Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.04.2013, Az.: 2 W 73/13
Fälligkeit von Auslagen für die Entschädigung von Zeugen bei Erledigung des Rechtszugs durch Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz ohne Kostenentscheidung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.04.2013
- Aktenzeichen
- 2 W 73/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 34512
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0403.2W73.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 14.02.2013
- OLG Celle - 09.11.2012
Rechtsgrundlage
- § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG
Amtlicher Leitsatz
Auslagen, insbesondere für die Entschädigung von Zeugen, werden gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG auch dann fällig, wenn der Rechtszug durch anderweitige Erledigung, insbesondere durch eine Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges ohne Kostenentscheidung, beendet wird.
Tenor:
Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 2. März 2013 gegen den Kostenansatz der Kostenbeamtin des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle in den Kostenrechnungen vom 9. November 2012 und 14. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die mit Schriftsatz vom 2. März 2013 eingelegte "Beschwerde" der Erinnerungsführerin richtet sich gegen die Inanspruchnahme auf Kosten des Berufungsverfahrens durch die Kostenrechnungen vom 9. November 2012 und 14. Februar 2013. Sie ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz in den Kostenrechnungen auszulegen. Denn die Erinnerung ist der gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG gegen den Kostenansatz statthafte Rechtsbehelf.
Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung, über die das Oberlandesgericht als dasjenige Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind, durch den Einzelrichter (§ 66 Abs. 6 Satz 1 GKG) des nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen 2. Zivilsenats zu entscheiden hat, hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Erinnerungsführerin wendet sich dagegen, als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen zu werden, obwohl das Berufungsurteil eine Kostengrundentscheidung nicht enthalte, vielmehr die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Landgericht überlassen worden sei, und die Zahlung eines Kostenvorschusses im Berufungsverfahren nicht vorgesehen sei. Diesen Einwendungen stehen dem Kostenansatz der Kostenbeamtin nicht entgegen.
1. Die Kostenbeamtin hat zu Recht die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 1220 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (KVGKG) angesetzt. Die Erinnerungsführerin haftet für diese Gebühr gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG als diejenige, die das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat; sie hat Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt. Die Gebühr ist auch fällig; sie ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG bereits mit Einreichung der Berufungsschrift fällig geworden.
Soweit die Erinnerungsführerin darauf abstellt, dass nach § 65 GKG eine Vorschusspflicht nur für die erste Instanz gegeben sei, ist dies ohne Bedeutung. Zwar trifft es zu, dass die in § 65 Abs. 1 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (GKG 1975) geregelte Vorschusspflicht (jetzt geregelt in § 12 Abs. 1 GKG) nur die erste Instanz betrifft. Das bedeutet aber lediglich, dass die Zustellung der Berufungsschrift - anders als die der Klageschrift - nicht von der vorherigen Zahlung der Gerichtskosten abhängig gemacht wird. Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren wird hiervon nicht berührt.
2. Die Kostenbeamtin hat zu Recht auch die im Rahmen der Beweisaufnahme angefallene Zeugenentschädigung nach JVEG gemäß Nr. 9005 KV GKG angesetzt. Auch hinsichtlich dieser Auslagen ist die Erinnerungsführerin Kostenschuldnerin gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Auslagen sind gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG fällig. Nach dieser Vorschrift tritt Fälligkeit auch dann ein, wenn der Rechtszug durch anderweitige Erledigung, beispielsweise durch Zurückverweisung ohne Kostenentscheidung, beendet wird (BGH FamRZ 1981, 253, zu § 63 Abs. 1 GKG 1975; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, § 9 GKG Rn. 11 "Zurückverweisung"; Meyer, GKG/2012, 13. Auflage, § 9 GKG Rn. 14; Oesterreich//Trenkle, GKG - FamGKG, 88. Lfg. Dez. 2012, § 9 GKG Rn. 8).
Soweit in § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG - anders als in Nr. 2 dieser Vorschrift - nur das Verfahren und nicht auch der Rechtszug genannt ist, handelt es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. § 9 Abs. 1 des Gesetzentwurfs sah eine nahezu wörtliche Übernahme des § 63 Abs. 1 GKG 1975 vor; nach dieser Regelung trat Fälligkeit ein, sobald eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist oder das Verfahren oder die Instanz durch Vergleich, Zurücknahme oder anderweitige Erledigung beendigt ist. Die jetzige Fassung des § 9 Abs. 1 GKG geht auf die Stellungnahme des Bundesrates zurück, die der Rechtsausschuss in seine Beschlussempfehlung übernommen hat. Danach diente die Änderung dem Zweck, auch die Fälle zu regeln, dass das Verfahren sechs Monate ruht, nicht betrieben wird oder unterbrochen oder ausgesetzt ist. Eine weitergehende Änderung dahin, dass die Beendigung der Instanz durch anderweitige Erledigung die Fälligkeit der Auslagen nicht mehr begründen sollte, war nicht beabsichtigt.
II.
Sofern man in der "Beschwerde" der Erinnerungsführerin zugleich einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben, sehen wollte, wäre über diesen Antrag ebenfalls im Erinnerungsverfahren zu entscheiden (vgl. BGH NJW 2002, 3410 [BGH 15.08.2002 - I ZA 1/01]). Ein solcher Antrag wäre indes unbegründet.
Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt vor, wenn das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und dieser Verstoß offen zutage tritt (BPatG GRUR 2006, 263, zu § 9 PatKostG). Erforderlich ist ein offensichtlicher schwerer Verfahrensfehler, ein leichterer genügt in der Regel nicht (BGH MDR 2005, 956; NJW-RR 2003, 1294 [BGH 10.03.2003 - IV ZR 306/00]). Die abweichende Beurteilung einer Rechtsfrage reicht nicht aus (BGH NJW-RR 2003, 1294 [BGH 10.03.2003 - IV ZR 306/00]).
Nach diesen Maßstäben liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch das Landgericht nicht vor. Das Landgericht mag die Wirksamkeit der Zustellung des Versäumnisurteils und die damit zusammenhängenden Rechtsfragen falsch beurteilt haben. Das stellt jedoch keinen offen zutage tretenden Verstoß gegen eine eindeutige gesetzliche Norm dar, zumal das Landgericht seine Rechtsauffassung mit - wenn auch möglicherweise falsch verstandener - höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet hat. Im Übrigen hat auch das Oberlandesgericht nicht allein auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags, sondern nach Beweisaufnahme aufgrund erstmals in der Berufungsinstanz angebotener Beweismittel entschieden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.
IV.
Die Entscheidung ist gemäß § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2, 3, Abs. 4 GKG unanfechtbar.