Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.06.2022, Az.: 9 U 4/22

Rückzahlung des Wertes einer atypisch stillen Beteiligung an einer GmbH ; Rückzahlung wegen sechs Genussrechtsbeteiligungen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.06.2022
Aktenzeichen
9 U 4/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 70047
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 14.01.2022 - AZ: 5 O 394/20

In dem Rechtsstreit
1. A. P., ...,
2. W. P., ...,
Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro A., ...,
gegen
XX Limited, ...,
Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro G., ...,
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2022 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten - das am 14. Januar 2022 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert und - als Schlussurteil - insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1 61.689 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 20.000 € seit dem 1. April 2018 und auf weitere 41.689 € seit dem 13. August 2019 sowie an den Kläger zu 2 37.812 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. August 2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin zu 1 nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Wertes einer atypisch stillen Beteiligung in Anspruch, welche sie an einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der D. ... GmbH mit Sitz in F., erworben hatte (Anl. K 3, Bd. I, Bl. 34 d. A.). Weiter nimmt sie die Beklagte auf Rückzahlung wegen sechs Genussrechtsbeteiligungen in Anspruch, welche sie an einer anderen Rechtsvorgängerin der Beklagten, der T. ... AG mit Sitz in Österreich, gehalten hatte (Anl. K 19, K 20, K 22 bis K 25, Bd. I, Bl. 59 ff., 65 ff. d. A.).

Der Kläger zu 2 nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Wertes zweier atypisch stiller Beteiligungen in Anspruch, welche auch er an der D. ... GmbH erworben hatte (Anl. K 4 und K 5, Bd. I, Bl. 34 d. A.).

Die Kläger haben ihre Beteiligungen mit von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (vgl. Anl. K 14 und K 16, Bd. I, Bl. 49 und 51 d. A.) bestätigter Wirkung zum 31. Dezember 2017 bzw. 31. Dezember 2020 ordentlich gekündigt. Zusätzlich haben sie mit Schreiben vom 29. Juli 2019 (Anl. K 26, Bd. I, Bl. 77 unten d. A.) die außerordentliche Kündigung erklären lassen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bd. IV, Bl. 732 ff. d. A.) wegen der näheren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat unter Bejahung seiner internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie einer wirksamen Klageerhebung der Klage nur hinsichtlich des auf Abrechnung der stillen Beteiligungen gerichteten Hilfsantrags stattgegeben. Im Übrigen, also hinsichtlich des auf Zahlung gerichteten Hauptantrags insgesamt und - betreffend die Genussrechtsbeteiligungen der Klägerin zu 1 - des hilfsweise im Wege einer Stufenklage zunächst auf Abrechnung und anschließend auf Zahlung gerichteten Begehrens, hat es die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, die Klägerin zu 1 könne auch bei einer (vom Landgericht offengelassenen) wirksamen Beendigung ihrer Genussrechtsbeteiligungen einen Rückzah-lungs- oder Schadensersatzanspruch allenfalls in Höhe des Nennwerts ihrer Beteiligungen abzüglich eines Verlustanteils geltend machen. Insoweit habe die Beklagte substantiiert und unter Bezugnahme auf die Bilanzen ihrer Rechtsvorgängerin vorgetragen, dass im Streitfall Verluste eingetreten seien, die anteilig den Nennbetrag der Genussrechtsbeteiligungen der Klägerin zu 1 überstiegen. Diesen Vortrag habe die Klägerin nicht zureichend bestritten. Hinsichtlich der stillen Beteiligungen könnten die Kläger, auch in Ansehung ihrer berechtigten außerordentlichen Kündigung, nur verlangen, so gestellt zu werden, als habe die grenzüberschreitende Verschmelzung der Gesellschaft, an der sich die Kläger als stille Gesellschafter beteiligt hätten, auf die Beklagte nicht stattgefunden. Dann aber wäre zunächst ein etwaiges Auseinandersetzungsguthaben der Kläger zu ermitteln, weshalb nur dem hierauf gerichteten Hilfsantrag, nicht bereits dem auf Zahlung gerichteten Hauptantrag stattzugeben sei.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Parteien.

