Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.05.2009, Az.: 13 U 119/08

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.05.2009
Aktenzeichen
13 U 119/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 41676
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2009:0514.13U119.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 21.04.2008 - AZ: 20 O 142/07

Fundstelle

  • OLGR Celle 2009, 602-605

In dem Rechtsstreit

...

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K.... und die Richterinnen am Oberlandesgericht R.... und Z.... auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 21. April 2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover (20 O 142/07) wird zurückgewiesen.

  2. Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. Streitwert des Berufungsverfahrens: 341 626,18 €.

Gründe

1

I.

Der Kläger - in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma S.... & B.... GmbH (Insolvenzschuldnerin) - nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von Darlehensbeträgen in Anspruch.

2

Am 1. Juli 1980 vereinbarten die Insolvenzschuldnerin - damals vertreten durch den Beklagten als ihren Geschäftsführer - und der Beklagte persönlich in einer Versorgungszusage (Anlage B 1, Bl. 45 ff. d. A.), dass ihm nach Ausscheiden aus dem Unternehmen der Insolvenzschuldnerin monatliche Rentenzahlungen zu gewähren seien. In Nr. 8 dieser Vereinbarung war u.a. geregelt, dass die Insolvenzschuldnerin die zugesagten Leistungen kürzen oder einstellen könne, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in einer Weise verschlechtere, dass ihr die Aufrechterhaltung der Versorgungszahlungen nicht mehr zugemutet werden könne. Die Versorgungszusage wurde in der Folge durch Nachträge vom 29. Dezember 1997, 16. Juni 1999 und 30. Mai 2001 in einigen Punkten geändert; insoweit wird auf die Anlage K 6 (Bl. 61 - 63 d. A.) Bezug genommen. Mit weiterem Nachtrag vom 30. Oktober 1996 (Anlage B 2, Bl. 48 d. A.) verpfändete die Insolvenzschuldnerin ein bei der Volksbank H.... zur Sicherung der Versorgungsansprüche des Beklagten gebildetes Wertpapierdepot an den Beklagten.

3

Mit seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen der Insolvenzschuldnerin zum 1. April 2001 erhielt der Beklagte eine monatliche Rente von 6 500 DM. Sämtliche Geschäftsanteile an der Insolvenzschuldnerin wurden mit notariellem Vertrag vom 26. Juni 2001 an die Tochter des Beklagten abgetreten. Am 6. August 2001 verpfändete die Insolvenzschuldnerin unter Mitwirkung des Beklagten das Wertpapierdepot an die Volksbank H.... (Bl. 145 f d. A.). Hintergrund waren Forderungen der Volksbank H.... aus deren Geschäftsbeziehungen zum Beklagten, die mit der Verpfändung gesichert werden sollten.

4

Mit Darlehensvertrag vom 1. August 2001 (Anlage K 2, Bl. 8 d. A.) gewährte die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten ein Darlehen über 100 000 DM, rückzahlbar bis zum 31. Dezember 2003 und mit 5 % jährlich zu verzinsen. Hierfür waren Wertpapiere aus dem Wertpapierdepot der Insolvenzschuldnerin für den Beklagten in Höhe von 100 000 DM veräußert worden. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgte durch Verrechnung mit dem Anspruch des Beklagten auf Zahlung der monatlichen Rente. Mit Vertrag vom 15. Dezember 2003 (Bl. 9 d. A.) wurde der Darlehensvertrag auf unbestimmte Zeit verlängert. Zugleich erhielt die Insolvenzschuldnerin das Recht, das Darlehen mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen. Am 30. Juni 2005 valutierte das Darlehen noch in Höhe von 14 999,15 €.

