigkeitsvorwurf gegenüber der Klägerin insoweit aber gerade daraus, dass sie, nachdem sie ihre Heirat dem Beklagten angezeigt hatte, die fehlende Reaktion des Beklagten hierauf einfach hin- und die UVG-Leistungen für ihren Sohn weiter entgegennahm, obwohl sich ihr hätte aufdrängen müssen, dass es damit nicht seine Richtigkeit haben konnte. Die fehlende Reaktion des Beklagten auf ihre Mitteilung über ihre Hochzeit mindert demgemäß nicht den ihr zu machenden Fahrlässigkeitsvorwurf in Bezug auf ihre Vorstellung davon, ob sie gleichwohl weiterhin UVG-Leistungen für ihren Sohn beziehen konnte. Sie begründete vielmehr im Gegenteil angesichts der ausdrücklichen anderslautenden Hinweise in dem Merkblatt und in dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid gerade eine über die bloße Mitteilung der Heirat hinausgehende Verpflichtung der Klägerin, sich diesbezüglich nach Erhalt der UVG-Leistungen für November 2014 nochmals ggf. mittels einer Nachfrage bei dem Beklagten zu versichern.

Angesichts dieser gerade erst aus der fehlenden Reaktion des Beklagten auf die Mitteilung der Heirat resultierenden, zeitlich dem nachfolgenden weitergehenden Informationspflicht der Klägerin, der sie in zumindest fahrlässiger Weise nicht nachgekommen ist, liegt in der bloßen Nichtverarbeitung der Information seitens des Beklagten auch kein die Ersatzpflicht der Klägerin minderndes Mitverschulden des Beklagten an der weiteren Auskehrung der UVG-Leistungen (a. A. für eine vergleichbare Konstellation VG Aachen, Urteil vom 04.10.2010 – 2 K 911/08 –, juris Rn. 28). Denn mit ihrem insoweit zumindest fahrlässigen Verhalten hat die Klägerin logisch nachfolgend zu dem Informationsverarbeitungsfehler des Beklagten eine eigenständige weitere, ihr allein zurechenbare Ursache dafür gesetzt, dass es in der Folgezeit zur rechtswidrigen weiteren Auszahlung der UVG-Leistungen kam. Hätte die Klägerin sich, wie es die ihr abzuverlangende Sorgfalt geboten hätte, bei dem Beklagten nach der Auszahlung der UVG-Leistungen für November 2014 danach erkundigt, ob es damit trotz ihrer – inzwischen angezeigten – Heirat seine Richtigkeit habe, hätte der Beklagte das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Anlass genommen, die weitere Auszahlung sofort zu stoppen. Diesen Zusammenhang zwischen dem der Klägerin als betreuendem Elternteil in der gegebenen Konstellation konkret zu machenden Fahrlässigkeitsvorwurf und dem weiteren Schadenseintritt hat das VG Aachen in seiner Entscheidung vom 04.10.2010 nicht gewürdigt.

c)

Die Klägerin kann ihrer aus § 5 Abs. 1 UVG gegenüber dem Beklagten bestehenden Erstattungspflicht im Weiteren nicht entgegenhalten, der Beklagte könne oder müsse sich sogar zur Abwendung bzw. Kompensation eines Schadenseintritts infolge der nach ihrer Heirat rechtswidrig an sie ausgezahlten UVG-Leistungen vorrangig an den Beigeladenen wenden und von diesem Erstattung gemäß §§ 102 ff. SGB X verlangen, weil der Beigeladene ohne die Auszahlung der UVG-Leistungen für ihren Sohn in dem streitbefangenen Zeitraum für die Bedarfsgemeinschaft, der sie und ihr Sohn angehörten, höhere SGB II – Leistungen hätte gewähren müssen. Denn ein Erstattungsanspruch des Beklagten gegen den Beigeladenen wegen der Anrechnung der rechtswidrig gewährten UVG-Leistungen auf die vom Beigeladenen im streitbefangenen Zeitraum der Bedarfsgemeinschaft gewährten SGB II - Leistungen besteht weder aus § 103 Abs. 1 SGB X noch aus § 105 Abs. 1 SGB X, die dafür tatbestandlich allein in Betracht zu ziehen sind. Auch eine analoge Anwendung dieser Normen kommt nicht in Betracht (ebenso OVG Magdeburg, Beschl. vom 13.09.2018 – 4 L 194/17 –, juris, unter Bestätigung von VG Halle (Saale), Urt. vom 18.10.2017 – 7 A 1011/16 –, V. n. b.).

aa)