Die Kläger verfolgen ihre erstinstanzlichen Prozessziele, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang weiter. Sie machen geltend, ihnen stehe entgegen der Ansicht des Landgerichts wegen der - vertragswidrigen und zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden - Beendigung der mit ihnen bestehenden atypisch stillen Gesellschaft ein Abfindungsguthaben nach Maßgabe des stillen Gesellschaftsvertrags (Anl. K 6, Bd. I, Bl. 37 ff. d. A.) zu. Maßgeblich sei insoweit der von ihnen eingezahlte Einlagebetrag, auch wenn bzw. gerade weil die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin das Abfindungsguthaben nicht vertragsgerecht abgerechnet hätten. Vielmehr verdeutlichten die Mitteilungen vom Februar 2019 betreffend die stillen Beteiligungen (Anl. K 16, Bd. I, Bl. 51 ff. d. A.), dass sich die Beklagte in widersprüchlicher Weise und mit unzutreffender Begründung berechtigten Abfindungsbegehren zu entziehen suche. Hinsichtlich der Genussrechtsbeteiligungen stehe der Klägerin zu 1 entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 100 % der hierauf geleisteten Einlagezahlungen zu. Nachdem die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin die Genussrechtsbeteiligungen durch die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zum Untergang gebracht hätten, hafte die Beklagte, wie zahlreiche Obergerichte in gleich gelagerten Fällen bereits entschieden hätten, für den der Klägerin zu 1 hierdurch entstandenen Schaden. Hinsichtlich der Höhe des Rückerstattungsanspruchs der Klägerin sei als Ausgangsbetrag der Berechnung nach § 6 Abs. 4 der Genussrechtsbedingungen der (im Streitfall auch den geleisteten Einlagen entsprechende) Nennwert der Anlagen anzusetzen. Zu insoweit abzugsfähigen Verlustanteilen habe die Beklagte nichts Überprüfbares vorgetragen. Den unzureichenden Vortrag der Beklagten brauche die Klägerin nicht in weitergehender Weise als geschehen zu bestreiten. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Prozessziel vollständiger Klagabweisung weiter. Sie hält die Rüge fehlender internationaler Zuständigkeit aufrecht und macht geltend, die die stillen Beteiligungen betreffenden Kündigungen der Kläger gingen ins Leere, weil die Emittentin der Beteiligungen durch die Umwandlung erloschen sei und die Beteiligungen daher beendet gewesen seien. Einer Zustimmung der Kläger zu der Verschmelzung habe es nicht bedurft.

Bevor die Kläger eine Leistungsklage erheben könnten, hätten sie zudem zunächst ein Spruchverfahren anzustrengen. Den Klägern sei durch die grenzüberschreitende Verschmelzung der Beteiligungsgesellschaft auf die Beklagte, auch wenn diese die stillen Beteiligungen zum Erlöschen gebracht habe, zudem kein Schaden entstanden, weil die Beteiligungen zum Zeitpunkt ihrer Beendigung wertlos gewesen seien. Außerdem seien den Klägern als Wertausgleich gleichwertige "B-Anteile" an der Beklagten gewährt worden, weshalb es im Übrigen auch an einem Grund für die - zudem als verfristet anzusehende - außerordentliche Kündigung fehle.

Im Übrigen verteidigen die Parteien die angefochtene Entscheidung, soweit sie zu ihren Gunsten ausgefallen ist, unter Wiederholung und Vertiefung ihres jeweiligen erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Kläger erweist sich als begründet, die der Beklagten dagegen als unbegründet.

Den Klägern steht, wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, gegen die Beklagte ein Anspruch wegen der vertragswidrigen Beendigung der von ihnen eingegangenen stillen Beteiligungen zu. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dieser Anspruch jedoch nicht zunächst lediglich auf die Ermittlung von Auseinandersetzungsguthaben der Kläger gerichtet. Vielmehr können die Kläger im Streitfall die Rückzahlung des den Nennbeträgen (soweit die Kläger darauf Einzahlungen geleistet haben) folgenden Werts ihrer Beteiligungen verlangen, weshalb die hierauf gerichtete Berufung der Kläger, im Gegensatz zu dem auf Klagabweisung insgesamt gerichteten Rechtsmittel der Beklagten, Erfolg hat.