5

Am 9. November 2004 wurde zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten ein weiterer Darlehensvertrag über 325 000 € geschlossen. Hintergrund war hier ebenfalls die Veräußerung von Wertpapieren aus dem Wertpapierdepot in entsprechender Höhe. Mit dem Betrag wurde eine Darlehensschuld des Beklagten gegenüber der Volksbank H.... getilgt. Die Darlehensforderung sollte mit 3 % jährlich verzinst werden (Anlage K 5, Bl. 13 f. d. A.). Gemäß § 3 des Darlehensvertrages trat der Beklagte zugleich seine Ansprüche aus der ihm von der Insolvenzschuldnerin erteilten Pensionszusage unwiderruflich als Sicherheit an diese ab. Die monatlichen Nettopensionsauszahlungsbeträge sollten von der Insolvenzschuldnerin einbehalten und als Tilgungsbeträge dem Darlehenskonto des Beklagten gutgeschrieben werden, und zwar ab dem Zeitpunkt, da weitere Darlehen des Beklagten getilgt seien. Gemäß § 4 des Darlehensvertrages stand der Insolvenzschuldnerin ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall zu, dass sich aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Darlehensnehmers ergibt, dass eine Rückzahlung des Darlehens nicht mehr gewährleistet ist. Am 30. Juni 2005 war ein Restdarlehensbetrag in Höhe von 326 627,03 € zur Rückzahlung offen.

6

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 kündigte der Kläger beide Darlehensverträge fristlos, hilfsweise fristgemäß. Neben der Kündigung berief sich der Kläger auch auf die Anfechtbarkeit des Darlehensvertrages vom 9. November 2004.

7

Er hat die Ansicht vertreten, dass alle Vereinbarungen zur Pensionszusage ebenso wie die Verpfändungsvereinbarung zu Gunsten des Beklagten nichtig seien, weil dieser nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden sei. Das Pfandrecht des Beklagten sei zudem mangels Forderung erloschen. Jedenfalls sei es erloschen, als der Beklagte einer Verpfändung zu Gunsten der Volksbank H.... zugestimmt habe. Letztlich habe sich der Beklagte seine eigenen Schulden gegenüber der Volksbank durch die Insolvenzschuldnerin bezahlen lassen.

8

Das Darlehen über 325 000 € sei dem Beklagten - nach der Veräußerung der Wertpapiere - durch die Insolvenzschuldnerin gewährt worden. Dies ergebe sich aus dem entsprechenden Überweisungsträger (Anlage K 9, Bl. 118 d. A.).

9

Der Kläger hat beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn folgende Beträge auf das nachstehende Insolvenzsonderkonto zu zahlen:

  2. HypoVereinsbank H...., BLZ ..., Kto.-Nr. : ...,

  3. nämlich

  4. 14 999,15 € nebst 5 % Zinsen seit dem 30. Juni 2005 und

  5. 326 627,03 € nebst 3 % Zinsen seit dem 30. Juni 2005.

10

Der Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

11

Er hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei hinsichtlich der Darlehen an die Tilgungs- und Verrechnungsabrede gebunden. Die Pensionszusage sei durch die Verpfändung des Wertpapierdepots insolvenzgeschützt. Auch die Anfechtung gehe ins Leere, da das Darlehen vom 9. November 2004 nicht aus Mitteln gewährt worden sei, die der Insolvenzschuldnerin zur freien Verfügung standen. Er, der Beklagte, sei absonderungsberechtigter Pfandgläubiger. Zu Gunsten der Volksbank sei lediglich ein nachrangiges Pfandrecht begründet worden. Im Übrigen sei der Darlehensvertrag als Scheingeschäft nichtig. Der Beklagte hat zudem behauptet, dass die Volksbank von ihrem Verwertungsrecht nach § 1228 BGB Gebrauch gemacht und das Wertpapierdepot wegen fälliger Zahlungsverbindlichkeiten des Beklagten in Höhe von 325 000 € veräußert habe. Dieser Vorgang sei lediglich buchhalterisch als Forderung gegen den Beklagten gewertet worden. Der Darlehensbetrag sei ihm, dem Beklagten, mithin nicht von der Insolvenzschuldnerin überlassen worden. An der Pfandverwertung habe diese nicht mitgewirkt. Zudem habe sie im Zeitpunkt der Darlehensgewährung vom 9. November 2004 nicht mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt. Die Rückstellungen für die Pensionszusage seien auch noch nicht erschöpft.

