Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2004, Az.: 6 K 547/98
Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids wegen Eintritts von Zahlungsverjährung; Erledigung der Hauptsache bei einem Streit über den Eintritt von Zahlungsverjährung; Maßgeblichkeit des Verhältnisses im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidug für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids; Geltendmachung von Gründen gegen die Steuerfestsetzung selbst im Abrechnungsverfahren; Maßgeblichkeit der Rechtmäßigkeit des Steuerfestsetzungsbescheids für die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids; Entstehen einer Steuerforderung durch einen unwirksamen Verwaltungakt; Heilung der fehlerhaften Bekanntgabe eines Steuerbescheids
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.11.2004
- Aktenzeichen
- 6 K 547/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 29607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2004:1110.6K547.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 21.11.2006 - AZ: VII R 68/05
Rechtsgrundlagen
- § 232 AO
- § 218 Abs. 2 AO
- § 229 Abs. 1 S. 1 AO
Fundstelle
- EFG 2005, 1012-1017 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Körperschaftsteuer 1987
Redaktioneller Leitsatz
Für das Abrechnungsverfahren führen jedenfalls dann unwirksame Steuerfestsetzungen nicht zur Annahme des Entstehens eines Steueranspruchs und sind demnach bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids nicht als formell festgesetzte Steuer zu beachten, wenn auch um die Verwirklichung des Steueranspruchs gestritten wird. Das gilt nicht nur, wenn die Unwirksamkeit unstreitig feststeht, sondern auch, wenn um sie mit einer Klage gegen die Steuerfestsetzung gestritten wird.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids wegen Eintritts der Zahlungsverjährung.
Die Klägerin betrieb ursprünglich einen Z-Betrieb. Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war AX. Seit etwa 1977 nahm die Klägerin nicht mehr am wirtschaftlichen Verkehr teil. Mit Beschluss vom 22. März 1977 lehnte das Amtsgericht ... den Antrag der Klägerin auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Konkursmasse ab.
Die Klägerin führte seit 1974 einen Schadensersatzprozess gegen V. Das Landgericht ... sprach der Klägerin mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. April 1987 einen Schadensersatzanspruch nebst Zinsen i.H.v. 1.520.529,33 DM zu.
Mit Bescheid vom 12. Juni 1989 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Körperschaftsteuer für 1987 in Höhe von 506.178,00 DM fest, fällig lt. beigefügter Zahlungsaufforderung am 17. Juli 1989. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Die Steuern sind mangels finanzieller Mittel der Klägerin nicht gezahlt worden. Vollstreckungsmaßnahmen sind zunächst nicht unternommen worden. Die Klägerin wurde nach Beendigung der Liquidation am 11. Dezember 1989 im Handelsregister gelöscht.
Unter dem 30. März 1994 erließ das FA einen geänderten Steuerbescheid und setzte die Körperschaftsteuer für 1987 auf 598.483,00 DM herauf. Die Steuererhöhung in Höhe von 92.305,00 DM war lt. beigefügter Zahlungsaufforderung am 2. Mai 1994 fällig. Zugleich forderte das FA die Klägerin zur sofortigen Zahlung des rückständigen Steuerbetrags auf. Der Bescheid war adressiert an "Herrn AX als Liquidator, ...Straße, ...Ort" als Empfangsbevollmächtigter für "Firma AX GmbH i.L. GmbH, ...Straße, ...Ort". AX legte für die Klägerin Einspruch ein und machte die Unwirksamkeit des Bescheids wegen Handlungsunfähigkeit der Klägerin geltend.
Am 21. Juni 1995 ordnete das Amtsgericht ... die Nachtragsliquidation an und bestellte AX zum Nachtragsliquidator; am 5. Juli 1995 erfolgte die Eintragung im Handelsregister.
Mit "Einspruchsbescheid" vom 25. August 1995 setzte das FA die Körperschaftsteuer von 598.483,00 DM auf 799.040,00 DM herauf. Ein ausdrückliches Leistungsgebot enthielt dieser Bescheid nicht.
Die Wirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 30. März 1994 und 25. August 1995 war bzw. ist Gegenstand des Klageverfahrens 6 K 385/95 (Anm.: ebenfalls veröffentlicht). Inzwischen gehen die Beteiligten übereinstimmend von der Unwirksamkeit des Bescheides vom 30. März 1994 aus und haben zu Protokoll des Gerichts am 10. November 2004 das Klageverfahren 6 K 385/95 hinsichtlich dieses Bescheids für in der Hauptsache erledigt erklärt. Mit Urteil vom selben Tage hat das Gericht den Bescheid vom 25. August 1995 für rechtswidrig erkannt und aufgehoben. Für die Einzelheiten wird auf das Urteil im Klageverfahren 6 K 385/95 vom selben Tage verwiesen.
Zur Erhebung der Körperschaftsteuer 1987 nahm das FA neben den Aufforderungen zur Zahlung in den Bescheiden vom 12. Juni 1989 und 30. März 1994 - soweit hier interessierend bis zum 17. Juli 1998 - verschiedene Handlungen vor, die von der Art der Maßnahme her geeignet waren, die Zahlungsverjährung zu unterbrechen bzw. die Tilgung der Steuerschulden herbeizuführen.
Unstreitig ergingen am 1. August 1989 eine Mahnung über den rückständigen Betrag von 506.178,00 DM und am 31. Mai 1994 eine Mahnung über rückständige 92.305,00 DM.
Unter dem 8. September 1994 ersuchte das FA das FA ... mit der Vollstreckung gegen die Vollstreckungsschuldnerin "AX GmbH" wegen Körperschaftsteuer 1987 i.H.v. 598.483,00 DM nebst näher bezeichneter Säumniszuschläge. In einem gegen AX eingeleiteten Ermittlungsverfahren hatte sich herausgestellt, dass aus der am 10. August 1987 zu Gunsten der Ehefrau BX auf ein Notaranderkonto eingezahlten Schadensersatzsumme in Höhe von insgesamt ca. 1,5 Mio. DM ein Betrag von ca. 670.000,00 DM auf ein am 13. August 1987 von AX auf den Namen seiner Tochter CX bei der ...-Bank eingerichtetes Konto überwiesen worden war. Von diesem Betrag hatte AX als Generalbevollmächtigter seiner Tochter einen Teilbetrag auf ein weiteres, ebenfalls von ihm auf den Namen seiner Tochter eingerichtetes Privatkonto bei der selben Bank überwiesen, von dem Wertpapiere erworben worden waren. Weitere Geldbeträge waren anderweitig verwendet worden. Das FA ging davon aus, dass die Wertpapiere der Klägerin zuzurechnen seien. Am 12. September 1994 pfändete das FA ... die als Beweismittel im Strafverfahren gegen AX beschlagnahmten Wertpapiere und veräußerte diese zum Preis von 44.458,37 DM; zugleich veräußerte es Zinsscheine zu den Wertpapieren zum Preise von 1.711,35 DM. Der Gesamtbetrag von 46.169,72 DM wurde mit Wertstellung 23. November 1994 auf ein Termingeldkonto des FA eingezahlt. Über eine vor dem Landgericht ... erhobene Klage der CX, die die Pfändung und Verwertung der Wertpapiere für rechtswidrig hält, ist noch nicht entschieden.
