Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 15.11.2018, Az.: S 38 R 259/17
Beitragspflichtigkeit eines ehrenamtlichen Bürgermeisters zur Sozialversicherung
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 15.11.2018
- Aktenzeichen
- S 38 R 259/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 43416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 7 Abs. 1 SGB IV
Tenor:
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 wird aufgehoben.
- 2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
- 3.
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 1.118,46 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Beigeladene als ehrenamtlicher Bürgermeister der Klägerin, einer niedersächsischen Gemeinde mit ca. 2.100 Einwohnern, die Mitgliedsgemeinde der D. ist, als deren abhängig Beschäftigter zu betrachten ist und damit Beitragspflicht zur Sozialversicherung besteht.
Die Beklagte führte bei der L., die die Bezügesachbearbeitung und -abwicklung der Beschäftigten der Klägerin auf der Grundlage einer am 24. September 2003 zwischen der D. und der L. geschlossenen Vereinbarung wahrnimmt, eine Betriebsprüfung der Klägerin nach Maßgabe des § 28p SGB IV im Mai 2016 bezogen auf den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 durch. Die Schlussbesprechung erfolgte mit dem Mitarbeiter der L., M., am 9. und 31. Mai 2016 ohne Beteiligung der Klägerin. Dabei äußerte die Beklagte die Auffassung, dass der Beigeladene in seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Bürgermeister der Klägerin als deren abhängig Beschäftigter zu betrachten sei und damit auf die an den Beigeladenen gezahlte Aufwandsentschädigung Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten seien.
Der Beigeladene, der im Hauptberuf Kriminalbeamter ist, erhielt im maßgeblichen Zeitraum auf der Grundlage der Entschädigungssatzung der Klägerin vom 12. Dezember 2011 (Inkrafttreten am 1. Januar 2012) monatlich eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 350,- EUR, eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von 70,- EUR sowie als Ratsmitglied ein Sitzungsgeld in Höhe von 12,- EUR.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 forderte die Beklagte von der Klägerin für die an den Beigeladenen gezahlte Aufwandsentschädigung, die Fahrtkostenpauschale und das Sitzungsgeld (insgesamt 432,- EUR monatlich abzüglich eines steuerlichen Freibetrages von 312,- EUR; = 1.440,- EUR jährlich) bezogen auf den Prüfzeitraum Januar 2012 bis Dezember 2015 Beiträge zur Rentenversicherung und zu den Umlagekassen 1 und 2 in Höhe von 1.118,46 EUR nach, in denen Säumniszuschläge (SZ) im Umfang von 237,50 EUR enthalten waren. Zur Begründung erläuterte sie, neben den ehrenamtlichen Aufgaben erledige der Beigeladene für die Klägerin auch Verwaltungsaufgaben. In dieser Funktion sei der Beigeladene bei der Klägerin abhängig beschäftigt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 21. Dezember 2016 Widerspruch ein und machte geltend, der Nachforderungsbescheid sei unter Verletzung des Anhörungsrechts zustande gekommen, weil N. nicht für die Klägerin handlungsberechtigt sei. Im Übrigen sei der Beigeladene Ehrenbeamter und in dieser Eigenschaft versicherungsfrei. Eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen bei ihr sei nicht gegeben. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2017 zurück.
Mit ihrer am 2. Juni 2017 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Beklagte habe bei der Nacherhebung von Beiträgen für den Beigeladenen ihr Anhörungsrecht verletzt. Der Mitarbeiter der L., N. sei nicht für die Klägerin vertretungsberechtigt gewesen. Im Übrigen sei eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen bei ihr nicht gegeben. Er sei als Bürgermeister Ehrenbeamter und damit versicherungsfrei. Sie verweist auf neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach Ehrenbeamte auch dann nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, wenn sie für die Institution, für die sie tätig seien, Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Diese für einen Kreishandwerksmeister entwickelte Rechtsprechung sei auch für ehrenamtliche Bürgermeister wie den Beigeladenen einschlägig. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin für die Verwaltungsaufgaben, die nicht mehr dem Bürgermeisteramt zuzuordnen seien eine sozialversicherungspflichtige Mitarbeiterin beschäftige.