Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 27.05.2020, Az.: 3 A 94/18

Anlieger; Anlieger, mehrfache Heranziehung; Hinterlieger; Quadratwurzelmaßstab; Quadratwurzelmassstab; Straßenreinigung; Straßenreinigungsgebühr

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
27.05.2020
Aktenzeichen
3 A 94/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71736
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Quadratwurzelmaßstab wird als flächenbezogener Maßstab dem Gebot der sachgerechten Heranziehung zu einer Straßenreinigungsgebühr als Benutzungsgebühr gerecht. Es kommt insbesondere nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung von Eigentümern von Hinterliegergrundstücken oder von Eigentümern mehrfach anliegender Grundstücke durch die Verwendung des Quadratwurzelmaßstabs anstelle des Frontmetermaßstabs.

2. Nach niedersächsischem Landesrecht verstößt eine Bestimmung in einer Straßenreinigungsgebührensatzung, wonach ein Anliegergrundstück, das gleichzeitig im Verhältnis zu einer weiteren zu reinigenden Straße ein Hinterliegergrundstück darstellt, nicht zusätzlich als Hinterliegergrundstück veranlagt wird, nicht gegen höherrangiges Recht.

3. Nach niedersächsischem Landesrecht ist bei mehrfach erschlossenen Hinterliegergrundstücken eine satzungsrechtliche Privilegierung, wonach die Gebühren nach der Straße zu berechnen sind, von der aus das Grundstück seine hauptsächliche Erschließung erhält, grundsätzlich zulässig.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren.

Die Beklagte ist eine niedersächsische Kommune. Sie erhebt in ihrem Stadtgebiet Straßenreinigungsgebühren aufgrund einer hierzu erlassenen Gebührensatzung. Bis zum Jahr 2017 hatte die Beklagte der Erhebung der Straßenreinigungsgebühren in ihrem Gemeindegebiet den sogenannten Frontmetermaßstabzugrunde gelegt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2018 stellte die Beklagte die Berechnung ihrer Gebühren auf den sog. Quadratwurzelmaßstab um.

Die ab dem 1. Januar 2018 maßgebliche Satzung der Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die Straßenreinigung (Straßenreinigungsgebührensatzung -SRGS-)“ vom 21. Dezember 2017- im folgenden SRGS genannt - hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

§ 1 Allgemeines
(1) Die E. führt die Reinigung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze - im Folgenden einheitlich Straßen genannt - innerhalb der geschlossenen Ortslage (§ 4 Abs. 1 NStrG) als öffentliche Einrichtung Straßenreinigung nach Maßgabe der Straßenreinigungssatzung vom 01.01.2011 und der Straßenreinigungsverordnung vom 01.01.2011 - beide in der jeweils geltenden Fassung - durch.
(2) Für die Straßenreinigung werden Gebühren nach den folgenden Vorschriften erhoben.

§ 2 Definitionen
(1) Grundstück im Sinne dieser Satzung ist grundsätzlich das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Grundbuchordnung.
(2) Anliegergrundstücke sind Grundstücke, die an die zu reinigende Straße angrenzen (gemeinsame Grundstücksbegrenzungslinie zwischen der Straße und dem anliegenden Grundstück). Als Anliegergrundstücke gelten auch solche Grundstücke, die durch einen Straßengraben, eine Stützmauer, eine Böschung, einen Grün-, Trenn-, Seiten- oder Sicherheitsstreifen oder in ähnlicher Weise von der Straße getrennt sind. Das gilt jedoch nicht, wenn das Grundstück von der Straße durch einen Geländestreifen getrennt ist, der weder dem öffentlichen Verkehr gewidmet noch Bestandteil der Straße ist.
(3) Hinterliegergrundstücke sind die übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke, die nicht an die zu reinigende Straße angrenzen. Grundstücke, die nur punktuell oder nur in geringer Breite an die zu reinigende Straße anliegen, gelten als Hinterliegergrundstücke.
(4) Der Begriff Erschließung bezeichnet die tatsächliche und rechtliche Zugangsmöglichkeit. Sie kann auch über ein weiteres Grundstück erfolgen (Zuwegung) oder über einen unselbständigen Weg.
(5) Die geschlossene Ortslage bestimmt sich nach § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 NStrG. Sie wird durch Anlagen von allgemeiner innerörtlicher Bedeutung wie Grünanlagen, Stadt-wälder, Gewässer, Spiel- und Sportplätze, Kleingärten, Friedhöfe, Verkehrsanlagen und in der Planung begriffene Projekte dieser Art nicht unterbrochen

§ 3 Gebührenpflichtige
(1) Gebührenpflichtige sind die Benutzer der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung. Als Benutzer der Straßenreinigung gelten die Eigentümer der Grundstücke, die nach dem Straßenverzeichnis (siehe Anlage zur Straßenreinigungsverordnung) an gereinigten Straßen liegen, und ihnen gleichgestellte Personen.
(2) Den Eigentümern der Anliegergrundstücke werden die Eigentümer der Hinterliegergrundstücke sowie die Nießbraucher (§ 1030 BGB), die Erbbauberechtigten (§ 1012 BGB, § 1 Erbbaurechtsverordnung), die Wohnungsberechtigten (§ 1093 BGB) und die Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsberechtigten (§ 31 Wohnungseigentumsgesetz) gleichgestellt.
(3) Beim Wechsel des Gebührenpflichtigen geht die Gebührenpflicht mit Beginn des auf den Übergang folgenden Kalendermonats auf den neuen Verpflichteten über.
(4) Mehrere Gebührenpflichtige haften als Gesamtschuldner.

§ 4 Gebührenmaßstab
(1) Maßstab für die Berechnung der Straßenreinigungsgebühr ist die Quadratwurzel aus der amtlichen Fläche des Grundstücks in Quadratmetern (Berechnungsfaktor) und die Reinigungsklasse der zu reinigenden Straße nach dem Straßenverzeichnis. Der Berechnungsfaktor wird auf eine ganze Zahl abgerundet.
(2) Sind dem Grundstück weitere Grundstücke oder Miteigentumsanteile zugeordnet, so werden zunächst die jeweiligen Quadratwurzeln berechnet und auf eine Stelle nach dem Komma abgerundet. Anschließend wird der Berechnungsfaktor aus der Summe dieser Quadratwurzeln gebildet und auf eine ganze Zahl abgerundet.
(3) Maßgeblich für die Bestimmung der Reinigungsklasse ist bei Anliegergrundstücken die Straße, an der das Grundstück anliegt, und bei Hinterliegergrundstücken die Straße, durch die das Grundstück erschlossen wird.
(4) Bei Grundstücken, die an mehreren, verschiedenen Straßen anliegen, werden alle Straßen zur Berechnung herangezogen.
(5) Wird ein Hinterliegergrundstück durch mehrere Straßen erschlossen, so sind die Gebühren nach der Straße zu berechnen, von der aus das Grundstück seine hauptsächliche Erschließung erhält. Hauptsächlich erschlossen wird das Grundstück durch eine Straße, zu der unmittelbar der Weg führt, an dem das Grundstück seinen Hauptzugang hat. Gleiches gilt bei Erschließung über eine Zuwegung.
(6) Ein Anliegergrundstück, das gleichzeitig im Verhältnis zu einer weiteren zu reinigenden Straße nach dem Straßenverzeichnis ein Hinterliegergrundstück darstellt, wird nicht als Hinterliegergrundstück veranlagt.
(7) Die Straßenreinigungsgebühren sollen die Kosten der Straßenreinigung decken. Den Kostenanteil, der auf das allgemeine Interesse an der Straßenreinigung (25% der gebührenfähigen Straßenreinigungskosten nach § 52 Absatz 3 NStrG) sowie auf die Reinigung der Straßen oder Straßenteile, für die eine Reinigungspflicht nicht besteht, entfällt, trägt die E..
(8) Wird eine Straße oder ein Teil davon umbenannt, bleibt für die Berechnung der Gebühr die bisherige Reinigungsklasse bis zu einer entsprechenden Berichtigung der Straßenreinigungsverordnung maßgebend.
(9) Die im Straßenverzeichnis aufgeführten Straßen werden nach der Häufigkeit der Reinigung oder Priorität in folgende Reinigungsklassen eingeteilt:
Reinigungsklasse 1: ........ Reinigung 5mal wöchentlich
Reinigungsklasse 2: ........ Reinigung 1mal wöchentlich
Reinigungsklasse 3:......... Reinigung 1mal innerhalb von 2 Wochen
Reinigungsklasse 3a:....... Reinigung 1mal innerhalb von 2 Wochen durch die Anliegerinnen und Anlieger

§ 5 Gebührenhöhe
Die Gebühr beträgt jährlich je Meter Berechnungsfaktor in der
Reinigungsklasse 1: ........ 24,88 €
Reinigungsklasse 2: .......... 5,00 €
Reinigungsklasse 3:........... 2,48 €

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist Eigentümerin von zwei nebeneinander gelegenen Grundstücken, welche als rechtlich selbständige Grundstücke auf dem Grundbuchblatt eingetragen sind. Das Grundstück zum Grundbuchblatt F., laufende Nummer 3, grenzt mit seiner Schmalseite an die G., das Grundstück zum Grundbuchblatt F., laufende Nummer 2, grenzt ebenfalls mit seiner Schmalseite an die G. und zugleich mit seiner längeren Seite an die Straße „H.“. Die G. ist der Reinigungsklasse 1 zugeordnet, die Straße „H.“ der Reinigungsklasse 2.

Mit Grundabgabenbescheidvom 11. Januar 2018, welcher auch die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühren beinhaltet, setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Straßenreinigungsgebühren in Höhe von insgesamt 886,04 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 fest, und zwar zum einen für beide Grundstücke jeweils in voller Höhe als Anlieger der „G.“ nach der Reinigungsklasse 1 sowie ferner für das Grundstück zum Grundbuchblatt F., laufende Nummer 2, für die Straße „H.“ nach der Reinigungsklasse 2.