Der Senat setzte mit Beschluss vom 27. Februar 1996 die Vollziehung des Bescheids vom 30. März 1994 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 25. August 1995 in vollem Umfang gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 506.000,00 DM aus; die Sicherheitsleistung ist nicht gezahlt worden (VI 386/95 V).
Mit Schreiben vom 18. Juni 1996 erklärte das FA gegen einen Kostenerstattungsanspruch aus dem Verfahren VI 386/95 V in Höhe von 1.408,75 DM die Aufrechnung mit Körperschaftsteuer in Höhe von 506.178,00 DM.
Unter dem 1. Juli 1998 erteilte das FA der Klägerin eine Abrechnung und forderte zur sofortigen Zahlung von Körperschaftsteuer in Höhe von 598.483,00 DM nebst der dazu verwirkten Säumniszuschläge sowie weiteren 200.557,00 DM zum 4. August 1998 auf.
Da im Klageverfahren 6 K 385/95 Zahlungsverjährung geltend gemacht worden war, erteilte das FA mit Datum vom 15. Juni 1998 einen Abrechnungsbescheid. Es stellte fest, dass Zahlungsansprüche wegen Körperschaftsteuer 1987 in Höhe von 1.) 506.178,00 DM (fällig am 17. Juli 1989), 2.) 92.305,00 DM (fällig am 2. Mai 1994) und 3.) 200.557,00 DM (fällig am 2. September 1995) sowie Säumniszuschläge zu 1.) und 2.) in Höhe von insgesamt 587.677,00 DM (Stand 15. Juni 1998) bestanden. Ferner stellte es fest, dass der ursprüngliche Steueranspruch in Höhe von 506.178,00 DM nicht durch Zahlungsverjährung zum 31. Dezember 1994 erloschen war. Die Zahlungsverjährung sei durch das im Änderungsbescheid vom 30. März 1994 enthaltene schriftliche Leistungsgebot sowie durch die schriftliche Mahnung vom 31. Mai 1994 unterbrochen worden; mit dem 31. Dezember 1994 beginne eine neue Frist von fünf Jahren zu laufen. Der im Steuerbescheid vom 30. März 1994 enthaltene Bekanntgabemangel sei durch die fehlerfreie Zustellung des Einspruchsbescheids vom 25. August 1995 geheilt worden.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, das Leistungsgebot vom 30. März 1994 und die Mahnung vom 31. Mai 1994 seien zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung nicht geeignet, weil zu diesem Zeitpunkt die nicht mehr existierende Klägerin nicht durch einen Nachtragliquidator vertreten gewesen sei. Einer Heilung könne keine Rückwirkung zukommen. Ferner führt die Klägerin aus: "Bezeichnend für Ihr Vorgehen ist, dass Sie in ihrem Abrechnungsbescheid vom 15.06.1998 weder die "gepfändeten" Geldbeträge noch den der GmbH zustehenden Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 1.408,75 DM (vgl. Beschluss des VI. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 08.05.1996 - Az. VI 286/95 V) berücksichtigt haben."
Mit dem Einspruchsbescheid vom 17. Juli 1998 stellte das FA den Zahlungsanspruch auf Körperschaftsteuer 1987 auf 751.461,53 DM fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Dem Einspruch sei hinsichtlich der Berücksichtigung der Pfändung in Höhe von 46.169,72 DM und der Kostenerstattung in Höhe von 1.408,75 DM zu entsprechen. Eine Zahlungsverjährung sei wegen Heilung des Bekanntgabemangels im Bescheid vom 30. März 1994 durch die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Einspruchsbescheids vom 25. August 1995 nicht eingetreten.
Die Klägerin hat Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, Gegenstand der angegriffenen Bescheide und damit auch des Klageverfahrens sei neben dem Bestehen der Körperschaftsteuerschuld 1987 auch die Verwirkung und das Erlöschen von Säumniszuschlägen sowie das Bestehen eines Erstattungsanspruchs. Das ergebe sich bereits daraus, dass das FA in dem Abrechnungsbescheid verwirkte Säumniszuschläge aufgeführt und diesbezüglich den Einspruch zurückgewiesen habe. Im Einspruchsbescheid verrechne das FA einen Gesamtbetrag von 47.578,47 DM und verneine damit inzidenter das Bestehen eines Erstattungsanspruchs. Ein solcher sei aber gegeben, weil zum Zeitpunkt der Verrechnung eine Hauptsteuerschuld nicht mehr bestanden habe.
Wie im Einspruchsverfahren macht die Klägerin geltend, hinsichtlich eines Teilbetrages der Körperschaftsteuer 1987 sei mit Ablauf des 31. Dezember 1994 Zahlungsverjährung eingetreten. Einüber die ursprüngliche Steuerschuld hinausgehender Anspruch des FA bestehe nicht. Der Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 sei wie der Bescheid vom 30. März 1994 unwirksam, da gegen einen unwirksamen Bescheid nicht wirksam Einspruch eingelegt werden könne.
Bis zum 31. Dezember 1994 sei keine Verjährungsunterbrechung eingetreten. Die Zahlungsaufforderung im Bescheid vom 30. März 1994 und die Mahnung vom 31. Mai 1994 seien unwirksam, eine etwaige Heilung durch Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 habe keine Rückwirkung. Der spätere Nachtragsliquidator habe die unwirksamen Maßnahmen des FA nicht genehmigt. Die Pfändung und Verwertung der Wertpapiere im September 1994 sei ebenfalls unwirksam, weil zu diesem Zeitpunkt die Klägerin nicht handlungsfähig gewesen sei. Die Vollstreckungsmaßnahme sei bis zur Verrechnung mit Einspruchsbescheid vom 17. Juli 1998 auch nicht abgeschlossen gewesen. Der Gegenwert der Wertpapiere sei nicht dem Steuerkonto der Klägerin gutgeschrieben, sondern sei zur Erzielung von Zinsen auf ein Festgeldkonto des FA überwiesen worden. Dass das FA eine Tilgungswirkung zunächst nicht habe herbeiführen wollen, dokumentiere das weitere Vorgehen nach der Pfändung und Verwertung. Erst im Einspruchsbescheid habe das FA den Gegenwert auf die Steuerschulden angerechnet.
Die Klägerin beantragt,
den Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 AO vom 15. Juni 1998 in der Form des Einspruchsbescheids vom 17. Juli 1998 aufzuheben, den Zahlungsanspruch auf Körperschaftsteuer 1987 und auf Säumniszuschläge für 1987 mit 0,00 DM abzurechnen sowie ein Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 46.169,72 DM zzgl. der auf dem Termingeldkonto Nr. ... des beklagten Finanzamts bei der Sparkasse ... erzielten Zinsen sowie in Höhe weitere 1.408,75 DM abzurechnen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da Anlass für den Abrechnungsbescheid nur der Streit um die Zahlungsverjährung der Körperschaftsteuer 1987 gewesen sei, sei Gegenstand der angegriffenen Bescheide und somit des Klageverfahrens auch nur der Körperschaftsteueranspruch, nicht aber Säumniszuschläge und ein etwaiger Erstattungsanspruch.
