Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.05.2009, Az.: 14 U 45/09
Vorzeitige Auftragsentziehung im Bauvertrag bei nicht ernsthaftem Tätigwerden trotz vorher gewährter Fristverlängerung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 22.05.2009
- Aktenzeichen
- 14 U 45/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 35786
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2009:0522.14U45.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 11.02.2009 - AZ: 6 O 134/06
- nachfolgend
- OLG Celle - 07.07.2009 - AZ: 14 U 45/09
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 4 VOB/B
- § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B
Fundstellen
- IBR 2010, 77
- IBR 2010, 76
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 22. Mai 2009
beschlossen:
Tenor:
- I.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 254.104,80 EUR festgesetzt.
- II.
Es wird erwogen, die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Februar 2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses gegeben.
Gründe
I.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung auch keine Aussicht auf Erfolg:
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
Im vorliegenden Fall ist unter keinem der vorgenannten Gesichtspunkte eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts veranlasst. Zwar stellt sich das landgerichtliche Urteil in der Begründung als rechtsfehlerhaft dar; im Ergebnis erweist es sich indessen gleichwohl als zutreffend. Hierfür sind folgende Erwägungen maßgeblich:
1.
Das Landgericht ist von einer Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrags gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 4 VOB/B ausgegangen und hat deren Voraussetzungen verneint, weil es an der dafür erforderlichen Androhung der Auftragsentziehung fehle, da die Kündigungsandrohung vom 30. Juni 2004 aufgrund der nach Ablauf der gesetzten Frist vom 19. Juli 2004 für den Nachmittag des 21. Juli 2004 angesetzten weiteren Besprechung und der danach von der Beklagten geduldeten Wiederaufnahme der Arbeiten durch eigene Mitarbeiter der Schuldnerin ihre Wirkung verloren habe. Diese Bewertung erweist sich nach Auffassung des Senats als rechtsfehlerhaft. Denn aus den von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung zutreffend angestellten Erwägungen konnte die Anberaumung des Besprechungstermins nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist von der Schuldnerin nicht so verstanden werden, dass die Beklagte nunmehr generell nicht mehr an ihrer ausgesprochenen Kündigungsandrohung festhalten wollte. Vielmehr konnte die Schuldnerin lediglich von einer Fristverlängerung ausgehen. Als solche musste das Gesprächsangebot indessen nach dem objektiven Empfängerhorizont entgegen der Ansicht der Beklagten von der Klägerin aufgefasst werden, weil die Besprechung ansonsten sinnlos gewesen wäre. Nachdem das Gespräch erst am früheren Nachmittag des 21. Juli 2004 stattfinden sollte, war damit die Frist bei interessengerechter Auslegung jedenfalls bis zum Folgetag verlängert.
Diese - verlängerte - Frist hätte die Schuldnerin allerdings nur dadurch wahren können, dass sie die Fortsetzung der Arbeiten im eigenen Betrieb nunmehr ernsthaft in Angriff nahm. Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass sie die Baustelle im gebotenen Umfang mit eigenen Arbeitskräften besetzte und ausreichend Führungspersonal zur Verfügung stellte, sodass die Arbeiten wirkungsvoll und ohne Verzögerungen im eigenen Betrieb durchgeführt werden konnten (vgl. dazu Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 16. Aufl., B § 4 Nr. 8, Rdnr. 23). Daran bestehen hier jedoch durchgreifende Zweifel, nachdem die Schuldnerin lediglich am Donnerstag, dem 22. Juli 2004, und Freitag, dem 23. Juli 2004, einen Polier und zwei Bauarbeiter zur Baustelle entsandt hatte, die dort nur untergeordnete Tätigkeiten geringen Umfangs erledigten, und um 09:00 Uhr des darauf folgenden Montagmorgen, dem 26. Juli 2004 - also zu einer üblichen Arbeitszeit -, die Baustelle wiederum unbesetzt war. Denn die Schuldnerin hätte - wenn die sonstigen Voraussetzungen einer Fristsetzung nach § 4 Nr. 8 VOB/B vorgelegen hätten - sich wegen des ausreichenden Zeitvorlaufs rechtzeitig darauf einstellen müssen, am letzten Tag der von der Auftraggeberin gewährten Frist genügend eigene Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben, um nunmehr die Arbeiten wirkungsvoll und ohne weitere Verzögerungen fortsetzen zu können.
