Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.07.1997, Az.: IX 586/91
Einkommensteuerfreiheit von durch Erlass von Schulden zum Zweck der Sanierung erfolgten Erhöhungen des Betriebsvermögens; Definition des Begriffs "Sanierung"; Voraussetzungen des Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns; Freistellung von einer Verpflichtung im Rahmen eines Leistungsaustausches als Schulderlass; Vorliegen von Sanierungsabsicht bei Ausspruch des Erlasses von einem an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldner besonders interessierten Gläubiger; Anerkennung einer Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels und Verlustverteilungsschlüssels einer Personengesellschaft während eines Wirtschaftsjahres mit Rückbeziehung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 14.07.1997
- Aktenzeichen
- IX 586/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 18374
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0714.IX586.91.0A
Rechtsgrundlage
- § 3 Nr. 66 EStG
Fundstelle
- DStRE 1997, 863-864 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Feststellungsbescheide 1985 und 1986
Amtlicher Leitsatz
Zur Sanierungseignung wertmäßig nur geringer Forderungen
Der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung
vom 14. Juli 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht ...,
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...,
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin (Kl'in) im Jahr 1986 einen steuerfreien Sanierungsgewinn erwirtschaftet hat und wie die Gewinne der Jahre 1985 bis 1986 auf die Gesellschafter zu verteilen sind.
Die Kl'in ist eine Kommanditgesellschaft, an der in den Streitjahren 1985 und 1986 folgende Personen und Unternehmen beteiligt waren:
- 1.
... (R.) mit einer Kommanditeinlage von 25.000 DM
- 2.
... (Sch.) mit einer Kommanditeinlage von 25.000 DM
- 3.
... (KG) mit einer Kommanditeinlage von 100.000 DM
- 4.
Firma ... GmbH als Komplementärin.
Der Gesellschaftsvertrag vom 18. August 1981 enthält u.a. folgende Regelungen:
"§ 13 Vorab
1.
Kostenerstattung der persönlich haftenden Gesellschafterin2.
Ausgleich des Haftungsrisikos der Komplementär-GmbH3.
Verzinsung der Darlehenskonten mit 2 v.H. über dem DiskontsatzRestgewinn/Verlust je 1/3 Firma ... KG, ...,
§ 14
Bei Änderungen des Jahresabschlusses durch eine steuerliche Betriebsprüfung ist der berichtigte Abschluß maßgebend.
§ 22
Änderungen des Vertrages sind nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgen."
In der Bilanz zum 31. Dezember 1986 hatte die Kl'in einen Gewinn von 393.616,87 DM ausgewiesen. Darin war ein Sanierungsgewinn in Höhe von 520.050,13 DM enthalten, für den sie die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begehrte. Steuerlich ergab sich daraus ein Bilanzverlust für 1986 von 126.433,26 DM.
Bereits im Jahr 1985 hatte die Kl'in Verluste erwirtschaftet, so daß sich zum 31. Dezember 1985 eine buchmäßige Überschuldung in Höhe von ca. 800.000 DM ergeben hatte.
Auf Empfehlung der Hausbank beauftragte die Kl'in einen Unternehmensberater (Steuerberater) mit der Erarbeitung und Durchführung eines Sanierungskonzeptes. Auf die von dem Unternehmensberater erstellte Studie zur wirtschaftlichen Situation der Kl'in und Ableitung einer Sanierungskonzeption vom 20. März 1986 wird Bezug genommen.
Im Zuge der Sanierung wurden wirtschaftliche Konzepte für eine kostengünstige Produktion erarbeitet und durchgeführt. Hinsichtlich der finanziellen Sanierung leitete die Kl'in nachfolgende Maßnahmen ein, die bis zum 30. Juni 1986 abgeschlossen waren:
- 1.
Forderungsverzicht der Firma ... GmbH & Co. (GL) über 120.000 DM (105.263 DM ohne Mehrwertsteuer - MwSt)
- 2.