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig. Soweit sich die Klägerin auf eine Verletzung der Anhörungspflicht berufe, sei diese durch die Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt. Die zitierte Rechtsprechung des BSG sei nach ihrer Auffassung im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig. Soweit der Beigeladene Verwaltungsaufgaben im eigenen oder übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde wahrnehme, sei er von Weisungen der Aufsichtsbehörden abhängig und in den Gesamtbereich der kommunalen öffentlichen Verwaltung eingebunden. Damit sei in diesem Zusammenhang eine abhängige Beschäftigung gegeben, die der Sozialversicherungspflicht unterliege und damit auch Beitragspflichten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen auslöse. Die Rechtsprechung des BSG zum Kreishandwerkermeister sei nach ihrer Auffassung nicht einschlägig, weil die Fortentwicklung der Rechtsprechung durch das BSG ausdrücklich nicht auf ehrenamtliche Bürgermeister bezogen worden sei. Der Umfang und das Gewicht der Verwaltungsaufgaben eines ehrenamtlichen Bürgermeisters sei sehr viel höher einzustufen, als bei einem Kreishandwerkermeister. Auch sei zu berücksichtigen, dass im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein hierarchisches Prinzip herrsche, das dazu führe, dass der Beigeladene bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Unterschied zum Kreishandwerkermeister nur im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Bestimmungen und unter Fachaufsicht der übergeordneten Behörden tätig werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil der Beigeladene nicht als abhängig Beschäftigter der Klägerin im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu erachten ist und damit auch die Beitragserhebung den gesetzlichen Bestimmungen widerspricht.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Klägerin und den Beigeladenen nicht erfüllt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (hier zitiert nach dem Urteil des BSG vom 16. August 2017 betreffend die rechtliche Stellung eines ehrenamtlichen Kreishandwerkermeisters, AZ: B 12 KR 14/16 R, Rdnr.17) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Ganzen zum Beispiel BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 mwN). Diese von der Rechtsprechung formulierten Kriterien orientieren sich am Typus des Arbeitnehmers, der in § 7 Abs. 1 S 1 SGB IV als normativer Regelfall abhängiger Beschäftigung genannt wird. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit Beschäftigter ist ebenfalls, dass Beschäftigte ihre Arbeitsleistung auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages oder Rechtsverhältnisses (insbesondere eines Arbeitsverhältnisses) erbringen, um als Gegenleistung dafür eine Entlohnung zu erhalten, sodass die Arbeitsleistung bei objektiver Betrachtung zu Erwerbszwecken erbracht wird (zur Rechtsfigur des Typus vgl. BVerfG Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Der Beigeladene war bei der Klägerin nicht in diesem Sinne abhängig beschäftigt. Die Kammer geht dabei ausdrücklich davon aus, dass die Gesichtspunkte, die das BSG in seiner oben zitierten Entscheidung vom 16. August 2017 dazu bewogen haben, die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Kreishandwerkermeisters nicht als abhängige Beschäftigung zu werten, auch im vorliegenden Verfahren betreffend den ehrenamtlichen Bürgermeister einer samtgemeindeangehörigen Gemeinde in Niedersachsen einschlägig sind. Das ergibt sich aus Folgendem:
Nach Artikel (Art.) 57 Abs.3 der Niedersächsischen Verfassung (Nds. Verf.) sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) definiert die Gemeinden, die Samtgemeinden, die Landkreise und die Region Hannover als Kommunen. § 2 Abs. 1 NKomVG bestimmt, dass die Gemeinden die Grundlage des demokratischen Staates sind. Die Kommunen erfüllen ihre Aufgaben im eigenen oder im übertragenen Wirkungskreis (§ 4 Satz 1 NKomVG). Zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden gehören alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und die Aufgaben, die ihnen aufgrund von Artikel 57 Abs. 4 Nds.Verf. durch Rechtsvorschrift als Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 4 NKomVG). Zum übertragenen Wirkungskreis der Kommunen gehören die staatlichen Aufgaben, die ihnen aufgrund von Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf. durch Rechtsvorschrift übertragen sind. Die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises erfüllen die Kommunen nach Weisung der Fachaufsichtsbehörden. Organe der Kommunen sind nach § 7 Abs. 1 NKomVG die Vertretung, der Hauptausschuss und die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte. In Gemeinden in Niedersachsen tragen die Organe die Bezeichnungen Rat für die Vertretung, Verwaltungsausschuss für den Hauptausschuss und Bürgermeister oder Bürgermeisterin (im Folgenden: Bürgermeister) für den Hauptverwaltungsbeamten (§ 7 Abs. 2 NKomVG). Nach § 80 Abs. 1 NKomVG wird der Hauptverwaltungsbeamte von den Bürgerinnen und Bürgern über die Direktwahl