Das FA macht geltend, die Zahlungsverjährung sei im Jahre 1994 wirksam unterbrochen worden. Bei der Pfändung und Verwertung der Wertpapiere handele es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme, die ihrer Zielrichtung und ihrer Ausgestaltung nach ein Tätigwerden gegenüber einem Dritten erfordere und die dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt gegeben werden müsse. Es komme also nicht auf dessen passive Handlungsfähigkeit im Zeitpunkt der Vollstreckung an. Die wirksame Vollstreckungsmaßnahme entfalte daher auch gegenüber dem handlungsunfähigen Vollstreckungsschuldner Rechtswirkungen.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 10. November 2004 das Verfahren hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 1987 sowie hinsichtlich eines möglichen Erstattungsanspruchs abgetrennt. Das abgetrennte Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 6 K 1024/04 geführt.
Entscheidungsgründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob das Gerichts mit dem Urteil auch über das Bestehen von Säumniszuschlägen und eines Erstattungsanspruchs entscheiden muss. Das hängt davon ab, ob Gegenstände des mit der Klage angegriffenen Abrechnungsbescheids in Gestalt des Einspruchsbescheids auch die Verwirkung von Säumniszuschlägen und das Bestehen eines Erstattungsanspruchs der Klägerin und ob diese Ansprüche damit auch Gegenstände der gerichtlichen Prüfung sind. Säumniszuschläge und ein Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen sind neben der Hauptsteuerschuld eigenständige Steueransprüche und einer eigenständigen Abrechnung zugänglich. Das Gericht hat deshalb mit Beschluss vom 10. November 2004 zu Protokoll das Klageverfahren hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 1987 sowie hinsichtlich eines möglichen Erstattungsanspruchs abgetrennt. Über die mit den Säumniszuschlägen und dem Erstattungsanspruch zusammenhängenden Streitfragen wird das Gericht in dem Klageverfahren 6 K 1024/04 zu entscheiden haben. Nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 1987 und hinsichtlich eines möglichen Erstattungsanspruchs hat das Gericht mit dem Urteil nur über die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids vom 15. Juni 1998 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 17. Juli 1998 wegen des Zahlungsanspruchs des FA auf Körperschaftsteuer 1987 zu befinden.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Die nach Löschung im Handelsregister nicht mehr existierende Klägerin wird für Zwecke der Besteuerung als fortbestehend betrachtet und ist gem. § 57 Nr. 2 FGO Beteiligte. Sie wird gem. § 58 Abs. 2 FGO von ihrem nach der Löschung bestellten Nachtragsliquidator AX vertreten (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Januar 1995 VIII B 43/94, BFH/NV 1995, 759; BFH-Urteil vom 27. April 2000 I R 65/98, BFHE 191, 494, BStBl. II 2000, 500, jeweils mit weiteren Nachweisen).
2.
Das Rechtsschutzinteresse an einer streitigen Entscheidung besteht weiterhin. Mit Eintritt der Zahlungsverjährung erlöschen zwar gem. § 232 AO die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis; ein Rechtsstreit über die Steuerfestsetzung erledigt sich in der Hauptsache (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1990 V R 90/87, BFHE 160, 348, BStBl. II 1990, 802; BFH-Beschluss vom 25. März 1993 V B 73/92, BFH/NV 1994, 437; BFH-Urteil vom 19. November 2003 VII R 5/02, BFH/NV 2004, 1057). Ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Steueranspruch verjährt, fehlt daher das Rechtsschutzinteresse an einer streitigen Entscheidung. Das gilt aber nicht, wenn gerade - wie hier - um den Eintritt der Zahlungsverjährung gestritten wird. Beruft sich das FA auf das Bestehen der Steueransprüche und macht der Steuerpflichtige dagegen Zahlungsverjährung geltend, ist der Steuerpflichtige weiter beschwert und hat ein Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung; das selbe gilt für eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1996 II R 37/93, BFH/NV 1996, 865 mit weiteren Nachweisen; siehe auch Pahlke/Koenig Abgabenordnung § 232 Rz. 3).
3.
Gegen den Abrechnungsbescheid ist nicht die Feststellungsklage, sondern die Anfechtungsklage gegeben, obwohl das Bestehen oder Nichtbestehen der Steuerschuld "festgestellt" wird (BFH-Beschluss vom 8. Januar 1998 VII B 137/97, BFH/NV 1998, 686).
4.
Gegenstand der Anfechtungsklage nach Durchführung eines Vorverfahrens ist gem. § 44 Abs. 2 FGO der Verwaltungsakt in Gestalt des Einspruchsbescheids. Ein Einspruchsverfahren hat hier stattgefunden. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Körperschaftsteuer 1987 zahlungsverjährt ist. Gegenstand der hier zu treffenden gerichtlichen Entscheidung ist nach Abtrennung allein das Bestehen der Hauptsteuerschuld Körperschaftsteuer 1987.
II.
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen kann sie keinen Erfolg haben. Der Abrechnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; das Gericht stellt den Zahlungsanspruch des FA auf Körperschaftsteuer 1987 anderweitig fest.
Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides bestehen keine Bedenken. Insbesondere führt der Bescheid den streitigen Steueranspruch im Einzelnen auf und verhält sich zu den Erlöschensgründen.
In dem für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (1) bestand auf Grund der formellen Bescheidlage (2) ein Anspruch des FA auf Körperschaftsteuer 1987 (3). Die mit verschiedenen Bescheiden festgesetzten Teilbeträge waren fällig (4). Die Zahlungsverjährung war wegen Handlungsunfähigkeit der Klägerin hinsichtlich eines Teilbetrags nicht unterbrochen, die Zahlungsverjährung ist insoweit eingetreten (5). Im Übrigen bestand der Steueranspruch weiter (6).
1.
Für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend; daher hat das Gerichtüber das Bestehen der Steueransprüche im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung zu befinden (BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VII R 82/92, BFH/NV 1994, 285 mit weiteren Nachweisen). Für die Steuerfestsetzungen, die Zahlungsverjährung und die Tilgungen sind daher die Verhältnisse am 17. Juli 1998 zu Grunde zu legen.
2.
a)
Gem. § 218 Abs. 2 AO entscheidet die Finanzbehördeüber Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt. Der nach der genannten Vorschrift bei Streitigkeiten zu erteilende Abrechnungsbescheid ergeht im Steuererhebungsverfahren. Er hat die Feststellung zum Inhalt, ob ein Steueranspruch des FA oder des Steuerpflichtigen verwirklicht ist, oder umgekehrt, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist (§ 47 AO). Die Finanzbehörde hat - soweit hier interessierend - darüber zu befinden, ob ein festgesetzter, dh. entstandener Steueranspruch wirksam durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlass, infolge von Vollstreckungsmaßnahmen oder durch Zahlungsverjährung erloschen ist. Die Begründung der Zahlungsverpflichtung ist hingegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheids; sie wird vorausgesetzt. Deshalb können Gründe, die gegen die Steuerfestsetzung selbst erhoben werden, nicht im Abrechnungsverfahren geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Beispiel BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VIII R 82/92, BFH/NV 1994, 285; BFH-Urteil vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl. II 1999, 751; BFH-Urteil vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl. II 2000, 46 mit weiteren Nachweisen).
