Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 01.06.2022, Az.: 3 U 32/22

Vorfälligkeitsentschädigung im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung des Dahlehens während der Sollzinsbindung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.06.2022
Aktenzeichen
3 U 32/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 66574
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 08.03.2022 - AZ: 4 O 226/21

In dem Rechtsstreit
1. A. R.,
2. E. K.,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte ...,
gegen
Kreissparkasse W.,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 1. Juni 2022 beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das am 8. März 2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Kläger begehren die Rückzahlung einer an die Beklagte geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.

Die Kläger schlossen als Verbraucher mit der Beklagten am 19./23. Dezember 2016 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 280.000,00 € zu einem bis zum 30. November 2026 gebundenen Sollzinssatz von 1,960 % pro Jahr. In Ziffer 10 des Vertrags, wegen dessen Inhalts im Übrigen auf die Anlage K 1 (Bl. 45 ff. d.A.) Bezug genommen wird, heißt es unter der Überschrift "Vorzeitige Rückzahlung/Vorfälligkeitsentschädigung":

10.1 Vorzeitige Rückzahlung

Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Abweichend hiervon kann der Darlehensnehmer im Zeitraum einer Sollzinsbindung nur dann vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht.

Im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung kann die Sparkasse eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen.

10.2 Vorfälligkeitsentschädigung

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sogenannte "Aktiv/Passiv-Methode". Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.

Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.

Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit - auf Basis des effektiven Jahreszinses - zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.

Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend.

Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:

- Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld;

- Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungsrechte;

- Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.

Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.

Die Kläger führten das Darlehen vor Ablauf der Sollzinsbindung an die Beklagte zurück, da sie das finanzierte Objekt veräußert hatten. Unter dem 21. Oktober 2019 teilte die Beklagte den Klägern schriftlich mit (Anlage K 2, Bl. 33 f. d.A.), dass bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 36.818,07 € zu leisten sei. Hierüber schlossen die Parteien noch einmal eine gesonderte "Vereinbarung über die vorzeitige Rückzahlung der Darlehensrestschuld gegen Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts" (Anlage KE 1, Bl. 92 d.A., im Folgenden: Rückzahlungsvereinbarung), bevor der Betrag im Dezember 2019 vom Konto der Kläger an die Beklagte gebucht wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Mai 2020 (Anlage K 3, Bl. 25 ff. d.A.) forderten die Kläger die Beklagte auf, die Vorfälligkeitsentschädigung zu erstatten. Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 11. Mai 2020 (Anlage K 4, Bl. 28 d.A.) zurück.

Die Kläger haben gemeint, sie hätten nach Veräußerung des finanzierten Objekts von ihrem Sonderkündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 2, § 488 Abs. 3 Nr. 2 BGB Gebrauch gemacht und den Darlehensvertrag mit der Beklagten jedenfalls konkludent gekündigt. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gehabt, da die Voraussetzungen des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorlägen. Im Darlehensvertrag seien die Vorgaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht hinreichend erfüllt, da die Beklagte die Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung nicht klar und verständlich mitgeteilt habe. Die Beklagte könne sich schließlich nicht auf die Rückzahlungsvereinbarung berufen, da es sich hierbei nicht um eine eigene Rechtsgrundlage für die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung handele.

Die Beklagte hat gemeint, § 502 Abs. 2 BGB finde schon mangels Kündigungserklärung auf die hier vorliegende Rückzahlungsvereinbarung keine Anwendung. Darüber hinaus enthalte der Darlehensvertrag alle erforderlichen Pflichtangaben. Schließlich stünde einem etwaigen klägerischen Anspruch jedenfalls § 814 BGB entgegen.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung und Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung auf dem Rechtsgrund der Rückzahlungsvereinbarung beruhe. Der Einzelrichter hat deshalb offengelassen, ob in der Ablösung der laufenden Finanzierung eine konkludente Kündigung der Kläger zu sehen sei und ob der Darlehensvertrag vom 19./23. Dezember 2016 die erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB enthalte. § 502 Abs. 2 BGB stehe dem Anspruch der Beklagten jedenfalls nicht entgegen, da die Zahlung der Entschädigung nicht auf einer etwaigen Kündigung, sondern auf der gesonderten Vereinbarung der Parteien beruhe. Sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit der Vereinbarung seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen. Sie meinen weiterhin, die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts komme es sehr wohl auf § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB an, da die Rückzahlungsvereinbarung dessen Anwendbarkeit nicht ausschließe. Die Ausschlussvoraussetzungen der Vorschrift lägen in Bezug auf die Angaben im Darlehensvertrag zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung vor. Diese Angaben der Beklagten seien nicht klar und verständlich, insbesondere sei der bloße Verweis auf finanzmathematische Rahmenbedingungen ungenügend. Diesbezüglich seien insbesondere die Grundzüge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 9. September 2021 (Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) maßgeblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 190 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Mitgläubiger 36.818,07 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Mai 2021 zu zahlen.