Anders, als das Landgericht meint, steht der Klägerin zu 1 darüber hinaus ein Anspruch hinsichtlich der von der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin zum Untergang gebrachten Genussrechte zu; auch insoweit ist auf die Berufung der Klägerin zu 1 hin die angefochtene Entscheidung abzuändern und der Klage im Sinne des Hauptantrags der Klägerin stattzugeben.

Im Einzelnen ist Folgendes festzuhalten:

1. Internationale Zuständigkeit

Der - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobene, indes nicht näher ausgeführte - Angriff der Berufung gegen die Erwägungen des Landgerichts, mit denen dieses seine internationale Zuständigkeit nach Artt. 17 Abs. 1 lit. c, 18 Abs. 1 EuGVVO bejaht hat, bleibt aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.

2. Stille Beteiligungen der Kläger

a) Entgegen der mit ihrer Berufung weiter verfolgten Auffassung der Beklagten ist die auf Ansprüche der Kläger wegen der stillen Beteiligungen gerichtete Klage nicht deswegen unstatthaft, weil es insoweit der Durchführung eines Spruchverfahrens nach dem SpruchG bedurft hätte. Die Kläger begehren keine aus gesetzlichen Bestimmungen des UmwG (sh. im Einzelnen § 1 Nr. 4 SpruchG) herrührende, im Verfahren des Spruchverfahrensgesetzes zu bestimmende Zuzahlung oder Barabfindung, sondern die in § 15 des "Vertrags über die Errichtung einer atypischen Gesellschaft" (Bd. I, Bl. 37 ff. d. A.) individualvertraglich geregelte Zahlung. Nach dieser Bestimmung steht den Klägern anlässlich der Beendigung der stillen Gesellschaft ein Abfindungsguthaben zu, dessen Ermittlung nach Maßgabe der genannten Bestimmung zu erfolgen hat.

b) Anders als die Beklagte meint, kommt es auch nicht auf die Wirksamkeit (insbesondere eine fristgerechte Erklärung) der außerordentlichen Kündigung der Kläger an. Den Klägern steht ein Abfindungsanspruch vielmehr bereits deswegen zu, weil die Beklagte (im Zusammenwirken mit ihrer Rechtsvorgängerin) schon durch die grenzüberschreitende Verschmelzung die stille Gesellschaft beendet hat. Dass die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin in der Lage gewesen sind, die grenzüberschreitende Verschmelzung ohne Zustimmung (oder auch nur vorherige Information) der Anleger, deren Beteiligungen dadurch zum Untergang gebracht worden sind, durchzuführen, ändert nichts daran, dass die Beklagte wegen der - zumal vertragswidrigen - Beendigung der Beteiligungen zu einer ordnungsgemäßen Auseinandersetzung verpflichtet gewesen ist. Weil sie eine solche nicht vorgenommen hat, können die Kläger die ihnen zustehende Abfindung jedenfalls als Schadensersatzanspruch geltend machen.

c) Zur Ermittlung der Höhe des Abfindungsanspruchs sind die Kläger als stille Gesellschafter nicht in der Lage, weshalb die Beklagte das Abfindungsguthaben zu errechnen, mitzuteilen und zu belegen gehabt hätte.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts müssen sich die Kläger unter den Umständen des Streitfalls nicht darauf verweisen lassen, im Wege der (von den Klägern nur hilfsweise erhobenen) Stufenklage die Beklagte zunächst auf Abrechnung der stillen Beteiligungen in Anspruch zu nehmen. Insoweit hat die Berufung der Kläger Erfolg.

