Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.07.1997, Az.: XII 332/94

Steuerfreiheit einer Entschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit; steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen dem Steuerschuldner und seiner Tochter; Beweis der Entgeltlichkeit des Mietverhältnisses; Vergleichbarkeit der Tätigkeit einer Diskussionsleitung mit derjenigen eines Übungsleiters, Ausbilders oder Erziehers im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG (Einkommenssteuergesetz); Ausübung einer Nebentätigkeit durch einen vorsitzenden Richter am Landgericht im Auftrage des Bundes

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.07.1997
Aktenzeichen
XII 332/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0716.XII332.94.0A

Verfahrensgegenstand

Zur steuerlichen Anerkennung eines Mietverhältnisses mit Unterhaltsberechtigten

Einkommensteuer 1983

In dem Rechtsstreit
hat der XII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Juli 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Einkommensteuer 1983 wird unter Änderung des Einkommensteuerbescheides in der Fassung vom 17.05.1995 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31.05.1994 auf 12.176,00 DM herabgesetzt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 8 v. H. und der, Beklagte zu 92 v. H. zu tragen.

Das Urteil ist für die Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Kostenerstattung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Steuerfreiheit einer Entschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit des Klägers sowie über die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen den Klägern und ihrer studierenden Tochter H. Die Tochter H. studierte im Streitjahr an der Fachhochschule

2

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Vorsitzender Richter am Landgericht, die Klägerin war Hausfrau.

3

Im Jahre 1982 erwarben die Kläger eine Eigentumswohnung in ... Die Wohnung wies eine Wohnfläche von ca. 53 qm auf. Diese Wohnung wurde der studierenden Tochter zur Nutzung überlassen. Die Kläger schlössen mit der Tochter einen mündlichen Mietvertrag. Danach betrug der Mietzins 300,00 DM monatlich. Er wurde durch Verrechnung mit dem Barunterhalt entrichtet, so daß der Kläger an seine Tochter statt 600,00 DM nur 300,00 DM monatlich überwies. Die Tochter nahm mit Genehmigung der Kläger eine weitere Person als Untermieter in die Wohnung auf, von ihr erhielt sie einen Mietzins von 150,00 DM monatlich.

4

Die umlagefähigen Nebenkosten für die Wohnung betrugen nach der Jahresabrechnung des Verwalters 1.182,63 DM. Diese Nebenkosten wurden vereinbarungsgemäß von den Klägern getragen. Die Kosten für Strom- und Gasversorgung trug die Tochter der Kläger.

5

Nach dem Auszug der Tochter vermieteten die Kläger die Wohnung ab 23.11.1990 weiterhin an Studenten zu einem monatlichen Mietzins von 480,00 DM. Hierin waren die umlagefähigen Nebenkosten enthalten.

6

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten die Kläger die Einkünfte aus der Wohnung ... durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten. Hieraus ergab sich für das Streitjahr ein Werbungskostenüberschuß von 9.668,00 DM.

7

Der Beklagte (das Finanzamt - FA-) ermittelte die Einkünfte im Rahmen der Veranlagung nach § 21 a EStG, da er der Auffassung war, die Wohnung sei der unterhaltsberechtigten Tochter unentgeltlich überlassen worden, so daß sich nur die AfA nach § 7 b EStG in Höhe von 5.907,00 DM steuerlich auswirkte (§ 21 a Abs. 3 Nr. 2 EStG).

8

Nach in diesem Punkt erfolglosem Einspruchsverfahren wenden sich die Kläger hiergegen mit ihrer Klage.

9

Die Kläger sind der Auffassung, die Wohnung sei der Tochter entgeltlich überlassen worden. Das ergebe sich schon aus dem Mietvertrag. In der Wohnungsüberlassung liege keine Unterhaltsgewährung. Dies sei rechtlich nicht möglich, da der Kläger als Alleinverdiener auch allein gemäß § 1603 Abs. 1 BGB unterhaltsverpflichtet sei, die Wohnung aber im Eigentum beider Kläger stehe. Der Unterhalt an die Tochter werde durch Zahlung einer Geldrente gewährt, die teilweise mit dem Mietzins verrechnet werde. Die Überlassung der Wohnung an die Tochter als Unterhaltsgewährung unter Anrechnung auf die Unterhaltszahlung sei nicht zulässig gewesen, da sie den Unterhalt der Tochter nur mittelbar über die Untervermietung von Teilen der Wohnung an andere Studenten gesichert hätte. Im übrigen hätte die Tochter die Miete nicht aus den Unterhaltszahlungen leisten müssen, ihr hätten vielmehr eigene Mittel zur Verfügung gestanden. Aus einem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Depot- und Kontoauszug der Stadtsparkasse ... ergibt sich insoweit, daß der Tochter zum 31.12.1981 Wertpapiere und Sparguthaben im Wert von 14.295,08 DM zur Verfügung standen. Zum 31.12.1982 betrug das Guthaben 6.503,14 DM und zum 31.12.1983 6.823,89 DM. Zur Verminderung der Spar- bzw. Wertpapierguthaben hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dies sei auf den Kauf eines Cellos zurückzuführen.