Unter diesen Umständen hatte sich die Beklagte durch das Dulden der Arbeiten der Schuldnerin am 22. und 23. Juli 2004 auch noch nicht in einer Weise mit ihrer Auftragnehmerin eingelassen, aus der bei objektiver Betrachtung nicht mehr auf einen ernsthaften Kündigungswillen aus den bisher für sie maßgeblichen Gründen geschlossen werden konnte (vgl. dazu Ingenstau/Korbion, B § 8 Nr. 3, Rdnr. 27 a. E., Rdnr. 28 m.w.N.). Denn ein Verzicht oder gar eine Verwirkung eines einmal begründeten Kündigungsrechts können erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist angenommen werden (Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, B § 8, Rdnr. 26; Beck'scher VOB- und Vergaberechts-Kommentar, VOB Teil B, 2. Aufl., § 8 Nr. 3, Rdnr. 31). Der Beklagten war deshalb zuzugestehen, zunächst zwei Arbeitstage zu beobachten, in welchem Umfang die Schuldnerin auf der Baustelle Tätigkeiten entfaltete. Der von der Beklagten am 26. Juli 2004 gegen 10:00 Uhr (vgl. Fax-Sende-Aufdruck auf dem Kündigungsschreiben Anlage K 2, Bl. 16 d.A.) ausgesprochene Kündigung lag mithin weiterhin eine wirksame Kündigungsandrohung zugrunde.
2.
Die Kündigung der Beklagten vermag allerdings Ansprüche der Schuldnerin auf Entschädigung für entgangenen Gewinn für die wegen der vorzeitigen Auftragsentziehung nicht ausgeführten Arbeiten nur dann auszuschließen, wenn auch die sonstigen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund nach § 8 Nr. 3 VOB/B vorliegen. Insbesondere bedarf es eines die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grundes. Daran fehlt es jedoch nach vorläufiger Bewertung des Senats, weshalb sich im Ergebnis die landgerichtliche Entscheidung dennoch als zutreffend erweist. Denn es liegt hier keiner der in § 8 Nr. 3 VOB/B genannten Kündigungsgründe vor, und es ist auch kein sonstiger wichtiger Grund gegeben, der nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen die Beklagte nach Treu und Glauben zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte.
a)
Ein Kündigungsgrund nach § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 4 VOB/B ist nach Auffassung des Senats nicht dargetan. Nach dieser Bestimmung darf der Auftraggeber dem Auftragnehmer (nach Setzung einer angemessenen Frist mit Kündigungsandrohung) den Auftrag entziehen, wenn der Auftragnehmer ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers Leistungen nicht im eigenen Betrieb erbringt, obwohl sein Betrieb darauf eingerichtet ist.
Unstreitig waren hier mit den Beton- und Maurerarbeiten Leistungen betroffen, für die der eigene Betrieb der Schuldnerin eingerichtet war. Die Schuldnerin hätte deshalb zur Durchführung dieser Arbeiten grundsätzlich nur dann Nachunternehmer einsetzen dürfen, wenn die Beklagte dem zuvor schriftlich zugestimmt hätte. Entgegen der Auffassung des Klägers hatte die Beklagte einem derartigen Nachunternehmereinsatz noch nicht durch die Erteilung des Zuschlages am 20. Oktober 2003 aufgrund des Angebots der Schuldnerin vom 17. September 2003 zugestimmt. Denn die Schuldnerin hatte in ihrem Angebot hinsichtlich des Bereichs der Beton- und Maurerarbeiten - unstreitig - noch keinen Nachunternehmereinsatz vorgesehen, sondern nach dem (unstreitig gebliebenen) Vorbringen der Beklagten insoweit auf Basis des Einsatzes eigener Leute kalkuliert. Mit dem der Beklagten nach Angebotsabgabe, aber noch vor Zuschlagsereilung übersandten Schreiben vom 10. Oktober 2003 (Anlage K 3, Bl. 18 d.A.) hatte die Schuldnerin lediglich erklärt, sich hinsichtlich von Leistungsabschnitten im Gewerk Betonarbeiten sowie für das Gewerk Maurerarbeiten die Vergabe an Nachunternehmer "vorzubehalten". Die Schuldnerin hatte demnach zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung getroffen, ob es tatsächlich insoweit zu einem Nachunternehmereinsatz kommen sollte. Deshalb kann der Zuschlag nicht als Zustimmung zu einem entsprechenden Nachunternehmereinsatz gewertet werden, zumal darin das Schreiben vom 10. Oktober 2003 auch nicht erwähnt ist.
