Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.05.2022, Az.: 3 U 154/21
Rechte des Darlehensnehmers nach Widerruf eines zur Finanzierung eines Pkw aufgenommenen Verbraucherdarlehensvertrages; Rechtsfolgen der Veräußerung des Pkw hinsichtlich des Leistungsverweigerungsrechts der Bank
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.05.2022
- Aktenzeichen
- 3 U 154/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 69685
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 28.07.2021 - AZ: 6 O 5/21
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
Nach Widerruf eines zur Finanzierung eines Pkw aufgenommenen Verbraucherdarlehens steht dem Darlehensgeber hinsichtlich der Ansprüche des Verbrauchers auf Rückgewähr der gewährten Leistungen kein Leistungsverweigerungsrecht bis zur Rückgabe des Pkw zu, wenn der Verbraucher das Fahrzeug veräußert hat.
In dem Rechtsstreit
S. W., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...,
gegen
M. AG, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2022 für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 28. Juli 2021 auf die Berufung des Klägers wird teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.779,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. März 2021 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen der Kläger zu 23 % und die Beklagte zu 77 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweils unterlegene Partei kann die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über den Widerruf einer auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.
Der Kläger erwarb im November 2016 bei der S. u. S. GmbH & Co. KG ein Fahrzeug des Herstellers M., Modell C 220 d T, zum Preis von 49.500,00 €. Zur Vollfinanzierung des Fahrzeugs schloss er mit der Beklagten am 19. November 2016 einen Darlehensvertrag (vgl. Anlage K1 Bl. 62 ff. d. A., Bd. I) über den Nettodarlehensbetrag von 49.500 € zu einem gebundenen Sollzinssatz von 2,95 % p.a. ab. Die Rückzahlung sollte durch 48 monatlich zu erbringende Raten, beginnend ab Dezember 2016, erfolgen.
Der Darlehensvertrag enthält die folgende Widerrufsbelehrung:
Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den zu den Akten gereichten Vertrag (Anlage K1, Bl. 62 ff. d. A. Bd. I) Bezug genommen.
Mit undatierter E-Mail (Anlage K2, Blatt 69 d. A., Bd. I), der Kläger trägt insoweit schriftsätzlich - unbestritten - das Datum 26. Juli 2020 vor, erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung, den die Beklagte mit Schreiben vom 10. August 2020 zurückwies. Am 2. Dezember 2020 wurde der streitgegenständliche Darlehensvertrag - auf Initiative des Klägers - um drei Monate verlängert. Durch Zahlung der Schlussrate in Höhe von 29.733,23 € wurde der Darlehensvertrag im März 2021 abgelöst. Bis zur vollständigen Ablösung des Darlehens im März 2021 zahlte der Kläger nach eigenem Vortrag insgesamt 54.279,72 € an die Beklagte.
Unter dem 7. April 2021 (Anlage B1, gesondert geheftet) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt geworden sei, händigte die Zulassungsbescheinigung Teil I an ihn aus, übertrug ihm das Eigentum an dem Fahrzeug und sämtliche weitere Sicherungsrechte.
Mit Kaufvertrag vom 23. März 2021 (Anlage K 1, Bl. 297 d. A., Bd. II) - mithin im Laufe des bereits angestrengten gerichtlichen Verfahrens - verkaufte der Kläger das finanzierte Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 19.000 € weiter. Den erzielten Kaufpreis zog der Kläger von seinem mit der Klage zunächst (in voller Höhe) geltend gemachten Zahlungsantrag ab, erklärte insoweit den ursprünglichen Klageantrag zu 1) für erledigt und formulierte durch Schriftsatz vom 6. Juli 2021 (Bl. 295 ff. d. A. Bd. II) angepasste Anträge.
Der Kläger hat bereits erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die gesetzliche Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen gewesen, weil die Widerrufsinformation fehlerhaft gewesen sei und er nicht alle erforderlichen Pflichtangaben erhalten habe.
Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Widerrufsinformation der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche dem Muster der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in der ab dem 21. März 2016 geltenden Fassung, weshalb die Gesetzlichkeitsfiktion eingreife. Der Kläger habe zudem die erforderlichen Pflichtangaben erhalten.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er meint, die Widerrufsinformation der Beklagten belehre nur unzureichend über den Beginn der Widerrufsfrist, weil der enthaltene Verweis auf die Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB gegen die Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie verstoße. Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Sie habe den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag fehlerhaft mit 4,06 € angegeben, obwohl der Verbraucher bei verbundenen Verträgen nach einem Widerruf keine Zinsen für die Inanspruchnahme des Darlehens zahlen müsse und sie in Ziffer IX. 5. ihrer Darlehensbedingungen auf die Zahlung von Sollzinsen für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens verzichtet habe.
Der Kläger meint weiter, er habe nicht alle erforderlichen Pflichtangaben erhalten. Insbesondere die Informationen zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung, zu den Auszahlungsbedingungen, zum Recht auf jederzeitige Rückzahlung des Darlehens, zur Fälligkeit der Teilzahlungen, zum Verzugszins und seiner Anpassung sowie zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren seien falsch oder unvollständig.
Der Kläger hat daraufhin zunächst beantragt, das am 28. Juli 2021 zum Aktenzeichen 6 O 5/21 verkündete Urteil des Landgerichts Hildesheim, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 35.279,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn Rechtsanwalt A. H. P., ..., in Höhe von 1.777,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Durch Schriftsatz vom 2. Mai 2022 hat der Kläger unter Zugrundelegung eines von ihm angenommenen Wertersatzanspruchs der Beklagten in Höhe von 17.154,29 € seine Anträge umgestellt. Er beantragt nunmehr:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 35.279,72 Euro abzgl. Wertersatz der Beklagten in Höhe von 17.154,29 Euro (für den Wertverlust am streitgegenständlichen Fahrzeug) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn Rechtsanwalt A. H. P., ..., in Höhe von 1.777,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.Mai 2022 vorsorglich erklärt, in eine teilweise Rücknahme der Klage einzuwilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise für den Fall des teilweisen oder vollständigen Obsiegens des Klägers beantragt sie widerklagend,
festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz für den bis zum Zeitpunkt seiner Herausgabe an die Beklagte eingetretenen Wertverlust des Fahrzeugs M. C 220 d T, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ..., zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beklagte könne sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Die Pflichtangaben seien ordnungsgemäß erteilt. Soweit der Kläger die Angaben zum außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren bemängele, sei der Vortrag verspätet, da hierzu bereits in erster Instanz hätte vorgetragen werden können. Infolge der Veräußerung des Fahrzeugs stünde der Beklagten zudem ein "ewiges" Leistungsverweigerungsrecht zu. Der Kläger habe seine Ansprüche aus den Widerruf durch die Veräußerung des Fahrzeuges überdies verwirkt. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass auf Veranlassung des Klägers das Vertragsverhältnis - nach Erklärung des Widerrufs - um drei Monate verlängert worden sei. Damit habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er an dem bisherigen Vertrag festhalte. Sein Verhalten sei demzufolge widersprüchlich.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 26. Januar 2022 (Bl. 427 ff. d. A., Bd. II) sowie auf den Schriftsatz vom 25. April 2022 (Bl. 535 ff. d. A., Bd. III) verwiesen.