10

Erstmals im Klageverfahren hat der Kläger die Steuerfreiheit verschiedener Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.900,00 DM aus einer nebenberuflichen Lehr- und Vortragstätigkeit gemäß § 3 Nr. 26 EStG geltend gemacht. Insoweit erließ das FA am 17.05.1995 einen Änderungsbescheid, in dem es u.a. Einnahmen in Höhe von 1.500,00 DM nach § 3 Nr. 26 von der Einkommensteuer freistellte. Die Kläger haben diesen Bescheid mit Schreiben vom 19.05.1995 nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Sie sind der Meinung, daß auch der über 1.500,00 DM hinausgehende Betrag der Vorschrift des § 3 Nr. 26 EStG unterfalle. Hierbei handele es sich um Entgelte des Klägers für die Diskussionsleitung auf zwei Richtertagungen des Bundes gegen den Alkohol im Straßenverkehr. Die Diskussionsleitung sei eine Tätigkeit, die mit derjenigen eines Übungsleiters, Ausbilders oder Erziehers im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG vergleichbar sei.

11

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 31.05.1994 und Änderung des Einkommensteuerbescheides 1983 vom 17.05.1995 die Einkommensteuer auf 12.064,00 DM herabzusetzen.

12

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Es ist der Auffassung, der Mietvertrag zwischen den Klägern und ihrer Tochter H. sei nicht wie unter fremden Dritten abgeschlossen und nicht tatsächlich durchgeführt worden. Die Überlassung der Wohnung sei im übrigen im Rahmen der Unterhaltsleistung des Klägers erfolgt, so daß der Abschluß eines Mietvertrages eine mißbrauchrechtliche Gestaltungsmöglichkeit im Sinne des § 42 AO darstelle. Darüber hinaus sei der geltend gemachte Werbungskostenüberschuß auch mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen, da die von der Tochter der Kläger gezahlte Miete nicht einmal 1/3 der Werbungskosten erreiche. Aus der Rechtsprechung des BFH ergäbe sich, daß in derartigen Fällen der Tatbestand der "Liebhaberei" erfüllt sei.

14

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst den dazu eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung eingereichten Aufstellungen zu den Vermögensverhältnissen der Tochter H., den Mietvertrag mit den Folgemietern vom 23.11.1990 und die Jahresabrechnung der Hausverwaltung ... für 1983 für die Eigentumswohnanlage

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung des Mietverhältnisses zwischen den Klägern und ihrer Tochter H. begründet, hinsichtlich der Aufwandsentschädigung ist sie für die Diskussionsleitertätigkeit unbegründet.

16

1.

Diskussionsleitertätigkeit

17

Nach § 3 Nr. 26 EStG sind Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und vergleichbare Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentl. Rechts oder einer als gemeinnützig anerkannten Einrichtung steuerfrei.

18

Der Kläger übte im Streitfall neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Vorsitzender Richter am Landgericht im Auftrage des Bundes gegen den Alkohol im Straßenverkehr eine nebenberufliche Tätigkeit aus. Soweit er hierbei als Diskussionsleiter tätig gewesen ist, handelt es sich nicht um eine einem Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG.

19

Charakteristisches Merkmal einer solchen Tätigkeit ist es, daß anderen Menschen Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt werden (Schmidt/Heinicke, Kommentar zum EStG, 16. Aufl. 1997 § 3, Stichwort: Übungsleiter und ähnliche Berufe, Buchstabe c). Eine Diskussionsleitertätigkeit erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Durch eine Diskussion sollen regelmäßig Erkenntnisse vertieft oder mit den Teilnehmern erörtert und die Meinungen hierzu ausgetauscht werden. Die Tätigkeit des Diskussionsleiters ist dabei jedoch nicht darauf gerichtet, Kenntnisse zu vermitteln, sie besteht vielmehr darin, die Diskussion zu lenken. Ein Diskussionsleiter vermittelt deshalb nicht Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten, sondern er unterstützt und steuert lediglich den Diskussionsprozeß, aus dem die Teilnehmer und Zuhörer einen Zuwachs an Wissen oder Kenntnissen zu ziehen hoffen. Die hieraus erzielten Einnahmen sind aus diesem Grunde nicht gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei.

20

2.

Mietverhältnis mit der Tochter H .