Dem Einsatz der von der Schuldnerin nach Zuschlagserteilung mit Vertrag vom 15. Dezember 2003 beauftragten Nachunternehmerin V. SLR hat die Beklagte jedoch später konkludent zugestimmt, indem sie auf Baustellenbesprechungen im Februar und März 2004 zunächst die Mitteilung der Schuldnerin über den beabsichtigten Einsatz einer Nachunternehmerin zur Kenntnis nahm, sodann die von der Schuldnerin überreichte Namensliste der rumänischen Mitarbeiter der Firma V. nebst Anmeldeformularen für deren Zugang zum Kasernengelände entgegennahm und anschließend an der Einholung der Zugangsausweise für die benannten rumänischen Arbeiter durch das britische Militär mitwirkte. Dieses Verhalten musste aus objektiver Empfängersicht eindeutig dahin verstanden werden, dass die Beklagte gegen den Einsatz des betreffenden Nachunternehmers keine Einwendungen erheben wollte. Zwar sieht § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 2 VOB/B (insoweit übereinstimmend mit. Ziff. 9 der Besonderen Vertragsbedingungen - vgl. dazu Bl. 199 d.A. -) eine schriftliche Zustimmung des Auftraggebers vor, an der es hier fehlt. Nachdem es sich hierbei jedoch um den Fall einer gewillkürten Schriftform nach § 127 BGB handelt, ist die Zustimmung bei entsprechendem übereinstimmenden Willen beider Vertragspartner auch ohne Beachtung der Schriftform wirksam, sofern im Einzelfall unter Auslegung des beiderseitigen wirklichen Willens nach§ 133 BGB anzunehmen ist, dass beide Partner davon ausgehen, nur das mündlich Abgesprochene solle Gültigkeit besitzen (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 4 Nr. 8, Rdnr. 18 und Rdnr. 12). Das hier in Frage stehende Verhalten der Beklagten ist indessen als konkludente Verständigung auf den Einsatz der Firma V. als Nachunternehmerin auszulegen. Durch den Einsatz der rumänischen Nachunternehmerin auf der Baustelle am 22. März 2003 hat die Schuldnerin mithin keine Pflichten aus dem Bauvertrag verletzt. Dies hat im Übrigen vorprozessual ersichtlich auch die Beklagte so gesehen, da ihre in der Folgezeit ausgesprochenen Kündigungsandrohungen vom 11. Mai 2004 (Anlage B 1, Bl. 208 f. d.A.) und 30. Juni 2004 (Anlage K 5, Bl. 21 f. d.A.) auch nicht auf § 4 Nr. 8 VOB/B Bezug nehmen, sondern stattdessen auf § 5 Nr. 4 VOB/B verweisen (vgl. jeweils den vorletzten Absatz der beiden Schreiben).
