Finanzgericht Niedersachsen
v. 01.07.1997, Az.: IX 141/97
Klage als formalisiertes und konkretisiertes Verlangen nach gerichtlichem Rechtsschutz; Erfordernis der Erkennbarkeit des Empfängers bei einer Willenserklärung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 01.07.1997
- Aktenzeichen
- IX 141/97
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 1997, 15997
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0701.IX141.97.0A
Rechtsgrundlage
- § 64 Abs. 1 FGO
Verfahrensgegenstand
Eine ausschließlich an das FA adressierte Klage ist unzulässig
Einkommensteuer 1993
In dem Rechtsstreit
hat der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
durch
den Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter
am 1. Juli 1997
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Kläger haben durch ihren Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 11. März 1997 Klage gegen den Einspruchsbescheid zur Einkommensteuer 1993 vom 10. Februar 1997 erhoben. Die Klageschrift ist adressiert an das Finanzamt ... - Rechtsbehelfsstelle - und dort am 11. März 1997 eingegangen. Sie enthält keine Angabe des Gerichts, bei dem Klage erhoben werden soll.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) übersandte den Klageschriftsatz am 26. März 1997 an das Finanzgericht.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 30. Oktober 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 1997 zu ändern und die Einkommensteuer unter Herabsetzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb auf 70.101 DM niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält die Klage für unzulässig, da die Klageschrift wegen der fehlenden Angabe des Gerichts nicht den Anforderungen des § 65 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspreche.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Eine Klage ist nach § 64 FGO schriftlich beim Gericht zu erheben. Die Frist für die Klageerhebung gilt jedoch auch als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde angebracht wird, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat (§ 47 Abs. 2 FGO).
Die Klage ist ein formalisiertes und konkretisiertes Verlangen nach gerichtlichem Rechtsschutz (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Dezember 1977 II R 96/75, BFHE 123, 437, BStBl II 1978, 70; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, § 40 Anm. 3). Sie muß klar erkennen Lassen, daß gerichtlicher Rechtsschutz begehrt wird (BFH in BFHE 123, 437, BStBl II 1978, 70; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 65 FGO Tz. 1). Diese Voraussetzung erfüllt der von den Klägern über ihren Prozeßbevollmächtigten beim FA eingereichte Schriftsatz nicht. Wird eine Willenserklärung eines Steuerpflichtigen an eine Verwaltungsbehörde gerichtet, so spricht dieser Umstand dafür, daß die Verwaltungsbehörde auch Adressat der Erklärung sein soll. Soll eine an das FA gerichtete Willenserklärung für einen anderen Empfänger bestimmt sein, so muß sich das aus der Erklärung ergeben (BFH vom 28.06.1989 I R 67/85; BStBl II 1989, 848). Hieran fehlte es im Streitfall, da der vermeintliche Klageschriftsatz eindeutig an die beklagte Behörde gerichtet ist. Das Gericht wird nicht erwähnt.
Da die Klage nicht den Anforderungen des § 64 Abs. 1 FGO entspricht, stellt sich die Frage nach dem "Anbringen" i.S. des § 47 Abs. 2 FGO nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.