b)
Die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids hinsichtlich des Bestehens des Steueranspruchs des FA richtet sich nach den diesem Steueranspruch zu Grunde liegenden Steuerbescheiden und sonstigen Verwaltungsakten. Bei den Veranlagungssteuern wie der Körperschaftsteuer kommt es auf die formelle Bescheidlage an. Allein maßgebend ist, dass eine Steuer festgesetzt wurde. Ob die Steuerfestsetzungsbescheide rechtmäßig oder rechtswidrig sind, ist unerheblich. Denn der Abrechnungsbescheid ergeht, wie bereits ausgeführt, im Erhebungsverfahren. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung sind im Festsetzungsverfahren zu verfolgen. Eine Ausnahme gilt nur für Steueransprüche, die nicht durch Bescheid festgesetzt werden wie Säumniszuschläge und Erstattungsansprüche; nur für diese Steueransprüche hat der Abrechnungsbescheid festsetzende Wirkung (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Beispiel BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VIII R 82/92, BFH/NV 1994, 285; BFH-Urteil vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl. II 1999, 751).
c)
Allerdings können grundsätzlich nur wirksame Steuerbescheide eine Rechtswirkung entfalten und damit zu einer Entstehung des Steueranspruchs führen. Die Frage der Wirksamkeit des Steuerbescheids betrifft das Steuerfestsetzungsverfahren, nicht aber das Erhebungsverfahren. Über die Wirksamkeit einer Steuerfestsetzung kann im Wege der Anfechtungsklage gegen den Steuerbescheid eine gerichtliche Entscheidung herbei geführt werden. Daher ist darüber zu entscheiden, ob im Streit um die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids die Unwirksamkeit eines Steuerfestsetzungsbescheides vom Gericht zu prüfen und bei Bejahung der Unwirksamkeit außer Acht zu lassen ist oder ob auch ein unwirksamer Steuerfestsetzungsbescheid im Abrechnungsverfahren zur Entstehung eines Steueranspruchs im Sinne der zu Grunde zu legenden formellen Bescheidlage führt.
Diese Rechtsfrage ist soweit ersichtlich vom BFH noch nicht vertiefend diskutiert worden. Im Zusammenhang mit der Frage einer wirksamen Aufrechnung führt er jedoch aus: "Dabei (Anm. des Gerichts: bei der Prüfung des Erlöschens von Ansprüchen) ist vom Regelungsgehalt der ergangenen Steuerbescheide ungeachtet ihrer Richtigkeit auszugehen ("formelle Bescheidlage"....). Die Begründung der Zahlungsverpflichtung ist nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides; sie wird vorausgesetzt. Deshalb können Gründe, die gegen die Richtigkeit der einer Steuerfestsetzung gleichstehenden Steueranmeldung erhoben werden sollen, im Abrechnungsverfahren grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung ....)." und weiter: "Das FA kann Steuern von demjenigen fordern, gegen den es sie wirksam festgesetzt hat. Die Festsetzung als Grundlage der Verwirklichung des gesetzlichen Steueranspruches (vgl. § 218 Abs. 1 AO 1977) entfaltet - wie jeder (wirksame) sonstige Verwaltungsakt - Tatbestandswirkung. Im Erhebungsverfahren ist folglich grundsätzlich nur zu prüfen, ob eine Steuerfestsetzung gegen den Abrechnungsschuldner vorliegt und ob sie wirksam ist. .... Freilich "besteht" auch eine rechtswidrig, jedoch wirksam festgesetzte Steuerforderung, solange die Festsetzung nicht aufgehoben ist oder in anderer Weise ihre Rechtswirkungen verloren hat ---." (BFH-Urteil vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl. II 2000, 46). Der BFH legt diesen Ausführungen den allgemeinen Rechtsgrundsatz zu Grunde, dass nur wirksame Verwaltungsakte Rechtswirkungen zu entfalten vermögen und deshalb nur wirksame Steuerbescheide zur Entstehung einer Steuerschuld führen. Er stellt damit aber zugleich das Prüfungsprogramm im Erhebungsverfahren klar. Es sei nämlich - nur - zu prüfen, ob eine wirksame Steuerfestsetzung gegen den Abrechnungsschuldner vorliege. Damit nimmt er unwirksame Steuerbescheide von der "formellen Bescheidlage" aus und lässt unwirksame Steuerfestsetzungen im Abrechnungsverfahren unbeachtet. Dies ist eine Durchbrechung des in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsatzes, Steuerfestsetzungen seien "ungeachtet ihrer Richtigkeit" dem Abrechnungsbescheid zu Grunde zu legen, Fragen der Steuerfestsetzung seien ausschließlich im Festsetzungsverfahren zu klären. Zugleich trägt die Entscheidung aber dem übergeordneten Grundsatz Rechnung, wonach unwirksame Verwaltungsakte keinerlei Rechtsfolgen für den Betroffenen haben und damit auch nicht formell zu einem Entstehen einer Steuerforderung führen können,über deren "Erlöschen" mit dem Abrechnungsbescheid entschieden wird. Die Formulierung "ungeachtet ihrer Richtigkeit" kann sich daher nur auf die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswidrigkeit, nicht aber auf die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit beziehen.
Dieses Verständnis der BFH-Rechtsprechung wird der Gesetzessystematik gerecht. Da eine etwa mangels Bekanntgabe unwirksame Steuerfestsetzung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet, kann sie keine Fälligkeit der Steuer und damit keine Verjährungsfrist auslösen bzw. kann die einem Änderungsbescheid beigefügte Zahlungsaufforderung eine bereits laufende Zahlungsverjährung nicht unterbrechen. Im Abrechnungsbescheid wäre das Erlöschen einer Steuerschuld zu prüfen, die nicht fällig wäre und deren Zahlung vom Steuerpflichtigen nicht verlangt werden könnte. Derartige Steuerschulden wären einer Zahlungsverjährung mangels Beginn der Verjährungsfrist nicht zugänglich. Gleichwohl könnte deren Erlöschen etwa durch Aufrechnung oder infolge einer Vollstreckungsmaßnahme festgestellt werden können. Damit würde die unwirksame Steuerfestsetzung im Zusammenhang mit anderen - ihrerseits wirksamen - Maßnahmen der Steuererhebung Rechtsfolgen auslösen, die im Abrechnungsverfahren als rechtmäßig zu betrachten wären. Diese Rechtsfolgen greifen nicht für bloß rechtswidrige Steuerfestsetzungen, denn diese entfalten Rechtswirkungen, solange sie bestehen, also nicht aufgehoben oder auf sonstige Weise erledigt sind.
In der Kommentarliteratur wird ohne Argumentation die Auffassung vertreten, mit dem Abrechnungsbescheid könne über die Wirksamkeit einer Steuerfestsetzung als Begründung einer Zahlungsverpflichtung entschieden werden (Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht § 218 Rz. 16, Schwarz, AO § 218 Rz. 26: Die Nichtigkeit der Steuerfestsetzung sei auch im Abrechnungsverfahren zu berücksichtigen). Der Abrechnungsbescheid könne auch die Zurückweisung von Einwänden des Steuerpflichtigen gegen die Wirksamkeit der Steuerfestsetzung zum Inhalt haben (Klein AO § 218 Rz. 13). Dem Abrechnungsbescheid seien formell wirksam festgesetzte Steueransprüche zu Grunde zu legen (Pahlke/Koenig Abgabenordnung § 218 Rz. 1).
Das Gericht ist daher zu der Auffassung gelangt, dass für das Abrechnungsverfahren jedenfalls dann unwirksame Steuerfestsetzungen nicht zur Annahme des Entstehen eines Steueranspruchs führen und demnach bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids nicht als formell festgesetzte Steuer zu beachten sind, wenn auch um die Verwirklichung des Steueranspruchs gestritten wird. Das gilt nicht nur, wenn die Unwirksamkeit unstreitig feststeht, sondern auch, wenn um sie mit einer Klage gegen die Steuerfestsetzung gestritten wird.