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Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der beantragten Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger hinsichtlich des der Höhe nach unstreitigen Betrages von 14 999,15 € nach erfolgter Kündigung ein Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 1. August 2001 in Verbindung mit der Verlängerungsvereinbarung vom 15. Dezember 2003 zustehe (§ 488 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB). Hinsichtlich des weiteren eingeklagten Betrages von 325 000 € nebst der bis zum 30. Juni 2005 aufgelaufenen Zinsen in Höhe von 1 627,03 € folge der Darlehensrückzahlungsanspruch aus dem gekündigten Darlehensvertrag vom 9. November 2004 (§ 488 BGB). Der Darlehensbetrag sei dem Beklagten aus dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin zur Verfügung gestellt worden. Die Insolvenzschuldnerin sei unbeschadet der Verpfändungen des Wertpapierdepots an den Beklagten vom 30. Oktober 1996 bzw. an die Volksbank H.... vom 6. August 2001 Eigentümerin des Depots geblieben. Der Erlös aus dem Wertpapierverkauf sei ihrem Konto gutgeschrieben worden. Dem Beklagten sei durch die Weiterüberweisung auf sein Konto zu Lasten der Insolvenzschuldnerin ein Vermögenswert von 325 000 € zugeflossen. Da die Tilgung des Darlehens durch Verrechnung mit der monatlichen Rentenzahlung an den Beklagten infolge der Insolvenz der Insolvenzschuldnerin nicht mehr möglich sei, sei die fristlose Kündigung der Darlehen berechtigt gewesen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheingeschäfts oder das Fehlen eines Rechtsbindungswillens im Hinblick auf den Abschluss des Darlehensvertrages seien nicht ersichtlich. Im Übrigen folge eine entsprechende Haftung des Beklagten dann aus dem Tatbestand der ungerechtfertigten Bereicherung. Auf ein Absonderungsrecht aus der Verpfändung des Wertpapierdepots könne sich der Beklagte ebenfalls nicht berufen, da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Anspruch auf Leistung einer Rente erloschen und somit auch die darauf bezogene Verpfändung hinfällig sei.

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Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Verteidigungsvorbringen und führt insbesondere aus, dass bei den Vertragsparteien trotz der formalen Bezeichnung der Verträge als "Darlehensvertrag" nie ein entsprechender Abschlusswille vorhanden gewesen sei. Es sei lediglich darum gegangen, die Verwertung des Wertpapierdepots durch die Volksbank H.... buchhalterisch zu erfassen. Der wirkliche Wille der Parteien sei auf die Pensionsvorauszahlung mit entsprechender Verrechnungsabrede gerichtet gewesen. Im Übrigen seien die Verträge zumindest als Scheingeschäft bzw. wegen sittenwidriger Ausnutzung der Machtposition der Insolvenzschuldnerin nichtig. Auch habe der Kläger keine Berechtigung zur Kündigung der Verträge gehabt. Eine wirtschaftliche Verschlechterung auf Seiten des Beklagten liege nicht vor. Er habe die Insolvenz der Insolvenzschuldnerin auch nicht zu vertreten. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die in Form des Wertpapierdepots zu seinen Gunsten festgelegten Pensionsrückstellungen ausschließlich zur Erfüllung der ihm erteilten Pensionszusage erfolgt und daher keine freien Mittel der Insolvenzschuldnerin gewesen seien. Die Insolvenzschuldnerin sei daher trotz Insolvenzeröffnung zur Erfüllung der Pensionszusage verpflichtet, solange - was der Fall sei - eigens dafür gebildete Rücklagen noch vorhanden seien. Einer wirksamen Kündigung stehe auch § 162 Abs. 2 BGB entgegen, weil die Insolvenzschuldnerin den Bedingungseintritt der Insolvenz selbst herbeigeführt habe.

14

Der Beklagte beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. April 2008 - 20 O 142/04 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;

  2. 2.

    hilfsweise:

    unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens die Sache an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

15

Der Kläger beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

16

Er trägt - ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - vor, dass das Wertpapierdepot vollständig verwertet worden sei. Der Beklagte habe insofern auch keine Absonderungsrechte gegenüber dem klagenden Insolvenzverwalter geltend gemacht.

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Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 161 ff. d. A.) sowie auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

18

II.

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt, dass dem Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Beträge Darlehensrückzahlungsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Im Einzelnen:

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1. Zu Recht hat das Landgericht die zuerkannten Ansprüche auf § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB gestützt und sie somit als Darlehensrückzahlungsansprüche behandelt.