Gegen den Bescheid vom 11. Januar 2018 hat die Klägerin am 12. Februar 2018 Klage erhoben, soweit es um die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühr geht. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass sie hinsichtlich des Grundstückes zum Grundbuchblatt F. mit der lfd. Nummer 2 sowohl für die „G.“ als auch die Straße „H.“ zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen worden sei. Sie hält zudem den für die Berechnung der Straßenreinigungsgebühren verwandten Quadratwurzelmaßstab im Gegensatz zum Frontmetermaßstab nicht für geeignet, die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung zutreffend wiederzugeben. Sie beanstandet ferner, dass durch die Satzungsregelung Hinterliegergrundstücke bei der Gebührenberechnung willkürlich überproportional bevorteilt würden, da diese anders als Anlieger von Eckgrundstücken in keinem Fall zu mehreren Straßen herangezogen würden. Darüber hinaus hätten nach der Satzung Hinterlieger im Gegensatz zu anderen Anliegern die Möglichkeit, durch die Wahl der Haupterschließung selbst zu bestimmen, für welche Straße sie gebührenpflichtig seien. Ferner bestreitet die Klägerin die Richtigkeit der Gebührenkalkulation. Für die konkrete Gebührenberechnung seien die zugrunde gelegten Grundstücksflächen maßgeblich, da sonst die konkrete Gebühr je Maßeinheit nicht nachprüfbar sei. Aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich nicht, welche festgestellte veranlagte Gesamtfläche, aufgeteilt auf die Reinigungsklassen, Grundlage der Kalkulation sei. Die Beklagte habe laut Verwaltungsvorgang der Gebührenberechnung insgesamt 434.716 Berechnungseinheiten zu Grunde gelegt, es sei aber nicht erkennbar, wie sie diese Summe ermittelt habe.

Auch die Höhe der von der Beklagten insgesamt veranschlagten Kosten und deren Aufteilung auf die jeweiligen Reinigungsklassen seien nicht nachvollziehbar. Im Übrigen habe die Beklagte ihr Ermessen bei der Bestimmung des Gemeindeanteils an den Gebühren nicht ausgeübt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2018 hinsichtlich der Festsetzung von Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 886,04 EUR aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid. Der Quadratwurzelmaßstab stelle einen sachgerechten Gebührenmaßstab dar. Die Heranziehung der Klägerin sowohl für jedes einzelne Grundstück als auch als Mehrfachanlieger sei rechtmäßig. Die Satzungsregelung der Beklagten beinhalte keine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Bevorzugung von Hinterliegergrundstücken. Nach der Rechtslage in Niedersachsen sei es zulässig, hinsichtlich der Gebührenpflicht für Hinterliegergrundstücke nur auf die hauptsächliche Erschließung abzustellen. Ebenso sei es zulässig, bereits gebührenpflichtige Eigentümer von anliegenden Grundstücken nicht nochmals als Hinterlieger heranzuziehen. Jedenfalls sei die nicht mehrfache gebührenrechtiche Heranziehung von Hinterliegergrundstücken aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt.

Bis zum 30. Dezember 2017 sei es aufgrund Anwendung des bis dahin geltenden Frontmetermaßstabes erforderlich gewesen, nach Anliegergrundstücken, Hinterliegergrundstücken und Mehrfachanliegergrundstücken zu unterscheiden. Der letztmals zum Datum 2.Februar 2017 erfasste Bestand habe gelautet:

Anliegergrundstücke: 12.771 = 88 %

Mehrfachanliegergrundstücke 1.199 = 8 %

Hinterliegergrundstücke 582 = 4 %

Durch die Umstellung auf den Quadratwurzelmaßstab zum 1. Januar 2018 habe sich die Notwendigkeit einer differenzierten Bemessungsgrundlage für An- und Hinterliegergrundstücke erübrigt. Diese würden seitdem einheitlich als Grundstückstyp An-/Hinterliegergrundstück herangezogen. Während die Anliegereigenschaft relativ einfach anhand der Liegenschaftskarte dadurch festgestellt werden könne, ob es gemeinsame Grundstücksbegrenzungslinien zur gereinigten Straße gebe, müsse bei allen anliegenden Grundstücken, für die eine Gebührenpflicht auch zu anderen entfernt gelegenen gereinigten Straßen zusätzlich als Hinterliegergrundstück in Frage komme, das Grundbuch eingesehen werden, um gegebenenfalls eine Eigentümeridentität feststellen zu können oder aber zusätzlich Einsicht in das Baulastenverzeichnis genommen werden, um zu prüfen, ob möglicherweise Wegerecht existierten. Daneben könnten auch noch privatrechtliche Vereinbarungen bestehen, von denen die Beklagte ohne Mithilfe der Abgabepflichtigen keine Kenntnis erlangen könne. Diese Prüfungen müsse die Beklagte entsprechend § 85 AO von Amts wegen durchführen. Dies sei in der Praxis nahezu unmöglich, jedenfalls aber angesichts der Tatsache, dass eine mehrfache Erschließung von reinen Hinterliegergrundstücken den Ausnahmefall darstelle, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich.

Die Gebührensätze in § 5 SRGS beruhten auf folgender Kalkulation: die Beklagte habe dem Rat mit Beschlussvorlage vom 13. November 2017 die ab dem Jahr 2018 kalkulierten Gebührensätze zur Beschlussfassung unterbreitet. Der darin vorgesehene Gemeindeanteil von 25 Prozent entspreche der gesetzlichen Regelung. Dies sei dem Rat der Stadt in der Beschlussvorlage vom 13. November 2017 auch so mitgeteilt worden.

Nach der Kalkulation der Beklagten beliefen sich die kalkulierten Kosten der Straßenreinigung auf 2.301.800 EUR jährlich, die Erlöse unter fiktiver Berücksichtigung des kommunalen Eigenanteils von 25 Prozent auf 2.087.300 EUR. Da die Reinigungsklassen 1, 2 und 3 nur ein Teilbestandteil der Einrichtung Straßenreinigung seien, habe die Beklagte anderweitige Kosten und Erlöse in der Nachkalkulation der Gebührensätze abgegrenzt. Die bereinigten Kosten für die Reinigungsklassen 1, 2 und 3 würden danach 1.657.600 EUR betragen. Diese seien auf insgesamt 434.716 Berechnungseinheiten (Meter nach dem Quadratwurzelmaßstab) zu verteilen, wobei zugleich eine rechnerische Gewichtung nach Reinigungsklassen mit dem jeweiligen Turnus der Straßenreinigung erfolgt sei. Im Hinblick auf den Aufwand der Umstellung des Maßstabes habe die Beklagte die Zahl der Maßstabseinheiten zum überwiegenden Teil ermittelt, im Übrigen durch Hochrechnung geschätzt. Die auf die jeweiligen Reinigungsklassen entfallenden Kostenanteile seien sodann durch die gewichtete Summe der Berechnungseinheiten dividiert worden. Hieraus errechne sich ein Kostensatz je gewichteter Berechnungseinheit, welcher mit den gewichteten Berechnungseinheiten je Reinigungsklasse multipliziert worden sei. Zum Ausgleich von Kostenüberdeckungen aus vorangegangenen Kalkulationszeiträumen sei der rechnerische Gebührensatz um jeweils 13 Prozent reduziert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die rechtzeitig innerhalb der Frist des § 74 Abs.1 Satz 1 VwGO erhobene Anfechtungsklage (§ 79 Abs.1 VwGO) ist zulässig, aber nicht begründet.

I. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2018 über die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).

Formelle Wirksamkeitsbedenken gegen die dem Bescheid der Beklagten zu Grunde liegende Gebührensatzung vom 21. Dezember 2017 bestehen nicht. Gegen die rechnerische Richtigkeit der nach Maßgabe der Gebührensatzung in dem angefochtenen Bescheid ermittelte konkrete Höhe der festgesetzten Gebühr hat die Klägerin keine Einwände erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich.

Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Gebührensatzung (SRGS) ist wirksam.

1. Rechtsgrundlage der Satzung ist § 52 NStrG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 5 NKAG.

Gemäß § 52 Abs. 1 Satz1 NStrG sind die Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage zu reinigen. Reinigungspflichtig sind gemäß § 52 Abs. 2 NStrG die Gemeinden. Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG gelten für die der Reinigung unterliegenden Straßen die Eigentümer der anliegenden Grundstücke als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des kommunalen Abgabenrechts, wenn die Gemeinden die Straßenreinigung durchführen. Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG können die Gemeinden in der Straßenreinigungsgebührensatzung den Eigentümern der anliegenden Grundstücke die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke und die Inhaber besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte gleichstellen. Nach § 1 Abs.1 NKAG sind die Kommunen nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt, kommunale Abgaben zu erheben. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NKAG dürfen kommunale Abgaben nur aufgrund Satzung erhoben werden. Nach § 5 Abs.1 Satz 1 NKAG erheben die Kommunen als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Von dieser ihr eingeräumten Befugnis, für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ durch Satzung Straßenreinigungsgebühren zu erheben, hat die Beklagte mit der SRGS vom 21. Dezember 2017 Gebrauch gemacht.

2. Die Beklagte hat in § 3 SRGS den Kreis der Gebührenpflichtigen in zulässiger Weise bestimmt.

a) Ein Benutzungsgebührentatbestand ist vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung über die Fiktion der Inanspruchnahme grundsätzlich nur bei tatsächlicher Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erfüllt.Eine zulässige gesetzliche Benutzungsfiktion begründet die Regelung des § 52 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NStrG. Danach gelten die Eigentümer der anliegenden Grundstücke von Gesetzes wegen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG) sowie die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke und die Inhaber besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung, sofern die Gemeinde diesen Personenkreis den Eigentümern anliegender Grundstücke in der Straßenreinigungsgebührensatzung gleichgestellt hat (§ 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass nach § 3 Abs. 1 SRGS der Beklagten die Eigentümer der Grundstücke, die nach dem Straßenverzeichnis an gereinigten Straßen liegen, und die ihnen nach § 3 Abs. 2 SRGS gleichgestellte Personen als gebührenpflichtige Benutzer bestimmt hat.

b)Die durch § 3 Abs. 2 1. Var. SRGS erfolgte grundsätzliche Einbeziehung von Eigentümern von Hinterliegergrundstücken in den Kreis der Gebührenpflichtigen begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG sind – wie bereits ausgeführt – zunächst nur die Eigentümer der anliegenden Grundstücke der Gebührenpflicht unterworfen. Nach § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG kann die Gemeinde in der Straßenreinigungsgebührensatzung den Eigentümern der anliegenden Grundstücke die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke und die Inhaber besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte gleichstellen.