3.
Auf Grund der formellen Bescheidlage ist für den entstandenen Steueranspruch des FA auf den Bescheid für 1987 über Körperschaftsteuer vom 12. Juni 1989 (a) abzustellen, wegen Unwirksamkeit nicht aber auf den Änderungsbescheid vom 30. März 1994 (b); der Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 ist wirksam und stellt den erstmaligen, eine höhere Steuer festsetzendenÄnderungsbescheid dar (c).
a)
Der Bescheid vom 12. Juni 1989 ist unzweifelhaft wirksam und setzt die Steuer auf 506.178,00 DM fest. Er ist insbesondere deshalb wirksam, weil er an die seinerzeit noch existierende Klägerin, vertreten durch ihren Liquidator, bekannt gegeben worden ist.
b)
Der Änderungsbescheid vom 30. März 1994 ist unwirksam. Mit ihrer Löschung im Handelsregister am 11. Dezember 1989 bestand die Klägerin nicht mehr; damit erlosch auch eine gesetzliche Vertretung. Eine gewillkürte Vertretung durch einen Bevollmächtigten bestand unstreitig zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Gleichwohl wird eine Körperschaft wie die Klägerin für steuerliche Zwecke als fortbestehend betrachtet, wenn - wie im zu entscheidenden Fall - noch steuerliche Pflichten zu erfüllen sind. Sie ist allerdings ohne eine Vertretung durch eine vertretungsberechtigtes Organ handlungsunfähig und kann keine aktiven und passiven Verfahrenshandlungen vornehmen. Die Entgegennahme eines Steuerbescheides ist eine passive Verfahrenshandlung (ganz herrschende Meinung; vgl. Pahlke/Koenig Abgabenordnung § 79 Rz. 44 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. April 1997 XI R 61/94, BFHE 183, 13, BStBl. II 1997, 595). Soll nach Löschung einer Körperschaft eine Verfahrenshandlung vorgenommen werden, muss zuvor ein Nachtragsliquidator als gesetzlicher Vertreter bestellt werden (BFH-Beschluss vom 18. Februar 1993 X B 165/92, BFH/NV 1994, 214; BFH-Beschuss vom 12. Januar 1995 VIII B 43/94, BFH/NV 1995, 759, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Handlungsfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Vornahme der Verfahrenshandlung bestehen. Von einer oder gegen eine handlungsunfähige Person vorgenommene Verfahrenshandlungen sind unwirksam.
Der Bescheid vom 30. März 1994 war an die Klägerin, vertreten durch ihren Liquidator AX gerichtet. Dieser war seinerzeit noch nicht als Nachtragsliquidator bestellt worden. Er konnte den Bescheid für die Klägerin nicht mit Rechtswirkungen entgegennehmen. Mangels Bekanntgabe ist der Bescheid unwirksam.
Die Unwirksamkeit ist nicht deshalb unbeachtlich oder geheilt, weil AX möglicherweise dem FA gegenüber als Nachtragsliquidator aufgetreten ist oder das FA von seiner Bestellung ausging. Die Handlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bzw. hier die Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte Körperschaft ist von Amts wegen zu prüfen. Für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit ist die Kenntnis des FA von der Handlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht maßgebend.
Eine mögliche Heilung des Bekanntgabemangels durch Genehmigung des Nachtragsliquidators (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Oktober 1988 VII R 123/85, BFHE 154, 446, BStBl. II 1989, 76) kommt hier nicht in Betracht, denn AX hat weder ausdrücklich noch konkludent die Bekanntgabe des Bescheids genehmigt. Er hat vielmehr stets auf die Unwirksamkeit des Bescheids mangels Bestellung eines Nachtragsliquidators hingewiesen.
Eine Heilung der Unwirksamkeit ist nicht durch den Erlass des wirksamen Einspruchsbescheids vom 25. August 1995 eingetreten. Zwar war AX seit dem 21. Juni 1995 als Nachtragsliquidator bestellt und der Einspruchsbescheid war wegen ordnungsgemäßer Bekanntgabe an die Klägerin, vertreten durch AX, bzw. an den inzwischen bestellten Bevollmächtigten wirksam. Eine Heilung auf den Zeitpunkt des Erlasses des unwirksamen Bescheid vom 30. März 1994 mit der Folge, dass dieser nunmehr als wirksam zu betrachten ist, ist aber ausgeschlossen.
Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der in der fehlerhaften Bekanntgabe eines Steuerbescheids liegende Mangel, der die Unwirksamkeit des Bescheids bewirke, durch fehlerfreie Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geheilt werden könne mit der Folge, dass der ursprüngliche - unwirksame - Verwaltungsakt nur in der Gestalt der - wirksamen - Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf vom Gericht auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen sei; das gelte allerdings nicht, wenn der Einspruch als unzulässig verworfen werde (ständige Rechtsprechung; grundlegend BFH-Urteil vom 14. November 1990 II R 255/85, BFHE 162, 380, BStBl. II 1991, 49; BFH-Urteil vom 25.Januar 1994 VIII R 45/92, BFHE 173, 213, BStBl. II 1994, 603; BFH-Urteil vom 26. März 1991 VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73; offen gelassen BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 352/83, BFH/NV 1986, 644, jeweils mit weiteren Nachweisen). In den Entscheidungen des BFH lagen die Bekanntgabemängel zumeist darin, dass der Steuerbescheid nur einem von mehreren Inhaltsadressarten oder einer anderen Person als dem materiell richtigen Inhaltsadressarten bekannt gegeben und daher unwirksam waren. Der BFH sah die ordnungsgemäße Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung als Heilung des Bekanntgabemangels an (so grundlegend BFH-Urteil vom 14. November 1990 II R 255/85 BFHE 162, 380, BStBl. II 1991, 49). Das Urteil vom 26. März 1991 VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73 verneint dagegen eine Heilung, wenn erst durch die Einspruchsentscheidung der die Nichtigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts begründende Inhaltsmangel wie die mangelnde Bestimmtheit eines Steuerbescheids beseitigt werden soll. Mit diesen Fallkonstellationen ist der zu entscheidende Fall nicht vergleichbar. Hier geht es darum, dass der inhaltlich bestimmte Steuerbescheid gegenüber einem handlungsunfähigen Steuerpflichtigen, d.h. überhaupt nicht bekannt gegeben wurde. Der Bescheid vom 30. März 1994 ist als Nichtakt zu betrachten. Das Gericht kann an dieser Stelle indes offen lassen, ob hier die die Unwirksamkeit begründende fehlende Bekanntgabe des Bescheides vom 30. März 1994 im Sinne der Rechtsprechung des BFH überhaupt geheilt werden kann mit der Folge, dass der Bescheid ex tunc Wirksamkeit entfaltet. Der BFH geht nämlich davon aus, dass in den Fällen der Heilung der Einspruchsbescheid die erstmalige Steuerfestsetzung darstellt (ausdrücklich BFH-Urteil vom 14. November 1990 II R 255/85, BFHE 162, 380, BStBl. II 1991, 49). Das gilt auch dann, wenn mit dem Einspruchsbescheid eine Steuer gegenüber dem unwirksamen Bescheid anderweitig festgesetzt wird, er etwa den unwirksamen Bescheid gem. § 129 AO berichtigt (so BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 352/83, BFH/NV 1986, 644). Eine Heilung kann daher nur ex nunc eintreten. Die Kommentarliteratur folgt dieser Rechtsprechung. Eine Heilung ex tunc ist auch deshalb abzulehnen, weil mit einer solchen Rückwirkung Fristen wir zum Beispiel die Festsetzungsverjährungsfrist unterlaufen werden könnte.