Nach § 103 Abs. 1 SGB X ist ein Sozialleistungsträger einem anderen Sozialleistungsträger zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn der letztgenannte Sozialleistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, auf die der Anspruch des Leistungsempfängers nachträglich entfallen ist, und wenn dadurch der erstgenannte Sozialleistungsträger entsprechende eigene Sozialleistungen gegenüber dem Leistungsempfänger erspart hat. Eine derartige Situation lag in dem streitbefangenen Zeitraum vom 11.01.2014 – 31.07.2015 aber nicht vor. Denn für diesen Zeitraum war der Anspruch des Sohnes der Klägerin auf Gewährung von UVG-Leistungen nicht nachträglich entfallen. Vielmehr bestand er ab dem Zeitpunkt der Heirat gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 3 UVG von vornherein nicht mehr. Im Übrigen setzt die Anwendung des § 103 Abs. 1 SGB X nach einhelliger Auffassung voraus, dass der Erstattung verlangende Sozialleistungsträger die von ihm gewährten Leistungen ursprünglich materiell rechtmäßig erbracht hat (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. vom 13.09.2018 – 4 L 194/17 –, juris Rn. 5 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Das war aber vorliegend nicht der Fall. Weil der Anspruch des Sohnes der Klägerin auf UVG-Leistungen im streitbefangenen Zeitraum infolge deren Heirat gerade nicht mehr bestand, hatte der Beklagte die Leistungen an ihn im streitbefangenen Zeitraum gerade nicht (zunächst) materiell rechtmäßig gewährt.

bb)

Der Beklagte hat für den streitbefangenen Zeitraum gegen den Beigeladenen auch keinen Erstattungsanspruch aus § 105 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Norm kann ein Sozialleistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, ohne dafür zuständig zu sein, Erstattung von demjenigen Sozialleistungsträger verlangen, der für die Erbringung zuständig gewesen wäre.

Auch die Anwendung des § 105 Abs. 1 SGB X scheitert im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil der Beklagte im streitbefangenen Zeitraum die UVG-Leistungen materiell rechtswidrig gewährt hatte. Im Übrigen greift § 105 Abs. 1 SGB X nach einhelliger Auffassung auch nur bei einem Verstoß gegen Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit ein. Liegt demgegenüber – wie hier – lediglich eine dem materiellen Recht widersprechende Leistungsgewährung vor, ist die Norm dagegen nicht anwendbar. Denn insoweit handelt der leistende Sozialleistungsträger nicht außerhalb seiner Zuständigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB X, sondern er wendet als für die beantragte und gewährte Sozialleistung sachlich und örtlich zuständiger Leistungsträger lediglich das materielle Recht falsch an (vgl. zum Ganzen auch ausführlich OVG Magdeburg, Beschl. vom 13.09.2018, a.a.O. Rn. 7, m. w. N.).

cc)

Eine analoge Anwendung von § 103 Abs. 1 SGB X oder § 105 Abs. 1 SGB X auf die vorliegende Konstellation einer materiell rechtswidrigen Gewährung einer Sozialleistung seitens des dafür grundsätzlich sachlich und örtlich zuständigen Leistungsträgers bei gleichzeitigem Bezug einer nachrangigen anderen Sozialleistung, auf die die rechtswidrig gewährte Sozialleistung als Einkommen angerechnet wird, ist nicht angezeigt. Dafür fehlt es bereits an einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in den §§ 102 ff. SGB X ein ausdifferenziertes System von Erstattungsansprüchen normiert und dabei den hier vorliegenden Fall nicht ausdrücklich erfasst. Angesichts des Umstandes, dass sich in der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum einhellig ein Normverständnis etabliert hat, wonach die hier vorliegende Konstellation von diesem Regelungssystem nicht erfasst wird, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eingeschritten wäre, wenn dieses Normverständnis seinem Regelungswillen nicht entsprechen würde.

5.

Die Klägerin kann gegen die Erstattungsforderung des Beklagten schließlich auch nicht einwenden, diese müsse ihr in entsprechender Anwendung des § 227 der Abgabenordnung (AO) vom Beklagten zumindest erlassen werden, weil sie und ihr Sohn auf Grund des rechtswidrigen Bezuges der UVG-Leistungen im streitbefangenen Zeitraum infolge deren voller Anrechnung auf die ihnen parallel vom Beigeladenen gewährten SGB II – Leistungen keinen Vorteil erlangt hätten und es zudem rechtlich nicht möglich sei, eine nachträgliche Korrektur der SGB II – Leistungsbescheide für den streitbefangenen Zeitraum zu erlangen (im Erg. ebenso VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 07.11.2012, Au 3 K 11.1417, juris Rn. 36).

a)