Weder die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG noch die Regelung des § 3 Abs.2 SRGS verstoßen gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ist der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

Für die Erhebung von Gebühren und diesen ähnlichen Entgelten verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen und welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen will (BVerfG, Beschl. v. 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, juris Rn 37 f.). Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn zu Straßenreinigungsgebühren nicht nur die Eigentümer anliegender Grundstücke, sondern auch die Eigentümer von nicht der Straße anliegenden, aber dennoch durch sie erschlossenen Grundstücken herangezogen werden, also anliegende und erschlossene Grundstücke dem Grunde nach gleich behandelt werden. Die gebührenpflichtige Reinigungsleistung der Gemeinde befriedigt das objektive Interesse sowohl der Eigentümer anliegender Grundstücke als auch der Eigentümer hinterliegender, im Sinne des Straßenreinigungsrechts erschlossener Grundstücke an der Reinigung der Straße. Da sich Umfang und Maß dieses Interesses mit Blick auf die Anliegergrundstücke einerseits und auf die erschlossenen Hinterliegergrundstücke andererseits allenfalls geringfügig oder nur in atypischen Ausnahmefällen unterscheiden, ist es nicht willkürlich, wenn der Ortsgesetzgeber Umfang und Maß des jeweiligen objektiven Interesses insoweit gebührenrechtlich gleich bewertet. Dass sich die Erschließungslage bei Anlieger- und Hinterliegergrundstücken nicht in allen Einzelheiten deckt, hebt die ungefähre Vergleichbarkeit der Vorteile, die durch die Reinigung der sie erschließenden öffentlichen Straße vermittelt werden, nicht auf (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 8 NB 5.93 -, juris Rn 5). § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG gibt den Gemeinden folglich ein Wahlrecht, die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke den Eigentümern der anliegenden Grundstücke gleichzustellen. Der Sinn und Zweck der in § 52 Abs. 1 NStrG festgelegten Reinigungspflicht besteht zum einen in der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit der Straße sowie ferner im Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sauberkeit und der Verhinderung von Krankheiten. Die Straßenreinigung stellt eine öffentliche Aufgabe im Interesse aller Anlieger und Benutzer der Straße dar. Das Anliegerinteresse gibt im Straßenreinigungsgebührenrecht das Interesse wieder, das sämtliche Eigentümer von Grundstücken, die an gereinigte Straßen innerhalb der öffentlichen Einrichtung “Straßenreinigung“ angrenzen bzw. durch diese erschlossen werden, an der Reinigung der Straßen und sonstigen Anlagen innerhalb der öffentlichen Einrichtung haben (BVerwG, Beschl. v. 19.3.1981 - 8 B 10.81 -, juris Rn 5; Beschl. v. 8.12.1986 - 8 B 74.86, juris Rn 4).

Hinsichtlich der Frage, ob Hinterlieger überhaupt herangezogen werden sollen, haben die Gemeinden im Land Niedersachsen damit eine ihnen vom Gesetzgeber übertragenen Entscheidungsbefugnis. Hat der Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz in zulässiger Weise insoweit auf die Gemeinden delegiert, als es der Entscheidung der Gemeinde überlassen bleiben soll, ob sie die Fiktion der Benutzung auf Eigentümer von Hinterliegergrundstücken ausdehnen, so unterliegen auch die Gemeinden keinen weiteren Einschränkungen als der Landesgesetzgeber. Die Fragen, in welchem Verhältnis die Anliegergrundstücke zu den Hinterliegergrundstücken stehen, ob die Heranziehung von Hinterliegergrundstücken zu unvertretbarem Verwaltungsaufwand führt, ob ein geeigneter Maßstab zur Heranziehung der Hinterlieger gefunden werden kann etc., stellen sich erst in zweiter Linie, nämlich erst dann, wenn die Grundvoraussetzungen für die Heranziehung der Hinterlieger gegeben, d.h. wenn sie kraft Fiktion zu Benutzern der öffentlichen Einrichtung erklärt worden sind, gleichwohl aber nicht mit Gebühren belastet werden sollen (Nds. OVG, Urt. v. 13.2.1990 - 9 L 113/89 -, juris Rn 32, Rn 35).

Von dieser ihr durch die gesetzliche Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG eröffneten Möglichkeit der Inanspruchnahme auch derjenigen Eigentümer zu den Reinigungsgebühren, deren Grundstück nicht unmittelbar an die zu reinigende Straße anliegt, aber durch diese erschlossen ist, hat die Beklagte mit der Regelung in § 3 Abs. 2 SRGS in zulässiger Weise Gebrauch gemacht.

Der Kreis der einbezogenen Hinterliegergrundstücke ist auch hinreichend bestimmt. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SRGS sind die übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke, die nicht an die zu reinigende Straße angrenzen, Hinterliegergrundstücke. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SRGS gelten dabei Grundstücke, die nur punktuell oder nur in geringer Breite an die zu reinigende Straße liegen, als Hinterliegergrundstücke.

Auslegungsbedürftig, aber auch auslegungsfähig ist insoweit die Regelung „nur in geringer Breite“. Was eine „geringe Breite“ ist, regelt die Satzung selbst nicht. Im Hinblick auf § 2 Abs.4 SRGS und die rechtliche Gleichstellung mit Hinterliegern im Fall einer „geringen Breite“ kann die Regelung aber so ausgelegt werden, dass eine „geringe Breite“ vorliegt, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall allein die an die zu reinigende Straße anliegende Grundstücksbreite keine ordnungsgemäße Erschließung i.S. § 2 Abs. 4 SRGS ermöglicht.

3. Der von der Beklagten in § 4 Abs. 1 SRGS zur Berechnung der Straßenreinigungsgebühren gewählte sogenannte Quadratwurzelmaßstab ist rechtmäßig. Gesetz- und Satzungsgeber sind nicht gezwungen, Straßenreinigungsgebühren nach dem Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung zu bemessen oder an Maß oder Art der Nutzung der Anliegergrundstücke auszurichten. Auch das Maß der baulichen Nutzung der anliegenden oder erschlossenen Grundstücke steht zum Reinigungsbedürfnis öffentlicher Straßen in nicht so evidenter Beziehung, dass eine Vernachlässigung dieser Kriterien als willkürlich erschiene. Art. 3 Abs. 1 GG gestattet angesichts des weiten gesetzgeberischen Ermessens bei der Entscheidung, welche Fälle im Abgabenrecht gleich und welche ungleich behandelt werden sollen, aus Gründen der Vereinfachung und der Verwaltungspraktikabilität gerade bei relativ geringfügigen Gebühren eine pauschalierende Betrachtungsweise (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 8 NB 5.93 -, juris Rn 6).

a) Der von der Beklagten in § 4 Abs. 1 SRGS gewählte Quadratwurzelmaßstab wird als ausschließlich flächenbezogener Maßstab dem Gebot der sachgerechten Heranziehung zu einer Benutzungsgebühr gerecht.

Anknüpfungspunkt der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist nicht lediglich die Reinhaltung nur der Straßenabschnitte (der „Kehrfläche“) vor den einzelnen Grundstücken (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.3.2002 - 9 B 16.02 - juris Rn 6). Die Straßenreinigungsgebühr soll vielmehr den besonderen Vorteil ausgleichen, der dem Grundstückseigentümer dadurch erwächst, dass die an seinem Grundstück entlangführende Straße in der gesamten Länge durch die Gemeinde in einem sauberen und sicher benutzbaren Zustand gehalten wird (Nds. OVG, Urt. v. 14.10.1997 - 9 L 3432/96 -, juris Rn 26; seitdem st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Urt. v. 30.1.2017 - 9 LB 214/16 -, juris Rn 22). Entsprechendes gilt für den Hinterlieger, soweit die Kommune die Benutzungsfiktion durch Satzung auf sie ausdehnt (Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2020, § 6 Rn 762). Die von der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ durchgeführte Straßenreinigung kommt letztlich dem „erschlossen sein“ der Grundstücke zugute. Das „erschlossen sein“ wird durch die Straße in ihrer gesamten Länge und nicht nur durch den konkreten Straßenabschnitt vor dem einzelnen Grundstück vermittelt. Somit ist die Reinhaltung der erschließenden Straße insgesamt als der maßgebliche Bezugspunkt anzusehen, an den die Straßenreinigungsgebühr anknüpft (so zur Frage einer Straßenreinigungsabgabe nach hessischem Landesrecht Hess. VGH, Beschl. v. 16.10.1985 - 5 N 1/83 -, juris Rn 133). Auch wenn der Begriff des „Vorteils“ sonst üblicherweise die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen bei der Erhebung von Beiträgen kennzeichnet, folgt im Ergebnis auch für die Straßenreinigungsgebühr nichts Abweichendes (Nds. OVG, Urt. v. 30.1.2017 – 9 LB 214/17 –, juris Rn 22; Nds. OVG Urt. v. 14.10.1997 – 9 L 3432/96 -, juris Rn 26).

b) Der Quadratwurzelmaßstab ist ein hinreichend sachgerechter Maßstab für die fiktive Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung.