21

Der Senat ist der Auffassung, daß es sich bei der Vereinbarung, des Mietverhältnisses zwischen den Klägern und ihrer Tochter H. nicht um einen Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO handelt. Von einem Mißbrauch in diesem Sinne ist nur dann auszugehen, wenn Eltern eine Wohnung an ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind vermieten, das den Mietzins nur aus dem von den Eltern geleisteten Barunterhalt entrichten kann. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kommt es darauf, ob der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart und tatsächlich durchgeführt ist, nicht mehr an (Klein/Orlop, Kommentar zur AO, § 42 Anm. 9; BFH, BStBl II 1988, 64).

22

Zutreffend geht der BFH jedoch in neuerer Rechtsprechung davon aus, daß ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 AO jedenfalls dann nicht anzunehmen ist, wenn dem unterhaltsberechtigten Kind eigenes Vermögen für die Mietzahlung zur Verfügung steht (BFH, BStBl II 1996, 5). Entscheidend ist danach nur, daß das Kind die Miete nicht aus laufenden Unterhaltszahlungen zu leisten hatte. Dies gilt nach Auffassung des BFH erst recht dann, wenn der Unterhaltsberechtigte die Mietzahlungen aus den Erträgen eigenen Vermögens bestreiten kann (BFH-Urteil vom 22.04.1997, IX R 52/95, bisher nicht veröffentlicht). Der BFH verweist hierzu auf § 1602 Abs. 2 BGB. Danach haben volljährige Kinder gegen ihre Eltern dann keinen Anspruch auf Unterhalt, wenn die Kinder eigenes Vermögen besitzen, das sie zur Bestreitung des, lebensunterhaltes verwenden können. Der BFH ist in diesem Fall der Auffassung, daß die Eltern insoweit durch Überlassung einer Wohnung nicht ihre Unterhaltspflicht erfüllten und daß damit auch keine rechtsmißbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO vorliegen könne (BFH, BStBl II 1996, 5/60).

23

Im Streitfall standen der Tochter der Kläger eigene Einkünfte und eigenes Vermögen zur Bestreitung der Miete zur Verfügung. Zum einen erzielte sie unstreitig Einnahmen aus der Untervermietung der Wohnung; zudem hatte sie eigenes Vermögen im Streitjahr in Höhe von rund 6.500,00 DM zur Verfügung. Insoweit waren die Kläger nach § 1602 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet, ihrer Tochter Unterhalt zu gewähren. Nach Auffassung des Senats ist unerheblich, daß die Tochter der Kläger das Vermögen tatsächlich nicht zur Bestreitung der Miete eingesetzt hat. Der Senat legt vielmehr die Entscheidung des BFH vom 28.03.1995 (BStBl II 1996, 5) dahin aus, daß der Unterhaltsverpflichtete die Möglichkeit hat, die Miete aus eigenem Kapitalvermögen zu entrichten. Ob er davon tatsächlich Gebrauch macht, ist nicht entscheidend.

24

Ein Gestaltungsmißbrauch gemäß § 42 Abs. 1 AO ist demgemäß nicht anzunehmen.

25

Im übrigen ist das Mietverhältnis zwischen den Klägern und ihrer Tochter H. steuerlich anzuerkennen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Mietverträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich gültig, ernsthaft gewollt, klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich durchgeführt werden sowie einem Fremdvergleich standhalten (vgl. z.B. BFH, BStBl II 1996, 10). Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Senats im Streitfall erfüllt.

26

Der steuerlichen Anerkennung des Mietverhältnisses steht nicht entgegen, daß der Mietvertrag nur mündlich vereinbart wurde. Der Abschluß eines schriftlichen Mietvertrages ist weder für die steuerliche noch für die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses zwingende Voraussetzung.

27

Grundsätzlich reicht jedoch allein der Abschluß eines Mietvertrages für die steuerliche Anerkennung nicht aus. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.1995 (BStBl II 1996, 3 - betreffend steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses ("Oder-Konto") -) hat der BFH mit Urteil vom 07.05.1996 (BStBl II 1997, 16 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung nunmehr entschieden, daß nicht mehr jede Abweichung vom üblichen notwendigerweise die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen ausschließe. Maßgebend für die Beurteilung sei vielmehr die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten, wobei einzelnen Beweisanzeichen im Rahmen der Gesamtbetrachtung eine unterschiedliche Bedeutung zukommen könne. Es seien jedoch an den Vertrag um so strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine Privatveranlassung hindeuteten. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Soweit der Senat in der Vergangenheit (z.B. Urteil vom 25.04.1996 - XII 295/95) eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, hält er auch im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BFH hieran nicht mehr fest.