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, die Kläger als Mitgläubiger von der Inanspruchnahme der Kosten für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung durch die Prozessbevollmächtigten zu deren Aktenzeichen 20087/21 in Höhe eines Betrages von 2.150,57 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat nach derzeitiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und wird deshalb gemäß § 522 Abs. 2 ZPO, dessen übrige Voraussetzungen ebenfalls vorliegen, zurückzuweisen sein.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, da sie den unstreitig gezahlten Betrag von 36.818,07 € nicht ohne Rechtsgrund geleistet haben. Zwar dürfte der Rechtsgrund entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht bereits in der Rückzahlungsvereinbarung vom 30. November 2019 zu sehen sein (dazu nachfolgend unter 1.). Jedenfalls ergibt sich der Rechtsgrund aber aus den vertraglichen und gesetzlichen Regelungen zum Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung (dazu nachfolgend unter 2.). Es kommt nach alledem nicht mehr darauf an, ob ein etwaiger Rückzahlungsanspruch der Kläger nach § 814 BGB ausgeschlossen wäre.

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürfte allerdings die am 30. November 2019 von den Parteien abgeschlossene Rückzahlungsvereinbarung ("Vereinbarung über die vorzeitige Rückzahlung der Darlehensrestschuld gegen Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts") keinen vom Darlehensvertrag unabhängigen Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB darstellen.

a) Maßgeblich dafür, ob die Parteien mit dem Abschluss der Vereinbarung einen neuen Schuldgrund geschaffen haben, der als Rechtsgrund einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entgegensteht, ist ihr aus den gesamten Fallumständen zu ermittelnder Wille, der seinen Niederschlag in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Die Feststellung des Parteiwillens ist Auslegungsfrage, die grundsätzlich dem Tatrichter obliegt. Dabei ist davon auszugehen, dass der von einer Vertragspartei an die andere herangetragene Wunsch nach einer vorzeitigen Abwicklung gegen Zahlung eines angemessenen Aufhebungsentgelts nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel hat. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung des Aufhebungsentgelts im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die angestrebte Änderung des Darlehensvertrags erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen - zeitlich begrenzten - Erfüllungssperre, d.h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts (vgl. zu allem Vorstehenden: BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 -, Rn. 33, juris).

Wenn die Vorfälligkeitsentschädigung nach den o.g. Auslegungsgrundsätzen in Erfüllung von Forderungen aus dem modifizierten Darlehensvertrag geleistet wurde, kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Parteien, um die Darlehensverträge zu beenden, wechselseitig mehr zugestanden haben sollten, als sie im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags nach dem Gesetz hätten verlangen können. Auch in diesem Fall bleibt es vielmehr dabei, dass die Bedingungen einer vorzeitigen Erfüllung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB Gegenstand der Vereinbarung waren und die Aufhebungsentgelte auf eine aus den Darlehensverträgen resultierende Verpflichtung erbracht haben (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 34).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen spricht im vorliegenden Fall für eine Auslegung der Rückzahlungsvereinbarung der Parteien als bloße Vorverlegung der Erfüllung - und damit nicht als neuer Rechtsgrund -, dass die Kläger vor Abschluss dieser Vereinbarung weder einen Widerruf noch eine Kündigung des Darlehensvertrags erklärt haben. Vielmehr sind die Parteien ersichtlich übereinstimmend davon ausgegangen, dass ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung - und damit auch ein Rechtsgrund für diese Leistung - bereits im Rahmen des Darlehensvertrags bestand (nämlich nach dessen Ziffer 10.2 i.V.m. § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB in der auf den vorliegenden Vertrag anwendbaren Fassung vom 11. März 2016) und sich deshalb Zweck und Inhalt der Rückzahlungsvereinbarung in einer Vertragsmodifikation in Form der Vorverlegung des Erfüllungszeitpunkts des Darlehensvertrags erschöpften (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96 -, Rn. 17 ff., juris).

Der Hinweis des Landgerichts auf die Rechtsprechung des OLG Köln (Az. 13 U 179/15) überzeugt insoweit nicht, weil dieser Entscheidung nicht nur ein anderer Sachverhalt zugrunde lag (Aufhebungsvereinbarung nach vorherigem Widerruf), sondern auch eine andere Rechtslage (Darlehensvertrag aus dem Jahr 2006).

2. Jedenfalls ergibt sich der Rechtsgrund für die von den Klägern erbrachte Leistung aus § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Ziffer 10.2 des Darlehensvertrags. Zwar liegt keine Kündigung des Vertrags vor (dazu a). Dies ändert jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nichts daran, dass auf die vorzeitige Rückzahlung § 502 Abs. 2 BGB Anwendung findet, dessen Voraussetzungen für einen Ausschluss des Anspruchs auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung allerdings nicht vorliegen (dazu b).

a) Die Kläger haben den Darlehensvertrag nicht gekündigt.

Eine ausdrückliche Kündigung haben die Kläger unstreitig nicht erklärt. Entgegen ihrer Auffassung liegt auch keine konkludente Kündigung vor. Diesbezüglich fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag der für die behauptete Kündigung darlegungs- und beweisbelasteten Kläger, die weder ihr eigenes Schreiben an die Beklagte vorlegen, das der Antwort vom 21. Oktober 2019 (Anlage K 2, Bl. 23 d.A.) vorausging, noch substantiiert zu den Umständen und Ursachen des Zustandekommens der Vereinbarung vom 30. November 2019 vortragen. Allein die Tatsache, dass die Parteien hiermit die "Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts" vereinbart haben, spricht entgegen der Auffassung der Kläger nicht für eine vorherige konkludente Kündigung, weil der Darlehensnehmer nach § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB wie auch nach Ziffer 10.1 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags bei Bestehen eines berechtigten Interesses - wie es hier unstreitig vorlag - gerade auch ohne Kündigung zur vorzeitigen Darlehensrückzahlung berechtigt ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB; 82. Aufl., § 500 Rn. 3; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 22.07.2020, § 500 BGB Rn. 6). Darauf hat auch die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21. Oktober 2019 hingewiesen.

b) Nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, der - wie vorstehend ausgeführt - gerade nicht an die vorzeitige Kündigung, sondern an die "vorzeitige Rückzahlung" i.S.d. § 500 Abs. 2 BGB anknüpft, ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrages, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Diese Voraussetzungen für einen Anspruchsausschluss liegen hier nicht vor.

aa) Dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag die notwendigen Angaben zur Laufzeit (in Ziffer 4.4) und zum Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (in Ziffer 11) enthält, nehmen auch die Kläger nicht in Abrede.

bb) Die Angaben der Beklagten zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB sind entgegen der Auffassung der Kläger nicht unzureichend.

(1) Insoweit reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode aus, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Insbesondere bedarf es nicht der Angabe einer finanzmathematischen Berechnungsformel (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, Rn. 40 ff.).

Weitergehende Vorgaben zur Berechnungsmethode lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Entsprechend weist die Gesetzesbegründung zu § 502 BGB unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung darauf hin, dass der Anspruch als nach den §§ 249 ff. BGB zu berechnender Schadensersatzanspruch ausgestaltet ist (vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 87). In der Rechtsprechung ist dabei geklärt, dass der Darlehensgeber den Schaden, der ihm durch die Nichtabnahme oder durch die vorzeitige Ablösung eines Darlehens entsteht, sowohl nach der Aktiv-Aktiv-Methode als auch nach der Aktiv-Passiv-Methode berechnen kann (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 43 m.w.N.).

(2) Diesen Maßstäben hat die Beklagte durch die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung unter Ziffer 10.2 des Darlehensvertrags genügt, indem sie die von ihr gewählte "Aktiv/Passiv-Methode" erläutert und die wesentlichen Parameter für die Berechnung auf der Grundlage der für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungen und der Wiederanlagemöglichkeit des vorzeitig zurückgezahlten Kapitals angegeben hat. Hierdurch wird für den Darlehensnehmer nachvollziehbar in den wesentlichen Zügen dargestellt, wie sich der der Bank entgangene Gewinn ermittelt, der um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallende Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen und sodann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abzuzinsen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96 -, Rn. 35, juris).

Nähere Angaben zu den Details der Berechnung waren nach den vorstehend geschilderten Grundsätzen nicht geschuldet. Insbesondere musste die Beklagte keine Einzelheiten zu den bei der Ermittlung der Kapitalmarktrendite heranzuziehenden Schuldtiteln angeben (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. August 2021 - 24 U 270/20 -, Rn. 7, juris; Schwintowski, a.a.O., § 502 Rn. 13_3).

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung nicht aus der Verwendung des Wortes "Zunächst" in Ziffer 10.2 des Darlehensvertrags. Aus dieser Formulierung geht lediglich hervor, dass in den nachfolgenden Sätzen weitere, für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgebliche Informationen folgen, weshalb der folgende Satz konsequenterweise mit dem Wort "Zusätzlich" eingeleitet wird und die nachfolgenden Angaben ebenfalls die Formulierungen "ferner" und "zusätzlich" enthalten.

Wenn die Kläger darüber hinaus meinen, die Beklagte schulde über die Angabe der wesentlichen Parameter hinaus auch die Mitteilung, "wie diese Parameter zueinanderstehen bzw. verrechnet werden", ist dies aus den vorstehend angeführten Gründen jedenfalls insoweit unzutreffend, als gerade keine Mitteilung einer mathematischen Formel für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung geschuldet ist. Im Übrigen sind die Angaben der Beklagten in der Gesamtschau - wie bereits ausgeführt - nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Vorgaben sehr wohl geeignet, dem Darlehensnehmer in groben Zügen die wesentlichen Grundsätze der Aktiv/Passiv-Methode und die Berechnung des Zinsverschlechterungsschadens verständlich zu machen. Dass die dabei mitgeteilten zwei Positionen - nämlich einerseits der Gewinn der Beklagten bei Fortführung des Vertrags bis zum Ende der geschützten Zinserwartung und zum anderen der Gewinn aus der Wiederanlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel - miteinander verglichen werden müssen und die Differenz dieser beiden Positionen den Schaden der Bank ausmacht, ergibt sich bereits aus dem Einleitungssatz zur Erläuterung der Aktiv/Passiv-Methode. Eine darüberhinausgehende Erläuterung zum Verhältnis der verschiedenen Berechnungsparameter ist nach Auffassung des Senats - anders als vom Landgericht Rostock in der von der Berufungsbegründung zitierten Entscheidung (Az. 2 O 872/19) angenommen - nicht geschuldet (ebenso: LG Frankfurt, Urteil vom 25. November 2021 - 2-12 O 161/21 -, vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 11. Januar 2022, Bl. 131 ff. d.A.).

Schließlich greift auch der in erster Instanz erhobene Einwand der Kläger (vgl. Seite 5 der Klageschrift, Bl. 6 d.A.) nicht durch, die Beklagte habe "auf die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens abgestellt, ohne den Klägern offenzulegen, dass die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung allenfalls bis zum Ablauf der 10-jährigen Zinsbindung ... erfolgen kann". Denn die Beklagte hat in Ziffer 10.2. des Darlehensvertrags ausdrücklich klargestellt, dass die Sparkasse mit der Vorfälligkeitsentschädigung so gestellt werden soll, "als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre".

Die von den Klägern in der Klageschrift zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt vom 1. Juli 2020 (17 U 810/19, Rn. 65 ff., juris) ist vorliegend schon deshalb nicht einschlägig, weil sie lediglich den Fall betrifft, in dem der Darlehensgeber selbstständig über die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geschuldeten Angaben hinausgeht. Das war hier unstreitig nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung der Kläger rechtfertigt schließlich auch die Entscheidung des EuGH vom 9. September 2021 in den verbundenen Rechtssachen C -33/20, C-155/20 und C - 187/20 keine abweichende Beurteilung. Diese Rechtsprechung betreffend Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge ist, wie die ihr zugrundeliegende Richtlinie 2008/48/EG, auf grundpfandrechtlich gesicherte Immobiliardarlehen nicht anwendbar. So hat auch der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt, dass auf Fälle der vorliegenden Art weder die Richtlinie 2008/48/EG noch in der Folge das Urteil des EuGH vom 9. September 2021 Anwendung findet (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - XI ZR 599/20 -, juris; Beschluss vom 16. November 2021 - XI ZR 100/21 -, juris; Beschluss vom 8. Februar 2022 - XI ZR 161/21 -, juris, Beschluss vom 10. Mai 2022 - XI ZR 77/21 -, BGH-Homepage).

d) Gegen die Berechnung der von der Beklagten einbehaltenen Vorfälligkeitsentschädigung der Höhe nach haben die Kläger keine Einwendungen erhoben. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die in der Rückzahlungsvereinbarung noch einmal ausdrücklich vereinbarte Entschädigung die Grenze der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB übersteigt. Vielmehr ist die Berechnung der Beklagten unstreitig auf der Grundlage der vom Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten - nach Auffassung der Kläger "nur" nicht nachvollziehbar im Darlehensvertrag angegebenen - Grundsätze erfolgt.

III.

Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung, ggf. zur Rücknahme derselben binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.