Forderungsverzicht (Rangrücktritt) Firma ... GmbH (M-GmbH) über 400.000 DM (350.877 DM ohne MwSt)
- 3.
Vereinbarung von Werbekostenzuschüssen in den Jahren 1986 bis 1990 mit der Firma ... (DN) über 171.969,33 DM (150.850 DM ohne MwSt)
- 4.
Forderungs(zins)verzicht der Kreissparkasse S. (KSK) über 193.711 DM für das erste Halbjahr 1986
- 5.
Einlagen der Gesellschafter R. und Sch. in Höhe von je 250.000 DM
Aus diesen Maßnahmen errechnete die Kl'in den folgenden Sanierungsgewinn:
Verzicht GL | 157.857,15 DM |
---|---|
Rangrücktritt M-GmbH | 400.000,00 DM |
Forderungsverzicht DN | 35.000,00 DM |
592.857,15 DM | |
./. Vorsteuerkürzung | 72.807,02 DM |
Sanierungsgewinn | 520.050,13 DM |
Den finanziellen Sanierungsmaßnahmen lagen die nachfolgenden Vereinbarungen zugrunde, deren Beträge nicht mit denen übereinstimmen, die von der Kl'in in die Berechnung des Sanierungsgewinns eingestellt worden waren:
- 1.
Vereinbarung vom 28. Februar 1986 mit der Firma GL wegen Forderungsverzichts in Höhe von 120.000 DM.
- 2.
Vereinbarung vom 26. Mai 1986 mit der KSK zur Neuregelung der Kreditbedingungen; die KSK verzichtete dabei auf die Zahlung der im ersten Halbjahr 1986 angefallenen und anfallenden Zinsen. Bereits gezahlte Zinsen wurden erstattet.
- 3.
Vereinbarungen mit der M-GmbH vom 23. September 1986 über einen Rangrücktritt der GmbH im Betrag von 400.000 DM hinter alle übrigen Gläubiger. Eine Zurückzahlung dieses Betrages durch die Kl'in sollte nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen.
- 4.
Bestätigung der Firma DN vom 28. April 1986, daß die am 31. Dezember 1985 bestehende Forderung gegen die Kl'in in Höhe von 171.969,30 DM durch Gewährung eines Werbungskostenzuschusses in den Jahren 1986 bis 1990 von jährlich 35.000 DM (1990: 31.969,33 DM) verrechnet werden soll, wenn die Kl'in in diesen Jahren eine Mindestabnahme an Fensterprofilen von 1,0 Mio. DM erreiche.
In der Gesellschafterversammlung vom 18. September 1986 hat die KG im Interesse einer Sanierung der Kl'in abweichend von ihrer gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung, einen Verlustanteil von 2/3 statt 1/3 des Jahresverlustes 1985 in Höhe von 1.143.154,77 DM übernommen. Nach einer weiteren Vereinbarung vom 23. September 1986 erhält die KG vom Bilanzgewinn künftiger Jahre der Kl'in vorab zusätzlich einen Gewinn von 10 v.H. bis zu einer Gesamthöhe von insgesamt 400.000 DM. Beträge, die die M-GmbH nach § 2 des zwischen ihr und der Kl'in geschlossenen Vertrags vom 23. September 1986 erhält, werden von diesem Vorabgewinn abgezogen. In § 2 dieses Vertrages wird der Rangrücktritt der M-GmbH mit einem Betrag über 400.000 DM geregelt. Dieser Betrag ist nur dann zurückzuzahlen, wenn bei der Kl'in die eingetretene Überschuldung beseitigt ist und zugleich die Tilgung aus Jahresüberschüssen, die 500.000 DM p.a. überschreiten müssen, der kommenden drei Jahre möglich ist. Auf die Liquidationsbedürfnisse der Gesellschaft ist nach diesen Regelungen in jedem Fall Rücksicht zu nehmen.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte nach einer Außenprüfung für die Streitjahre - dem Prüfer folgend - weder die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns noch die geänderte Gewinnverteilung an. Das FA verteilte den Gewinn/Verlust der Kl'in in den Jahren 1985 und 1986 nach den im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag niedergelegten Regelungen.
Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage trägt die Kl'in vor, daß es aufgrund eines erheblichen Wertberichtigungsbedarfs und mangelnder Auftrags- bzw. Ertragslage im Jahr 1985 zu erheblichen Verlusten bei ihr gekommen sei. Dies habe die Hausbank, die KSK, veranlaßt, auf die Durchführung einer Sanierung zu drängen, da anderenfalls eine Kündigung der bestehenden Kredite unumgänglich gewesen sei. Auf Empfehlung der Hausbank sei dann der Unternehmensberater beauftragt worden, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten und durchzuführen. Im Zuge der Sanierung seien zum einen wirtschaftliche Konzepte für eine kostengünstige Produktion erarbeitet und durchgeführt worden, andererseits seien die bekannten finanziellen Maßnahmen (Forderungsverzichte, Rangrücktritte, neue Gesellschaftereinlagen) eingeleitet worden.
Die Sanierungsmaßnahmen seien bis zum 30. Juni 1986 abgeschlossen gewesen und hätten langfristig Erfolg gehabt.
Insgesamt habe die Sanierung ihr - der Kl'in - 1,3 Mio. DM Eigenmittel zur Verfügung gestellt. Als Beitrag zur Sanierung habe ihr die KSK für die Zukunft erhebliche Sonderkonditionen im Rahmen der Kreditneuregelung eingeräumt. Aufgrund all dieser Maßnahmen habe die Sanierung erfolgreich abgeschlossen werden können.
Der bisher erklärte Sanierungsgewinn von 520.050,13 DM sei um den Zinserlaß durch die KSK für das erste Halbjahr 1986 von 193.731 DM zu erhöhen.
Die Kl'in beantragt,
- 1.
den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1985 und 1986 vom 19. Juni 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 1991 zu ändern und für 1986 unter Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsgewinns von 713.781 DM einen Verlust aus Gewerbebetrieb von 320.165 DM festzustellen und auf die Gesellschafter nach Maßgabe der geänderten Gewinnverteilung vom 23. September 1986 zu verteilen;
- 2.
den für 1985 festgestellten Gewinn ebenfalls nach dieser Gewinnverteilungsabrede zu verteilen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG für einen steuerfreien Sanierungsgewinn 1986 nicht vorgelegen hätten. Das FA beruft sich insoweit auf die Feststellungen des Gerichts der Außenprüfung vom 22. März 1991 und der darin vertretenen Rechtsauffassung.
Zur geänderten Gewinnverteilung trägt das FA vor, die am 23. September 1986 getroffene Neuregelung über den zehnprozentigen Vorabgewinn für die KG ab diesem Zeitpunkt könne zwar grundsätzlich anerkannt werden, da insoweit keine rückwirkende Vereinbarung vorliege; jedoch handele es sich offensichtlich um eine Rückzahlung des übernommenen Verlustanteils, so daß dieser folgerichtig entfallen müsse. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, daß in der Handelsbilanz die Vereinbarung vom 18. September 1986 nicht berücksichtigt worden sei. Somit sei für die Streitjahre die Gewinn/Verlustverteilung entsprechend dem Gesellschaftsvertrag - auch hinsichtlich der Verzinsung der Darlehenskonten - vorzunehmen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Feststellungsbescheide 1985 und 1986 sind rechtmäßig. Das FA hat den Gewinn 1985 zutreffend nach den bisherigen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen verteilt und die beantragte Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns zu Recht versagt.
1.
Zum steuerfreien Sanierungsgewinn 1986
Nach § 3 Nr. 66 EStG sind Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, daß Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, von der Einkommensteuer befreit.