Die Beklagte erklärt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht dem Klageantrag zu [hier] 1. für zulässig und zumindest teilweise begründet erachtet,
1. die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts aus § 357 Abs. 4 BGB und
2. die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Nutzungsersatz für die vereinbarten Sollzinsen in Höhe von 5.223, 23 € sowie
3. die Aufrechnung mit dem Anspruch der Beklagten auf Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeugs in Höhe von 30.500,- € zusätzlich unter der Bedingung, dass der Senat die Hilfswiderklage zumindest teilweise für unzulässig oder unbegründet halten sollte.
Der Kläger hat seine Wertersatzpflicht grundsätzlich anerkannt, allerdings nur hinsichtlich einer Wertersatzpflicht bis zum Eintritt des Annahmeverzuges. Er beziffert den Wertersatzanspruch der Beklagten - wie aus seinem Antrag zu 1. ersichtlich - auf 17.154,29 €. Im Übrigen beantragt der Kläger,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
II.
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Der Kläger hat den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag zwar entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam widerrufen (dazu im Folgenden unter 1.). Die geltend gemachte Hauptforderung (dazu im Folgenden unter 2.) sowie die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen (hierzu unter 3.) stehen dem Kläger letztlich aber nur teilweise zu. Die Hilfswiderklage ist unzulässig (dazu im Folgenden unter 4.).
1.) Der Kläger hat seine auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam durch Erklärung vom 26. Juli 2020 widerrufen.
a) Ursprünglich stand dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1, § 356b BGB zu.
b) Die 14-tägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen, da der Darlehensvertrag nicht alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB in hinreichendem Umfang enthielt (hierzu unter aa)), weshalb die Widerrufsfrist gem. § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen begonnen hat (hierzu unter bb)). Der Kläger hat das Widerrufsrecht auch nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt (hierzu unter cc)).
aa) Der streitgegenständliche Darlehensvertrag war jedenfalls in Bezug auf die nachfolgenden Pflichtangaben nicht hinreichend:
(1) Die Beklagte hat in dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag gem. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht hinreichend über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung informiert.
Nach § 502 Abs. 1 BGB kann der Darlehensgeber im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, wobei § 502 Abs. 3 BGB die Höchstgrenzen der Entschädigung festlegt. Die Beklagte hat die Höchstgrenzen auf Seite 1 des Darlehensvertrags als fixe Größen dargestellt, ohne klarzustellen, dass es sich um Höchstwerte handelt, die nur dann zum Tragen kommen, wenn die zu berechnende angemessene Vorfälligkeitsentschädigung diese übersteigt (vgl. dazu bereits BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 - XI ZR 288/19 - Rn. 24, juris).
Die fehlerhafte Angabe zur Vorfälligkeitsentschädigung hat nicht nur deren Unwirksamkeit zur Folge (hierzu s. u.), sondern auch, dass eine Berechnungsmethode für eine angemessene Entschädigung im Sinne des § 502 Abs. 1 BGB und Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 1 der RL 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) entgegen Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht mitgeteilt wird, so dass die Pflichtangabe nicht zureichend erteilt wurde (a. A. OLG Bamberg, Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2021 - 8 U 54/21, nicht veröffentlicht). Eine andere Auffassung führte dazu, dass eine Bank, die eine evident unwirksame Entschädigung durch Festlegung eines konkreten Betrages verlangen würde, im Hinblick auf den Lauf der Widerrufsfrist besser stünde, als eine Bank, die zwar die gesetzlichen Vorgaben zur Höhe einhielte, die Pflichtangaben jedoch nicht in hinreichendem Umfang erteilte.
(2) Ebenso fehlt es an hinreichenden Angaben im Darlehensvertrag zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner Anpassung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB.
Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 9. September 2021 (Az. C-33/20, C-155/20, C-187/20) unter Rn. 95 (zitiert nach juris) ausgeführt:
"Daher ist auf die erste Frage in den Rechtssachen C-33/20 und C-155/20 und die dritte Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass in dem Kreditvertrag der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben und der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben ist. Haben die Parteien des betreffenden Kreditvertrags vereinbart, dass der Verzugszinssatz nach Maßgabe des von der Zentralbank eines Mitgliedstaats festgelegten und in einem für jedermann leicht zugänglichen Amtsblatt bekannt gegebenen Änderung des Basiszinssatzes geändert wird, reicht ein Verweis im Kreditvertrag auf diesen Basiszinssatz aus, sofern die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen nach Maßgabe des Basiszinssatzes in diesem Vertrag beschrieben wird. Insoweit sind zwei Voraussetzungen zu beachten. Erstens muss die Darstellung dieser Berechnungsmethode für einen Durchschnittsverbraucher, der nicht über Fachkenntnisse im Finanzbereich verfügt, leicht verständlich sein und es ihm ermöglichen, den Verzugszinssatz auf der Grundlage der Angaben im Kreditvertrag zu berechnen. Zweitens muss auch die Häufigkeit der Änderung dieses Basiszinssatzes, die sich nach den nationalen Bestimmungen richtet, in dem fraglichen Kreditvertrag angegeben werden."
Diesen Anforderungen genügt die Darstellung auf Seite 1 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht. Ihr ist weder die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen noch die Häufigkeit der Änderung des Basiszinssatzes zu entnehmen. Dass diese Angabe für jedermann leicht zugänglich sind, reicht nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union gerade nicht aus. Zudem ist der bei Vertragsschluss geltende Verzugszinssatz nach der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union konkret anzugeben (Rn. 93, zitiert nach juris). Dem genügt die Darstellung im streitgegenständlichen Darlehensvertrag ebenfalls nicht. Soweit in der Rechtsprechung teilweise vertreten wird, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie über die Wortlautgrenze der nationalen Vorschrift des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 hinausgehe (LG München I, Urteil vom 13. Januar 2022 - 28 O 5167/21, nicht veröffentlicht) oder dass der Darlehensgeber bei Vertragsschluss darauf vertrauen durfte, dass die von ihm erteilten Pflichtangaben hinreichend seien (OLG Bamberg a.a.O.), teilt der Senat diese Auffassungen nicht. Die Argumentation unter Heranziehung der Wortlautgrenze scheitert schon daran, dass der nationale Gesetzgeber die Regelung des Art. 10 Abs. 2 lit. l) der Verbraucherkreditrichtlinie nahezu wortgleich in nationales Recht umgesetzt hat und Art. 10 Abs. 2 eine vollständige Harmonisierung der in Kreditverträge zwingend aufzunehmenden Angaben enthält (EuGH, Urteil vom 9. November 2016 - C-42/15, Rn. 56 ff., juris; EuGH, Urteil vom 26. März 2020 - C-779/18, Rn. 45, juris), womit dem deutschen Gesetzgeber nach Art. 22 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie verwehrt ist, abweichende Vorschriften zu erlassen, so dass von einer inhaltsgleichen Auslegung der europäischen als auch der nationalen Vorschriften auszugehen ist. Der Wortlaut der entsprechenden Normen steht der vom Gerichtshof der Europäischen Union getroffenen Auslegung nicht entgegen. Dass eine für den Vertragsschluss relevante Norm in einer nach Abschluss des Vertrags ergehenden Entscheidung anders ausgelegt wird, als von den Parteien bei Vertragsschluss angenommen, kann im Übrigen einen Vertrauensschutz nicht begründen, sondern ist Teil der Rechtsunsicherheit, die zwar durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung in möglichst geringem Maße zu halten, jedoch jedem Vertragsschluss immanent und nicht gänzlich vermeidbar ist. Könnte sich ein Vertragspartner beliebig auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, wenn eine aus seiner Sicht nachteilige Auslegung eines Gesetzes droht, bliebe für eine richterliche Rechtsfortbildung, normiert etwa in § 511 Abs. 4 Nr. 1, § 543 Abs. 2 Nr. 2, § 566 Abs. 4 Nr. 2 ZPO und § 132 Abs. 4 GVG, als anerkannte Gestaltungsmöglichkeit der Judikativen und damit Ausdruck der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1953 - 1 BvL 106/53 -, BVerfGE 3, 225-248 Rn. 44) kein Raum mehr.