Eine den Erfordernissen von § 15 des stillen Gesellschaftsvertrags genügende Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs der Kläger hat die Beklagte, obwohl seit der Beendigung der stillen Beteiligungen der Kläger mittlerweile mehr als drei Jahre verstrichen sind, nicht vorgenommen. Insbesondere genügt dazu nicht der in ihrer Berufungserwiderung (Bd. IV, Bl. 864 d. A.) wiederholte Verweis der Beklagten auf die Jahresabschlüsse ihrer Rechtsvorgängerin zum 31. Dezember 2017 und 31. März 2018 (Bd. II, Bl. 517 ff., 520 f. d. A.), aus denen sich ergeben soll, dass das stille Beteiligungskapital nahezu vollständig durch Verluste aufgezehrt gewesen sei (was den Abschlüssen nicht zu entnehmen ist, so ist etwa für 2018 dem Stand der Einlagekonten von gut 38 Mio. € ein Verlustkonto von knapp 28 Mio. € gegenübergestellt).

Angesichts dessen, dass die Beklagte eine vertragsgemäße Ermittlung des Abfindungsguthabens der Kläger bei ihrer Rechtsvorgängerin auch noch mehr als drei Jahre nach der Beendigung der Beteiligungen verweigert und vielmehr die Auffassung vertritt, mit der unüberprüfbaren Mitteilung, das von den stillen Gesellschaftern aufgebrachte Kapital sei aufgezehrt, sei eine Ermittlung des Abfindungsguthabens erfolgt, sind entgegen der Annahme des Landgerichts in Ermangelung anderer feststellbarer Rechengrößen die von den Klägern unwidersprochen vorgetragenen Einzahlungsstände der stillen Beteiligungen zugrunde zu legen. Weder hat die Beklagte die geschuldete, den Bestimmungen von § 15 des Beteiligungsvertrags genügende Ermittlung des Abfindungsguthabens vorgenommen, noch auch nur zu insoweit zu berücksichtigenden Rechenparametern (etwa dem Stand der Kapitalkonten, Gewinn- und Verlustbeteiligungen, Entnahmen) konkreten Vortrag gehalten.

Das gilt umso mehr, als der nicht mit überprüfbaren Einzeltatsachen substantiierte, geschweige denn belegte Vortrag der Beklagten, die stillen Beteiligungen der Anleger seien durch eingetretene Verluste vollständig entwertet, nicht ansatzweise damit in Einklang zu bringen ist, dass ihre Rechtsvorgängerin den Klägern noch im Februar 2019 mitgeteilt hat, die stillen Beteiligung hätten "rechnerische Werte" von zusammengenommen knapp 28.000 €, die mittelfristig erhalten und langfristig aufgrund guter Geschäftsaussichten und eines "Aufwertungspotenzials" noch erheblich gesteigert werden könnten (Anl. K 17, K 18 und K 21, Bd. I, Bl. 55 ff., 63 f. d. A.).

Angesichts des aus diesem widersprüchlichen Verhalten ersichtlichen Bemühens der Beklagten, sich von ihr von vornherein und in vollem Umfang in Abrede genommenen Abfindungsbegehren der Anleger zu entziehen, ist nicht ersichtlich, weshalb die Kläger, wie das Landgericht meint, im Streitfall auf eine vertragsgemäße Abrechnung der stillen Beteiligungen durch die Beklagte (die eine solche gerade verweigert) zu verweisen sein sollen.

d) Entgegen der Auffassung der Beklagten (Bd. IV, Bl. 866 f. d. A.) ist auch nicht davon auszugehen, dass den Klägern in Form von "B-Anteilen" an der Beklagten im Vergleich zu dernzum Untergang gebrachten stillen Beteiligungen gleichwertige Rechte gewährt worden sind.

Abgesehen davon, dass "B-Anteile" an einer nach dem Brexit im Vereinigten Königreich errichteten Limited nicht gleichwertig zu einer stillen Beteiligung an einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft sind, ist auch nicht ersichtlich, wie den Klägern ohne/gegen ihren Willen derartige "B-Anteile" überhaupt gewährt worden sein sollen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Anteile würden durch eine Treuhänderin für die Kläger als Treugeber gehalten, erscheint dies fernliegend: Ein Treuhandverhältnis kann nicht einseitig, ohne Zustimmung und Mitwirkung des Treugebers, sondern nur durch Abschluss eines entsprechenden Vertrages begründet werden. Dass die Kläger auf den Abschluss eines solchen Treuhandvertrages gerichtete Willenserklärungen abgegeben hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Jedenfalls aber sind die "B-Anteile" (mit ihrem Nominalwert von 0,001 € je Anteil) nicht der stillen Beteiligung der Kläger wirtschaftlich gleichwertig. Auch insoweit muss sich die Beklagte (mangels jeglichen nachvollziehbaren und belegten Vortrags zur Bewertung der Beteiligung) an der Mitteilung ihrer Rechtsvorgängerin zum Wert der Beteiligungen messen lassen.