28

Im Streitfall ist nach den Grundsätzen der neueren BFH-Rechtsprechung das streitige Mietverhältnis steuerlich anzuerkennen. Die zum Teil unüblichen Gestaltungen des Mietvertrages - der mündliche Abschluß des Mietvertrages und die Übernahme der umlagefähigen Nebenkosten durch die Kläger als Vermieter - fallen im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht ins Gewicht. Für die steuerliche Anerkennung der Vermietung spricht insbesondere auch die Nutzung durch die Tochter der Kläger auch zur Untervermietung an verschiedene andere Studenten und der Wille zur Vermietung der Wohnung unabhängig von der familiären Verbindung zum Mieter. Dies kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, daß die Kläger die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses mit ihrer Tochter an Fremde weiter vermietet haben. Gegen die private Veranlassung durch Übernahme der Nebenkosten spricht im übrigen, daß die Kläger auch in dem Mietvertrag mit den Folgemietern die Übernahme dieser kosten durch den Vermieter ausdrücklich vereinbart haben.

29

Die steuerliche Anerkennung des Mietverhältnisses scheitert auch nicht an mangelnder Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger.

30

Bei der Ermittlung des Einkommens zum Zwecke der Einkommensbesteuerung sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, daß die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf einen überschaubaren Zeitraum von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte bzw. Überschüsse dienen (§ 2 Abs. 2 EStG). Fehlt es daran, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG einordnen lassen. Diese Grundsätze gelten nicht nur für den Bereich der Gewinneinkünfte, sondern auch bei den Überschußeinkünften, z.B. den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

31

Die Absicht, Gewinne zu erzielen, ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Umstände beurteilt werden kann. Es muß deshalb aus äußerlichen Merkmalen auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

32

Im Streitfall betrugen die Einnahmen nur 31,28 % der Werbungskosten. Dieser Umstand läßt für sich allein aber - entgegen der Auffassung des FA - nicht den Schluß zu, daß im vorliegenden Fall eine Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen ist. Zum einen bestehen die Werbungskosten im Streitfall zu mehr als 1/3 aus erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG. Sinn dieser Regelung war seinerzeit die Förderung des Wohnungsbaues. Es würde dem Zweck dieser Vorschrift zuwiderlaufen, würde man den Abzug dieser erhöhten Absetzung mit dem Hinweis verweigern, es liege keine Einkünfteerzielungsabsicht vor. Zum anderen bestehen die Werbungskosten daneben zum größten Teil aus Schuldzinsen. Diese nehmen im Regelfall während der Laufzeit zugunsten eines höheren Tilgungsanteiles ab, so daß der Werbungskostenüberschuß im Verlaufe der Vermietung der Wohnung abnehmen wird. Aus alldem ergibt sich, daß die Kläger auf den Zeitraum der Nutzungsdauer der Eigentumswohnung gesehen, durchaus einen Einnahmeüberschuß erzielen können.

33

Der Senat setzt sich mit dieser Entscheidung auch nicht in Widerspruch mit der vom FA in der mündlichen Verhandlung angeführten Entscheidung des BFH vom 25.01.1994 (BFH/NV 1995, 11). Der hier zu entscheidende Sachverhalt ist mit dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt nicht vergleichbar. Im übrigen hat der BFH in diesem Urteil keinen Rechtsgrundsatz dergestalt aufgestellt, daß Liebhaberei regelmäßig dann anzunehmen sei, wenn die Einnahmen aus einem vermieteten Grundstück weniger als 1/3 der Werbungskosten betrügen. Er hat vielmehr an den bisherigen Grundsätzen festgehalten und anhand der Verhältnisse des dort zu entscheidenden Falles das Vorliegen einer Liebhaberei angenommen.

34

Nach alldem war die Einkommensteuer wie folgt neu festzusetzen:

Zu versteuerndes Einkommen
lt. Bescheid vom 17.05.199561.188,00 DM
abzüglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Wohnung bisher./.5.907,00 DM
Einkünfte lt. Urteil./.9.668,00 DM
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil57.427,00 DM
Steuer nach Splittingtabelle12.176,00 DM
35

Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Streitsache grundsätzliche Bedeutung in Bezug auf die Frage hat, ob das eigene Vermögen der unterhaltsberechtigten Person zur Entrichtung des Mietzinses eingesetzt worden sein muß, um einen Gestaltungsmißbrauch gemäß § 42 AO auszuschließen, oder ob es genügt - wovon der Senat im vorliegenden Fall ausgeht - daß die unterhaltsberechtigte Person die Miete aus dem eigenen Vermögen hätte zahlen können.

36

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708, Nr. 10, 711 ZPO.

37

Gegen dieses Urteil ist die Revision zugelassen worden.