Zur Angabe des Verzugszinssatzes hat sich nun auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. April 2022 - XI ZR 179/21 - umpositioniert und ausgeführt, dass bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46) die Information über den Verzugszinssatz nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (Aufgabe von Senatsurteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 52) erforderlich ist. Dieser Anforderung wird die Darstellung der Information der Beklagten nicht gerecht.
(3) Unzureichend sind darüber hinaus die Angaben zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren gem. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB.
Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Union in Rn. 138 (zitiert nach juris) ausgeführt:
"Nach alledem ist auf die sechste Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. t der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass im Kreditvertrag die wesentlichen Informationen über alle dem Verbraucher zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit diesen Verfahren verbundenen Kosten, darüber, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf per Post oder elektronisch einzureichen ist, über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt, anzugeben sind. Was diese Informationen betrifft, reicht ein bloßer Verweis im Kreditvertrag auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung oder auf ein anderes Schriftstück oder Dokument, in dem die Modalitäten der außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren festgelegt sind, nicht aus."
Nach dieser Maßgabe genügt die Information im streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht den Anforderungen des Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB. In den Darlehensbedingungen wird in Ziff. X.3. (Bl. 277 d. A., Bd. II) auf die Möglichkeit eines außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren hingewiesen. Es finden sich jedoch weder Regelungen zu den Kosten noch ist nach der nunmehr maßgeblichen EuGH-Rechtsprechung der Verweis auf die im Internet abrufbare Verfahrensordnung zureichend. Dabei ist es unerheblich, dass nach der im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags geltenden Verfahrensordnung für die Schlichtung von Kundenbeschwerden im deutschen Bankgewerbe, dort § 6 Abs. 2, eine Kostentragung des Bankenverbandes vorgesehen ist, den Kläger mithin keine Kosten treffen. Denn gerade um diesen Umstand weiß der Kläger mangels der hinreichenden Information nicht, was ihn von der Durchführung eines entsprechenden Verfahrens abhalten könnte. Zudem hat der Darlehensnehmer nach § 6 Abs. 3 der Verfahrensordnung die in eigener Person entstehenden Kosten selbst zu tragen, was sich aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht ergibt. Weitergehende Informationen zu den formalen Beschwerdevoraussetzungen als die Adresse der Beschwerdestelle, insbesondere zu den in § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung genannten Erfordernissen, enthält die Regelung in Ziff. X 3. der Darlehensbedingungen der Beklagten zudem nicht. Soweit auch hier vertreten wird, dass ein Vertrauensschutz des Darlehensgebers der von dem Gerichtshof der Europäischen Union getroffenen Auslegung entgegensteht (OLG Bamberg a.a.O.), gelten die obigen Ausführungen zur Pflichtangabe des Verzugszinssatzes entsprechend.
Dass der Kläger diesen Punkt erstmalig in der Berufungsbegründung aufgegriffen hat, dürfte entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zur Präklusion führen. Der Kläger hat die Widerrufsbelehrung bereits in erster Instanz als nicht ordnungsgemäß gerügt, so dass diese einer umfassenden rechtlichen Bewertung zu unterziehen sein wird. Eine abschließende Prüfung kann aber mit Blick auf die unzureichende Angabe der Beklagten in Bezug auf den konkreten Verzugszinssatz (s. o.) unterbleiben.
bb) Folge der fehlerhaften Pflichtangaben ist, dass die Widerrufsfrist gem. § 356b Abs. 2 BGB vorliegend nicht zu laufen begonnen hat (Senatsurteil vom 2. Februar 2022 - 3 U 51/21 -).
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu in Rn. 114 (zitiert nach juris) ausgeführt:
"Für die Beantwortung dieser Fragen ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/48 ergibt, die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn dem Verbraucher die Informationen gemäß Art. 10 dieser Richtlinie übermittelt wurden, sofern der betreffende Zeitpunkt nach dem Tag des Abschlusses des Kreditvertrags liegt. Besagter Art. 10 zählt die Informationen auf, die in Kreditverträgen anzugeben sind."
Zwar erfolgen diese Ausführungen zu den vorgelegten Fragen zur Verwirkung. Ihnen ist jedoch verallgemeinernd zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist generell nicht zu laufen beginnt, wenn eine der Informationen nach Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt wurde.
Dies ergibt sich auch daraus, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in Rn. 124 (zitiert nach juris) den Strafcharakter des Art. 14 Abs. 1 lit. b) VerbrKrRL hervorgehoben hat, wonach der Kreditgeber, der ihm die in Art. 10 der Richtlinie vorgesehenen Informationen nicht erteilt, hierfür bestraft werden soll.
(2) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten schließt auch die Regelung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB die Widerruflichkeit des Vertrages im vorliegenden Fall nicht aus.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB als Rechtsfolge neben § 356b Abs. 2 BGB tritt oder ob es sich bei den dort geregelten Folgen um hinreichende Sanktionen im Sinne des Art. 23 der Verbraucherkreditrichtlinie handelt, die eine Widerruflichkeit des Vertrages ausschließen.
Denn außer den Regelungen zur Vorfälligkeitsentschädigung, die bereits wegen ihres Verstoßes gegen § 502 Abs. 1, Abs. 3 BGB gemäß § 512 BGB in Verbindung mit § 134 BGB nichtig sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 - XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310-321 Rn. 24), unterfallen keine der weiteren unzureichenden Pflichtangaben dem Anwendungsbereich des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB oder sind anderweitig hinreichend sanktioniert. Ob der Wegfall des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung eine hinreichende Sanktion für die unzureichende Erteilung der entsprechenden Pflichtangabe darstellt (so noch BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 a.a.O. Rn. 25), ist im Lichte der zitierten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zweifelhaft, kann aber wegen der nachstehend näher auszuführenden fehlenden Sanktionierung der weiteren unzureichenden Pflichtangaben im Ergebnis offen bleiben.
(a) Der Anwendungsbereich des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB beschränkt sich auf Kosten, die entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nicht in der Vertragsurkunde angegeben wurden. Bereits die begriffliche Unterscheidung in § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB zeigt, dass der Gesetzgeber Zinsen nicht zu den Kosten zählt und an versäumte Angaben zu Zinsen folglich nicht den Wegfall des darauf gerichteten Anspruchs knüpft. Aber selbst wenn anzunehmen wäre, nicht nur § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB, sondern auch § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB gelte für Zinsen und Kosten, fiele der Verzugszins nicht darunter, denn mit Zinsen und Kosten im Sinne des § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB sind nur preisbestimmende Faktoren gemeint (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021 - 6 U 32/19 -, Rn. 34, juris; MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 494 Rn. 37).