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a) Dies entspricht bereits der Bezeichnung der beiden Verträge vom 1. August 2001 (mit Nachtrag vom 15. Dezember 2003) und vom 9. November 2004 als "Darlehensverträge". Vor allem aber sind die darin getroffenen Regelungen (zur Darlehenssumme, Verzinsung, Laufzeit "mit unbestimmter Dauer", Kündigung, Sicherheit) solche, die typischerweise in Darlehensverträgen getroffen werden und die dementsprechend keinen Zweifel daran lassen, dass die Verträge rechtlich als Darlehensverträge einzuordnen sind. Mit Fälligkeit bestand daher die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung der Darlehensvaluta und zur Zahlung der vereinbarten Zinsen.

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b) Soweit der Beklagte dagegen einwendet, im Hinblick auf die Interessenlage und den wirklichen Willen der Parteien seien die Vereinbarungen dahin auszulegen, dass es sich lediglich um eine Pensionsvorauszahlung mit Verrechnungsabrede gehandelt habe, sodass eine Tilgung der gewährten Beträge ausschließlich mit den aus der Versorgungszusage resultierenden Pensionsbeträgen erfolgen solle, eine darüber hinausgehende persönliche Haftung des Beklagten aber ausgeschlossen sei, folgt dem der Senat nicht:

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aa) Der Vertrag vom 9. November 2004 sieht zwar in § 3 vor, dass der Beklagte er Insolvenzschuldnerin seine Ansprüche aus der Pensionszusage als Sicherheit abtreten und die monatlichen Nettopensionsauszahlungsansprüche einbehalten und als Tilgungsbeträge gutgeschrieben werden sollten. Dem lässt sich aber nicht entnehmen, dass eine Tilgung ausschließlich auf diesem Wege erfolgen und der Beklagte persönlich sonst nicht auf Zahlung haften sollte. Das gibt schon der Wortlaut nicht her. Hinsichtlich der geschuldeten Zinsen fehlt ohnehin jede Regelung. Die vom Beklagten behauptete Reduzierung der Vereinbarungen auf eine reine Verrechnungsabrede ohne darüber hinausgehende Einstandspflicht hätte zudem eine feste Laufzeit - nämlich bis zur Tilgung durch die Pensionszahlungen - erfordert. Hier wurde der Vertrag aber ausdrücklich auf unbestimmte Dauer geschlossen.

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Für den Beklagten kann allenfalls sprechen, dass in § 4 des Vertrages nur ein außerordentliches Kündigungsrecht der Schuldnerin angesprochen ist, woraus man schließen könnte, dass eine ordentliche Kündigung durch sie ausgeschlossen sein soll. Das ist indessen nicht der Fall. Die Konsequenz wäre nämlich, dass entgegen dem Wortlaut kein Vertrag mit unbestimmter Dauer vorliegt, sondern ein solcher, der automatisch endet, sobald die Darlehensvaluta entsprechend der getroffenen Verrechnungsabrede getilgt ist. Der Beklagte trägt allerdings nichts dazu vor, dass die Vertragsparteien während der Vertragsverhandlungen zumindest entsprechende Erläuterungen abgegeben haben, die ein solches - dem Wortlaut widersprechendes - Verständnis rechtfertigen könnten. Er beruft sich im Wesentlichen auf die Interessenlage und verweist darauf, dass die an ihn ausgezahlte Darlehensvaluta aus der Verwertung des Wertpapierdepots und damit aus Mitteln gestammt habe, die mit dinglicher Wirkung in insolvenzfester Weise seine Pensionsansprüche abgesichert und deshalb dem Geschäftsbetrieb der Schuldnerin und deren Gläubigern ohnehin nicht zur Verfügung gestanden hätten. Dies verkennt jedoch, dass zu dem Zeitpunkt, als der Vertrag vom 9. November 2004 abgeschlossen und der dort genannte Betrag gezahlt wurde, eine derartige Absicherung nicht mehr gegeben war. Bereits im August 2001 hatte die Schuldnerin im Einverständnis mit dem Beklagten das seinerzeit ihm verpfändete Depot an die Volksbank zur Absicherung von persönlichen Verbindlichkeiten des Beklagten verpfändet. Nach der entsprechenden Verpfändungsurkunde vom 6. August 2001 (Bl. 145 f d. A.) war dem vorausgegangen, dass der Beklagte auf die zu seinen Gunsten erfolgte Verpfändung verzichtet hatte.