c)
Der Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 ist wirksam, weil die Klägerin nunmehr durch den Nachtragsliquidator vertreten war und der Bescheid ordnungsgemäß an den Bevollmächtigten bekannt gegeben wurde. Das Gericht folgt nicht der Auffassung der Klägerin, der Einspruchsbescheid sei unwirksam, weil sie gegen den unwirksamen Bescheid vom 30. März 1994 nicht wirksam Einspruch eingelegt habe und der Einspruchsbescheid, der über einen nicht eingelegten Einspruch befinde, deshalb ins Leere gehe, bei einer Verböserung keinen wirksamen Anknüpfungspunkt habe und deshalb keine Rechtswirkungen entfalte. Die Auffassung der Klägerin ist nicht mit der oben ausgeführten Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, vereinbar.
Will sich der Steuerpflichtige gegen einen seiner Meinung nach unwirksamen Steuerbescheid wenden, sind sein Einspruch und der Einspruchsbescheid nicht deshalb unwirksam, weil sich später die Unwirksamkeit des Ausgangsbescheid bestätigt. Die Rechtsprechung des BFH betrifft gerade die Fälle, in denen im Klageverfahren um die Unwirksamkeit des Ausgangsbescheids gestritten wird. Es ist zudem allgemein anerkannt, dass sich ein Steuerpflichtiger gegen den seiner Meinung nach nichtigen oder sonst unwirksamen Verwaltungsakt wehren kann und sein Einspruch bzw. seine Klage bei erkannter Unwirksamkeit in der Sache entschieden werden muss; die Finanzbehörde bzw. das Gericht darf den Einspruch bzw. die Klage nicht mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurück- bzw. abweisen; § 125 Abs. 5 AO, §§ 40, 41 Abs. 2 Satz 2 FGO enthalten Bestimmungen zur Beseitigung eines von einem unwirksamen Verwaltungsakt ausgehenden Rechtsscheins (vgl. dazu zum Beispiel Pahlke/Koenig Abgabenordnung § 129 Rz. 42 ff. mit weiteren Nachweisen).
Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 30. März 1994 wirksam Einspruch eingelegt. Zwar war die Klägerin bei Einlegung des Einspruchs durch den Bevollmächtigten am 8. April 1994 noch nicht gesetzlich vertreten und damit handlungsunfähig. Sie konnte deshalb auch keinen Bevollmächtigten bestellen. Der Einspruch wurde aber nach Bestellung des Nachtragsliquidators am 21. Juni 1995 aufrecht erhalten. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 1995 forderte der Bevollmächtigte das FA ausdrücklich "im Auftrag des Nachtragsliquidators, Herrn AX" auf, die Nichtigkeit u.a. des streitigen Bescheides festzustellen. Es ist nach diesem Schriftsatz und nach dem gesamten Verhalten des AX und seines Bevollmächtigen davon auszugehen, dass der Nachtragsliquidator den Bevollmächtigten zur Vertretung der Klägerin bestellt und den Einspruch genehmigt hat.
Der Einspruchsbescheid ist auch nicht im Hinblick auf seinen Inhalt unwirksam. Er enthält gegenüber dem Bescheid vom 30. März 1994 eine Verböserung, indem er die Steuer von 598.483,00 DM auf 799.040,00 DM heraufsetzt. Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass die Verböserung keine wirksame Anknüpfung hat. Der Einspruchsbescheid betrifft aber nicht allein den Teil der Steuer, in deren Umfang die Verböserung ausgesprochen, die Steuer also höher festgesetzt wird. Die Finanzbehörde prüft vielmehr gem. § 367 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO die Sache in vollem Umfang und darf den angegriffenen Steuerbescheid auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern. Damit behandelt der Einspruchsbescheid den gesamten Steueranspruch vollumfänglich. Im zu entscheidenden Fall werden die Besteuerungsgrundlagen im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, die Steuer wird betragsmäßig festgesetzt. Gegen die inhaltliche Bestimmtheit bestehen keine Bedenken.
Das Gericht sieht den Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 als nach dem ursprünglichen Bescheid vom 12. Juni 1989 erstmalige Steuer- (Änderungs-) Festsetzung an. Es folgt damit der oben dargestellten Rechtsprechung des BFH, nach der ein wirksamer Einspruchsbescheid gegenüber dem angegriffenen unwirksamen Bescheid eine erstmalige Steuerfestsetzung darstellt. Die oben offen gelassene Frage, ob überhaupt eine Heilung des zur Unwirksamkeit führenden Mangels eintreten kann, wird nunmehr bejaht. Der hier zu entscheidende Fall ist denen der BFH-Rechtsprechung vergleichbar, in denen ein Steuerbescheid nicht an den richtigen oder nicht an alle Inhaltsadressaten bekannt gegeben wurde (BFH-Urteil vom 14. November 1990 II R 255/85, BFHE 162, 380, BStBl. II 1991, 49: Bekanntgabe an Testamentsvollstrecker statt an Steuerschuldner; BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 352/83, BFH/NV 1986, 644: Bekanntgabe eines Einkommenssteuerbescheid nur an einen Ehegatten, offen gelassen). Im Fall der Klägerin ist der streitige Bescheid an eine handlungsunfähige Person gerichtet und ihrem früheren Liquidator bekannt gegeben worden. AX war somit über den Inhalt des Steuerbescheids informiert und konnte sich - wie geschehen - mit dem Inhalt sachlich auseinander setzen. Anders als in dem BFH-Urteil vom 26. März 1991 VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73 zu Grunde liegenden Fall wird hier nicht mit der Einspruchsentscheidung erstmals eine inhaltliche Bestimmtheit hergestellt. Daher erscheint im zu entscheidenden Fall die Annahme der Heilung in Gestalt einer erstmaligen (Änderungs-) Festsetzung sachgerecht. Die Körperschaftsteuer 1987 ist damit auf 799.040,00 DM festgesetzt und dem Abrechnungsbescheid zu Grunde zu legen. Der Erhöhungsbetrag beträgt 292.862,00 DM.
4.
Der Steueranspruch erlischt gem. § 232 AO durch Verjährung. Gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Anknüpfungszeitpunkt ist die erstmalige Fälligkeit, wobei der Begriff "erstmalig" nur in den Fällen Bedeutung hat, in denen die Fälligkeit bereits eingetreten, aber später etwa durch Aussetzung der Vollziehung oder Stundung hinausgeschoben worden ist. Das Hinausschieben der Fälligkeit berührt nicht den Beginn der Verjährung, sondern führt ggf. zur Unterbrechung der Verjährung.
Die Körperschaftsteuer 1987 war fällig. Bei Veranlagungssteuern tritt für die ursprünglich festgesetzte Steuer und für die nach Änderung von Steuerbescheiden folgende Steuernachforderung die Fälligkeit der Teilbeträge zu verschiedenen Zeitpunkten ein (BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 VII R 8/91, BFHE 168, 6, BStBl. II 1992, 713). Durch einen unwirksamen Bescheid wird die Zahlungsverjährung nicht in Lauf gesetzt, da er keine Rechtswirkungen entfaltet (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteil vom 27. November 1981 II R 18/80. BFHE 134, 519, BStBl. II 1982, 276).