(b) Eine analoge Anwendung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB auf fehlende Pflichtangaben kommt angesichts des Fehlens einer Regelungslücke, aber auch nach dem Zweck der Norm nicht in Betracht. Für den Fall der Heilung des Formmangels wegen fehlender Pflichtangaben (§ 494 Abs. 1 BGB) ordnet die Regelung in § 494 Abs. 2 bis 6 BGB als Sanktion für die Verletzung bestimmter Informationspflichten einzelne Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen an, um zum Schutz des Verbrauchers einen interessengerechten Inhalt des Vertrages zu gewährleisten. Das Gesetz sieht aber gerade nicht für sämtliche nach § 492 Abs. 2 BGB notwendigen Angaben Sanktionen vor und lässt sich deshalb auch nicht dahin verallgemeinern, dass der Unternehmer, der über seine Rechte gegenüber dem Darlehensnehmer unzureichend informiert, diese Rechte verliert (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021. a.a.O., Rn. 35). Die Sanktion der Nichtigkeit nach § 494 Abs. 1 BGB stellt sich wegen der regelmäßig nach § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB eingetretenen Heilung als keine echte Sanktion im Sinne der europarechtlichen Vorgaben dar.
Eine analoge Anwendung im Hinblick auf die fehlerhaften Angaben zum außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren führte zudem zu der Problematik, dass hier keine denkbare Sanktion der Beklagten in Betracht käme. § 494 Abs. 1 BGB verweist nicht auf Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB. Eine Sanktionslosigkeit von Verstößen gegen § 492 Abs. 2 BGB ist im Lichte europarechtlicher Vorgaben, insbesondere Art. 23 der Verbraucherkreditrichtlinie, die ausdrücklich von "abschreckenden" Maßnahmen spricht, nicht möglich. Mangels entsprechender anderweitiger gesetzlicher Vorgaben muss es daher bei dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall einer grundsätzlichen Rückabwicklung der Vertragsbeziehungen im Falle eines wirksamen Widerrufs verbleiben (so auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2021 - I-16 U 291/20 -, Rn. 29, juris).
(c) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger ist im vorliegenden Fall auch nicht rechtsmissbräuchlich. Insbesondere ergibt sich eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers in Gestalt der Verwirkung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug auch nach dem Widerruf im täglichen Gebrauch noch genutzt und später dann weiterverkauft hat (vgl. a. Senatsurteil vom 2. Februar 2022 - 3 U 51/21 -).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht die Verbraucherkreditrichtlinie keine zeitliche Beschränkung der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher für den Fall vor, dass ihm diese Informationen nicht erteilt wurden, so dass eine solche Beschränkung mithin auch nicht in einem Mitgliedstaat durch die nationalen Rechtsvorschriften auferlegt werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 117). Es ist dem Kreditgeber daher verwehrt, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß Art. 14 der Verbraucherkreditrichtlinie durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 118).
Zwar hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 31. Januar 2022 (Az. XI ZR 113/21) dem Gerichtshof der Europäischen Union erneut die Frage vorgelegt, ob Art. 14 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es den nationalen Gerichten nicht verwehrt ist, im Einzelfall bei Vorliegen besonderer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich oder betrügerisch zu bewerten mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden können. In seiner Begründung hat der Bundesgerichtshof allerdings aufgeführt, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (nur) dann in Betracht kommt, wenn es dem Darlehensnehmer nicht um die Rückabwicklung des Vertrages, sondern darum geht, das finanzierte Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung kostenfrei zurückgeben zu können (Rn. 74, zitiert nach juris), mithin neben die Weiternutzung des Fahrzeugs kumulativ noch die Negierung eines Wertersatzanspruchs der Bank tritt.
Dies ergibt sich auch daraus, dass sämtlichen unter dem Aktenzeichen XI ZR 113/21 durch den Bundesgerichtshof zusammengeführten Fällen gemein ist, dass die Berufungsgerichte einen Rechtsmissbrauch nur bejaht haben, wenn der jeweilige Kläger das Fahrzeug nach dem Widerruf weiter nutzt und gleichzeitig seine Pflicht zum Wertersatz negiert.
Hier steht der Annahme eines Rechtsmissbrauchs jedoch entgegen, dass der Kläger seine Pflicht zur Leistung von Wertersatz dem Grunde nach - wenn auch nur bis zum Eintritt des Annahmeverzuges - letztlich ausdrücklich anerkannt hat. Unerheblich ist insoweit, dass er selbst lediglich einen geringen Wertersatzanspruch der Beklagten von seinen eigenen Ansprüchen in Abzug bringt. Denn durch das Anerkenntnis hat er deutlich gemacht, dass er nicht gewillt war, das Fahrzeug kostenfrei zu nutzen, sondern die Beklagte für die weitere Nutzung zu kompensieren, auch wenn die Höhe der Kompensation im Einzelnen streitig ist.
2. Der Kläger kann von der Beklagten insgesamt Zahlung in Höhe von 4.779,72 € verlangen.
a) Nach dem Widerruf steht dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Rückgewähr der an die Beklagte bzw. die Verkäuferin geleisteten Zahlungen in Höhe von 54.279,72 € zu, wobei sich der Anspruch bezüglich der bis zu dem Widerruf geleisteten Zahlungen aus § 358 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB und der Anspruch bezüglich der nach Widerruf geleisteten Darlehensraten sowie der Schlussrate aus § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB ergibt.
b) Die Beklagte kann sich gegenüber den klägerischen Ansprüchen nach der Veräußerung des Fahrzeugs durch den Kläger nicht (mehr) auf ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 358 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 S. 1 BGB berufen.
aa) Grundsätzlich stand der Beklagten ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der bis zum Widerruf erbrachten Zahlungen zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat, der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat oder ihr das finanzierte Fahrzeug in den Annahmeverzug begründender Weise angeboten worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20, Rn. 14, juris).
Ob sich die Beklagte im Annahmeverzug befand, kann an dieser Stelle jedoch dahingestellt bleiben.
bb) Denn das etwaige Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten ist jedenfalls mit der Veräußerung des Fahrzeugs durch den Kläger entfallen.
(1) Die Auswirkungen der Veräußerung des Fahrzeugs auf die Vorleistungspflicht des Darlehensnehmers und das hieraus resultierende Leistungsverweigerungsrecht der Bank sind gesetzlich nicht geregelt. Insbesondere sieht § 357 Abs. 7 BGB eine Wertersatzpflicht nur für den Wertverlust der Ware, nicht für den Verlust der Ware, vor.
Zur Lösung der Problematik werden verschiedene Ansätze vertreten:
(a) In Betracht kommt eine aus § 355 Abs. 3 i.V.m. § 357 Abs. 1 BGB hergeleitete Pflicht zum Rückerwerb der Sache in den Grenzen des § 275 Abs. 2 BGB, soweit der Käufer zur Rückgabe und Rückübereignung bereit ist (Schneider/Stein: Vergessene Wertersatzvorschriften im Widerrufsrecht, NJW 2020, 1918 Rn. 11), womit das Leistungsverweigerungsrecht zunächst fortbestehen würde. Begründet wird diese Ansicht mit dem Wortlaut der Vorschriften sowie der Vergleichbarkeit der Rechtsfolgen des Widerrufs und derjenigen des Rücktritts. Bei letzteren ist im Rahmen des § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB die Unmöglichkeit der Rückgewähr als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal anerkannt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2008 - V ZR 131/07 -, BGHZ 178, 182-191 Rn. 16) und der Rückgewährschuldner daher etwa zur Beseitigung einer Belastung auf einem zurückzugewährenden Grundstück verpflichtet (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2008 Rn. 26). Wegen der Unterschiede zwischen den Rechtsfolgen des Widerrufs und derjenigen des Rücktritts wird diese Auffassung überwiegend abgelehnt (etwa BeckOGK/Mörsdorf, 1.9.2021, BGB § 357 Rn. 53).