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Anders kann die Unterschrift des Beklagten unter der von der Schuldnerin in der Urkunde abgegebenen Versicherung, sie könne über die Wertpapiere uneingeschränkt verfügen, nicht verstanden werden. Denn seinerzeit war allen Beteiligten (der Schuldnerin, der Volksbank, der die Verpfändung an den Beklagten angezeigt worden war, und dem Beklagte selbst), bekannt, dass die Schuldnerin das Depot bereits an den Beklagten verpfändet hatte und deshalb ohne einen solchen Verzicht nicht uneingeschränkt über das Depot verfügen konnte. Ein Verzicht auf das Pfandrecht ist auch deshalb anzunehmen, weil es für Pfandrechte an beweglichen Sachen und Rechten anders als für Grundpfandrechte (§ 880 BGB) keine Regelung für nachträgliche Rangänderungen gibt und deshalb nach herrschender Rechtsauffassung (Bassenge in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 1209 Rz. 1; Damrau in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1209 Rn. 2) das zeitlich später begründete Pfandrecht nur dadurch mit dinglicher Wirkung Vorrang erhalten kann, dass das ältere Recht zunächst aufgehoben wird und die Pfandrechte in der zeitlichen Reihenfolge ihres vorgesehenen Ranges neu bestellt werden. Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folgen (so z. B. Sosnitza in Bamberger/Roth, Beck'scher Online Kommentar zum BGB, § 1209 Rn. 3) und annehmen wollte, dass der Beklagte nicht hätte verzichten, sondern nur mit dinglicher Wirkung der Volksbank den Vorrang hätte einräumen müssen, geben die in der Urkunde abgegebenen Erklärungen der Beteiligten und auch der sonstige Vortrag des Beklagten nichts dafür her, dass seinerzeit tatsächlich eine solche nachträgliche Rangänderung vereinbart wurde. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ist jedenfalls das Depot im November 2004 für die Tilgung der Schulden des Beklagten bei der Volksbank verwendet worden. Damit war auch für den Beklagten unverkennbar, dass es für eine Absicherung seiner Pensionsansprüche nicht zur Verfügung stand.

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bb) Zum Vertrag vom 1. August 2001 mit Nachtrag vom 15. Dezember 2003 trägt der Beklagte keinerlei konkrete Umstände vor, aus denen sich für diesen Vertrag eine entsprechende Beschränkung der Rückzahlungsverpflichtung ergeben sollte. Für diesen Vertrag fehlt es bereits an einer dem § 3 des Vertrages vom 9. November 2004 entsprechenden Regelung. Der Vertrag ist ebenfalls ausdrücklich auf unbestimmte Dauer geschlossen und sieht darüber hinaus ausdrücklich ein ordentliches Kündigungsrecht der Schuldnerin vor.

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2. Entgegen der Einlassung des Beklagten liegt auch kein Fall einer falsa

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demonstratio vor. Soweit der Beklagte diese daraus ableiten will, dass die Bezeichnung als Darlehen "ausschließlich aus buchhalterischen und betriebswirtschaftlichen Gründen" erfolgt sei, ist nicht erkennbar, welchem Verhalten der Vertragspartner zu entnehmen sein soll, dass sie übereinstimmend etwas anderes gewollt haben als sie in den schriftlichen Vereinbarungen zum Ausdruck gebracht haben oder als es gebucht worden ist.

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3. Der Senat folgt dem Beklagten auch nicht in seinem Einwand, die Darlehensverträge seien als Scheingeschäfte gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Ein Scheingeschäft würde voraussetzen, dass dem Beklagten und der Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin bei Abschluss der Verträge der Rechtsbindungswille fehlte und sie nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen wollten. Dass die Parteien den Vereinbarungen überhaupt keine Rechtswirkungen beimessen wollten, behauptet der Beklagte indes selbst nicht. Beweis für die bestrittene Behauptung eines Scheingeschäfts tritt der beweispflichtige Beklagte nicht an. Nicht zuletzt hat das Landgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtigkeit der den Zahlungen zu Grunde liegenden Verträge der Beklagte mangels Rechtsgrund für die Zahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung haften würde.