Nachdem der Einsatz der Firma V. als Nachunternehmerin wegen der Sicherheitsbedenken des britischen Militärs gescheitert war, schlug die Schuldnerin in der Folgezeit drei neue Nachunternehmer vor. Für deren tatsächlichen Einsatz hätte es einer erneuten Zustimmung der Beklagten bedurft (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, a.a.O., § 4 Nr. 8, Rdnr. 34; Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 4 Nr. 8, Rdnr. 14). Diese Zustimmung hat die Beklagte mit Schreiben vom 11. Mai 2004 und später erneut mit dem Schreiben vom 30. Juni 2004 im Grundsatz verweigert, der Schuldnerin allerdings gleichwohl Gelegenheit zur Vorlage weiterer für eine Zustimmung der Beklagten von dieser für erforderlich gehaltenen Unterlagen gegeben. Zu einer Einigung kam es indessen in der Folgezeit nicht. Die Schuldnerin setzte jedoch daraufhin weder einen anderen Nachunternehmer auf der Baustelle ein, noch schloss sie einen neuen Nachunternehmervertrag. Damit fehlt es in der Zeit nach dem 22. März 2004 an der für eine Kündigung nach § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 4 VOB/B erforderlichen tatsächlichen Weitergabe von Bauleistungen seitens der Schuldnerin an einen Nachunternehmer. Eine auf einen vertragswidrigen Nachunternehmereinsatz gestützte Kündigung des Bauvertrags war demnach nicht möglich. Dass die Beklagte tatsächlich bei Ausspruch ihrer Kündigungsandrohungen auch nicht nach dieser Vorschrift den Auftrag entziehen wollte, ergibt sich - wie bereits ausgeführt - im Übrigen aus dem Wortlauf ihrer Kündigungsandrohungsschreiben.
b)
Die am 26. Juli 2004 ausgesprochene Kündigung der Beklagten ist aber nach Auffassung des Senats auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagten in ihren Androhungsschreiben zitierte Vorschrift des § 5 Nr. 4 VOB/B gerechtfertigt.
Zwar ist nach dem beiderseitigen Parteivorbringen davon auszugehen, dass die Arbeiten auf der Baustelle, soweit das Beton- und Maurergewerk betroffen waren, bereits seit dem Zeitpunkt des Verweises der Mitarbeiter der Firma V. von der Baustelle am 22. März 2004 komplett ruhten. Dies reicht jedoch nach den gem. § 529 Abs. 1 ZPO für die Entscheidung des Senats zugrundezulegenden Tatsachen noch nicht aus, um das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 5 Nr. 4 VOB/B feststellen zu können.
aa)
Nach § 5 Nr. 4 Fall 1 VOB/B kann der Auftraggeber (nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Vertragserfüllung mit Kündigungsandrohung) dem Auftragnehmer den Auftrag entziehen, wenn dieser den Beginn der Ausführung verzögert. Darunter ist die Überschreitung des vertraglich festgelegten Beginns der Ausführungsfrist zu verstehen (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 5 Nr. 4, Rdnr. 2). Wurde bereits mit der Ausführung von dem Auftragnehmer übertragenen Bauarbeiten begonnen, kann auf diese Vorschrift hingegen nicht mehr zurückgegriffen werden (Ingenstau/Korbion, a.a.O.). Das Stadium des Ausführungsbeginns ist im Übrigen bereits durch die Errichtung der Baustelle umgesetzt (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, a.a.O., § 5 Nr. 4, Rdnr. 16; Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 5 Nrn. 1 - 3, Rdnr. 8). Ein Ausführungsbeginn im vorgenannten Sinne war hier indessen ersichtlich längst vor dem streitgegenständlichen Zeitraum ab Ende März 2004 erfolgt (anderenfalls hätte die Schuldnerin am 22. Juli 2007 durch ihre eigenen Mitarbeiter nicht schon Ausschalungsarbeiten vornehmen und offen gelassene Verzahnungsmöglichkeiten in einem bereits errichteten Installationsschacht verschließen können). Eine Neuaufforderung, mit den (zwischenzeitlich eingestellten) Bauleistungen - wieder - zu beginnen, führt hingegen nicht dazu, dass der vertraglich vereinbarte Beginn der Ausführung in Abänderung des Ausgangsvertrages nunmehr auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde; § 5 Nr. 4 Fall 1 VOB/B kann auf eine solche Konstellation auch nicht entsprechend angewandt werden (vgl. OLG Dresden, MDR 2003, 1174 [OLG Dresden 02.04.2003 - 11 U 452/02] - [...]Rdnr. 16 -). Das OLG Dresden, dem sich der Senat insoweit anschließt, hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass eine entsprechende Anwendung des § 5 Nr. 4 VOB/B es in das Belieben des Auftraggebers stellen würde, den (Neu-) Beginn der Bauausführung ständig aufs neue zu erzwingen, da der Auftragnehmer im Fall der Nichteinhaltung die Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B fürchten müsste. Hierfür besteht jedoch kein praktisches Bedürfnis. Denn der Auftraggeber hat es in der Hand, durch die Vereinbarung von Vertragsfristen dem Auftragnehmer ein enges zeitliches Korsett zu setzen. Sofern der Auftragnehmer seine Tätigkeit innerhalb dieses Zeitrahmens gestaltet, besteht kein darüber hinausgehendes Bedürfnis, dem Auftraggeber die Möglichkeit einzuräumen, dass er durch einseitige Aufforderung den Beginn der Bautätigkeit nochmals neu festlegt (OLG Dresden, a.a.O.).