(b) Die Pflicht zur Vornahme eines Ersatzkaufs wird dagegen einhellig abgelehnt, da es sich selbst im Falle einer ursprünglichen Gattungsschuld bei dem Rückgewähranspruch um eine Stückschuld handelt (BeckOK BGB/Müller-Christmann, 60. Ed. 1.5.2021, BGB § 355 Rn. 37).
(c) Zu erwägen ist zudem eine analoge Anwendung des § 357 Abs. 7 BGB bei Veräußerung der Sache mit der Folge des Fortfalls der Vorleistungspflicht. Dies wird jedoch mit Blick auf eine fehlende Planwidrigkeit der vorliegenden Regelungslücke abzulehnen sein, da die der Wertersatzvorschrift zugrundeliegende Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie) eine entsprechende Vorschrift nicht vorsieht und diese Richtlinie nach ihrem Art. 4 dem Grundsatz der Vollharmonisierung folgt, mithin der nationale Gesetzgeber gehindert war, abweichende bzw. ergänzende Vorschriften zu erlassen (so auch Schneider/Stein a.a.O. Rn. 42).
(d) In Betracht kommt auch ein "ewiges" Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers aus § 357 Abs. 4 BGB, das mit dem Wortlaut, der eben keine Ausnahme für den Verlust der Ware vorsieht, begründet werden kann, zumal der Darlehensnehmer im Falle der Veräußerung den Verlust der Ware selbst herbeigeführt hat (vgl. Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 357 Rn. 5).
(e) Letztlich ließe sich bei der Veräußerung des Fahrzeugs ein Ausschluss der Rückgabeverpflichtung des Darlehensnehmers nach § 275 Abs. 1, Abs. 2 BGB annehmen mit der Folge, dass er von seiner Pflicht zur Leistung frei wird und damit auch seine Vorleistungspflicht entfällt (vgl. Kohler, Verbraucherrechtliche Widerrufsabwicklung gemäß § 357 Abs. 4 BGB - Vorleistung oder funktionelles Synallagma, VuR 2018, 203, 208).
(f) Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für vorzugswürdig (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 2022 - 3 U 51/21).
Das Leistungsstörungsrecht und damit die Regelungen zur Unmöglichkeit sind nach der Systematik des Gesetzes auch auf die Leistungspflichten aus § 355 Abs. 3 BGB anwendbar.
Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 275 Abs. 1, Abs. 2 BGB die Leistungspflicht des Darlehensnehmers im Rückabwicklungsschuldverhältnis nicht entfallen sollte.
Insbesondere kann nicht angeführt werden, dass der Darlehensnehmer bei Veräußerung der Sache die Unmöglichkeit selbst herbeigeführt hat und hierdurch bewusst sein Leistungsverweigerungsrecht umgeht. Für die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1 BGB kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner die Unmöglichkeit selbst (bewusst) herbeigeführt hat oder nicht. Diese Frage kann lediglich im Rahmen der Abwägung nach § 275 Abs. 2 BGB, eines Vertretenmüssens bei Sekundäransprüchen und einer etwaigen Anwendbarkeit von § 242 BGB eine Rolle spielen, führt aber nicht zu einem Ausschluss des Unmöglichkeitsrechts. Zudem verbleibt der Veräußerungserlös in der Regel nicht beim Darlehensnehmer, da die Bank diesen gem. § 285 Abs. 1 BGB herausverlangen kann. Im Falle eines unter dem Marktpreis und dem objektiven Wert des Fahrzeugs liegenden Verkaufserlös kommt zudem nach § 285 Abs. 2 BGB ein weitergehender Schadensersatzanspruch der Bank in Betracht.
Ein Ausschluss des Unmöglichkeitsrechts hätte auch nicht auflösbare Wertungswidersprüche zur Folge. Mit einem "ewigen" Leistungsverweigerungsrecht würde man den Darlehensnehmer immer dann unbillig belasten, wenn ihm das Fahrzeug unverschuldet abhandenkommt, etwa entwendet wird. Eine Differenzierung nach verschuldeter und nicht verschuldeter Unmöglichkeit mit der Folge eines generellen Ausschlusses der Regelungen zur Unmöglichkeit bei einem Vertretenmüssen des Schuldners sehen die Vorschriften gerade nicht vor, so dass sich der Darlehensnehmer auch bei fehlendem Verschulden einem dauerhaften Leistungsverweigerungsrecht der Bank ausgesetzt sähe. Würde man das Vorliegen der Voraussetzungen des § 275 Abs. 1, Abs. 2 BGB bei einer Veräußerung des Fahrzeugs generell ablehnen, wäre es der Bank zudem verwehrt, sich auf aus der Unmöglichkeit resultierende Sekundäransprüche, insbesondere die Herausgabe des Surrogats nach § 285 Abs. 1 BGB, zu berufen. Dies wird immer dann unbillig sein, wenn der Darlehensnehmer den Vertrag bereits kurze Zeit nach Vertragsschluss widerruft, mithin nur geringe Zins- und Tilgungsleistungen erbracht hat, und das Fahrzeug zu einem deutlich höheren Preis veräußert.
Dieser Auffassung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass aus der Unmöglichkeit resultierende Sekundäransprüche der Sperrwirkung des § 361 Abs. 1 BGB unterfallen. Eine entsprechende Auslegung der Norm ist nicht mit der den Wertersatzvorschriften zugrundeliegenden Verbraucherrechterichtlinie, hier Erwägungsgrund 48, vereinbar, wonach die Nichterfüllung der Verpflichtungen sowohl des Unternehmers als auch des Verbrauchers im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts Sanktionen, die gemäß dieser Richtlinie in innerstaatlichen Vorschriften festgelegt sind, zur Folge haben soll. Die Art. 23, 24 der Verbraucherrechterichtlinie enthalten dem Erwägungsgrund 48 folgend Regelungen, nach denen die Einhaltung der Richtlinie durch innerstaatliche Sanktionen sicherzustellen ist. Die Anwendbarkeit des Unmöglichkeitsrechts mit der Folge der Herausgabepflicht aus § 285 BGB stellt eine entsprechende Sanktion dar.
(2) Vorliegend sind die Voraussetzungen des Ausschlusses der Leistungspflicht des § 275 Abs. 1, Abs. 2 BGB erfüllt.
(a) Dabei kommt bereits eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB in Gestalt der subjektiven Unmöglichkeit in Betracht, da der Kläger nach Veräußerung nicht mehr Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist und der Beklagten daher im Rahmen der Rückabwicklung kein Eigentum an dem Fahrzeug verschaffen kann. Lehnt man eine Rückkaufpflicht ab, kommt es auch nicht darauf an, ob die Käuferin des Fahrzeugs bereit wäre, dieses zurück an den Kläger zu veräußern. Im Ergebnis kann die Frage der subjektiven Unmöglichkeit jedoch dahingestellt bleiben.
Eine objektive Unmöglichkeit scheidet dagegen aus, da das Fahrzeug noch vorhanden sein dürfte, mithin eine Übertragung des Eigentums auf die Beklagte nicht für jedermann unmöglich ist.
(b) Der Kläger ist jedenfalls nach § 275 Abs. 2 BGB von der Leistung frei.
Die Vorschrift setzt voraus, dass es sich um eine im Grundsatz überwindbare Leistungsschwierigkeit handelt, die Leistung aber einen Aufwand verlangt, der in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers steht, wobei der Inhalt des Schuldverhältnisses, die Gebote von Treu und Glauben sowie ein etwaiges Vertretenmüssen des Schuldners zu berücksichtigen sind (vgl. MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 275 Rn. 73).