3. Genussrechtsbeteiligungen der Klägerin zu 1

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin zu 1 auch ein Anspruch hinsichtlich der von der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin zum Untergang gebrachten Genussrechte aus den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst gestellten Genussrechtsbedingungen (die im Streitfall nicht zu den Akten gereicht, aber aus zahllosen Parallelverfahren senatsbekannt und zwischen den Parteien nicht streitig sind) zu. Die Forderung ergibt sich aus deren §§ 6 und 8, und zwar auch bei Anwendung österreichischen Rechts, namentlich der einschlägigen Regelungen des ABGB (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021, 20 U 24/20, juris; OLG Zweibrücken, Urteile vom 25. März und 20. Mai 2021, 4 U 137/20 und 4 U 34/20, juris; OLG Bremen, Urteil vom 1. Juli 2021, 3 U 39/20, juris; OLG Dresden, Urteil vom 3. März 2021, 5 U 1581/20, Anl. BK 10 im gesonderten Hefter).

Die Beklagte haftet für die seitens ihrer Rechtsvorgängerin eingegangene Verpflichtung aus § 6 Nr. 4 der Genussrechtsbedingungen, die "Genussrechte zu 100 % des Nennbetrages abzüglich eines etwaigen Verlustanteils zurückzuzahlen". Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass durch die vorgenommene grenzüberschreitende Verschmelzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf eine nach dem Brexit-Beschluss im Vereinigten Königreich gegründete Limited Company die Genussrechtsbeteiligungen der Klägerin zu 1 im Sinne von § 6 Nr. 3 der Genussrechtsbedingungen "vorzeitig vertragswidrig und in von der Gesellschaft zu vertretender Weise beende t" worden sind. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben damit gegen die in § 8 der Genussrechtsbedingungen übernommene Verpflichtung, den Bestand der Genussrechte durch einen Umwandlungsvorgang nicht zu berühren, verstoßen und schon damit den Rückzahlungsanspruch ausgelöst.

b) Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Beteiligungen auch durch die erklärten Kündigungen beendet worden wären und so die aus § 6 Nr. 4 der Genussrechtsbedingungen herrührende Verpflichtung ausgelöst hätten.

c) Entgegen der Annahme der Beklagten ist kein greifbarer Anhalt dafür ersichtlich, dass der Klägerin im Sinne von § 8 Nr. 2 der Bedingungen "gleichwertige Rechte an dem neuen/übernehmenden Rechtsträger eingeräumt" worden sind. Es ist schon nicht nachvollziehbar vorgetragen, was den Anlegern, die Genussrechte an einer in Österreich ansässigen Aktiengesellschaft gezeichnet hatten, in dieser Hinsicht "eingeräumt" worden und in welcher Weise dies geschehen sein soll. In den Rundschreiben der T. ... Anlegerverwaltung vom Februar 2019 (Anl. K 19 ff., Bd. I, Bl. 59 ff. d. A.) ist die Rede von einem "automatischen Wandel Ihrer Genussrechte/-scheine in Aktien" der Beklagten.

