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  • ab 01.01.2023 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 7 UFlurbRdErl - Vorläufige Anordnungen nach § 88 Nr. 3 i. V. m. § 36 FlurbG

Bibliographie

Titel
Unternehmensflurbereinigungen; Durchführung der Flurbereinigung unter Anwendung der §§ 87 ff. des Flurbereinigungsgesetzes
Redaktionelle Abkürzung
UFlurbRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
78350

Grundsätzlich sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor der Anordnung über die beabsichtigte Maßnahme in einer Versammlung, in Einzelgesprächen oder in anderer geeigneter Form zu informieren und aufzuklären.

7.1 Eine vorläufige Anordnung nach § 88 Nr. 3 i. V. m. § 36 FlurbG zugunsten des Unternehmens dient der Regelung eines vorübergehenden Zustandes und weist den Unternehmensträger in den vorzeitigen Besitz der Flächen ein.

Sie kann erlassen werden, sobald die Planfeststellung oder ein entsprechender Verwaltungsakt für das Unternehmen und der Flurbereinigungsbeschluss unanfechtbar oder sofort vollziehbar sind. Für den Unternehmensträger geltende Rechtsvorschriften über die vorzeitige Besitzeinweisung in anderen Gesetzen sind nach Anordnung des Unternehmensverfahrens nicht mehr anzuwenden, z. B. FStrG oder BauGB.

Alternativ zum Erlass einer vorläufigen Anordnung kann die Flurbereinigungsbehörde von den betroffenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern Bauerlaubniserklärungen einholen und kann möglichst gleichzeitig die damit verbundenen vorläufigen Entschädigungsfragen regeln. Die endgültige Regelung der Entschädigungsfragen erfolgt im Flurbereinigungsplan.

7.2 Das Erfordernis einer Flächenbereitstellung ist von der für das Unternehmen zuständigen antragsberechtigten Behörde mindestens ein halbes Jahr vorher schriftlich mitzuteilen, damit die Flurbereinigungsbehörde notwendige Wertermittlungen und Erhebungen durchführen und ggf. Ersatzflächen bereitstellen kann.

Die vorläufige Anordnung darf sich nur auf Flächen beziehen, die durch die Planfeststellung oder das entsprechende Verfahren für das Unternehmen bestimmt sind. Sie kann einzelne und mehrere Grundstücke oder Grundstücksteile betreffen.

7.3 Voraussetzung für die Flächenbereitstellung in Form der Einholung von Bauerlaubniserklärungen oder einer vorläufigen Anordnung gemäß § 88 Nr. 3 i. V. m. § 36 FlurbG ist die Vorlage der Kopie des aktuellen Grunderwerbsverzeichnisses der Planfeststellung des Unternehmensträgers.

Der Antrag auf vorläufige Anordnung ist

  • von der zuständigen Behörde schriftlich,

  • mindestens sechs Wochen vor dem Termin

zu stellen.

Darin sind

  • die Flächen zu bezeichnen; Angabe der Gemarkung, Flur und Flurstück,

  • die Flächen als Kartenausschnitt aus der Planfeststellung darzustellen und

  • die Flächengröße ist zu benennen.

7.4 Auf Antrag der für das Unternehmen zuständigen Behörde ist die sofortige Vollziehung der vorläufigen Anordnung auszusprechen, wenn die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorliegen. Der Unternehmensträger muss der Flurbereinigungsbehörde die Gründe für das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich mitteilen.

7.5 Die vorläufige Anordnung soll gleichzeitig die Entschädigung regeln; sie richtet sich nicht nach § 36 FlurbG, sondern nach § 88 Nrn. 3 und 4 FlurbG.

Maßgebend für die Art und den Umfang der Entschädigung ist das für das Unternehmen geltende Gesetz. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Geldentschädigung gilt § 88 Nr. 7 Satz 1 FlurbG.