Die Fälligkeit der Körperschaftsteuer ergibt sich aus den Einzelsteuergesetzen (§ 220 Abs. 1 AO). Die sich aus den Steuerbescheiden ausgewiesenen Abschlusszahlungen sind gem. § 49 Abs. 1 KStG alter Fassung i.V.m. § 36 Abs. 4 EStG einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig. Ein Leistungsgebot ist für den Eintritt der Fälligkeit nicht erforderlich, kann aber die Fälligkeit hinausschieben. Die Abschlusszahlung im Bescheid vom 12. Juni 1989 (506.178,00 DM) war laut beigefügtem Leistungsgebot am 17. Juli 1989 fällig. Der unwirksame Bescheid vom 30. März 1994 löst hinsichtlich der Abschusszahlung (92.305,00 DM) keine Fälligkeit aus. Die sich aus dem Einspruchsbescheid vom 25. August 1995 ergebende rechnerisch zu ermittelnde Nachforderung (200.557,00 DM) war am 28. September (Bekanntgabe 28. August 1995) fällig. Da der Einspruchsbescheid auch die Abschlusszahlung aus dem Bescheid vom 30. März 1994 umfasst, waren insgesamt 292.862,00 DM) fällig. Ein Leistungsgebot enthielt der Bescheid nicht.
Die regelmäßige fünfjährige Zahlungsverjährung begann für den Betrag von 506.178,00 DM (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO) am 1. Januar 1990 und für den Betrag 292.862,00 DM am 1. Januar 1996 und endete (§ 228 Satz 2 AO) mit Ablauf des 31. Dezember 1994 bzw. mit Ablauf des 31. Dezember 2000). Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt, dem 17. Juli 1998 wäre demnach Körperschaftsteuer 1987 in Höhe von 506.178,00 DM zahlungsverjährt und der Anspruch damit erloschen.
5.
Hinsichtlich des hier interessierenden Teilbetrags von 506.178,00 DM war die Zahlungsverjährung nicht unterbrochen. Gem. § 231 AO tritt durch die dort abschließend aufgeführten Maßnahmen eine Unterbrechung der Verjährung ein. Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechung endet, beginnt eine neue fünfjährige Verjährungsfrist (§ 231 Abs. 3 AO). Nur wirksame Maßnahmen vermögen die Unterbrechung herbeizuführen; die Wirksamkeit der Unterbrechungshandlung ist jeweils nach den für diesen Unterbrechungstatbestand geltenden Kriterien zu beurteilen (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Beispiel BFH-Urteil vom 24. April 1996 II R 37/93, BFH/NV 1996, 865; BFH-Urteil vom 18. November 2003 VII R 5/02, BFH/NV 2004, 1057, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Unterbrechungshandlung muss vor Ablauf der Verjährungsfrist wirksam geworden sein. Eine Unterbrechung durch Geltendmachung des Anspruchs tritt daher nur dann ein, wenn ein durch Bekanntgabe wirksamer Verwaltungsalt vorliegt (BFH-Urteil vom 24. April 1996 II R 37/96, BFH/NV 1996, 86 mit weiteren Nachweisen). Eine Verwaltungshandlung wie eine Zahlungsaufforderung ist nur wirksam, wenn die handelnde bzw. betroffene Person aktiv bzw. passiv handlungsfähig ist. Juristischen Personen fehlt die natürliche Handlungsfähigkeit; sie handeln durch ihren gesetzlichen Vertreter (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Handlungsfähigkeit durch einen Geschäftsführer oder Liquidator einer GmbH endet - wie bereits ausgeführt - mit der Löschung der juristischen Person im Handelsregister. Zur Erfüllung nachwirkender Handlungspflichten ist durch die Bestellung eines Nachtragsliquidators die Handlungsfähigkeit herzustellen (BFH-Urteil vom 18. Februar 1993 X B 165/92, BFH/NV 1994, 214). Wird ein Zahlungsanspruch daher gegenüber einer nicht mehr existenten GmbH ohne bestellten Nachtragsliquidator geltend gemacht, ist die Geltendmachung mangels Handlungsfähigkeit der gelöschten Körperschaft unwirksam und unterbricht die Verjährung nicht. Das gilt auch dann, wenn die Geltendmachung dem vermeintlichen Vertreter gegenüber erfolgt oder er davon sonst wie Kenntnis erlangt hat, denn die Geltendmachung bezweckt die Durchsetzung des gegen eine bestimmte Person gerichteten Steueranspruchs. Daher können Unterbrechungshandlungen nur gegen diejenige Person wirken, der gegenüber der Steueranspruch konkretisiert wurde und an den sich daher die Zahlungsaufforderung richtet (BFH-Urteil vom 8. März 1979 IV R 75/76, BFHE 127, 497, BStBl. II 1979, 501; BFH-Urteil vom 27. November 1981 II R 18/80, BFHE 134, 519, BStBl. II 1982, 276, beide Entscheidungen zur Adressierung der Zahlungsaufforderung an eine verstorbene Person; BFH-Urteil vom 13. Dezember 1990 V R 48/86, BFH/NV 1991, 790 zur Adressierung an eine nicht mehr existente KG).
a)
Die dem Bescheid vom 30. März 1994 beigefügte Zahlungsaufforderung ("Bitte zahlen Sie ... sofort ... spätestens am ...") war ihrer Art nach geeignet, die Zahlungsverjährung zu unterbrechen (§ 231 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. AO). Diese Zahlungsaufforderung bezog sich ausweislich des genannten Betrages auf den mit Bescheid vom 12. Juni 1989 festgesetzten und seinerzeit noch rückständigen Teilbetrag. Sie war aber wie die Steuerfestsetzung selbst unwirksam. Die im Handelsregister gelöschte Klägerin war noch nicht durch einen Nachtragsliquidator vertreten. Eine Heilung der Unwirksamkeit der Zahlungsaufforderung mit Rückwirkung kommt nicht in Betracht, denn der Nachtragsliquidator hat die Zahlungsaufforderung als unwirksam zurückgewiesen. Für die Begründung der Unwirksamkeit im Einzelnen wird auf die Ausführungen oben unter 3 b) verwiesen.
b)
Die Mahnung vom 31. Mai 1994 war ebenfalls unwirksam. Zudem bezog sie sich allein auf den mit unwirksamen Bescheid vom 30. März 1994 festgesetzten Steuermehrbetrag in Höhe von 92.305,00 DM. Sie ging somit ins Leere.
c)
Die Pfändung und Verwertung der Wertpapiere im September 1994 ist eine Vollstreckungsmaßnahme, die bei Wirksamkeit zur Verjährungsunterbrechung führt (§ 231 Abs. 1 Satz 1, 8. Alt. AO). Das Gericht ist der Auffassung, dass diese Vollsteckungsmaßnahme mangels Bestellung eines Nachtragsliquidators und daher wegen Handlungsunfähigkeit der Klägerin unwirksam war und deshalb nicht die Verjährungsunterbrechung auslöst. Es folgt nicht der Ansicht des FA, wonach die Pfändung und Verwertung gegenüber der Klägerin Rechtswirkungen entfaltet, weil die Vollstreckungsmaßnahme gegen einen Dritten gerichtet ist und dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt gegeben werden muss, sodass es deshalb auf dessen Handlungsfähigkeit nicht ankomme.