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4. Die Verträge sind auch nicht sittenwidrig und gemäß § 138 BGB nichtig. Ein Fall sittenwidriger Überforderung des Beklagten liegt nicht vor. Er lässt sich auch nicht mit dem in der Berufungsinstanz neuen Vortrag begründen, dass der Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, die Darlehen aus eigenem Vermögen zurück zu zahlen. Ein Schuldner hat grundsätzlich selbst zu prüfen und zu entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegen, wenn er Verbindlichkeiten eingeht.

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Davon abgesehen behauptet der Beklagte selbst nicht, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge sei absehbar gewesen, dass die Darlehen nicht aus der Pensionszusage würden getilgt werden können. Vielmehr war die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nach seinem eigenen Vortrag weder zahlungsunfähig noch überschuldet. Die Insolvenzschuldnerin (bzw. hier: der Kläger) macht auch nicht in sittenwidriger Weise von einer bestehenden Machtposition Gebrauch, wenn sie vertragliche Rechte ausübt, die unter ebenbürtigen Partnern begründet worden sind. Nicht zuletzt würde eine Nichtigkeit auch hier lediglich zu entsprechenden Bereicherungsansprüchen gegen den Beklagten führen.

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5. Die Kündigungen der Verträge hat der Kläger am 24. Oktober 2006 erklärt. Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigungen bestehen keine Bedenken.

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Nach dem Darlehensvertrag vom 1. August 2001 war der Kläger ausdrücklich zur ordentlichen Kündigung mit einer Frist von vier Wochen berechtigt.

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Auch der Darlehensvertrag vom 9. November 2004 ist auf unbestimmte Zeit geschlossen (s.o. 1b aa) und konnte damit vom Kläger mit einer Frist von drei Monaten (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB) ordentlich gekündigt werden.

34

Darüber hinaus bestand - auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts an - jeweils ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 1 BGB bzw. nach § 4 des Vertrages vom 9. November 2004. Danach bestand nicht nur ein außerordentliches Kündigungsrecht, wenn über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden war ("insbesondere"), sondern generell dann, wenn sich auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten ergab, dass eine Rückzahlung des Darlehens nicht mehr gewährleistet ist. Unabhängig davon, welche Sicherheiten bestellt waren, sollten die Rückzahlungen auf die Darlehen jedenfalls faktisch aus den zukünftigen Zahlungen aus der Pensionszusage bestritten werden. Der Anspruch auf diese Zahlungen war aber dadurch erloschen, dass der Kläger von der der Schuldnerin nach § 8a) des Vertrages offenstehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Pensionszahlungen einzustellen. Mit der Insolvenz der Schuldnerin hatte sich deren Lage im Sinne dieser Vertragsbestimmung so wesentlich verschlechtert, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Pensionsleistungen nicht mehr zugemutet werden konnte. Eine insolvenzfeste Sicherheit, aus der diese Zahlungen hätten bestritten werden können, bestand nicht mehr.

35

Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Wirksamkeit der Kündigungen auch nicht die Regelung des § 162 Abs. 2 BGB entgegen. Anhaltspunkte für eine "wider Treu und Glauben" herbeigeführte Insolvenz der Insolvenzschuldnerin sind weder vorgetragen noch im Ansatz ersichtlich.

36

6. Der Höhe nach sind die zuerkannten Ansprüche nicht angegriffen.

37

7. Auf das Bestehen etwaiger Anfechtungsansprüche des Klägers kam es nach den obigen Ausführungen nicht mehr an.

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8. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 29. April 2009 gab keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. Die darin enthaltenen Rechtsausführungen hat der Senat zur Kenntnis genommen und - soweit sie nicht ohnehin bereits vorgetragen und zu bewerten waren - in den vorstehenden Gründen berücksichtigt.

39

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

40

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

41

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) lagen nicht vor.