Damit liegt hier ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 5 Nr. 4 Fall 1 VOB/B nicht vor.
bb)
§ 5 Nr. 4 Fall 2 VOB/B rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung ferner dann, wenn der Auftragnehmer mit der Vollendung in Verzug gerät. Auch diese Voraussetzung liegt hier indessen nicht vor, da die der Schuldnerin von der Beklagten im Schreiben vom 30. Juni 2004 gesetzte Fertigstellungsfrist erst am 29. November 2004 endete, und zum Zeitpunkt der Kündigung am 26. Juli 2004 mithin noch längst nicht abgelaufen war.
cc)
Auch die Voraussetzungen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes nach § 5 Nr. 4 Fall 3 VOB/B lassen sich nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall nicht feststellen. Nach dieser Bestimmung kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag (wiederum nach Ablauf einer angemessenen Frist mit Kündigungsandrohung) entziehen, wenn der Auftragnehmer seiner in § 5 Nr. 3 VOB/B aufgeführten Verpflichtung zur Abhilfe bei unangemessener Förderung der Ausführung des Bauvorhabens nicht nachgekommen ist.
Ein entsprechendes Abhilfeverlangen der Beklagten mit Fristsetzung und Kündigungsandrohung liegt hier in Form der beiden Schreiben vom 11. Mai und 30. Juni 2004 zwar vor. Dieses Abhilfeverlangen war jedoch gemessen an den Voraussetzungen, die § 5 Nr. 3 VOB/B dafür aufstellt, nicht berechtigt. Denn dafür genügt allein ein unzureichender Arbeitskräfteeinsatz - der hier unproblematisch zu bejahen ist, da die Arbeiten seit Ende März 2004 gänzlich ruhten - nicht. Vielmehr muss darüber hinaus zu befürchten sein, dass aufgrund des unzureichenden Arbeitskräfteeinsatzes die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn der mit den bisher vorhandenen persönlichen und sachlichen Mitteln erreichte Fortgang der Bauherstellung im Verhältnis zur verstrichenen Zeit in einem derartigen Missverhältnis steht, dass nach allgemein anerkannter Erfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Gesamtfertigstellung der betreffenden vertraglichen Leistung (bzw. bei Einzelfrist der entsprechenden Teilleistung) nicht bis zum Ablauf der Ausführungsfrist zu erwarten ist (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 5 Nrn. 1 - 3, Rdnr. 19 m.w.N.). Die Annahme des Auftraggebers, nach dem vom Auftragnehmer gezeigten Verhalten sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass er die nach dem Vertrag zu erbringenden Arbeiten pünktlich innerhalb der Ausführungsfrist leisten werde, genügt hingegen noch nicht (vgl. BGH, ZfBR 1999, 83 - [...]Rdnr. 33 -). Der Auftraggeber darf sich insoweit nicht mit allgemeinen Vermutungen begnügen, sondern muss sich anhand von Tatsachen die Gewissheit verschaffen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Gesamtfertigstellung innerhalb der vertraglichen Ausführungsfrist erwartet werden kann (Ingenstau/Korbion, a.a.O.).