Der Quadratwurzelmaßstab macht in zulässiger Weise die Höhe der Gebühr von einem Berechnungsfaktor abhängig, der von der Größe des Grundstücks abhängt, an welchem die Straße anliegt (§ 52 Abs. 3 S. 1 NStrG) bzw. durch welche das Grundstück erschlossen ist (§ 52 Abs. 3 S. 2 NStrG).Stellt man für die Bemessung der Gebührenhöhe auf den Vorteil ab, den das jeweilige Grundstück durch die Straßenreinigung erlangt, ist es auch im Rahmen einer Benutzungsfiktion sachgerecht, die Intensität der Inanspruchnahme der Straßenreinigung nach der Grundstücksfläche zu bemessen. Die Gebühr ist insoweit gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 NKAG grundsätzlich nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Bei der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist dies nicht möglich, so dass gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 NKAG ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen ist, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf. Insoweit ist es ausreichend, wenn die Bemessung der Straßenreinigungsgebühr nach quantitativen grundstücksbezogenen Kriterien erfolgt (vgl. Lichtenfeld, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2018, § 6 Rn 762a). Es ist damit grundsätzlich auch sachgerecht und verhältnismäßig, Straßenreinigungsgebühren nach der Quadratwurzel aus der Fläche der Grundstücke zu bemessen, die durch die gereinigte Straße erschlossen werden (OVG NRW, Urt. v. 27.6.1984 - 2 A 2289/83, juris Leitsatz Hess. VGH, Urt. 3.7.1996 – 5 UE 4078/95 –, juris 26). Die Grundstücksgröße, die bei der Anwendung des Quadratwurzelmaßstabs zugrunde gelegt wird, ist ein hinreichendes grundstücksbezogenes Kriterium, welches Rückschlüsse auf das Maß der Nutzung der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ zulässt. Der Quadratwurzelmaßstab vermag die Höhe des Vorteils, den das jeweilige Grundstück aus der Sauberhaltung der gesamten erschließenden Straße bezieht, zwar nicht exakt, aber doch bei typisierender und pauschalierender Betrachtungsweise widerzuspiegeln, ohne dass ein offensichtliches Missverhältnis zur tatsächlichen Inanspruchnahme festgestellt werden kann. Ein bei der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren angewandter Grundstücksflächenmaßstab ist daher eine grundsätzlich zulässige Bemessungsmethode, die dem Äquivalenzprinzip entspricht (vgl. Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschl. v. 13.6.2003 - 161/00 -, juris Rn 19).

c) Der Quadratwurzelmaßstab führt auch im Verhältnis der Gebührenpflichtigen untereinander zu einer sachgerechten, mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang stehenden Belastung.

Zwar hat die Quadratwurzel aus der Grundstücksfläche die Eigenschaft, in geringerem Maße anzusteigen als es der Zunahme der Grundstücksfläche entspricht. Diese Auswirkung des Quadratwurzelmaßstabes schließt aber seine Zulässigkeit nicht aus und bevorzugt Eigentümer großer Grundstücke nicht unangemessen. Der Quadratwurzelmaßstab vermeidet vielmehr gegenüber dem reinen Flächenmaßstab gerade eine unangemessen starke Belastung besonders großer Grundstücke und orientiert sich damit an sachgerechten Maßstäben.Der Umstand, dass diese Berechnungsmethode nicht in allen denkbaren Fallkonstellationen von Grundstückszuschnitten zu befriedigenden Ergebnissen gelangt, führt nicht zu ihrer Ungeeignetheit. Es lässt sich im Gebührenrecht nicht schlechthin ausschließen, dass die Verwendung eines bestimmten Gebührenmaßstabs im Einzelfall zu Ergebnissen führt, die in dem, was jeweils gleich- oder ungleich behandelt wird, wenig befriedigen. Das Abgabenrecht kommt – allgemein und so auch bei der Verwendung eines bestimmten Berechnungsmaßstabs – aus Gründen der Praktikabilität nicht umhin, sich mit einer Typengerechtigkeit zu begnügen, also auf das abzustellen, was sich an Konstellationen typischerweise ergibt. Dass im Einzelfall unbefriedigende Ergebnisse nicht durchweg oder nur auf Kosten der Verwaltungspraktikabilität vermieden werden können, stellt keine Verletzung des Gleichheitssatzes dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 8 NB 5/93 -, juris Rn 6).

So ist der Frontmetermaßstab für eine sachgerechte Heranziehung von Hinterliegergrundstücken für sich betrachtet ohne Hinzuziehung von Hilfskriterien ungeeignet und erschwert sachgerechte Ergebnisse. Auch für die tatsächliche Inanspruchnahme und den durch die öffentliche Einrichtung erlangten Vorteil hat der Frontmetermaßstab jedenfalls keine höhere Aussagekraft als eine flächenbezogene Betrachtungsweise. Die zur Straße anliegende Grundstücksbreite sagt wenig über die Intensität der Verschmutzung der Straße durch das Grundstück aus, während die Grundstücksgröße jedenfalls ein sachgerechter und damit auch hinreichender Indikator für den dem Grundstück durch die vor ihm liegende Straße zufließenden Reinigungsvorteil ist.

Durch die Bildung der Quadratwurzel der Grundstücksfläche werden sämtliche herangezogenen Grundstücke rechnerisch so behandelt, als wären sie quadratisch. Das Ergebnis der Quadratwurzel aus einer Fläche entspricht zugleich der Seitenlänge eines Quadrates. Mathematisch betrachtet entspricht die ermittelte Quadratwurzel der Grundstücksfläche damit einer fiktiven Grundstücksfront. Dieses Maß ergibt den grundstücksbezogenen Berechnungsfaktor und spiegelt sachgerecht den fingierten Umfang der Inanspruchnahme der Straßenreinigung durch den Gebührenschuldner wieder. Zufälligkeiten, die sich gerade aus der besonderen Lage und Form des Grundstückes in Bezug zu der zu reinigenden Straße ergeben, werden durch diese Berechnungsweise ausgeglichen.

4. Die jeweils separate Heranziehung der Klägerin gemäß § 2 Abs.1 und § 3 Abs.1, § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 SRGS für jedes einzelne buchmäßige Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinn bzw. i.S. der Grundbuchordnung ist rechtmäßig.

Die Beklagte stellt mit § 2 Abs. 1 ihrer Satzung hinsichtlich des Grundstücksbegriffes zutreffend auf den Grundstücksbegriff der Grundbuchordnung ab. Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG gelten für die der Reinigung unterliegenden Straßen die Eigentümer der anliegenden Grundstücke als Benutzer. Für das niedersächsische Straßenreinigungsgebührenrecht gilt grundsätzlich nicht der wirtschaftliche Grundstücksbegriff, sondern der Grundstücksbegriff des Grundbuchrechts (Nds. OVG, Urt. v. 30.1.2017 - 9 LB 194/16 -, juris Rn 29; Nds. OVG, Beschl. v. 6.2.2006 - 9 PA 306/05 -, juris Rn 2). Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer rechtlich selbständiger, wenn auch faktisch gemeinsam genutzter Grundstücke, für die ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt wird (§ 4 Abs. 1 GBO). Auch bei mehreren eine wirtschaftliche Einheit bildenden, rechtlich selbstständigen Grundstücken ist deshalb eine separate Heranziehung für jedes Grundstück rechtmäßig.

5. Die Heranziehung der Klägerin für zwei unterschiedliche gereinigte Straßen zu Reinigungsgebühren in voller Höhe gemäß § 4 Abs. 4 SRGS ist rechtmäßig.

Gemäß § 4 Abs. 4 SRGS werden bei Grundstücken, die an mehreren, verschiedenen Straßen anliegen, alle Straßen zur Berechnung herangezogen. Die Heranziehung von Eigentümern zu Straßenreinigungsgebühren für die Reinigung aller Straßen, an denen das Grundstück anliegt, ist rechtmäßig. Insoweit liegt weder ein Verstoß gegen das in § 5 NKAG zum Ausdruck kommende Äquivalenzprinzip noch gegen Art. 3 GG vor (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 24.1.1990 - 9 L 95/89 -, nicht veröffentlicht). Denn für jede gereinigte Straße gilt der Eigentümer als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung und dieser erfährt durch die Reinigungsleistungen der jeweiligen Straßen einen Vorteil.

Der Quadratwurzelmaßstab als Gebührenmaßstab selbst bewirkt noch keine mehrfache Heranziehung von Anliegern zu Straßenreinigungsgebühren, da er nur das auf das Grundstück bezogene Grundmaß für die Berechnung der Gebührenhöhe bildet, aber keine Aussage dazu trifft, welche Grundstücke als gebührenpflichtig herangezogen werden. Diese Rechtsfolge ergibt sich erst aus der Satzungsregelung der Beklagten in § 4 Abs. 4 SRGS.

Rechtlich unbedenklich ist es zunächst, den konkret vom Anlieger in Anspruch genommenen Teil der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung anhand des Straßenverzeichnisses zu definieren. Dies hat zur Folge, dass ein Anlieger hinsichtlich mehrerer Straßen als Benutzer i.S. § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG gilt und damit auch zu jeder Straße, an welcher das Grundstück anliegt, eine Benutzungsgebühr anfällt. Dieses Ergebnis benachteiligt Mehrfachanlieger nicht unangemessen i.S.d. Art. 3 Abs.1 GG, denn die Mehrfachanlieger erhalten von jeder von der Satzung i.V.m. dem Straßenverzeichnis der Straßenreinigungsverordnung als gebührenrechtliche Einheit betrachteten gereinigten Straße einen Reinigungsvorteil und sind daher auch für jede dieser Einheiten zu Gebühren heranzuziehen. Grundstücke, die an mehreren zu reinigenden Straßen direkt anliegen, sind gebührenrechtlich daher für jede Straße heranzuziehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.1.1990 - 9 L 95/89 -, nicht veröffentlicht; für durch mehrere gereinigte Straßen „erschlossene“ Grundstücke im Sinne des jeweiligen Landesrechts vgl. ferner OVG NRW, Urt. v. 7.1.1982 - 2 A 1778/81 -, juris Leitsatz 4; ferner VG Gelsenkirchen, Urt. v. 12.12.2013 - 13 K 1143/12 -, juris Rn. 24).