Der Begriff der Sanierung ist gesetzlich nicht festgelegt. Nach der Rechtsprechung sind unter einer Sanierung Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. April 1964 I 62/61 U, BFHE 79, 382, BStBl III 1964, 370, m.w.N.). Es muß eine bestimmte Maßnahme aller oder einzelner Gläubiger zugrundeliegen, die zwar an keine Form gebunden ist, sich aber im Wege eines allgemeinen Akkords, eines Vergleichs oder einzelner Vereinbarungen als ein Erlaß i.S. des § 397 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darstellt (BFH, Urteil vom 26. November 1980 I R 52/77, BFHE 132, 72, BStBl II 1981, 181). Die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns setzt im einzelnen voraus, daß das Unternehmen sanierungsbedürftig ist, daß die Schuld oder die Schulden ganz oder teilweise erlassen werden, daß die Gläubiger in der Absicht handeln, die geschäftliche und finanzielle Gesundung des Schuldners herbeizuführen, und daß der Schulderlaß geeignet ist, das sanierungsbedürftige Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (BFH-Urteile vom 22. November 1983 VIII R 14/81, BFHE 140, 521, BStBl II 1984, 472, m.w.N.; vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; vom 20. Februar 1986 IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493; vom 28. Februar 1989 VIII R 303/84, BFHE 157, 51, BStBl II 1989, 711).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht in vollem Umfang gegeben. Insbesondere fehlt es bei einigen Maßnahmen an einem Forderungserlaß. Soweit dieser allerdings vorliegt, sind die Maßnahmen, die steuerrechtlich unabhängig vom betriebswirtschaftlichen Sanierungskonzept zu betrachten sind, nicht geeignet gewesen, eine Sanierung der Kl'in herbeizuführen. Auch fehlt es an der erforderlichen Sanierungsabsicht.
a)
Fehlender Forderungserlaß
Die Steuerbefreiung wird gewährt, wenn Schulden ganz oder teilweise erlassen werden. Dies geschieht in der Regel dadurch, daß der Gläubiger dem Schuldner die Schuld durch Vertrag erläßt (§ 397 Abs. 1 BGB).
- Rangrücktritt der M-GmbH -
Ein solcher Erlaß liegt in der Vereinbarung der M-GmbH mit der Kl'in vom 23. September 1986 nicht vor. Ausdrücklich wurde hier lediglich ein Rangrücktritt der M-GmbH im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Kl'in vereinbart. Die Forderung der GmbH gegen die Kl'in sollte bestehen bleiben, da die Vereinbarung weiter die näheren Umstände regelt (Jahresüberschüsse über 500 TDM, Rücksichtnahme auf Liquiditätsbedürfnisse), unter denen eine Rückzahlung der Schulden durch die Kl'in erfolgen sollte.
- Werbekostenzuschüsse der DN -
Ein Forderungserlaß ist ebenfalls für die Vereinbarung über Werbungskostenzuschüsse der DN an die Kl'in zu verneinen. Einerseits enthält der Vertrag vom 28. April 1986 ausdrücklich die Erklärung, die DN stunde ihre Forderung über 171.969,33 DM an die Kl'in zunächst zinslos. Gleichzeitig verpflichtete sich die Kl'in zur Abnahme von Produkten der DN von jährlich 1 Mio. DM. Diese Abnahmeverpflichtung war Bedingung für die Stundung, denn diese sollte entfallen, wenn die Abnahmeverpflichtung von einer Seite gekündigt oder nicht eingehalten werden sollte. Als Gegenleistung gewährte die DN der Kl'in jährlich einen Zuschuß von 35.000 DM, der durch entsprechende Verminderung der Forderung gezahlt wurde und die Kl'in von der Zahlung ihrer Schulden in entsprechender Höhe freistellte.