Nach § 227 Halbsatz 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Der BFH zieht einen derartigen Billigkeitserlass in gefestigter Rechtsprechung – allerdings regelmäßig nicht als tragendes Begründungselement – in einer Konstellation in Erwägung, in der nachträglich Kindergeld zurückgefordert wird, das materiell zu Unrecht bezogen und gleichzeitig auf parallel bezogene Sozialhilfeleistungen angerechnet worden war. Er verweist dazu darauf, dass eine nachträgliche Korrektur der Sozialhilfeleistungen zu Gunsten des Kindergeldempfängers rechtlich nicht möglich sei (u.a. BFH, Urt. vom 30.07.2009 – III R 22/07 –, juris Rn. 16). Weitergehend hat zuletzt das Thüringische Finanzgericht die Auffassung vertreten, dass in einer solchen Situation der Erlass der Forderung zwingend geboten und das gesetzlich eingeräumte Ermessen insoweit auf eine solche Entscheidung verdichtet sei. Der Gesetzgeber habe das nach Art. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10.11.1998 – 2 BvL 42/93 –, BVerfGE 99, 246 Rd. 54 m.w.N.). Der nach den Regelungen des SGB II sozialstaatlich gebotene Bedarf werde jedoch, wenn bei der Bedarfsbemessung das gezahlte Kindergeld als Einkommen angerechnet wurde, durch dessen Rückforderung nachträglich entzogen. Darin liege ein zum Erlass zwingender Wertungswiderspruch mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen, indem sich hierdurch der Staat im Ergebnis jegliche Leistung für das betroffene Kind in dem betroffenen Zeitraum erspart hätte, obwohl die Bedürftigkeit des Kindes im sozialrechtlichen Sinne insoweit unstreitig gegeben war. Ein solches Ergebnis würde das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verletzen, wie es der Gesetzgeber durch die Bestimmungen (hier) des SGB II – grundsätzlich verfassungskonform – ausgestaltet habe (Thüringer Finanzgericht, Urt. vom 27.03.2018 – 2 K 507/17 –, juris Rn. 14 ff., n. rk., unter Bezugnahme auf Sächsisches Finanzgericht, Urt. vom 07.11.2017 – 3 K 69/17 (Kg) –, juris, n. rk.).

b)

Es kann offen bleiben, ob die Regelung in § 227 AO als gesetzliche Normierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes aufgefasst werden kann, der entsprechend auf Rechtsverhältnisse außerhalb von Steuerschuldverhältnissen – namentlich wie vorliegend auf ein Rechtsverhältnis nach dem UVG – übertragen werden kann oder muss. Bereits daran bestehen allerdings deshalb Zweifel, weil der Gesetzgeber bisher offenkundig keinen Anlass gesehen hat, eine vergleichbare Regelung in allgemeiner Form im SGB I oder im SGB X oder zumindest im UVG gesetzlich zu verankern, obwohl die zu Grunde liegende Problematik gerade auch im Bereich des UVG durchaus häufiger auftritt. Zudem wird dem Gesetzgeber bekannt sein, dass eine nachträgliche Abänderung von SGB II – Leistungsbescheiden in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil insoweit eine nachträgliche Änderung der für die Entscheidung über die SGB II – Leistungen maßgeblichen Tatsachen in rechtlicher Hinsicht nicht eingetreten ist.

Darauf kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht an. Denn es liegt schon kein Sachverhalt vor, der mit der in der Finanzgerichtsbarkeit (streitig) behandelten Konstellation einer Rückforderung von Kindergeld für einen Zeitraum gleichzeitigen SGB II – Leistungsbezuges vergleichbar ist. Denn anders als bei einer Rückforderung von zu Unrecht bezogenem Kindergeld wird in Fällen der vorliegenden Art nicht die in der Vergangenheit rechtswidrig gewährte Sozialleistung zurückgefordert. Vielmehr bleibt der ursprüngliche, rechtswidrig gewordene Bewilligungsbescheid über UVG-Leistungen zu Gunsten des berechtigten Kindes gerade bestehen, was bedeutet, dass die rechtswidrig gewährte Sozialleistung bei dem davon rechtlich Begünstigten – vorliegend dem Sohn der Klägerin – in rechtlicher Hinsicht dauerhaft verbleibt. Die rechtswidrig gewährte Leistung stand darüber hinaus dem begünstigten Kind auch tatsächlich zur Verfügung, denn sie wurde seinerzeit an die Klägerin als dessen betreuendem Elternteil ausgekehrt. Daraus folgt, dass jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht die Rede davon sein kann, der Staat erspare sich mit der hier streitigen Festsetzung einer Erstattungsforderung gemäß § 5 Abs. 1 UVG im Ergebnis jegliche Leistung für das betroffene Kind in dem streitbefangenen Zeitraum, obwohl die Bedürftigkeit des Kindes im sozialrechtlichen Sinne vorlag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine tatsächliche Unterschreitung des verfassungsrechtlich vom Staat abzusichernden sozialstaatlichen Bedarfs des Kindes in Form des wirtschaftlichen Existenzminimums weder in der Vergangenheit eingetreten war, noch eine solche Unterschreitung infolge der streitbefangenen Festsetzung einer Erstattungsforderung gegen die Klägerin in Zukunft droht. Denn jedenfalls im Rahmen einer Vollstreckung der streitbefangenen Forderung gegenüber der Klägerin wären deren aktuelle Unterhaltspflichten gegenüber ihrem Sohn bei der Bemessung der Pfändungsfreigrenze zu beachten und damit ausgeschlossen, dass es in Folge einer solchen Vollstreckung wegen daraus resultierender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit der Klägerin gegenüber ihrem Sohn zu einer Unterschreitung von dessen sozialstaatlich gebotenem wirtschaftlichen Existenzminimum käme (ebenso OVG Magdeburg, a.a.O., juris Rn. 11).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag nicht gestellt und damit ein eigenes Kostenrisiko vermieden hat, besteht kein Anlass, seine außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.