Landgericht Verden
Beschl. v. 02.12.2015, Az.: 10 O 27/15

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
02.12.2015
Aktenzeichen
10 O 27/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44901
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG - AZ: 16 W 4/16

Tenor:

Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt von der Schuldnerin Rückzahlung von angefochtenen Zahlungen nach Antragstellung im Insolvenzverfahren.

Die Schuldnerin ist ein Unternehmen der Frachtvermittlungen und Verpackungsarbeiten. Die Beklagte ist alleinige Gesellschaftergeschäftsführerin der Schuldnerin. Am 7.3.2012 stellte die Schuldnerin einen Eigenantrag, woraufhin das Amtsgericht Syke mit Beschluss vom 7.2.2013 das Insolvenzverfahren über die Firma der Schuldnerin (der L. GmbH in S.) eröffnete. Die Antragsgegnerin vermietete der Schuldnerin das Betriebsgrundstück in der H.-Straße. Die Schuldnerin hatte die Betriebskostenzahlungen zu leisten.

Die Schuldnerin führte für die Antragsgegnerin das Verrechnungskonto 01.... Im Zeitraum zwischen dem 15.3.2011 bis zum 5.3.2012 wurden Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.097,00 € an die Antragsgegnerin gebucht. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Zusammenstellung Blatt 3 des Klageentwurfs Bezug genommen (Bl. 7 d.A).

Die Schuldnerin ist jeweils Versicherungsnehmerin zweier Versicherungen, bei denen die Antragsgegnerin jeweils versicherte Person ist. Die Schuldnerin zahlte am 12.12.2011 den Versicherungsbeitrag bei der A. in Höhe von 1.752,00 € und am 1.6.2011 bei der R. in Höhe von 2.520,00 €.

Die Schuldnerin führte bei der Kreissparkasse S. das Kontokorrentkonto 11....  Im Zeitraum zwischen dem 7.3.2011 und dem 27.12.2012 gingen auf diesem im Minus stehende Konto Zahlungen in Höhe von insgesamt 9.081,67 € ein. Auf die Höhe der einzelnen Zahlungen und die Zahlungszeitpunkte wird auf den Entwurf der Klageschrift, S. 4 Bezug genommen (Bl. 8 d.A.).

Der Antragsteller behauptet, die Schuldnerin sei zum 31.12.2010 zahlungsunfähig gewesen. Er behauptet dazu, der Jahresabschluss 2010 weise einen nicht durch eigenkapitalgedeckten Fehlbetrag in Höhe von 104.319,45 € auf und der Jahresabschluss aus 2011 einen Fehlbetrag in Höhe von 129.837,18 €. Die Schuldnerin habe die Zahlungen eingestellt. Die Antragsgegnerin habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Die Antragsgegnerin habe den PKW gegen Zahlung von 7.450,00 € erst am 31.10.2011 von der Schuldnerin erworben. Sie sei zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlungen auf dem Kontokorrentkonto überschuldet gewesen.

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für folgende Anträge:

1. die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn 8.097,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.2.2013 zu zahlen,

2. die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn 4.272,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.2.2013 zu zahlen,

3. die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn 9.081,67 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Antragstellerin beantragt,

das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers zurückzuweisen.

Sie bestreitet die Richtigkeit des Jahresabschlusses 2009. Sie behauptet dazu, das Finanzamt S. habe nach einer Betriebsprüfung eine Ergebnisabführungsvereinbarung zwischen einer OHG und der Schuldnerin nicht akzeptiert, so dass das Finanzamt die auf die Schuldnerin übertragenen Verluste in den Jahren 2006-2008 nicht mehr anerkannt habe und eine Nachforderung in Höhe von 35.231,36 € geltend gemacht habe. Im Geschäftsjahr 2009 müsse daher auch berücksichtigt werden, dass Gewinne, die von der OHG auf die Schuldnerin übertragen worden sein und vom Finanzamt anerkannt worden seien, nicht in der Höhe angefallen wären. Die Zahlungen, die der Anfechtung des Antragstellers in Höhe von 8.047,00 € zu Grunde lägen, seien Forderungen der Antragsgegnerin gegen die Schuldnerin und nicht der Schuldnerin gegen die Antragsgegnerin.

Die Kreissparkasse S. habe die Überziehung des Kreditlimits geduldet. Forderungen der Firma K. und der Firma F. seien gestundet und nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden.

Die Versicherungsbeiträge in Höhe von 4.172,00 € habe die Antragsgegnerin im Rahmen einer Gehaltsumwandlung erhalten. Sie habe höchstens die Erhöhung des Rückkaufswertes zurückzuerstatten.