Es kommt auch nicht durch eine unzulässige Benachteiligung von Eigentümern mehrfach anliegender Grundstücke durch Verwendung des Quadratwurzelmaßstabs anstelle des Frontmetermaßstab. Soweit der Frontmetermaßstab als Gebührenmaßstab in einer Gebührensatzung angewandt wird, kommt es in diesen Fällen nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Eigentümern mehrfach anliegender Grundstück in Bezug auf Eigentümer von einfach anliegenden Grundstücken. Denn für die Berechnung der Straßenreinigungsgebühren nach dem Frontmetermaßstab wird die Gebührenhöhe nach der Frontlänge berechnet und es spielt deshalb zunächst einmal keine Rolle, ob ein Grundstück an mehreren Straßen anliegt. Selbst wenn die Straßen unterschiedlichen Reinigungsklassen angehören, ist durch die jeweilige Frontlänge ein direkter Bezug zum jeweiligen Gebührensatz hergestellt. Beim Quadratwurzelmaßstab stellt die Grundstücksfläche zugleich das Grundmaß für den Reinigungsvorteil dar, den ein Grundstück unabhängig von seiner Lage oder Frontlänge zur gereinigten Straße durch die Straßenreinigung erlangt. Erst die Regelung des § 4 Abs.4 SRGS führt dazu, dass ein an mehreren gereinigten Straßen direkt anliegendes Grundstück hinsichtlich jeder einzelnen gereinigten Straße ebenfalls vollständig gebührenpflichtig ist. Gerade bei einem Eckgrundstück kann es bei sonst identischer räumlicher Lage damit im Einzelfall vom Zufall abhängen, ob ein Grundstück noch an derselben Straße im Sinne des Straßenverzeichnisses anliegt oder an einer „weiteren“ Straße i.S. § 4 Abs.4 SRGS. Dass im Einzelfall als unbefriedigend empfundene Ergebnisse nicht durchweg vermieden werden können, stellt – wie ausgeführt – aber noch keine Verletzung des Gleichheitssatzes dar. Der Frontmetermaßstab mag der für die Heranziehung von sog. Mehrfachanliegern als „gerechter“ empfundene Maßstab sein. Die volle gebührenrechtliche Heranziehung von Anliegern zu jeder gereinigten Straße, an welcher das Grundstück anliegt, verletzt aber auch bei Anwendung des Quadratwurzelmaßstabes nicht Art. 3 Abs.1 GG. Denn mehrfach anliegende Grundstücke haben – wie bereits ausgeführt – größere Vorteile als einfach anliegende Grundstücke. Diese Vorteile bestehen unabhängig von der Lage des Grundstücks hinsichtlich jeder Straße grundsätzlich in vollem Umfang. Dies gilt auch bei Verwendung des Quadratwurzelmaßstabes (vgl. VG Cottbus, Urt. v. 21.8.2013 - 6 K 552/12 -, juris Rn 19 zu mehrfach „erschlossenen“ Grundstücken im Sinne des dortigen Landesrechts).

Auch nach dem Anliegerbegriff im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG entspricht bei der Straßenreinigung die "Inanspruchnahme" des Gebührenpflichtigen dem Vorteil, den ein Grundstück davon erfährt, dass die vor dem Grundstück verlaufende Straße innerhalb der geschlossenen Ortslage auf ihrer gesamten Länge in einem sauberen Zustand gehalten wird (Nds. OVG Urt. v. 30.1.2017 - 9 LB 214/17 -, juris Rn 22). Grundsätzlich kann ein durch eine öffentliche Einrichtung vermittelter Vorteil eines Grundstückes sich unabhängig vom angewandten Gebührenmaßstab deshalb auch auf mehrere Straßen beziehen. Wird einem Grundstück durch mehrere Straßen ein Vorteil vermittelt, ist daher auch eine abgabenrechtliche Inanspruchnahme für beide Straßen zulässig. Durch eine mehrfache Gebührenerhebung bei einem an mehreren Straßen anliegenden Grundstück wird auch nicht dieselbe Fläche des betreffenden Grundstücks mehrfach belastet. Die mehrfache Gebührenerhebung knüpft an den mehrfach vermittelten Vorteil durch die Reinigung mehrerer an das Grundstück anliegender Straßen an. Somit geht es auch bei einem Grundflächenmaßstab nicht um die Belastung der Grundstücksfläche - nicht deren Reinigung wird abgegolten -, sondern um die Abgeltung eines Vorteils, der in der Reinigung der erschließenden Straße liegt (Hess. VGH, Urt. v. 3.7.1996 - 5 UE 4078/95 -, juris Rn 27 f.).

6. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach § 4 Abs. 6 SRGS ein Anliegergrundstück, das gleichzeitig im Verhältnis zu einer weiteren zu reinigenden Straße nach dem Straßenverzeichnis ein Hinterliegergrundstück darstellt, nicht als Hinterliegergrundstück veranlagt wird.

Entschließt sich die Gemeinde, Hinterlieger in den Kreis der Gebührenpflichtigen einzubeziehen, muss dies sowohl im Verhältnis zu den Anliegern als auch den weiteren Hinterliegern im Einklang mit dem Gleichheitssatz geschehen. Die gebührenpflichtige Reinigungsleistung der Gemeinde befriedigt das objektive Interesse sowohl der Eigentümer anliegender Grundstücke als auch der Eigentümer hinterliegender, im Sinne des Straßenreinigungsrechts erschlossener Grundstücke an der Reinigung der Straße. Da sich Umfang und Maß dieses Interesses mit Blick auf die Anliegergrundstücke einerseits und auf die erschlossenen Hinterliegergrundstücke andererseits allenfalls geringfügig oder nur in atypischen Ausnahmefällen unterscheiden, ist es zunächst einmal nicht willkürlich, wenn der Ortsgesetzgeber Umfang und Maß des jeweiligen objektiven Interesses insoweit gebührenrechtlich gleich bewertet (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 8 NB 5.93 -, juris Rn 5).

Die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG gebietet unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs.1 GG keine Heranziehung von ohnehin gebührenpflichtigen Anliegern als gleichzeitigen Hinterliegern einer weiteren Straße. Dies ergibt sich aus Folgendem:

§ 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG fingiert das erforderliche Benutzungsverhältnis nicht für die Eigentümer der „erschlossenen“ Grundstücke, sondern zunächst nur für die Eigentümer der an die gereinigte Straße anliegenden Grundstücke. Der Gesetzgeber fingiert damit, dass jeder Eigentümer eines Grundstückes, das direkt an die Straße anliegt, die Straßenreinigung als Benutzer in Anspruch nimmt und damit gebührenpflichtig ist. Anders als in anderen Bundesländern – wie z. B. in Brandenburg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen – begründet diese Vorschrift die Gebührenpflicht nicht für alle „erschlossene Grundstücke“. Knüpft die Gebührenpflicht gesetzlich an durch die zu reinigende Straße erschlossene Grundstücke an, ist der Gebührentatbestand bei von mehreren Straßen unmittelbar oder mittelbar erschlossenen Grundstücken mehrfach (für jede gereinigte erschließende Straße) verwirklicht und für die Reinigung jeder dieser Straßen sind Straßenreinigungsgebühren zu erheben (VG Cottbus, Urt. v. 21.8.2013 - 6 K 552/12 -, juris Rn 19). Eine Satzungsregelung, nach welcher der Eigentümer eines mehrmals erschlossenen Grundstücks nur hinsichtlich einer Straße zu Straßenreinigungsgebühren heranzuziehen ist, verstößt dann gegen das zum Ausdruck kommende Vorteilsprinzip. Bei mehrfach erschlossenen Grundstücken muss grundsätzlich auch hinsichtlich der zweiten u.s.w. erschließenden Straße eine Veranlagung erfolgen und satzungsmäßig vorgesehen sein (VG Cottbus, Urt. v. 21.8.2013 - 6 K 552/12 -, juris Rn 19). Die Frage des „Erschlossenseins“ eines Grundstückes durch eine gereinigte Straße stellt sich nach niedersächsischem Recht jedoch erst, wenn der Satzungsgeber von der Ermächtigung des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG Gebrauch macht und zusätzlich zu den Eigentümern der anliegenden Grundstücke die Eigentümer der übrigen durch die gereinigte Straße „erschlossenen“ Grundstücke gleichstellt. Zweck der Ermächtigung des § 52 Absatz 3 Satz 2 NStrG ist es, den Gemeinden die Möglichkeit einzuräumen, den Kreis der fiktiven Benutzer der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ um die Eigentümer von Hinterliegergrundstücken („die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke“) zu erweitern, diese also zusätzlich zu den bereits gebührenpflichtigen Eigentümern der anliegenden Grundstücke zu Straßenreinigungsgebühren heranzuziehen. Hinterliegergrundstücke im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG sind damit solche, die nicht (bereits) an eine öffentliche, der Reinigungspflicht der Gemeinde nach § 52 Abs. 1 NStrG unterliegenden Straße angrenzen. Diejenigen Grundstücke, die selbst an eine zu reinigende Straße angrenzen, fallen nicht zwingend unter die Hinterliegerregelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG, da sonst Hinterlieger den Anliegern gegenüber nicht gleich-, sondern schlechtergestellt würden (OVG Lüneburg, Urt. v. 14.1.1988 - 3 C 8/87 -, NSt-N 1988, S. 254). Die Ermächtigung zielt damit auf die „übrigen“ Grundstücke, also nur diejenigen Grundstücke, die nicht bereits über die Anliegereigenschaft gebührenpflichtig sind. Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Erweiterung der Fiktion des § 52 Abs. 2 Satz 3 NStrG, nach dem Ermessen der Kommune die Benutzungsfiktion auf zwar nicht anliegende, aber ebenfalls durch die Straßenreinigung bevorteilte „gefangene“ Hinterlieger zu erweitern, spricht daher dafür, dass für ohnehin gebührenpflichtige Anlieger nicht zwingend nochmals eine Benutzungsfiktion als Hinterlieger einer weiteren Straße zu begründen ist, wenn die Gemeinde von ihrem Ermessen zur Erweiterung des gebührenpflichtigen Personenkreises Gebrauch macht. Insoweit besteht auch ein sachlicher Unterschied zwischen mehrfach an zu reinigende Straßen anliegenden Grundstücken und Grundstücken, welche Anlieger- und zugleich Hinterliegergrundstück sind. Die Gemeinden sind daher im Rahmen ihres Ermessens ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 GG frei, darüber zu entscheiden, Anlieger nicht zugleich als Hinterlieger einer weiteren Straße zu Gebühren heranzuziehen. Die Regelung des § 4 Abs. 6 SRGS begegnet damit keinen durchgreifenden Bedenken.