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin die ihr übertragenen Bauleistungen nicht bis zum Ablauf der mit dem Schreiben vom 30. Juni 2004 gesetzten Frist (29. November 2004) hätte fertigstellen können, sind hingegen aus dem beiderseitigen Sachvortrag nicht ersichtlich. Vielmehr hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. Juli 2008, S. 2 - Bl. 429 d.A. -) in erster Instanz bereits darauf hingewiesen, die Beklagte lasse offen, weswegen der Schuldnerin eine Fertigstellung der Arbeiten bis 29. November 2004 nicht hätte möglich gewesen sein sollen. Darauf hat die Beklagte nichts erwidert.
Ein berechtigtes Abhilfeverlangen gemäß § 5 Nr. 3 VOB/B liegt deshalb nicht vor.
c)
Auch ein sonstiger wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist seitens der Beklagten nicht dargetan.
Zwar berechtigen nach der Rechtsprechung - obwohl in der Bestimmung des § 8 Nr. 3 VOB/B nicht ausdrücklich erwähnt - in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch andere Fälle einer schweren positiven Vertragsverletzung zur Kündigung, wenn wegen grober Störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses ein Rücktrittsrecht gegeben wäre und dadurch der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Vertragspartner nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 8 Nr. 3, Rdnr. 17 m.w.N.). Die Voraussetzungen dafür sind hier indessen nicht hinreichend dargetan.
(1)
Zwar hätte eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung der Schuldnerin die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Ein solches Verhalten der Schuldnerin liegt indessen hier nicht vor.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil unter Abschnitt 1. c), aa) (S. 7 unten/8 oben der Urteilsgründe) Bezug genommen.
Dagegen hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung auch keine Angriffe erhoben.
(2)
Eine sonstige schwere Störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses lässt sich ebenfalls nicht feststellen.
(a)
Der Einsatz der Nachunternehmerin V. SLR genügt hierfür nicht, da er - wie oben näher ausgeführt - nicht vertragswidrig war. Die dadurch aufgetretenen Probleme mit den Sicherheitskräften des britischen Militärs waren wegen der zuvor erteilten Zugangserlaubnisse für die Schuldnerin nicht voraussehbar. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Kündigung nicht auf diesen Vorfall gestützt und auch nicht
zeitnah dazu gekündigt, sodass sie sich hierauf als Kündigungsgrund nunmehr ohnehin nicht mehr nachträglich berufen kann.
(b)
Ebenso wenig reicht die Bitte der Schuldnerin an die Beklagte, ihre Zustimmung zum Einsatz anderer Nachunternehmer zu erteilen, aus, um das vertragliche Vertrauensverhältnis grob zu stören. Denn die Schuldnerin hat dadurch nur von einer ihr gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 2 VOB/B eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Außerdem hatte die Beklagte ihre grundsätzliche Bereitschaft mitgeteilt, an einer solchen Lösung mitzuwirken. Die Beklagte hat zudem in erster Instanz mehrfach schriftsätzlich vorgetragen, sie sei die gesamte Zeit über gesprächsbereit geblieben, um der Schuldnerin die Einschaltung von anderen Nachunternehmern - ggf. nach vorläufiger Weiterarbeit mit eigenem Personal - doch noch zu ermöglichen.
(c)
Soweit die Schuldnerin einen Mehrvergütungsanspruch wegen des in Aussicht genommenen Nachunternehmerwechsels angekündigt hat, führt dieses Verlangen für sich genommen ebenfalls nicht zu einer die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden schweren Störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses, selbst wenn der Schuldnerin ein Mehrvergütungsanspruch insoweit tatsächlich nicht zustehen würde. Zum einen hat die Beklagte dieses Verlangen bereits in ihren Schreiben vom 11. Mai und 30. Juni 2004 zurückgewiesen, ohne darauf ihre Kündigungsandrohung zu stützen. Vielmehr hat sie der Schuldnerin stattdessen erneut Gelegenheit zur ordnungsgemäßen Benennung von Nachunternehmern bzw. eigener Weiterarbeit gegeben. Hiermit hat sich die Schuldnerin sodann ohne weitere Bedingungen einverstanden erklärt, wie die Aufnahme von - wenn auch nur geringfügigen - Tätigkeiten auf der Baustelle durch eigene Mitarbeiter am 22. Juli 2004 zeigt.