Der BFH hat entschieden, dass es auf die rechtliche Qualität der die Zahlungsverjährung unterbrechenden Maßnahmen im Sinne des § 321 AO nicht ankommt. Alle nach außen wirkenden Maßnahmen, seien es Verwaltungsakte, bloße Willenserklärungen oder Realakte, können die Zahlungsverjährung unterbrechen. Bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen mit Außenwirkung können ihre die Unterbrechung der Verjährung herbeiführende Wirkung auch ohne Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner entfalten. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Vollstreckungsmaßnahme ihrer Zielrichtung nach ein Tätigwerden gegenüber Dritten erforderlich macht (BFH-Urteil vom 24. September 1996 VII R 31/96, BFHE 181, 259, BStBl. II 1997, 8; BFH-Beschluss vom 10. November 2003 VII B 324/02, BFH/NV 2004, 315). Die Entscheidungen sind zu der Frage ergangen, ob eine bestimmte Handlung der Finanzbehörde Außenwirkung hat und demnach eine Vollstreckungsmaßnahme darstellt oder ob sie lediglich eine innerdienstliche Maßnahme ohne Rechtswirkung zu Lasten des Vollstreckungsschuldners ist. Der BFH hat bislang nicht ausdrücklich die Frage beantwortet, ob eine zweifelsfrei unternommene Vollstreckungsmaßnahme - wie hier die Pfändung und Verwertung von Wertpapieren bei einem Dritten - gegenüber einem handlungsunfähigen Vollstreckungsschuldner verjährungsunterbrechende Wirkung entfaltet. Das Gericht verneint die Frage.
Wie bereits ausgeführt, haben Verfahrenshandlungen gegenüber einem Handlungsunfähigen keinerlei Rechtswirkungen. Dabei muss unerheblich sein, ob die fragliche Maßnahme gegenüber einem Dritten, gegen den sie sich richtet und gegenüber dem sie ggf. wirksam ist, ein Verwaltungsakt, eine bloße Willenserklärung oder ein Realakt ist. Denn das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass die rechtliche Qualität der Maßnahme gegenüber dem Dritten Bedeutung für deren Wirksamkeit gegenüber einem handlungsunfähigen Vollstreckungsschuldner haben kann. Bei Beantwortung der Frage, ob eine Maßnahme Außenwirkung hat, führt der BFH aus, das Erfordernis der Außenwirkung diene der Rechtsklarheit; denn bei nur innerdienstlichen Maßnahmen des FA sei es für den Betroffenen nicht mit der erforderlichen Klarheit feststellbar, ob der Zahlungsanspruch durch Verjährung erloschen sei oder ob er wegen Unterbrechung der Verjährung weiterhin zur Zahlung verpflichtet sei (BFH-Urteil vom 24. September 1996 VII R 31/96, BFHE 181, 259, BStBl. II 1997, 8 mit weiteren Nachweisen). Die "Feststellbarkeit" von Rechtsfolgen einer Verfahrenshandlung setzt aber die Handlungsfähigkeit des Betroffenen voraus. Das gilt auch, wenn eine Verfahrenshandlung ihrem Wesen nach gegenüber einen Dritten vorgenommen und dem Betroffenen nicht bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe betrifft die tatsächliche Kenntnisnahme, die Handlungsfähigkeit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, eine Maßnahme überhaupt zur Kenntnis nehmen zu können. Für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung etwa durch eine Vollstreckungsmaßnahme kann die Art der Vollstreckungsmaßnahme oder genauer die Art ihrer Realisierung, zum Beispiel durch Pfändung beim Steuerschuldner oder bei einem Drittschuldner, nicht ausschlaggebend sein. Unterschiedliche Beurteilungen im Hinblick auf den Eintritt von - nachteiligen - Rechtswirkungen für einen handlungsunfähigen Betroffenen sind nicht sachgerecht. Die Kommentarliteratur geht ebenfalls davon aus, dass Regeln über Verwaltungsakte entsprechend anwendbar sind, soweit in Frage steht, ob ein Realakt Wirkung entfaltet; soweit ein Verwaltungsakt nichtig wäre, kann auch ein Realakt keine Rechtswirkung haben (Schwarz AO § 231 Rz. 4; Beermann Steuerliches Verfahrensrecht § 231 Rz. 7; Hübschmann/Hepp/Spitaler AO§ 231 Rz. 7; Pahlke/Koenig AO § 231 Rz. 9).
Das gefundene Ergebnis wird bestätigt durch die Rechtsprechung des BFH zur Unterbrechung der Festsetzungsverjährung. Der BFH führt aus, Verfahrenshandlungen gegenüber einem Handlungsunfähigen seien unwirksam. Das gelte auch, wenn der Handlungsunfähige Maßnahmen der Finanzbehörde dulden solle. Voraussetzung für die Unterbrechung der Festsetzungsverjährung sei die Erkennbarkeit der Maßnahmen als solche für den Steuerpflichtigen. Er müsse subjektiv in der Lage sein, die Maßnahmen als solche mit Rechtswirkungen zu erfassen. Das betreffe auch ein tatsächliches Vorgehen der Finanzbehörde. Ein Handlungsunfähiger werde rechtlich als außer Stande angesehen, seine Interessen im Verwaltungsverfahren wahrzunehmen. Deshalb gebiete die Schutznorm des § 79 AO, Verfahrenshandlungen jeder Art gegenüber einem Handlungsunfähigen als unwirksam anzusehen (BFH-Urteil vom 16. April 1997 XI R 61/94, BFHE 183, 13, BStBl. II 1997, 595). Eine Genehmigung der Vollstreckungsmaßnahme durch die später handlungsfähig gewordene Klägerin hat nicht stattgefunden, sodass eine Heilungsmöglichkeit nicht gegeben ist.
Da eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung nicht eingetreten ist, ist mit Ablauf des 31. Dezember 1994 ein Teilbetrag der Körperschaftsteuer 1987 in Höhe von 506.178,00 DM verjährt. Mögliche im Jahr 1995 oder später von dem FA vorgenommenen Handlungen, die zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung des mit Bescheid vom 25. August 1995 festgesetzten Steuer führen, sind für die hier zu treffende Entscheidung auf den 17. Juli 1998 ohne Belang.
6.
Der verbleibende Teilbetrag von 292.862,00 DM war am 17. Juli 1998 noch nicht verjährt. Allerdings war die Steuerschuld erloschen, soweit das FA der Pfändung und Verwertung der Wertpapiere im September 1994 in Höhe von insgesamt 46.169,72 DM und der Aufrechnung vom 18. Juni 1996 in Höhe von 1.408,75 DM ausweislich des Einspruchsbescheids vom 17. Juli 1998 Tilgungswirkung beigemessen und insoweit eine Verwirklichung des Steueranspruchs angenommen hat. Daher bestand nur noch eine Steuerschuld von 245.238,53 DM
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage, ob eine gegenüber einem Dritten vorgenommene wirksame Vollstreckungsmaßnahme die Unterbrechung der Zahlungsverjährung zu Lasten eines handlungsunfähigen Steuerpflichtigen bewirkt, hat grundsätzliche Bedeutung.