7.6 Geldentschädigungen sind in der Regel zu leisten für

  • den Aufwuchs im Jahr der Inanspruchnahme. Grundlage für die Entschädigung ist der Rohertrag (Ernteertrag dt/ha × Preis dt/ha) der betroffenen Fläche abzüglich Einsparungen beim Bewirtschaftungsaufwand (z. B. bei der Bestellung, Düngung, Pflanzenschutz, Ernte). Soweit durch den Flächenentzug rechtlich gesicherte staatliche Beihilfen entfallen, sind diese zusätzlich zu entschädigen,

  • den Nutzungsausfall jährlich vom zweiten Jahr der Inanspruchnahme an. Zu ermitteln sind die regionalen Deckungsbeiträge, d. h. die um den eingesparten Bewirtschaftungsaufwand reduzierten Roherträge der Entzugsflächen. Die Deckungsbeiträge für die verschiedenen Fruchtarten sind in Abhängigkeit von den jeweiligen Ertrags-, Kosten- und Preisverhältnissen vor Ort zu berechnen. Der Deckungsbeitrag ist somit identisch mit dem Einkommensbeitrag, mit dem die auf der Entzugsfläche ausgeübten Produktionsverfahren am Gesamteinkommen beteiligt sind. Soweit durch den Flächenentzug rechtlich gesicherte staatliche Beihilfen entfallen, sind diese zusätzlich zu entschädigen.

7.7 Ist ausreichend Ersatzland vorhanden, kann die Zahlung von Geldentschädigungen ganz oder teilweise vermieden werden. Zu diesem Zweck sind alle zur Verfügung stehenden Flächen des Unternehmensträgers und auch der Teilnehmergemeinschaft heranzuziehen.

Die durch die Inanspruchnahme der Flächen entstandenen Nachteile gelten, unbeschadet etwaiger Ansprüche für Aufwendungen an dem entzogenen Grundstück, als ausgeglichen, wenn die Ersatzflächen den entzogenen Flächen nach Lage und Bodenwert entsprechen.

7.8 Der Zeitpunkt des Besitzentzuges ist möglichst vorausschauend und kostenschonend zu wählen. Unnötige Entschädigungsleistungen sind zu vermeiden. Im Kosteninteresse sind vorübergehend benötigte Flächen (Arbeitsstreifen usw.) der früheren Nutzungsberechtigten oder dem früheren Nutzungsberechtigten sobald wie möglich durch entsprechende Anordnung wieder zuzuweisen.

In der vorläufigen Anordnung, mit der der Besitz wieder zugewiesen wird, ist gegenüber dem Unternehmensträger auch festzusetzen, welche Maßnahmen zur Instandsetzung solcher Flächen durchzuführen sind.

7.9 Die Flurbereinigungsbehörde sorgt für die Ermittlung des Wertes der benötigten Grundstücke nach den §§ 27 ff. FlurbG, wenn und soweit es für die Bemessung der Entschädigung von Bedeutung ist. Ist die Wertermittlung noch nicht durchgeführt, genügt es in der Regel, wenn der Wert mit Hilfe der Ergebnisse der Bodenschätzung nach BodSchätzG später aus dem Wertermittlungsrahmen errechnet werden kann. Dazu ist das Werteverhältnis zu Vergleichsflächen zu bestimmen und ein Protokoll der Beschreibung des Bodenprofils unter Mitwirkung des Beteiligten zu fertigen.

Über wesentliche Bestandteile und sonstige Einrichtungen auf den Grundstücken ist zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten ein Wertnachweis zu fertigen; im Bedarfsfall sind Gutachterausschüsse für Grundstückswerte oder Sachverständige heranzuziehen.

7.10 Die Wirkung der vorläufigen Anordnung endet mit der vorläufigen Besitzeinweisung oder dem Eintritt des neuen Rechtszustandes. Zum selben Zeitpunkt sind auch die mit der Besitz- und Nutzungsregelung verbundenen Zahlungen von Geldentschädigungen einzustellen, sofern Besitz und Nutzung nicht bereits früher anderweitig geregelt worden sind.

Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 12 Satz 1 des RdErl. vom 9. Juni 2022 (Nds. MBl. S. 1227)