Vorliegend ist zu beachten, dass ein Rückkauf des Fahrzeugs regelmäßig mit großem Aufwand verbunden sein wird, da nicht sicher ist, ob die Käuferin das Fahrzeug selbst noch nutzt oder ob sie dieses nicht vielleicht weiterveräußert oder anderweitig abgegeben hat. Das Ergebnis eines Rückkaufs bleibt zudem unsicher, da derjenige Käufer, der sich zu dem Kauf eines Fahrzeugs entschieden hat, regelmäßig nicht bereit ist, das Fahrzeug wieder an den Verkäufer rückzuveräußern, jedenfalls nicht zu dem ursprünglichen Verkaufspreis, sondern allenfalls zu einem höheren.
Zudem hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit - unabhängig davon, dass ihr das Fahrzeug von dem Kläger unstreitig nicht tatsächlich angeboten worden ist - kein Interesse daran geäußert, das Fahrzeug zurückzuerhalten, zumal eine Bank regelmäßig nicht über ein Vertriebsnetz zur Veräußerung von Fahrzeugen verfügt und die Entgegennahme und die Veräußerung des Fahrzeugs daher mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden ist, der einem Erlangungsinteresse entgegensteht. Schließlich kann die Beklagte über § 285 Abs. 1 BGB den Verkaufserlös herausverlangen, ohne selbst tätig werden zu müssen.
Vor dem Hintergrund des äußerst geringen Erlangungsinteresses der Beklagten tritt das auf Seiten des Klägers zu berücksichtigende Vertretenmüssen der Unmöglichkeit zurück.
c) Die Forderung des Klägers ist auch nicht gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen.
Die Vorschrift findet lediglich auf gegenseitige Verträge Anwendung und setzt voraus, dass die gestörte Leistungspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis, dem sog. Synallagma, steht (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 326 Rn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 326 Rn. 2; BeckOK BGB/H. Schmidt, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 326 Rn. 4).
Zwar handelt es sich bei dem ursprünglichen Kaufvertrag, in den die Beklagte gem. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB nach dem Widerruf für die Rückabwicklung des Vertrages eintritt, um einen synallagmatischen Vertrag. Dies gilt jedoch nicht für das nach dem Widerruf entstandene Rückabwicklungsverhältnis, das sich als eigenes Rückabwicklungsregime und damit als ein Verhältnis sui generis darstellt (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, 1.9.2021, BGB § 355 Rn. 94), in dem die wechselseitigen Pflichten nicht in einem Synallagma stehen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 07. November 2001 - VIII ZR 213/00, Rn. 19, juris für das Rückabwicklungsschuldverhältnis nach den §§ 346 ff. BGB), was sich u. a. an der grundsätzlichen Vorleistungspflicht des Käufers zeigt (MüKoBGB/Fritsche, 8. Aufl. 2019, BGB § 357 Rn. 17). Demzufolge kann sich die Beklagte auch nicht auf ein Wahlrecht aus § 326 Abs. 3 Hs. 1 BGB berufen.
d) Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine Verwirkung der aus dem Widerruf des Klägers resultierenden Ansprüche berufen.
Die Rechtsausübung einer Partei stellt sich als unzulässig dar, wenn deren Verhalten nach dem Gesamtbild objektiv widersprüchlich ist, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121 Rn. 40; BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, Rn. 12, juris m. w. N.).
Der Annahme eines Rechtsmissbrauchs steht dabei nicht die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) entgegen. Denn der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich in dieser Entscheidung allein mit der Frage der Verwirkung der Ausübung des Widerrufsrechts auseinandergesetzt, nicht damit, ob die aus der Ausübung des Widerrufsrechts resultierenden Ansprüche wegen nach Ausübung des Widerrufsrechts hinzugetretener Umstände verwirkt sein können.
Ob die Annahme eines Rechtsmissbrauchs hinsichtlich der Widerrufsfolgen wie hinsichtlich der Ausübung des Widerrufsrechts nach europarechtlichen Erwägungen generell ausscheidet, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen im hier konkret zu beurteilenden Einzelfall nicht vor. Es fehlt jedenfalls an einem Umstandsmoment.
Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertreten wird, die Bank könne den Ansprüchen des Darlehensnehmers aus dem Rückgewährschuldverhältnis den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten, wenn der Darlehensnehmer auch nach der vollständigen Ablösung des Darlehensvertrags die Nutzung des finanzierten Fahrzeugs trotz des von ihm erklärten Widerrufs längere Zeit fortgesetzt hat, ohne zuvor den Darlehensgeber entsprechend seiner Vorleistungspflicht mit der Rückgabe des Fahrzeugs in Annahmeverzug gesetzt zu haben, da der Darlehensnehmer hierdurch massiv in das Rentabilitätsinteresse der Bank eingreift (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. November 2021 a.a.O., Rn. 35), folgt der Senat dieser Argumentation nicht.
Zwar dürfte das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs nach dieser Rechtsprechung erst recht dann zu bejahen sein, wenn der Darlehensnehmer - wie hier - das Fahrzeug nach der Ausübung seines Widerrufsrechts zunächst weiternutzt und schließlich weiterveräußert, da er damit (vorsätzlich) die Ansprüche der Bank aus dem Rückgewährschuldverhältnis vereitelt und nach den obigen Ausführungen auch die eigentlich bestehende Vorleistungspflicht zum Erlöschen bringt.
Die dahingehende Argumentation lässt jedoch unberücksichtigt, dass der Darlehensnehmer nach dem Widerruf seine Pflichten aus dem Rückabwicklungsverhältnis sofort erfüllen müsste - hier Übereignung des Fahrzeugs an die Bank -, ohne dass er auf absehbare Zeit mit einer Erfüllung seiner eigenen Ansprüche rechnen kann, da die Bank - wie hier geschehen - den Widerruf regelmäßig zurückweist und erst ein langwieriger Prozess zu führen ist, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen. Der Darlehensnehmer wäre dann in der Situation, von vornherein feststehend auf unbestimmte Zeit in Vorleistung treten zu müssen, um seine eigenen Ansprüche nicht durch Verwirkung zu verlieren, was mit Blick auf die Schutzrichtung der Verbraucherrechte unbillig erscheint. Dabei entspricht die Vorleistungspflicht zwar der gesetzgeberischen Wertung in § 357 Abs. 4 BGB, allerdings kann man dem Verbraucher keine unzulässige Rechtsausübung vorwerfen, wenn er in Kenntnis des Umstands, dass auf absehbare Zeit seine Ansprüche aus § 355 Abs. 3 BGB nicht erfüllt werden, dieser Vorleistungspflicht nicht nachkommt. Jedenfalls dann, wenn die Bank den Widerruf zurückweist, kommt eine Verwirkung des Widerrufsrechts nicht in Betracht, auch wenn der Darlehensnehmer die Darlehensraten zunächst weiterzahlt, das Fahrzeug weiter nutzt und etwaig veräußert. Denn die Bank darf, auch wenn sie sich mit der Annahme des Fahrzeugs nicht in Verzug befindet, bei Zurückweisung des Widerrufs nicht darauf vertrauen, dass der Kläger seine Rechte aus dem Widerruf nicht geltend machen wird. Zu berücksichtigen ist vorliegend insoweit auch, dass die Beklagte nicht schutzlos gestellt wird, sondern ihr im Falle der Weiternutzung Wertersatzansprüche zustehen, sowie dass der Kläger vorliegend nicht einmal sechs Monate nach Erklärung des Widerrufs Klage erhoben hat, um seine Rechte aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis durchzusetzen, und dass die Ablösung des Darlehens und die Veräußerung des Fahrzeugs erst während des laufenden Prozesses erfolgten. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte nicht mehr schutzwürdig darauf vertrauen, dass der Kläger seine Rechte aus dem Widerruf nicht wahrnehmen werde.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht durch die nach Erklärung des Widerrufs erfolgte Vertragsverlängerung. Obgleich die Verlängerung auf Initiative des Klägers erfolgte, der sich damit in Widerspruch zu seinem vorherigen Verhalten befunden haben könnte, konnte die Beklagte angesichts des zuvor erklärten Widerrufs und der bereits ca. einen Monat später erfolgten Klageerhebung letztlich nicht ernsthaft darauf vertrauen, dass der Kläger nicht an seinem Widerspruch wird festhalten wollen. Es tritt hinzu, dass es sich nicht um eine Verlängerung in Form einer Prolongationsvereinbarung handelte, sondern der Kläger offenbar nur ein späteres Zahlungsziel anstrebte und damit die Erfüllung hinausschob.