gewählt und ist nach § 80 Abs. 6 Satz 1 NKomVG hauptamtlich tätig. Abweichend davon wird bei Mitgliedsgemeinden einer Samtgemeinde, wie hier die Klägerin (Mitglied der Samtgemeinde Bardowick), der Bürgermeister aus der Mitte des Rates für die Dauer der Wahlperiode gewählt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 NKomVG). § 105 Abs. 2 NKomVG bestimmt, dass der Bürgermeister ehrenamtlich tätig ist und mit Annahme der Wahl in das Ehrenbeamtenverhältnis berufen wird. Sie oder er führt den Vorsitz im Rat, und übernimmt die anderen in § 106 Abs. 1 Satz 1 NKomVG genannten Aufgaben. In § 98 Abs. 1 NKomVG ist geregelt, welche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises einer Gemeinde von der Samtgemeinde wahrgenommen werden. Diese umfassen:
1.die Aufstellung der Flächennutzungspläne,
2.die Trägerschaft der allgemeinbildenden öffentlichen Schulen nach Maßgabe des Niedersächsischen Schulgesetzes, die Erwachsenenbildung und die Einrichtung und Unterhaltung der Büchereien, die mehreren Mitgliedsgemeinden dienen,
3. die Errichtung und Unterhaltung der Sportstätten, die mehreren Mitgliedsgemeinden dienen, und der Gesundheitseinrichtungen sowie die Altenbetreuung,
4. die Aufgaben nach dem Niedersächsischen Brandschutzgesetz,
5. den Bau und die Unterhaltung der Gemeindeverbindungsstraßen,
6. die in § 13 für die Anordnung eines Anschluss- oder Benutzungszwangs genannten Aufgaben,
7.die Hilfe bei Verwaltungsangelegenheiten (§ 37) und
8. die Aufgaben nach dem Niedersächsischen Gesetz über gemeindliche Schiedsämter. Durch Beschluss der Gemeinde können gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 NKomVG weitere Aufgaben des eigenen Wirkungskreises auf die Samtgemeinde übertragen werden. Die Klägerin hat insoweit davon Gebrauch gemacht, als die Aufgaben des Krippenwesens, und die mit der Jugendarbeit verbundenen Personalaufgaben auf die D. übertragen wurden. § 98 Abs. 2 NKomVG sieht vor, dass die Samtgemeinden die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises für die Mitgliedsgemeinden erfüllt. In Angelegenheiten von grundsätzlicher oder besonderer wirtschaftlicher Bedeutung bedienen sich die Mitgliedsgemeinden der fachlichen Beratung der Samtgemeinde (§ 98 Abs. 4 NKomVG). Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters ist gemäß § 107 Abs. 5 Satz 1 NKomVG der Rat der Gemeinde. Aus diesem Regelungskonzept ergibt sich, dass der Zuständigkeitsbereich einer samtgemeindeangehörigen Gemeinde und damit auch ihres ehrenamtlichen Bürgermeisters bzw. Bürgermeisterin sich in Niedersachsen im Wesentlichen auf die örtlichen Belange des eigenen Wirkungskreises beschränkt. Nur in diesem Bereich gestaltet die Gemeinde ihre Belange eigenverantwortlich. Das gilt auch für die Klägerin. Der Beigeladene setzte im hier maßgeblichen Zeitraum die diesbezüglichen Beschlüsse des Gemeinderates um. Die Gebundenheit des Bürgermeisters an Entscheidungen des Gemeinderates begründet nach Auffassung der Kammer dabei keine Weisungsgebundenheit im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV. Denn der Bürgermeister kann als Mitglied des Rates an der Entscheidungsfindung des Rates aktiv mitwirken und den Inhalt der Entscheidungen nach Maßgabe demokratischer Prozesse mitbeeinflussen. Dabei ist er nicht in dem Sinne an Weisungen gebunden, wie sie in § 7 Abs. 1 SGB IV für den Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Die Kammer stützt ihre Entscheidung darauf, dass das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 16. August 2017 dargelegt hat, dass Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zugänglich sind, regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs. 1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit führen. In der Entscheidung zur Rechtsstellung des Kreishandwerkermeisters hat das BSG ausdrücklich erläutert, dass hinsichtlich der Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die den Vorstand gegebenenfalls binden, eine solche Weisungsgebundenheit gerade nicht auslösen (vgl. aaO, Rdnr. 23). Es dies damit begründet, dass solche Beschlüsse die Ausrichtung der Aktivitäten vorgeben, es sich aber nicht um eine Weisung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV handele. Die Kammer ist der Ansicht, dass diese Erwägungen auch auf die Beschlüsse eines Gemeinderates zutreffen. Denn der Gemeinderat fasst die Beschlüsse als Gremium, das für die örtlichen Belange der Gebietskörperschaft zuständig ist. Ihre Umsetzung durch den Bürgermeister erfolgt auf verfassungsrechtlicher bzw. gesetzlicher Grundlage und dient Allgemeininteressen. Der zuständige Bürgermeister handelt daher nicht auf Grund einer Abhängigkeit von Weisungen eines Dienstherrn, wie sie im Zusammenhang von § 7 SGB IV zu