Eine Freistellung von einer Verpflichtung im Rahmen eines Leistungsaustausches ist aber regelmäßig kein Schulderlaß i.S. des § 3 Nr. 66 EStG. Unter diesen Umständen opfert der Verzichtende nicht unentgeltlich einen Wert auf, was für die Annahme eines steuerfreien Sanierungsgewinns grundsätzlich erforderlich ist (vgl. von Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3 Rdnr. B 66/37; -en-, Der Betrieb - DB - 1977, 1165). Der Verzichtende erhält im Streitfall für seinen Verzicht vielmehr einen Gegenwert - hier in Form des Umsatzes von jährlich 1 Mio. DM.
b)
Fehlende Sanierungseignung
Von einem Forderungserlaß i.S. des § 3 Nr. 66 EStG kann nur hinsichtlich des Forderungsverzichts der Firma GL über 120.000 DM und der KSK ausgegangen werden. Letztere hat im Mai 1986 über die bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Zinsen verzichtet, die für das erste Halbjahr 1986 193.731 DM betrugen. Daraus ergibt sich ein Zinserlaß von 5/6 dieser Summe, also von 161.442 DM. Insgesamt haben also zwei Gläubiger der Kl'in Forderungen i.S. des § 3 Nr. 66 EStG von 281.442 DM erlassen. Dieser Verzicht reicht nach Ansicht des Senats bei weitem nicht aus, um ihm eine Eignung zur Sanierung der Kl'in beizumessen.
Nach dem Bericht des Außenprüfers bestanden Ende Mai 1986 risikobehaftete Ausleihungen (Darlehen 4,3 Mio. DM; Bürgschaften 1,4 Mio. DM) der KSK an die Kl'in von 2,93 Mio. DM, die sich in der Folgezeit auf 3,65 Mio. DM erhöhten. Zum Bilanzstichtag 1985 bestanden für die Kl'in insgesamt Verbindlichkeiten über 6,289 Mio. DM. Darin enthalten waren Forderungen der Firma GL über 217.434 DM (120.000 DM erlassen). Diese Verhältnisse zeigen, daß es sich bei dem echten Forderungserlaß von 281.442 DM um einen vergleichsweise geringen Betrag gehandelt hat, der keinen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundung der Kl'in leisten konnte. Vielmehr waren es die Zuführung von Eigenkapital (500.000 DM) und die für die Folgezeit von der KSK gewährten höheren Kreditlinien und angepaßten Zinsverpflichtungen, die in Zusammenhang mit den innerbetrieblichen Sanierungsmaßnahmen ein überleben der Kl'in in besonderem Maße gefördert haben.
c)
Fehlende Sanierungsabsicht
Weiterhin ist zweifelhaft, ob die beiden Gläubiger KSK und GL in Sanierungsabsicht gehandelt haben.
Sprechen sämtliche Gläubiger durch einen allgemeinen Akkord einen Erlaß oder Teilerlaß der Schulden aus, so wird im allgemeinen davon ausgegangen werden können, daß die Maßnahmen zum Zweck der Sanierung des Unternehmens getroffen werden und daß die Gläubiger in Sanierungsabsicht handeln. Werden Schulden nur von einzelnen oder gar nur von einem Gläubiger erlassen, ist näher zu prüfen, ob der Erlaß in Sanierungsabsicht erfolgt ist. Wird der Erlaß lediglich von einem Gläubiger ausgesprochen, der erkennbar an der Fortführung seiner Geschäftsbeziehungen zu dem Schuldner besonders interessiert ist, spricht das in der Regel gegen ein Handeln in Sanierungsabsicht.