e) Die ursprüngliche Forderung des Klägers in Höhe von insgesamt 54.279,72 € ist überwiegend gem. § 389 BGB durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen. Die hierfür von der Beklagten aufgestellten prozessualen Bedingungen sind eingetreten. Insbesondere ist die Hilfswiderklage der Beklagten, durch die sie einen unbezifferten Feststellungsantrag gestellt hat, unzulässig (dazu im Folgenden unter Ziffer 4.).
aa) Der Kläger hat insoweit bereits den erzielten Verkaufserlös in Höhe von 19.000,00 € mit den ihm aus dem Rückabwicklungsverhältnis zustehenden Ansprüchen verrechnet, was als Aufrechnungserklärung nach § 388 Abs. 1 BGB mit dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe des Surrogats nach § 285 Abs. 1 BGB auszulegen ist und einen weiteren Betrag in Höhe von 17.154,29 € als Wertersatzanspruch der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 2. Mai 2022 (Bl. 553 ff. d. A., Bd. III) in Abzug gebracht, was der Senat ebenfalls als Aufrechnungserklärung auslegt.
bb) Die danach verbleibende, (noch) streitgegenständliche Forderung in Höhe von 18.125,43 € ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem - über den vom Kläger bereits berücksichtigten Wertersatzanspruch hinausgehenden - weiteren Wertersatzanspruch in Höhe von 13.345,71 € gemäß § 389 BGB erloschen.
Der Beklagten steht ein Anspruch auf Wertersatz in Höhe des von ihr bezifferten Betrages von 30.500,- € zu.
(1) Der Beklagten steht nach § 358 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 7 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware - hier des Fahrzeugs - zu.
Die Rechtsfolgen des Widerrufs, insbesondere auch im Hinblick auf eine diesbezügliche Wertersatzpflicht, ergeben sich aus dem nationalen Recht, dessen Auslegung nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, der Gesetzgebungsgeschichte und der Systematik der aufeinander bezogenen Normen eindeutig ist (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 22 ff, 29 ff., juris; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 a.a.O. Rn. 19).
Nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB sind auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags unabhängig von der Vertriebsform § 355 Abs. 3 BGB und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b BGB entsprechend anzuwenden. Danach gelten für alle Verträge ("unabhängig von der Vertriebsform") § 355 Abs. 3 BGB und ergänzend die Vorschriften entsprechend, die nach der "Art des verbundenen Vertrags" hypothetisch anwendbar wären, wenn dieser selbst widerrufen worden wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit ein Widerrufsrecht bestanden hat. Dies ist bei einem - wie hier - Vertrag über die Lieferung einer Ware die Vorschrift des § 357 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 22) und damit auch die Wertersatzpflicht nach § 357 Abs. 7 BGB.
Die Wertersatzpflicht setzt dabei im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 357 Abs. 7 BGB nicht voraus, dass der Darlehensgeber den Darlehensnehmer "nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 S. 1 Nummer 1 EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat". Es ist lediglich erforderlich, dass der Darlehensgeber den Verbraucher über eine mögliche Wertersatzpflicht unterrichtet (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2021 - 3 U 47/20, Rn. 59, juris; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 31 ff.; BGH, Urteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, Rn. 25, juris). Ein entsprechender Hinweis findet sich in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung.
Eine vom Kläger geforderte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs aus den oben genannten Gründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich.
(2) Der Wertverlust bemisst sich bereits nach dem Wortlaut des § 357 Abs. 7 BGB nach der Vergleichswertmethode. Danach hat der Kläger die Differenz zwischen dem unter Heranziehung der vertraglichen Gegenleistung zu ermittelnden Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen. Demgegenüber ist die sogenannte Wertverzehrmethode, die eine lineare Teilwertabschreibung aus dem Verhältnis der während der Vertragszeit gezogenen Nutzungen zu der Gesamtnutzungsdauer der Sache vornimmt und damit im Ergebnis einen Nutzungswertersatz darstellt, nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 525/19, Rn. 40, juris).
Bei der Bemessung des Wertersatzanspruchs ist auch die bei Anschaffung des Fahrzeugs verauslagte Mehrwertsteuer zu berücksichtigen (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 29. April 2021 - 5 U 131/20, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 22. September 2020 - 10 U 188/19, juris, jeweils ohne die Problematik zu erörtern).
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat dahingehend zwar mit Urteil vom 2. November 2021 (Az.: 6 U 32/19) entschieden, dass bei der Berechnung des Wertverlusts auf den Nettoverkaufswert abzustellen sei, da sich die Umsatzsteuer für den Verkäufer, auf den bei verbundenen Verträgen abzustellen sei, als durchlaufender Posten darstelle, da er den Steuerbetrag im Falle des Widerrufs gem. § 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UStG berichtigen könne.
Die Ansicht wird damit begründet, dass der Verkäufer, berücksichtigte man bei der Bemessung des Wertverlusts den ursprünglichen Bruttoverkaufspreis, bei Rückabwicklung infolge Widerrufs doppelt profitieren würde, nämlich zum einen, weil nach § 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UStG die Steuerbarkeit entfiele (BeckOK UStG/Hahn, 30. Ed. 30.8.2021, UStG § 3 Rn. 83), der Verkäufer mithin die ursprünglich vereinnahmte Mehrwertsteuer nicht abführen müsse, und zum anderen, weil sich der Wertersatz nach dem höheren Bruttoverkaufspreis bemesse.
Hiergegen spricht indes, dass der Kläger dem Verkäufer, an dessen Stelle die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung tritt, ursprünglich den Bruttoverkaufspreis gezahlt hat, mithin im Falle des Widerrufs der vollständige Bruttopreis gegenüber der Beklagten zu erstatten wäre. Die entfallende Steuerbarkeit stellt mithin keinen echten Vorteil dar. Andernfalls käme man vielmehr zu dem Ergebnis, dass selbst bei vollständigem Wertverlust der Käufer lediglich den Nettokaufpreis zurückzuerstatten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 09. April 2014 - VIII ZR 215/13, Rn. 12, juris; BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47-56 Rn. 13 jeweils zum Wertersatz für herauszugebende Nutzungen nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB), wovon er selbst einseitig profitierte.