7. Die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 SRGS verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.,

§ 4 Abs. 5 Satz 1 SRGS regelt, dass dann, wenn ein Hinterliegergrundstück durch mehrere Straßen erschlossen wird, die Gebühr nach der Straße zu berechnen ist, von der aus das Grundstück seine hauptsächliche Erschließung erhält.Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 Satz 1 SRGS sind Hinterliegergrundstückedie durch die Straße erschlossenen Grundstücke, die nicht an die zu reinigende Straße angrenzen. Gemäß § 4 Abs. 4 SRGS werden - wie ausgeführt - bei Grundstücken, die an mehreren, verschiedenen Straßen anliegen, „alle Straßen zur Berechnung“ herangezogen. Durch die vorgenannten Bestimmungen der SRGS der Beklagten werden Eigentümer mehrfach anliegender Grundstücke und Eigentümer mehrfach erschlossener Grundstücke damit unterschiedlich behandelt.

Die Grenze, die der Gestaltung von Abgabentatbeständen durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gesetzt ist, wird (nur) dort überschritten, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre (BVerfG, Beschl. v. 12.10.1978 - 2 BvR154/74 -, juris Rn 64).

a) Es ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, dass die Beklagte im Rahmen ihres flächenbezogenen Maßstabes die Hinterlieger den Anliegern zwar gebührenrechtlich grundsätzlich gleichstellt, sodann aber Fallgruppen von Gebührenpflichtigen bildet, in denen ausschließlich Anlieger, nicht aber Hinterlieger für den ihnen durch weitere Straßen vermittelten Reinigungsvorteil herangezogen werden.

Bei mehrfach erschlossenen Hinterliegergrundstücken ist eine satzungsrechtliche Privilegierung, wonach die Gebühren nach der Straße zu berechnen sind, von der aus das Grundstück seine hauptsächliche Erschließung erhält, grundsätzlich zulässig (ebenso VG Hannover, Urt. v. 5.6.2009 - 1 A 2303/08 - V.n.b.; vgl. ferner Freese, in Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Stand: November 2019, § 5 Rn 934; offen gelassen vom Nds. OVG, Beschl. v. 31.5. 2010 - 9 LA 137/09 -, V. n. b.)

Auch die durch § 4 Abs. 5 Satz 1 SRGS bewirkte vollständige Nichtheranziehung von Hinterliegern zu weiteren gereinigten Straßen verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.

Nach der Rechtsprechung des Nds. OVG zur Heranziehung von Hinterliegern setzt eine rechtmäßige Ausgestaltung (des Frontmetermaßstabs) voraus, dass neben der anliegenden auch die der gereinigten Straße zugewandte Grundstücksseite berücksichtigt wird. Danach liegt ein Satzungsmangel vor, wenn die Satzung nicht alle Grundstücke erfasst, die einen Vorteil von der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung haben und diese daher im Rechtssinn in Anspruch nehmen (Nds. OVG, Urt. v. 30.01.2017 - 9 LB 216/16 -, juris Rn 29). Dies gebietet es jedoch nicht, auch diejenigen Hinterlieger, deren Grundstück durch mehrere gereinigte Straßen gleichwertig – vergleichbar der Situation eines an mehrere Straßen anliegenden Eckgrundstücks – erschlossen wird, ebenso wie direkte Mehrfachanlieger zu jeder dieser Straßen heranzuziehen. Ein sachlicher Grund für eine insoweit zulässige unterschiedliche Behandlung liegt darin, dass nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG beim direkt anliegenden Grundstück die Gebührenpflicht bereits durch den unmittelbaren Bezug zur Straße entsteht, ohne dass es auf einen tatsächlichen Zugang zu dieser Straße ankommt. Diese Differenzierung ist nicht sachwidrig, denn im Vergleich zu den Eigentümern von Hinterliegergrundstücken haben die Eigentümer der anliegenden Grundstücke schon wegen ihrer näheren räumlichen Beziehung zur gereinigten Straße ein größeres Interesse an der Reinigung der vor ihrem Grundstück verlaufenden Straße (OVG Lüneburg, Urt. v. 13.2.1990 - 9 L 113/98 -, Rn 31). Das mehrfach erschlossene „gefangene“ Hinterliegergrundstück weist gleichfalls einen anderen räumlichen Bezug zu gereinigten Straßen auf als ein direkter Anlieger, dessen Benutzungsfiktion bereits durch das direkte Anliegen an der gereinigten Straße begründet wird.

Die Straßenreinigungsgebühr soll den besonderen Vorteil ausgleichen, der dem Grundstückseigentümer dadurch erwächst, dass die an seinem Grundstück entlangführende Straße in deren gesamter Länge durch die Gemeinde in einem sauberen und sicher benutzbaren Zustand gehalten wird. Liegen Grundstücke an einer nicht gereinigten selbstständigen (Privat)-Straße, so kann eine Gebührenpflicht zu entfernter gelegenen gereinigten Straßen - auch über den Begriff des Hinterliegers - nicht begründet werden (Nds. OVG Beschl. v. 25.10.2007, – 9 LA 285/06 -, juris Rn 6). Auch nach § 4 Abs. 5 SRGS ist für Hinterlieger damit nur derjenige Vorteil gebührenrechtlich maßgeblich, welcher sich aus der Straße der Haupterschließung ergibt. Ein an mehreren Straßen direkt anliegendes Grundstück bietet unabhängig von der Lage der Haupterschließung zumindest die rechtliche Möglichkeit einer weiteren Erschließung, während bei typisierender Betrachtungsweise ein Hinterlieger aufgrund des Angewiesenseins auf fremde Zugänge hierauf keinen direkten Einfluss hat.

Gegen eine mehrfache Inanspruchnahme „gefangener“ Hinterlieger spricht auch, dass – wie ausgeführt – nach der auf den Anliegerbegriff abstellenden niedersächsischen Rechtslage ein sachlich gerechtfertigter Grund dafür besteht, gebührenpflichtige Anlieger nicht nochmals als Hinterlieger heranzuziehen. Dieser Grundsatz gilt auch für Hinterliegergrundstücke, die nicht einmal an einer Straße anliegen, denn sonst würden gefangene, aber mehrfach erschlossene Hinterliegergrundstücke in höherem Maße zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen als direkte Anlieger, die zugleich Hinterlieger in Bezug zu einer anderen gereinigten Straße sind.

b) Das durch die Satzung der Beklagten vorgesehene Absehen von einer mehrfachen Inanspruchnahme derartiger (gefangener) Hinterlieger ist jedenfalls durch stichhaltige Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Gebührenerhebung von Straßenreinigungsgebühren bereits ausgeführt, dass eine im Rahmen der Verwaltungspraktikabilität pauschalierende Betrachtungsweise, die nicht jedem Einzelfall Rechnung tragen kann, nicht von vornherein gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993, - 8 NB 5.93 -, juris Rn 6).

Da nach der Satzung der Beklagten Hinterlieger, die nur in Bezug auf eine gereinigte Straße erschlossen sind, grundsätzlich nur einmal in Anspruch genommen werden, kommt es bei mehrfach erschlossenen Hinterliegergrundstücken nach § 4 Abs. 5 SRGS für eine zweckmäßige Gebührenerhebung schon auf die Frage einer Haupterschließung dann nicht an, wenn alle in Frage kommenden Straßen derselben Reinigungsklasse angehören. Tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der Hinterliegereigenschaft zu einer weiteren Straße sind entbehrlich, selbst wenn dort die tatsächliche Haupterschließung erfolgen sollte. Nach der Satzung der Beklagten sind somit in Hinterliegerfällen nur dann weitere tatsächliche Feststellungen dahin erforderlich, über welche Straße tatsächlich eine Erschließung stattfindet, wenn es sich um ein „gefangenes“ Hinterliegergrundstück handelt und zugleich die verschiedenen Straßen unterschiedlichen Reinigungsklassen angehören. Erst dann ist durch tatsächliche Feststellungen zu klären, über welche Straße die hauptsächliche Erschließung erfolgt. Bei an mehrere Straßen direkt anliegenden Grundstücken bedarf es dagegen keiner tatsächlichen Feststellungen, da diese Grundstücke nach der Satzung unabhängig davon, über welches Grundstück die Haupterschließung erfolgt, für jede Straße vollständig herangezogen werden. Angesichts der von der Beklagten aufgezeigten praktischen Schwierigkeiten, die bei Hinterliegern bereits bei der Ermittlung weiterer erschließender Straßen entstehen würden und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bereits die Zahl aller Hinterliegergrundstücke nur vier Prozent der gebührenpflichtigen Grundstücke ausmacht, wovon wiederum nur ein deutlich geringer Teil auf mehrfach erschlossene gefangene Hinterliegergrundstücke entfallen dürfte, stünde der für eine Gebührenerhebung zu betreibende zusätzliche Aufwand schon in keinem angemessenen Verhältnis zu den zu erwartenden zusätzlichen Gebühren. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass auch diese Grundstücke keineswegs vollständig von Straßenreinigungsgebühren befreit sind, sondern trotz des gegenüber einem direkt anliegenden Grundstück nur „annähernd“ gleichen Vorteils bereits einmal wie ein Anlieger zu mindestens einer Straße herangezogen werden.

Auch der Einwand der Klägerin, mehrfach erschlossene Hinterlieger seien ungerechtfertigt bevorteilt, da sie die Haupterschließung nach Gutdünken selbst bestimmen können, hat angesichts der voraussichtlich verschwindenden Zahl derartiger Fälle aus Gründen der Verwaltungspraktikabiliät zurückzutreten und führt nicht zur Unwirksamkeit der Satzung.