(d)
Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung vermag der Senat auch dem Umstand, dass die Schuldnerin mehrere Monate hat verstreichen lassen, ohne ausreichende Unterlagen für neue Nachunternehmer vorzulegen oder die Arbeiten auf der Baustelle mit eigenen Mitarbeitern wieder aufzunehmen, kein solches Gewicht beizumessen, dass daraus ein außerordentliches Kündigungsrecht der Beklagten abgeleitet werden könnte. Denn die Schuldnerin war unabhängig von der rechtlichen Wirksamkeit der Fristsetzungen jedenfalls berechtigt, die ihr von der Beklagten gesetzten Fristen zunächst voll auszunutzen. Diese liefen - wie eingangs näher ausgeführt - wegen des Gesprächsangebots der Beklagten jedoch nicht vor dem 22. Juli 2004 ab. Allein der Umstand, dass die Schuldnerin ab dem 22. Juli die Arbeiten auf der Baustelle noch nicht sogleich mit voller Kraft gefördert hat, führt noch nicht zu einer solch groben Störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses, dass die Beklagte nunmehr mit sofortiger Wirkung das Vertragsvertragsverhältnis hätte nach § 8 Nr. 3 VOB/B analog beenden dürfen. Denn wenn - wie hier - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Nr. 3 VOB/B nicht vorliegen, erwächst dem Auftraggeber nur in engen Ausnahmefällen bei krasser Leistungsverzögerung des Auftragnehmers möglicherweise ein Rücktrittsrecht, ohne dass die sonst erforderlichen Voraussetzungen des § 5 Nr. 4 VOB/B vorliegen (vgl. Ingenstau/Korbion, B § 5 Nr. 4, Rdnr. 1 a. E. m.w.N.). Davon kann hier jedoch nach Ansicht des Senats noch nicht gesprochen werden. Zwar sind die Maurer- und Betonarbeiten auf der Baustelle seit Ende März 2004 nicht weiter vorangetrieben worden. Allerdings muss sich auch die Beklagte in diesem Zusammenhang den Einwand entgegenhalten lassen, dass sie entgegen der ihr obliegenden Kooperationspflichten aus dem Bauvertrag gegenüber der Schuldnerin nicht hinreichend konkret deutlich gemacht hat, welche Unterlagen ihr im Einzelnen für die von der Schuldnerin benannten Nachunternehmer noch fehlten, sondern erst im Rechtsstreit auf einen fehlenden Gewerbezentralregisterauszug sowie eine noch vorzulegende überprüfbare Referenzliste hingewiesen hat. Ein solcher Hinweis wäre ihr unschwer bereits im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz möglich gewesen, nachdem - für die Beklagte ersichtlich - der Schuldnerin offenbar nicht klar war, welche konkreten Dokumente die Beklagte noch vermisste.
Die Beklagte hat sich insoweit letztlich widersprüchlich verhalten, indem sie - wie im Rechtsstreit mehrfach klargestellt - der Insolvenzschuldnerin zwar nach wie vor Gelegenheit geben wollte, die Voraussetzungen für einen etwaigen Nachunternehmereinsatz noch zu schaffen, sodann aber selbst in dem anberaumten Besprechungstermin hinreichend konkrete Auskünfte sogar auf ausdrückliche Nachfrage seitens der Schuldnerin verweigerte.
Vor diesem Hintergrund musste es die Beklagte - jedenfalls solange nicht die Voraussetzungen des § 5 Nr. 3 VOB/B vorlagen, was aber nicht festgestellt werden kann (s. o.) - hinnehmen, dass die Schuldnerin die Baustelle zunächst nur mit wenigen eigenen Arbeitskräften besetzte. In Anbetracht der rechtlichen Unwirksamkeit der vorherigen Fristsetzungen hatte sich die Schuldnerin weder hierdurch noch durch ein sonstiges Verhalten bis dahin etwa generell als unzuverlässig erwiesen.
Sonstige eine außerordentliche Kündigung rechtfertigende Gründe sind ebenfalls nicht ersichtlich.
II.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass sich im Falle einer Rücknahme der Berufung die anfallenden Gerichtskosten deutlich ermäßigen würden.