Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.05.2009, Az.: 5 U 163/08
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.05.2009
- Aktenzeichen
- 5 U 163/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 41667
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2009:0507.5U163.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 17.10.2008 - AZ: 4 O 363/07
Fundstellen
- BauR 2010, 106-107
- BauR 2009, 1634
- IBR 2009, 569
- OLGR Celle 2009, 878-879
- OLGR Celle 2009, 865-866
In dem Rechtsstreit
...
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. S. für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Landes Niedersachsen (Klägerin) gegen das am 17. Oktober 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereichung einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlten Werklohnes im Zusammenhang mit einer Rohbaumaßnahme an der M.H.H. geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Forderung verjährt sei. Wegen der Begründung der Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie rügt, dass die vom Landgericht in Bezug genommene Entscheidung des BGH (VII ZR 106/07) auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Die landgerichtliche Entscheidung enthalte zudem zu der Frage keine Feststellungen, ob die damals vorliegenden Abrechnungsunterlagen vollständig gewesen seien und daraus ohne Weiteres eine Überzahlung ersichtlich gewesen sei. Es werde auch nicht dargelegt, woraus sich ergebe, dass die erst dem Rechnungshofe aufgefallenen Abrechnungsfehler bei der Prüfung der Schlussrechnung hätten auffallen müssen. Der landgerichtlichen Entscheidung fehlten weiterhin jegliche Ausführungen zur Frage der Erheblichkeit und Zurechenbarkeit der späteren Mangelerkennung. Es werde auch nicht darauf eingegangen, dass eine Einschränkung des Verjährungsprivilegs der öffentlichen Auftraggeber nur mit der Maßgabe gerechtfertigt sei, dass die übergebenen Unterlagen komplett und aus ihnen der Abrechnungsfehler ohne Weiteres ersichtlich sei. Das Landgericht habe es auch unterlassen, Prüfungen darüber anzustellen, welche der von der Beklagten aufgestellten Schlussrechnungen denn überhaupt in wesentlichen Teilen prüfbar und damit fälligkeitsbegründend gewesen sein könnte. Die Beklagte habe unter dem 21. Dezember 2001 eine Restforderungsberechnung aufgestellt, die sodann abschließend geprüft worden sei. Auf diese Schlussrechnung sei bei der Prüfung des Beginns des Laufs der Verjährungsfrist abzustellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Oktober 2008 die Beklagte zu verurteilen, an das klagende Land 62 362,96 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2002 auf 5 878,45 € und auf weitere 56 197,73 € seit dem 01. September 2007 und auf weitere 286,78 € seit dem 20. Dezember 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen bis zur mündlichen Verhandlung am 11. März 2009 gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden.
Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB ist verjährt. An die Stelle der ursprünglich geltenden 30-jährigen Verjährungsfrist ist ab dem 01. Januar 2002 gemäß Art 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB getreten. Diese neue Frist begann am 01. Januar 2002 zu laufen. Zu diesem Zeitpunkt waren die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfüllt. Die Vorschrift verlangt die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen. Insofern sind die Tatsachen entscheidend, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Dagegen ist grundsätzlich nicht vorausgesetzt, dass der Gläubiger hieraus die zutreffenden Schlüsse zieht (vgl. BGH vom 08. Mai 2008 - VII ZR 106/07 - in NJW 2008, 2427 f. [BGH 08.05.2008 - VII ZR 106/07]).
Für die Beurteilung der Frage, ob die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB vorliegen, kommt es auf die konkrete Person des Gläubigers an und nicht auf eine vermeintliche objektive Erkennbarkeit. Es findet daher keine Ex-post-Betrachtung durch das Gericht statt.