Mag die Firma GL bei einem Gesamtforderungsbestand von ca. 169.000 DM (Februar 1986) und einem Erlaß über 120.000 DM auch in Sanierungsabsicht gehandelt haben, so kann dieses Merkmal für den Zinsverzicht der KSK für das erste Halbjahr 1986 nicht festgestellt werden. Die KSK war die größte Gläubigerin der Kl'in. Ihre Forderungen beliefen sich Ende Mai 1986 auf 2,9 Mio. DM, von denen lediglich ca. 161.442 DM (Zinsen für Januar - Mai 1986) erlassen wurden. Im übrigen wurden die Kreditkonditionen für die Zukunft neu vereinbart. Diese Tatsachen zeigen deutlich, daß der größte Gläubiger der Kl'in nur auf einen äußerst geringen Teil seiner Forderungen verzichtet hat, im übrigen aber erkennbar, an einer weiteren Geschäftsbeziehung ein starkes Interesse hatte.
2.
Gewinnverteilung 1985 und 1986
Das FA hat die Verteilung des festgestellten Gewinns der Streitjahre zutreffend nach den ursprünglichen gesellschaftsvertraglichen Regelungen vorgenommen und die im September 1986 geänderte Verteilung nicht berücksichtigt.
Eine Änderung des Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels einer Personengesellschaft während eines Wirtschaftsjahres mit Rückbeziehung auf ein vorangegangenes Wirtschaftsjahr oder auf den Beginn des Wirtschaftsjahres ist steuerrechtlich grundsätzlich nicht anzuerkennen (BFH, Urteile vom 12. Juni 1980 IV R 40/77, BFHE 131, 224, BStBl II 1980, 723; vom 7. Juli 1983 IV R 209/80, BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53; vom 17. März 1987 VIII R 293/82, BStBl II 1987, 558). Diese Rechtsprechung ist von der Erkenntnis getragen, daß ein in der Personengesellschaft entstandener Gewinn (oder Verlust) einkommensteuerrechtlich ohne weiteres nach Maßgabe des zu diesem Zeitpunkt gültigen Gewinn- oder Verlustverteilungsschlüssels aufzuteilen ist, weil die Höhe des Jahresgewinnes oder -verlustes in erster Linie durch die einzelnen Geschäftsvorfälle bestimmt wird,
"die nicht rückwirkend herbeigeführt oder ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert werden können"
(Urteile in BFHE 131, 224, 228, BStBl II 1980, 723, und in BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53).
Im Streitfall liegt in der Vereinbarung vom 18. September 1986 eine rückwirkend geänderte Gewinnverteilungsabrede für das bereits abgelaufene Wirtschaftsjahr 1985 und die Monate Januar bis September 1986 vor. Die Gesellschafter der Kl'in haben vereinbart, daß die KG als Gesellschafterin der Kl'in zum Zwecke der Sanierung abweichend von der gesellschaftsvertraglichen Regelung (Gesellschaftsvertrag vom 18. August 1981) statt 1/3 nunmehr 2/3 des Verlustes aus 1985 übernehmen sollte. Als Ausgleich für diese Verlustübernahme sollte die KG von dem Bilanzgewinnen künftiger Jahre einen Vorabgewinn von 10 v.H. bis zu einer Gesamthöhe von 400.000 DM erhalten. Dieser Vorabgewinn sollte um die Beträge gemindert werden, die die zur Firmengruppe der KG gehörende M-GmbH aus der Rangrücktrittserklärung vom 23. September 1986 erhielt. Zweifelhaft erscheint dem Senat, ob diese Vereinbarung tatsächlich eine geänderte Gewinnverteilung darstellt oder ob es sich nicht - wovon das FA ausgeht - um die Vereinbarung eines Ausgleichs (Rückzahlung) für die von der M-GmbH gestundeten Forderungen über 400.000 DM handelt. Für diese Annahme spricht, daß in der Handelsbilanz der Kl'in die Vereinbarung vom 23. September 1986 - möglicherweise wegen des nicht endgültigen Verzichts auf die Forderung durch die M-GmbH - nicht vollzogen wurde. Diese Unklarheiten über den tatsächlichen Hintergrund der unterschiedlichen Vereinbarungen verhindern auch eine abweichende Gewinnverteilung ab September 1986.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.