Die Satzung ist auch nicht unvollständig, weil sie keine Regelung darüber enthält, wie zu verfahren ist, wenn bei einem mehrfach erschlossenen Hinterliegergrundstück die Erschließungssituatíon zu mehreren Straßen gleichwertig ist, also eine Haupterschließung nicht feststellbar ist.

Wie ausgeführt, wäre nach der Satzung der Beklagten eine solche Konstellation für die Gebührenerhebung überhaupt erst dann relevant, wenn die gleichwertig erschließenden Straßen unterschiedlichen Reinigungsklassen angehören. Die Beklagte muss nur für die in ihrem Satzungsgebiet tatsächlich vorkommenden Sachverhalte typisierend Gebührentatbestände regeln. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Hinterlieger bereits nur vier Prozent beträgt und der Beklagten nach ihrem Sachvortrag nicht einmal ein Fall mehrfach gleichwertig erschlossener Hinterlieger bekannt ist, bedurfte es insoweit keiner Regelung durch die Satzung.

8. Rechtlich nicht zu beanstanden sind die Regelungen in § 6 Abs. 1 SRGS, wonach kein Anspruch auf Gebührenermäßigung oder Zahlungseinstellung bei zwingender vorübergehender Einstellung der Straßenreinigung bis zu einem Monat oder einer Minderung der Reinigung bis zu einer Dauer von drei Monaten aus betrieblichen oder sonstigen Gründen, die die Beklagte nicht zu vertreten hat, besteht. Eine nur vorübergehende Leistungsminderung lässt den durch die städtische Straßenreinigung grundsätzlich vermittelten Vorteil unberührt. Damit behält auch die geforderte Gebühr in diesen Fällen in voller Höhe ihre Berechtigung (vgl. Hess VGH, Beschl. v. 16.10.1985 - 5 N 1/83 -, juris Rn 143 zur Straßenreinigungsabgabe).

9 Die Regelung in § 5 SRGS über die Einteilung der zu reinigenden Straßen in drei Reinigungsklassen entsprechend der Häufigkeit der Reinigung unterliegt keinen Bedenken. Zu der Regelung über die Reinigungshäufigkeit und die daran anknüpfende Bildung von Reinigungsklassen steht der Gemeinde ein weitgehendes Ermessen zu (Hess VGH, Beschl. v. 16.10.1985 - 5 N 1/83 -, a.a.O.).

10. Der von der Beklagten in § 5 SRGS für die einzelnen Reinigungsklassen festgesetzte Gebührensatz ist auch der Höhe nach rechtmäßig.

a) Die Reinigungssatzung der Beklagten ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Gebührenhöhe das Maß der von dem jeweiligen Grundstück ausgehenden Verschmutzung nicht berücksichtigt. Gesetz- und Satzungsgeber sind nicht gezwungen, Straßenreinigungsgebühren nach dem Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung zu bemessen oder - mit Blick hierauf - an Maß oder Art der Nutzung der Anliegergrundstücke auszurichten (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 8 NB 5.93 -, juris Rn 6).

b) Der festgesetzte Gebührensatz beruht auf einer ordnungsgemäßen Kalkulation.

Die Festsetzung von Benutzungsgebühren setzt eine Gebührenkalkulation voraus, welche der Ermittlung der zulässigen Gebührensatzobergrenze innerhalb des Kalkulationszeitraums dient. Sie muss die rechtlichen Anforderungen, die das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz an eine Gebührenkalkulation stellt, erfüllen. Auf der ersten Stufe sind für den Kalkulationszeitraum (§ 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG) die ansatzfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG zu ermitteln. Auf der zweiten Stufe sind die umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des in der Satzung vorgesehenen gültigen Gebührenmaßstabs auf alle Benutzer der Einrichtung leistungsgerecht (§ 5 Abs. 3 NKAG) zu verteilen, wobei der voraussichtliche Umfang der Inanspruchnahme im Kalkulationszeitraum (Maßstabseinheiten) zu schätzen ist (Nds. OVG, Urt. v. 27.6.2011 - 9 LB 168/09 -, juris Rn 21; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2018, § 6 Rn. 727). Im Rahmen einer Gebührenkalkulation ansatzfähig sind alle nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Aufwendungen, die in einem hinreichend engen Zusammenhang mit der Erstellung der Leistung stehen, die also für die Aufgabenwahrnehmung getätigt werden. Der kalkulatorisch ermittelte Gebührensatz ist rechtmäßig, wenn die bei der Ermittlung der ansatzfähigen Aufwendungen angestellten Wertungen und Prognosen auf begründeten Annahmen beruhen und sich der Satzungsgeber innerhalb des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums bewegt hat (vgl. z.B. Nds. OVG, Urt. v. 22.6.2009 - 9 LC 409/06 -, juris Rn 30).

Die Beklagte hat schlüssig zu den aus dem Tatbestand ersichtlichen kalkulierten umlagefähigen Gesamtkosten der Straßenreinigung ab dem Jahr 2018 unter Gegenüberstellung der zu erwartenden Einnahmen vorgetragen und in sich widerspruchsfrei den Rechenweg zur Ermittlung der Gebührensätze der Reinigungsklassen 1 bis 3 dargelegt.

aa) Die Kalkulation der Gebührenhöhe je Maßstabseinheit und Reinigungsklasse hat die Beklagte zutreffend auf Grundlage der ermittelten Reinigungskosten und der Gesamtzahl der auf die einzelnen Reinigungsklassen entfallenden Maßstabseinheiten vorgenommen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die von der Klägerin als nicht nachvollziehbar beanstandete Erhebung der Anzahl der insgesamt Gebührenpflichtigen, die Ermittlung der Gesamtzahl der Maßstabseinheiten und die Verteilung der Maßstabseinheiten auf die drei Reinigungsklassen schlüssig erläutert.

Die Beklagte durfte die für die Gebührenkalkulation maßgebliche Zahl der Maßstabseinheiten auf Grundlage des ihr zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Rates zur Verfügung stehenden Datenmaterials hochrechnen und damit schätzen.

Eine Kalkulation für einen Bemessungszeitraum ist stets mit Unsicherheiten behaftet, da diese in einem Zeitpunkt zu erstellen ist, in dem die Betriebsabrechnungen, aus denen sich etwaige Kostenüberdeckungen ergeben, noch nicht vollständig vorliegen. Überschüsse können also regelmäßig erst nach Beginn des nächsten Bemessungszeitraums genau ermittelt werden. Diese Schwierigkeit lässt sich mit Hilfe von Schätzungen für das letzte Jahr des Kalkulationszeitraumes hinreichend begegnen. Die Schätzung ist eine im Abgabenrecht zulässige Form der Ermittlung von Bemessungsgrundlagen (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2007 - 7 BN 6.07 -, juris Rn 11).Dabei liegt es in der Natur der Schätzung, dass das Ergebnis die tatsächlichen Verhältnisse nicht genau abbildet, vielmehr die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder weniger abweichen, ohne dass dies bereits zur Fehlerhaftigkeit der Schätzung führt.Diese ist vielmehr erst dann rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Einzelfalls gezogenen Schätzungsrahmen verlässt und das Schätzungsergebnis unschlüssig oder unwahrscheinlich ist (VG Düsseldorf, Urt. v. 30.1.2006 - 5 K 3921/05 -, juris Rn 53, 55). Da eine Schätzung der Tatsachenfeststellung zuzurechnen ist, unterliegt diese der vollen gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Urt. v. 27.11.2019 - 9 CN 1.18 -, juris Rn 41).

Auch der Sinn und Zweck der Anordnung des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG, Kostenüber- oder Unterdeckungen innerhalb der auf ihre Feststellung folgenden drei Jahre auszugleichen, liegt gerade darin, einen Ausgleich bei der Schätzung der Kosten und Maßstabseinheiten zu schaffen.

Aufgrund der ab Mitte des Jahres 2017 geplanten Umstellung des Gebührenmaßstabes vom Frontmetermaßstab auf den Quadratwurzelmaßstab zum 1. Januar 2018 musste die Beklagte die Gesamtzahl der für die Kalkulation maßgeblichen Maßstabseinheiten vollständig neu ermitteln. Laut Bl. 519 des Verwaltungsvorganges geht die Beklagte von insgesamt 14.452 gebührenpflichtigen Vorgängen aus. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass ihr aufgrund der großen Zahl von Veranlagungsfällen eine Ermittlung der tatsächlichen Höhe der Maßstabseinheiten in der zur Verfügung stehenden Zeit bis zur Umstellung auf den „neuen“ Gebührenmaßstab verwaltungstechnisch im Rahmen ihrer vorhandenen Ressourcen nicht möglich gewesen ist. Geht ein Satzungsgeber von einem alten Maßstab auf einen neuen Maßstab über, so ist ihm ein Rückgriff auf Schätzungen nicht deshalb verboten, weil es dafür an über Jahre hinweg abgesicherten Erfahrungswerten fehlt. Um dies auszugleichen, dürfen eigene Plausibilitätserwägungen angestellt werden (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2007 - 7 BN 6.07 -, juris Rn 11). Ein sachlicher Grund für eine Hochrechnung der Gesamtzahl der Maßstabseinheiten im Rahmen der Gebührenkalkulation für das Jahr 2018 lag damit vor.

bb) Die von der Beklagten vorgenommene Hochrechnung der voraussichtlichen Maßstabszahlen der Reinigungsklassen auf der Grundlage des bereits ermittelten Datenbestandes begegnet keinen methodischen Bedenken.

Die Beklagte hat einen sachgerechten Weg beschritten, indem sie aus dem zwar nicht vollständigen, aber von ihr bereits konkret ermittelten Bestand gebührenrelevanter Flächen und Maßstabszahlen für jede Reinigungsklasse für die noch nicht ermittelten Gebührenfälle im Wege der Hochrechnung die voraussichtliche Gesamtzahl an Maßstabseinheiten interpoliert hat.