verstehen sind. Das BSG hat in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt (im Folgenden ebenfalls zitiert aus der Entscheidung vom 16. August 2017, Rdnr. 25), dass weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches noch dessen Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall die Annahme eines versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses per se ausschließen (vgl. BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 mwN). Es hat dabei zwischen Repräsentationstätigkeiten bzw. Tätigkeiten aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung und allgemein zugänglicher (Verwaltungs-)Tätigkeit differenziert. Damit werden die Besonderheiten ehrenamtlichen Engagements anerkannt und die mit einem Ehrenamt verbundenen Repräsentationsaufgaben als weisungsfreie, dem Grunde nach nicht versicherungspflichtige Tätigkeiten qualifiziert (BSG Urteil vom 27.3.1980 - 12 RK 56/78 - SozR 2200 § 165 Nr. 44). Das BSG hat - trotz dieses Befundes - in einer Gesamtwürdigung jedoch insgesamt abhängige Beschäftigung dann angenommen, wenn ein ehrenamtlich Tätiger zugleich allgemein zugängliche Verwaltungsaufgaben übernommen und zudem für die Ausübung dieser Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung erhalten hat, die über den tatsächlichen Aufwänden lag (vgl. BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 mwN). Bei Anwendung dieser Kriterien ist der Beigeladene ebenfalls nicht als abhängig Beschäftigter zu qualifizieren. Die Klägerin hat zutreffend erläutert, dass Bürgermeister der Gemeinde nur ein gewähltes Mitglied des Rates werden kann. Das Amt ist damit auf den Personenkreis beschränkt, der im Rahmen von Kommunalwahlen in das Vertretungsorgan der Gemeinde hineingewählt wurde. Die von ihm wahrzunehmenden Verwaltungsaufgaben können deshalb nicht von jedermann wahrgenommen werden.
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 16. August 2017 ferner erläutert, dass ehrenamtliche Tätigkeit regelmäßig nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt ist, sondern ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit erhält (vgl. aaO, Rdnr 29/31). Die Aufwandsentschädigung des Beigeladenen in Höhe von 350,- EUR monatlich und die pauschale Fahrtkostenentschädigung von 70,- EUR stellen ihrer Höhe nach kein Einkommen dar, dem ein Erwerbszweck beigemessen werden kann. Das BSG hat dazu in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung dargelegt, dass solche Zahlungen unschädlich sind, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken (vgl. BSG aaO, Rdnr 34). Für den Beigeladenen als ehrenamtlichen Bürgermeister wird der Gesichtspunkt des ideellen Zweckes des Amtes durch die Bestimmung in § 38 Abs. 1 NKomVG ausdrücklich betont, wonach die ehrenamtliche Tätigkeit eine wesentliche Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung ist. Die Höhe der von der Klägerin geleisteten Zahlungen an den Beigeladenen bewegen sich in einem Rahmen, dem Erwerbszweck nicht beigemessen werden kann. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 25. Januar 2006, AZ: B 12 KR 12/05 R, veröffentlicht in juris) hält die Kammer vorliegend nicht für einschlägig. Das Verfahren betraf einen ehrenamtlichen Bürgermeister einer verbandsangehörigen Gemeinde in Sachsen, der hauptberuflich Kämmerer des Gemeindeverbandes war und monatlich als ehrenamtlicher Bürgermeister eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.180,- DM erhielt. Die Höhe der Entschädigung hat demnach eine ganz andere Dimension, als sie von der Klägerin an den Beigeladenen gezahlt wurde. In dieser Entscheidung hat das BSG ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang zwischen den Repräsentationsaufgaben des Bürgermeisters und den weisungsgebundenen Verwaltungsaufgaben differenziert werden müsse. Die Entscheidung über die Versicherungspflicht hänge davon ab, welcher Aufgabenbereich die tatsächlichen Tätigkeiten präge. Das müsse nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamtes in der Kommunalverfassung des jeweiligen Bundeslandes beurteilt werden (vgl. BSG aaO. Rdnr. 15). Aus den Bekundungen des Beigeladenen, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, geht hervor, dass der mit dem Ehrenamt verbundene zeitliche Aufwand insgesamt sehr schwankend sein und der zeitliche Aufwand der repräsentativen Aufgaben und der Verwaltungsaufgaben etwa gleich hoch sei. Die Klägerin beschäftigt für Verwaltungsaufgaben obendrein eine versicherungspflichtige Angestellte. Demnach vermag auch der Gesichtspunkt der Übernahme von Verwaltungsaufgaben keine andere Würdigung des Sachverhalts zu begründen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 bis 3 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 GKG.