II.

1. Die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, unter denen dem Antragsteller als Partei kraft Amtes Prozesskostenhilfe zu bewilligen wäre, liegen nicht vor. Hiernach kommt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter anderem dann in Betracht, wenn die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 9. Oktober 2014 - IX ZA 12/13 -, Rn. 2, juris) sind Vorschüsse auf die Prozesskosten solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Verfahrenskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 21. November 2013 - IX ZA 20/13, zit. nach juris, Tz. 3).

Gemessen an diesen Maßstäben ist den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, die Kosten aufzubringen. Unter Abwägung der gesamten Umstände liegt eine Zumutbarkeit für die Gläubiger im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO vor. Eine Prozessführung mittels von der Allgemeinheit aufzubringenden Mitteln zugunsten der Insolvenzgläubiger und des Insolvenzverwalters scheidet damit aus.

1) Ausweislich der vorgelegten Tabelle kommen danach 2 Gläubiger, die erhebliche festgestellte Forderungen gegen die Schuldnerin nach dem Tabelleninhalt haben, in Betracht: lfd. Nr. 2 und 3, mit Forderungen jeweils über 20.000 €. Der Koordinierungssaufwand für den Antragsteller bei den hier zu beteiligenden 2 Gläubigern ist offensichtlich zumutbar.

2) Die Masse ist zur Finanzierung des Prozesses unzureichend, da dem Anderkonto des Insolvenzverwalters ausweislich des Kontoauszuges Anlage 1 zu den Prozesskostenhilfe Unterlagen kein Geld Verfügung steht. Die Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO betragen voraussichtlich 6.057,00 € Insolvenzverwaltervergütung sowie weitere 801,00 € Gerichtsgebühren.

Die Kammer geht davon aus, dass das Vollstreckungsrisiko bei der von dem Antragsteller behaupteten wirtschaftlich angespannten Situation der Antragsgegnerin nicht höher als mit einem Drittel anzusetzen ist. Jedenfalls hat der Antragsteller auf den entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 24.4.2015 (Bl. 16 d.A.) keine ergänzenden Angaben gemacht. Im Falle des Obsiegens (Hauptforderung in Höhe von 21.450,07 € einschließlich Zinsen = 22.716,990 €) ist daher von einem entsprechenden Abschlag auszugehen, sodass im Ergebnis lediglich eine zu realisierende Forderung von noch 15.100,00 € anzusetzen ist. Abzüglich der in diesem Fall entstehenden Masseverbindlichkeiten verblieben sodann nach der Berechnung des Antragstellers eine für die Gläubiger verfügbare Masse von gut 8.200,00 € (15.100,00 € - Insolvenzverwalter Vergütung in Höhe von 6.057,86 € - Gerichtsgebühren in Höhe von 801,00 €).

Für die Führung des Prozesses 1. Instanz sind nach der zutreffenden Berechnung des Antragstellers insgesamt 3.266,25 € aufzuwenden.

3) Beide Gläubiger haben einen Anteil von mehr als 40 % der angemeldeten und anerkannten Forderungen.

4) Nach einer wertenden Abwägung der zu erwartenden Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, des Verfahrens und Vollstreckungsrisikos und der Gläubigerstruktur ist eine Zumutbarkeit der Prozessfinanzierung durch die Gläubiger anzunehmen. Bei festgestellten Insolvenzforderungen von 60.223,63 € ergibt sich danach bei einer für die Gläubiger zu verteilenden Masse von 8.200,01 € eine Quote von 13,6 %.

Die zu verauslagenden, vorzuschießenden Prozesskosten liegen bei lediglich 3.266,25 €.

5) Es genügt in der Regel, wenn der mögliche Ertrag mehr als das Doppelte des aufzubringenden Vorschusses ausmacht (OLG Celle, Beschluss vom 23.2.2015, aaO., Tz. Nr. 19). Auf den Gläubiger Nr. 2 entfallen gemessen an seiner Quote in Höhe von 41,43 % der angemeldeten und festgestellten Forderungen ein aufzubringender Vorschuss in Höhe von 1.353,21 €, auf den Gläubiger Nr. 3 gemessen an seiner Quote ein Vorschuss in Höhe von 58,75 % 1.913,04 €. Der zu erwartende Ertrag i.H.v. 8.200,00 € bezogen auf die gesamte Masse entspräche daher mit 3.397,26 € ca. dem 2,5 fachen des aufzubringenden Vorschusses in Höhe von 1.353,21 €  für den Gläubiger Nr. 2 und mit 4.817,50 € dem 2,5 fachen des aufzubringenden Vorschusses in Höhe von 1.913,04 €.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.