Soweit die Klägerin rügt, dass das Landgericht keine Ausführungen dazu gemacht habe, dass die übergebenen Unterlagen komplett und aus ihnen der Abrechnungsfehler ohne Weiteres ersichtlich sei, hat die Klägerin weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz dargelegt, aus welchem Grunde die Abrechnungsunterlagen der Beklagten teilweise nicht vollständig gewesen seien. Die Prüfungsmitteilung des N.L. vom 07. Januar 2007 ist nicht vollständig vorgelegt worden. Es ist auch nicht dargelegt worden, welche Unterlagen konkret gefehlt haben und ggf. relevant für die Prüfung der zurückgeforderten Positionen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 18. März 2009 gibt dem Senat insoweit ebenfalls keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Er benennt ebenfalls nicht, welche konkreten ggfs. prüfungsrelevanten Unterlagen hinsichtlich der Metallarbeiten gefehlt haben. Daher ist von der Prüffähigkeit der Schlussrechnung auszugehen, zumal auch das Staatliche Baumanagement die Schlussrechnung für prüfbar gehalten und deshalb die Schlusszahlung erbracht hat. Wenn die Schlussrechnung nicht mit der gebotenen Sorgfalt von den Mitarbeitern des staatlichen Baumanagements geprüft und möglicherweise die Unvollständigkeit der Unterlagen nicht bemerkt worden sein sollte, kann dies nicht dazu führen, dass die Verjährung nicht zu laufen beginnt. Würde man dem Argument nachgeben, wäre das eine Aufforderung an die öffentliche Hand, die Schlussrechnung nachlässig zu prüfen, um sich auch über den Ablauf der regulären Verjährung hinaus Rückforderungsansprüche zu erhalten.
Hinsichtlich der Absturzsicherung und der Betonarbeiten waren die Fehler der Abrechnung bei sorgfältiger Prüfung aus den Schlussrechnungsunterlagen erkennbar. Insoweit wird auch nicht das Fehlen von Unterlagen von der Klägerin behauptet.
Die Überzahlung gemäß Pos. 1.5 wurde bereits mit Schreiben vom 24. Februar 2002 geltend gemacht und war damit ohne weiteres für die Mitarbeiter des staatlichen Baumanagements erkennbar.
Soweit von der Klägerin auf die Rechnung vom 21. Dezember 2001 abgestellt wird, handelt es sich nicht um eine Schlussrechnung, sondern nur um eine Zusammenstellung der Restforderung. Gegenstand der Prüfung war immer die Schlussrechnung vom 23. Februar 2001, mag diese Schlussrechnung im Schlussrechnungsverfahren in der Folgezeit auf Einwendungen der Klägerin auch überarbeitet worden sein.
Die Klägerin kann sich mit Erfolg auch nicht auf eine Verjährungsvereinbarung unter Hinweis auf Ziffer 30.2 der EVM und dem darin in Bezug genommenen § 197 BGB berufen. Dieser Vortrag in der Berufungsbegründung ist irreführend, weil es sich bei der in Ziffer 30.2 EVM angeführten Vorschrift um § 197 BGBa.F. handelt, der eine Regelung zur Verzinsung enthält.
Die Verjährung endete somit am 31. Dezember 2004.
Das Schreiben der Klägerin vom 21. April 2005, mit dem Beanstandungen gegen die Schlussrechnung erhoben wurden, konnte die Verjährung nicht mehr gemäß § 203 BGB hemmen.
Die Verjährung beginnt gemäß § 212 BGB auch nicht neu zu laufen, weil die Beklagte die Forderung mit Schreiben vom 04. Juni 2007 (Bl. 14 d.A.) teilweise anerkannt hat. Ein Neubeginn der Verjährung ist nach Vollendung der Verjährung ausgeschlossen.
Schließlich hat die Beklagte mit Schreiben vom 04. Juni 2007 (Bl. 14 d.A.) kein konstitutives Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB abgegeben. Die Beklagte hatte nicht die Absicht, eine neue Schuldverpflichtung einzugehen, sondern sie wollte sich der damaligen Rechtslage entsprechend gegen den für begründet angesehenen Rückzahlungsanspruch wehren, was sich durch Auslegung dem Schreiben vom 04. Juni 2007 entnehmen lässt.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 18. März 2009 hat dem Senat keine Veranlassung gegeben, erneut in die mündlich Verhandlung einzutreten. Soweit nicht bereits oben auf den Inhalt des Schriftsatzes eingegangen worden ist, enthält er Ausführungen insbesondere Rechtsausführungen, die bereits Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 ZPO weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.