Die Beklagte hat ihre methodische Vorgehensweise in der mündlichen Verhandlung anhand ihrer Aufstellung auf Bl. 513 des Verwaltungsvorganges schlüssig erläutert. Die Beklagte hat plausibel gemacht, dass es ihr in der zur Verfügung stehenden Zeiten nicht möglich war, für sämtliche Veranlagungsfälle anhand der Grundstücksfläche die jeweiligen Maßstabseinheiten zu berechnen. Vielmehr hat die Beklagte – soweit sie auf die Daten der Grundstücksflächen zur weiteren elektronischen Datenverarbeitung Zugriff hatte – für die jeweiligen Reinigungsklassen maschinell die jeweiligen Quadratwurzeln aus der Grundfläche errechnet und deren Gesamtsumme ermittelt.

Der der Beklagten zur Verfügung stehende Umfang an tatsächlich ermittelten Daten war für eine Hochrechnung geeignet. Nach ihrem Vorbringen hat die Beklagten durch ihre maschinelle Berechnung für die summenmäßig größte Reinigungsklasse 3 mit 9.667 ermittelten (Bl. 513 des Verwaltungsvorganges, in der dortigen Tabelle unter „Fälle neu“ aufgelistet) von insgesamt 12.824 Gebührenfällen bereits 75,38 Prozent der tatsächlichen Daten für die Reinigungsklasse 1 erfasst, von insgesamt 541 Gebührenfällen 51,2 Prozent für die Reinigungsklasse 1 und für die Reinigungsklasse 2 mit insgesamt 1087 Gebührenfällen 56,67 Prozent der tatsächlichen Daten errechnet.

Die Methode der Beklagten, aus der Summe der Maßstabseinheiten für die bereits erfassten Gebührenfälle durch lineare Hochrechnung für die einzelnen Reinigungsklassen die Zahl der Maßstabseinheiten für die Gesamtzahl der Gebührenfälle zu ermitteln, ist nicht zu beanstanden. Die in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geäußerte Auffassung, die rechnerische Ermittlung der Maßstabszahlen sei nicht nachvollziehbar, teilt das Gericht nicht.

Die Beklagte durfte aufgrund der in den Reinigungsklassen vorhandenen großen Zahl von Einzeldaten davon ausgehen, dass durch die Vielzahl der erfassten Fälle zugleich eine Vielfältigkeit der Fallvarianten vertreten und damit nur von einer geringen Streuung des Schätzergebnisses auszugehen war. Soweit nach der Erläuterung der Beklagten aus technischen Gründen Mehrfachanlieger durch die maschinelle Ermittlung der Maßstabszahlen nicht auch mehrfach erfasst werden konnten, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung für die Kammer nachvollziehbar dargetan, dass der Beklagten dieser Umstand bewusst gewesen ist und dass sie dem im Rahmen der Interpolation der Maßstabseinheiten auch durch einen „Puffer“ Rechnung getragen habe. Bei einem Anteil von insgesamt lediglich 8 Prozent Mehrfachanliegern am Gebührenaufkommen ist diese Methode angesichts der für das Gericht offenkundigen praktischen Schwierigkeiten bei der flächendeckenden Umstellung des Gebührenmaßstabes nicht zu beanstanden.

cc) Die von der Beklagten für die einzelnen Reinigungsklassen ermittelten und die hochgerechneten Summen der Maßstabseinheiten finden sich tabellarisch aufgelistet auf Bl. 513 des Verwaltungsvorganges. Die Beklagte hat lt. Blatt 512 des Verwaltungsvorganges die sich aus den jeweiligen Quadratwurzeln der Grundflächen der zu veranlagenden Grundstücke ergebende Summe mit insgesamt 434.716 Berechnungseinheiten ermittelt, die sich mit 13.515 Einheiten auf die Reinigungsklasse 1, 24.710 Einheiten auf die Reinigungsklasse 2 und 396.490 Einheiten auf die Reinigungsklasse 3 verteilen.

Die von der Beklagten kalkulierte Verteilung der Reinigungskosten je Reinigungsklasse ergibt sich ebenfalls aus der Übersicht auf Bl. 512 des Verwaltungsvorganges. Die Reinigungsklassen und deren festgelegte Reinigungshäufigkeit folgt aus § 1 der Straßenreinigungsverordnung. Die tabellarische Aufstellung der Beklagten enthält in Spalte 1 die Aufteilung der insgesamt für die Gebührenerhebung ermittelten Maßstabseinheiten verteilt auf die drei Reinigungsklassen, in Spalte 2 den Gewichtungsfaktor der Reinigungsklassen nach der Reinigungshäufigkeit und in Spalte 3 die gewichtete, das heißt mit der Zahl der Reinigungshäufigkeit multiplizierte Zahl der Maßstabseinheiten der jeweiligen Reinigungsklasse.

dd) Die umlagefähigen jährlichen Gesamtkosten der Straßenreinigung hat die Beklagte schlüssig und rechnerisch nachvollziehbar mit voraussichtlich 2.301.800 EUR ermittelt und nach Abzug sonstiger Erlöse den Gebührenbedarf von 1.657.600 EUR ermittelt. Dies ergibt sich aus der Kalkulation der Beklagten, welche Bestandteil der Ratsvorlage vom 27. November 2017 war (Bl. 29, 34 des Verwaltungsvorganges) sowie aus der von der Beklagen zur Akte gereichten weiteren Aufstellung (Bl. 146 der Gerichtsakte). Die Rechenschritte hat die Beklagte für das Gericht vollziehbar in der mündlichen Verhandlung erläutert. Die vorgelegte Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten enthält in der Rubrik „fiktive Erlöse“ mit einem Betrag von 424.900 EUR auch den nach § 52 Abs. 3 Satz 4 NStrG ab dem 1. Januar 2017 für alle kommunalen Gebührensatzungen zur Erhebung von Straßenreinigungsgebühren gesetzlich vorgegebenen Eigenanteil der Gemeinde in Höhe von 25 v.H. der Kosten.

ee) Die Beklagte hat den Gebührenbedarf von 1.657.600 EUR zutreffend auf die Reinigungsklassen verteilt und daraus einen rechtmäßigen Gebührensatz ermittelt.

Ausgehend von dem ermittelten Gebührenbedarf von 1.657.600 EUR weist die Spalte „Summe Kosten“ ihrer Kalkulation (Bl. 512 des Verwaltungsvorganges) die Verteilung der Kosten auf die drei Reinigungsklassen nach dem Verhältnis der zuvor gewichteten Maßstabseinheiten aus. Die Spalte „Gesamtergebnis“ enthält sodann die ermittelten Kosten je Reinigungsklasse.

Daraus hat die Beklagte zunächst für jede Reinigungsklasse einen rechnerischen monatlichen Gebührensatz je Gebühreneinheit Quadratwurzelmeter von 2,38 EUR (RK I), 0,48 EUR (RK II) und 0,24 EUR (RK III) errechnet. Dieser sich aus der Tabelle für alle Reinigungsklassen ergebende rechnerische Gebührensatz liegt um ca. 13 Prozent über dem „empfohlenen“ Gebührensatz. Die Beklagte hat hierzu schlüssig vorgetragen, dass dieser Abschlag in der Kalkulation dem Ausgleich von Überdeckungen aus den Vorjahren nach § 5 Abs. 3 Satz 2 NKAG dient. Die Beklagte hat ausgehend von den umlagefähigen Gesamtkosten damit zugleich dargelegt, dass die in § 5 SRGS enthaltenen Gebührensätze jedenfalls die gesetzlich zulässige Obergrenze nicht überschreiten. Aus dem angepassten monatlichen Gebührensatz hat die Beklagte sodann die Jahresgebühr ermittelt. Den danach errechneten Gebührensatz hat die Beklagte mit Blick auf die sachgerechte Errechnung der vierteljährlichen Abschlagszahlen nochmals durch manuelle Anpassung geglättet und so die Gebührensätze ermittelt, die sich in § 5 SRGS wiederfinden. Hierdurch hat die Beklagte die Gewichtung der Gebührensätze nach der Reinigungshäufigkeit in den Reinigungsklassen im Verhältnis 1:2:10 auch nicht maßgeblich verändert, wie sich aus der Spalte „Divisor 12“ entnehmen lässt.

c) Eine noch darüber hinausgehende weitergehende vertiefte Auseinandersetzung mit Einzelpositionen der Kalkulation ist mangels substantieller Rügen der Klägerin zu einzelnen Kostenpositionen nicht geboten. Insbesondere bestehen keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die Errechnung bzw. Schätzung der Maßstabseinheiten auf nicht sachgerechten Datenerhebungen der Beklagten beruht. Es entspräche insoweit nicht einer sachgerechten Handhabung der gerichtlichen Kontrolle, die Abgabenkalkulation eines kommunalen Satzungsgebers "ungefragt" einer tiefgehenden Detailprüfung zu unterziehen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 17.4.2002 - 9 CN 1.01 -, juris Rn 43).

11. Für eine ermäßigte Festsetzung oder einen teilweisen Erlass der festgesetzten Gebühr aus Billigkeitsgründen gemäß § 11 Abs.1 Nr.4 b) NKAG i.V.m. 163 Abs.1. S. 1 AO, § 11 Abs.1 Nr. 5 a) NKAG i.V.m. § 227 AO besteht kein Anlass.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Es bedarf grundsätzlicher Klärung, ob der sog. Quadratwurzelmaßstab ein zulässiger grundstücksbezogener Maßstab zur Bemessung der Straßenreinigungsgebühr ist. Eine Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, welche dies ausdrücklich bejaht, ist – soweit ersichtlich – bislang nicht ergangen. Zudem ist die bislang vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht offen gelassene Frage, ob bei mehrfach erschlossenen Hinterliegergrundstücken eine Satzungsbestimmung zulässig ist, wonach für das Hinterliegergrundstück die Gebühren nach der Straße zu berechnen sind, von der aus das Grundstück seine hauptsächliche Erschließung erhält (Nds. OVG, Beschl. v. 31.5. 2010 - 9 LA 137/09 -, V. n. b.), grundsätzlich klärungsbedürftig, denn vergleichbare Regelungen finden sich in einer Vielzahl von Satzungen niedersächsischer Kommunen über die Erhebung von Gebühren für die Straßenreinigung.