Zwar ist der Wertersatz nach § 357 Abs. 7 BGB anders als im Rahmen des § 346 BGB nicht nach dem Kaufpreis, sondern nach dem objektiven Wert im Zeitpunkt des Kaufs zu bemessen, allerdings bleibt es bei einer unbilligen Übervorteilung des Käufers, ließe man die Mehrwertsteuer unberücksichtigt.
Auch die weiteren Einwendungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 2. Mai 2022 (Bl. 553 ff. d. A., Bd. III) zur Berechnung und Höhe des Wertersatzes bleiben ohne Erfolg. Wenn der Kläger meint, die Händlergewinnmarge in Höhe von mindestens 15 % sei in Abzug zu bringen, lässt er insoweit unberücksichtigt, dass ihm ein Kauf des Fahrzeugs ohne die eingerechnete Händlermarge gar nicht möglich gewesen wäre. Nur zu dem gezahlten Kaufpreis war das Fahrzeug objektiv auf dem Markt verfügbar.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass ein Abzug von 3 - 5 % für einen umgangsbezogenen Wertverlust vorzunehmen sei, ist bereits nicht ersichtlich, wodurch ein solcher Wertverlust veranlasst sein soll. Dass sich der Markt positiv oder auch negativ entwickeln kann, ist ein allgemeines Risiko, das der Käufer trägt. Dieses kann zu seinen Gunsten oder zu seinem Nachteil führen, kann aber nicht auf die Beklagte abgewälzt werden.
Dass der Wertverlust anteilig auf die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise des Fahrzeugs zurückzuführen ist, hat der Kläger nicht behauptet.
(3) Nach dieser Maßgabe berechnet sich ein Wertersatzanspruch in Höhe von 30.500,- €, der sich aus der Differenz zwischen dem ursprünglichen Anschaffungspreis in Höhe von 49.500,00 € und dem Verkaufspreis in Höhe von 19.000,00 € ergibt. Hiervon sind die vom Kläger bereits berücksichtigten 17.154,29 € in Abzug zu bringen, woran sich der darüber hinausgehende Wertersatzanspruch in Höhe von 13.345,71 € ergibt.
Die klägerische Forderung reduziert sich damit auf 4.779,72 € (18.125,43 € - 13.345,71 €).
cc) Die weitergehende Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Nutzungsersatz für die Nutzung der Darlehensmittel in Höhe von 5.223,23 € geht dagegen mangels Aufrechnungslage ins Leere.
Dem geltend gemachten Anspruch steht vorliegend Ziff. IX. 5. der Darlehensbedingungen der Beklagten entgegenstehen.
Denn danach hat der Darlehensnehmer, wenn er seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist widerruft, für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten.
Zwar bezieht sich die Regelung nach der Vorstellung der Beklagten ersichtlich auf einen innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist erklärten Widerruf. Dem Wortlaut der Klausel lässt sich eine solche Einschränkung jedoch nicht entnehmen. Vielmehr kann die Klausel - bei der gebotenen Auslegung aus Sicht des Verbrauchers - nicht anders verstanden werden als so, dass die Beklagte für den Fall eines wirksamen Widerrufs auf ihren an sich bestehenden Zinsanspruch aus § 357a Abs. 3 S. 1 BGB verzichtet, der zugunsten des Verbrauchers disponibel ist (so auch OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2020 - 13 U 20/19, Rn. 41, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 11/1, Rn. 23, juris für den Fall der Angabe des Zinssatzes mit 0,00 € unter der Überschrift "Widerrufsfolgen").
Die Beklagte kann sich diesbezüglich nicht darauf berufen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hat. Denn auch ein wirksamer Widerruf im Falle eines nicht begonnenen Fristlaufs stellt sich wie ein Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist dar und ist demzufolge von dem Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel erfasst.
3. Die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen kann der Kläger nur teilweise verlangen.
a) Zinsen ab Rechtshängigkeit können nur verlangt werden, wenn der Anspruch fällig ist. Wird die Schuld erst später fällig, ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen, § 291 S. 1 BGB.
(Erst) durch den Verkauf des Fahrzeugs ist die Vorleistungspflicht des Klägers entfallen, so dass ab diesem Zeitpunkt Fälligkeit eingetreten ist. Der Kläger kann daher gemäß § 187 BGB analog erst ab dem Tag nach dem Verkauf des Fahrzeugs (also ab dem 22.März 2021) Zinsen gemäß § 291 ZPO beanspruchen.
b) Ein Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.777,00 € steht dem Kläger dagegen weder aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB noch aus einer anderen Norm zu.
Ein solcher Anspruch setzt bezogen auf den Teil der Forderung, der sich auf die Rückforderung der vor Widerruf an die Beklagte geleisteten Zahlungen bezieht, voraus, dass der Kläger die von ihm selbst aus dem Rückgewährschuldverhältnis geschuldete Leistung der Beklagten in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 a.a.O. Rn. 18).
Die Rückgabepflicht des Klägers ist mangels anderweitiger Vereinbarung eine Bring- oder Schickschuld, die der Schuldner dem Gläubiger an dessen Wohnsitz anbieten oder an ihn absenden muss. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach §§ 293 bis 297 BGB angeboten. Dass der Kläger der Beklagten das Fahrzeug an deren Wohnsitz tatsächlich angeboten oder an sie nachweisbar abgesandt hat (§ 294 BGB), hat er nicht vorgetragen.
Im Widerrufsschreiben vom 26. Juli 2020 ist die Rückgabe des Fahrzeugs - entgegen § 357 Abs. 4 S. 1 BGB - nur schlicht als "Rückgabe" angeboten worden, ohne klarzustellen, dass Bereitschaft zur Verbringung des Fahrzeugs besteht. Die Erklärung genügt daher schon nicht den Anforderungen an ein wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB, so dass dahinstehen kann, ob vorliegend auch die weiteren Voraussetzungen des § 295 BGB erfüllt sind.
Dass sich die Beklagte im Zeitpunkt der Einschaltung der Bevollmächtigten des Klägers mit der Erfüllung des Anspruchs auf Rückerstattung der nach dem Widerruf geleisteten Zahlungen in Schuldnerverzug befand, hat der Kläger nicht vorgetragen.
4. Die Hilfswiderklage ist unzulässig. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert am Vorrang der Leistungsklage.
Ist Klage auf Leistung nach objektiven Maßstäben möglich und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt regelmäßig im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse. Die auf Feststellung des Anspruchsgrundes beschränkte Feststellungsklage ist dann unzulässig (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017, XI ZR 467/15, Rn. 14, 18 ff. - juris). So lag der Fall hier.
Sämtliche Voraussetzungen, unter denen die Leistungsklage Vorrang hat, sind gegeben. Der Anspruch auf Wertersatz war nach dem bereits im März 2021 - mithin kurz nach Klageerhebung und vor Erhebung der Hilfswiderklage - erfolgten Weiterverkauf des Fahrzeugs anhand der Vergleichswertmethode (siehe oben) bereits bezifferbar. Das Rechtsschutzziel der Beklagten hätte sich durch eine bezifferte Leistungsklage, die der Beklagten anhand der Vergleichswertmethode ohne weiteres möglich gewesen wäre, abschließend erreichen lassen.
III.
1. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs.1, § 708 Nr.10, § 711 ZPO.
2. Die Revision war vorliegend gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen.
Der genannte Zulassungsgrund ist in den Fällen einer Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 16. Juni 2016 - 1 BvR 873/15, Rn. 23, juris).
Der Senat weicht in den Fragen der Verwirkung und der Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei Berechnung des Wertersatzanspruchs der Beklagten von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab.