Landgericht Aurich
Urt. v. 15.07.2005, Az.: 1 S 103/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 15.07.2005
- Aktenzeichen
- 1 S 103/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 41863
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2005:0715.1S103.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Leer - AZ: 7 a C 9/05
Fundstellen
- VersR 2006, 544-545 (Volltext mit red. LS)
- r+s 2006, 77 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Aurich auf die mündliche Verhandlung vom 01.07.2005 durch
den Richter am Landgericht ...,
die Richterin ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.03.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Leer - 7a C 9/05 (IV) - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.622,90 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Leer ist sachlich richtig und zutreffend begründet. Die Kammer schließt sich dieser Begründung vollinhaltlich an.
Hierbei kann zunächst dahin stehen, ob der Versicherungsfall nach § 1 Nr. 1, Nr. 2a AVB RR 04 überhaupt zu irgend einem Zeitpunkt eingetreten ist oder ob schon deshalb keine unerwartet schwere Erkrankung eines nahen Angehörigen vorlag, weil die am 22.03.2004 durchgeführte (erste) Operation des Sohnes des Klägers - die unzweifelhaft jedenfalls eine Mitursache für die am 31.03.2004 durchgeführte Folgeoperation darstellte - offenkundig aus medizinischen Gründen nicht zwingend bis zum Reiseantritt hätte durchgeführt werden müssen, sondern der Operationstermin allein dem Wunsch des Sohnes entsprach, sich noch während seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr operieren zu lassen. Selbst bei Annahme einer unerwartet schweren Erkrankung ist der Versicherungsfall aber spätestens am 15.03.2004 - dem Tag, an dem der Termin für die erste Operation vereinbart wurde - eingetreten, mit der Folge, dass dem Kläger alsdann oblag, die Reise unverzüglich zu stornieren.
Zu Recht weisen die Gründe des angefochtenen Urteils darauf hin, dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keine ausreichende Gewissheit mehr darüber bestand, dass der Sohn des Klägers die bereits ab dem 02.04.2004 beginnende Reise werde antreten können, sondern der Kläger statt dessen bei verständiger Würdigung des Sachverhalts davon ausgehen musste, dass der Antritt der Reise durch seinen Sohn ernsthaft in Frage stand und er deshalb gehalten war, die Reise zu stornieren. Bei operativen Eingriffen muss aus verständiger Sicht nämlich stets mit ernsthaften Komplikationen gerechnet werden, die den Heilungsverlauf beeinträchtigten und verzögern. Nicht ohne Grund obliegt es Ärzten im Rahmen ihrer Pflicht zur Aufklärung über Operationsrisiken stets, auf die Möglichkeit von Wundheilungsstörungen und Infektionen hinzuweisen. Die notwendig gewordene Revision der Operationswunde stellt sich letztlich auch als Verwirklichung gerade dieses Risikos dar, da der vom Kläger behauptete Schlag auf das Operationsgebiet zu genau einer solchen Wundheilungsstörung geführt hat und zudem keine völlig außergewöhnliche und daher unvorhersehbare Komplikation darstellt.
Das Unterlassen der Reisestornierung nach Kenntnis des für den 22.03.2004 vorgesehenen Operationstermins ist auch als grob fahrlässig zu bewerten, da vom Kläger erwartet werden konnte, dass er sich der vorhandenen und stets bestehenden Heilungsrisiken bewusst war, zumal es sich hierbei um weit verbreitetes Allgemeinwissen handelt. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger es hatte voraussehen können, dass eine Wundheilungsstörung gerade durch einen Schlag auf das Operationsgebiet verursacht würde, sondern allein darauf, dass allgemein die Möglichkeit einer Wundheilungsstörung - aus welchem Grund auch immer - bestand, die einer Durchführung der Reise entgegen stand.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 97 Abs. 1, analog §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.07.2005 geben der Kammer weder Veranlassung zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung noch dazu, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.