Abgesehen davon, dass "B-Anteile" (so die Berufungserwiderung der Beklagten) an einer nach dem Brexit im Vereinigten Königreich errichteten Limited nicht per se gleichwertig zu Genussrechten an einer österreichischen Kapitalgesellschaft sind, ist auch insoweit nicht ersichtlich, wie der Klägerin ohne/gegen ihren Willen derartige "B-Anteile" überhaupt gewährt worden sein sollen. Dass die Klägerin eine auf den Abschluss eines Treuhandvertrages gerichtete Willenserklärung betreffend " B-Anteile" oder "Aktien" an der Beklagten, zu deren wirtschaftlichem und realisierbarem Wert ihr keinerlei nachvollziehbare Informationen gegeben worden waren, abgegeben hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Insoweit kann die Klägerin zu 1 als Anlegerin die Rückzahlung ihrer Genussrechte "zu 100 % des Nennbetrags" abzüglich etwaiger Verlustanteile bezogen auf den maßgeblichen Stichtag beanspruchen. Zu den tatsächlichen Voraussetzungen derartiger Verlustanteile hat die Beklagte, die sich auf die Angabe bloßer Zahlen betreffend von ihrer Rechtsvorgängerin angeblich erwirtschaftete Verluste beschränkt, nichts auch nur im Ansatz Überprüfbares vorgetragen.

Ob die Nennwerte den wegen der vertragswidrig zum Untergang gebrachten Beteiligungen zu zahlenden Beträgen entsprechen, mag zwar unklar erscheinen; das allerdings geht nicht zu Lasten der Klägerin zu 1. Vielmehr ist "100 % des Nennbetrags" (so ausdrücklich § 6.4 der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verwendeten Genussrechtsbedingungen) der Ausgangsbetrag einer Berechnung der Rückzahlungsforderung, zu deren weiteren, der Klägerin als Anlegerin nicht bekannten Rechenparametern die Beklagte nichts Tragfähiges vorgetragen hat (vgl., ebenfalls auf die jeweiligen Nennbeträge der Beteiligungen abstellend, auch OLG Dresden, Urteil vom 3. März 2021 - 5 U 1581/20, S. 14, OLG Zweibrücken, Urteil vom 20. Mai 2021 - 4 U 34/20, S. 5, OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Mai 2021 - I-16 U 220/20, S. 10 f, OLG Stuttgart, Urteil vom 12. März 2021, 20 U 24/20, S. 25, OLG Hamm, Urteil vom 27. Oktober 2021 - I-8 U 215/20, S. 19, alle im gesonderten Anlagenhefter).

Dass sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten bis Ende 2016 Verbindlichkeiten von rd. 67 Mio. € ausgesetzt gesehen haben will (S. 13 ihres Schriftsatzes vom 18. Juni 2021, Bd. II, Bl. 381 d. A.) und dass bis zum selben Zeitpunkt rd. 58 Mio. € vom Genussrechtskapital zu tragende Verluste erwirtschaftet worden seien (S. 19 ebda., Bd. II, Bl. 387 d. A.), weshalb die Beklagte meint, nichts zahlen zu müssen, ist weder überprüfbar dargestellt noch belegt worden. Vielmehr ist der nunmehr gehaltene Vortrag der Beklagten, nämlich ihre Rechtsvorgängerin habe bis Ende 2016 vom Genussrechtskapital zu tragende Verluste in Höhe von kumuliert rd. 58 Mio. € erwirtschaftet, nicht ansatzweise damit in Einklang zu bringen, dass der Klägerin zu 1 noch im Februar 2019 mitgeteilt worden ist, der rechnerische Wert seiner Genussrechtsbeteiligungen belaufe sich auf insgesamt gut 37.000 € und sei bei einer Umwandlung der Anlage in "Stammaktien B mit einem Nennwert von 0,001 €" durch Realisierung eines Aufwertungspotenzials sogar zu steigern. In dem die Beteiligung mit der Vertragsnummer VAGXXXXXXXXX betreffenden Schreiben (Anl. K 25, Bd. I, Bl. 71 ff. d. A.) ist zudem die Rede davon, die "temporäre Abwertung auf ein Minimum" sei lediglich "aus rechtlichen und steuerlichen Gründen" erfolgt, weshalb der in dem Schreiben angesprochene Rückzahlungsbetrag von 0,00 € "weder den tatsächlichen Wert noch das mögliche zukünftige Wertsteigerungspotenzial des Investments widerspiegele". Träfe der Vortrag der Beklagten, in Wahrheit seien bereits bis Ende 2016 zu Lasten des Genussrechtskapitals gehende Verluste von rd. 58 Mio. € erwirtschaftet worden, zu, ließe sich der Inhalt der an die Klägerin als Anlegerin gerichteten Schreiben vom Februar 2019 schwerlich anders verstehen als als Versuch, sie durch wirtschaftlich vollkommen unzutreffende Angaben von einer Beendigung ihrer Beteiligungen abzubringen.

Mithin ist die (auf die Angabe "nackter" Zahlen beschränkte) Darstellung der Beklagten, die Genussrechte seien wertlos ("0,00 €") gewesen, entgegen deren Auffassung keinesfalls widerspruchsfrei mit den der Klägerin noch mit Schreiben vom Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Werten ihrer Genussrechtsbeteiligungen in Einklang zu bringen. Hinzu kommt, dass die Genussrechte nach § 5 Abs. 1 der Bedingungen allenfalls an dem Jahresfehlbetrag der Gesellschaft im jeweiligen Geschäftsjahr teilzunehmen hätten, nicht jedoch an Verlustvorträgen aus früheren Geschäftsjahren (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021, 20 U 24/20, juris, Rn. 105). Auf vermeintliche, in der Zeit bis 2016 entstandene Verluste (die der Klägerin als Anlegerin offenbar niemals mitgeteilt worden sind) kommt es mithin unter keinem Gesichtspunkt an.

Angesichts der Schreiben noch vom Februar 2019 gebotenen und überprüfbaren Vortrag dazu, wie und warum der Wert der Genussrechte der Klägerin zu 1 gleichsam von einem Tag auf den anderen gänzlich verloren gegangen sein soll, hält die Beklagte nicht. Die Beklagte beschränkt sich in unzureichender Weise darauf, tabellarisch und teils in englischer Sprache nicht näher vereinzelte Rechenpositionen, die den Vermögensstatus ihrer Rechtsvorgängerin betreffen sollen, wiederzugeben. Diese einer wirtschaftlichen Bewertung oder deren Überprüfung nicht zugänglichen allgemeinen (Rechts-) Ausführungen sind, zumal unter den Umständen des Streitfalls, kein zureichender Sachvortrag zu einer mit den Mitteilungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten nachvollziehbar zu vereinbarenden Ermittlung des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin als vormaligen Genussrechtsinhaberin.

Des Weiteren ergibt sich der Zahlungsanspruch auch ohne die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen daraus, dass durch die vorgenommene grenzüberschreitende Verschmelzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf eine nach dem Brexit-Beschluss im Vereinigten Königreich gegründete Limited Company die Genussrechtsbeteiligungen der Klägerin zu 1 im Sinne von § 6 Nr. 3 der Genussrechtsbedingungen "vorzeitig vertragswidrig und in von der Gesellschaft zu vertretender Weise beendet" worden sind. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben damit gegen die in § 8 der Genussrechtsbedingungen vertraglich übernommene Verpflichtung, den Bestand der Genussrechte durch einen Umwandlungsvorgang nicht zu berühren, verstoßen und damit den Rückzahlungsanspruch ausgelöst. Die Beklagte haftet daher für die seitens ihrer Rechtsvorgängerin eingegangene Verpflichtung aus § 6 Nr. 4 der Genussrechtsbedingungen, die "Genussrechte zu 100 % des Nennbetrages abzüglich eines etwaigen Verlustanteils zurückzuzahlen.

e) Wegen des Fehlens entsprechenden konkreten und überprüfbaren Vortrags der Beklagten zu den von ihr darzulegenden, für die Ermittlung des Abfindungsguthabens maßgeblichen Umständen ist es entgegen der Annahme des Landgerichts nicht an der Klägerin, (Sach-) Vortrag der Beklagten - den diese bei rechtem Licht betrachtet nicht gehalten hat - mit mehr als Nichtwissen zu bestreiten.

f) Eines Hinweises auf die der Senatsentscheidung zugrundeliegenden Erwägungen bedurfte es nicht, denn der Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten ist die Rechtsprechung des Senats aus diversen vorangegangenen Entscheidungen bekannt (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Mai 2022 zu 9 U 64/21, nachgehend BGH II ZR 92/22).

4. Die Nebenansprüche folgen aus §§ 280, 286, 288, 291 BGB.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor.