Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.05.2001, Az.: L 9 SB 89/00
Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz; Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 07.05.2001
- Aktenzeichen
- L 9 SB 89/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 15861
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0507.L9SB89.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 05.04.2000 - S 18 SB 203/99
Rechtsgrundlagen
- § 153 Abs. 4 SGG
- § 153 Abs. 2 SGG
Prozessführer
A.
Prozessgegner
Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt -, Domhof 1, 31134 Hildesheim
der 9. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
hat am 7. Mai 2001
durch seine Richter B. - Vorsitzender -, C. und D.
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Berufungskläger zustehenden Grades der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Bei dem 1941 geborenen Berufungskläger hatte das Versorgungsamt Braunschweig - Außenstelle Hildesheim - (VA) mit zuletzt bindend gewordenem Bescheid vom 21. Januar 1997 einen GdB von 60 festgestellt. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
- 1.
Herzschaden,
- 2.
Verlust des linken Auges.
Bereits im Oktober 1997 leitete das VA erneut Ermittlungen ein und zog Befunde der den Berufungskläger auf internistischem Gebiet behandelnden Ärzte bei. Mit einer ersten Anhörung vom 8. Oktober 1997 wies das VA den Berufungskläger darauf hin, angesichts der Befunde sei die Herabsetzung des bei ihm festgestellten GdB beabsichtigt. Nachdem der Berufungskläger darauf hingewiesen hatte, seine Herzerkrankung habe sich erneut verschlechtert, kam es zu weiteren Ermittlungen des VA, die zur erneuten Anhörung vom 23. November 1998 führten. Auch hierin wurde darauf hingewiesen, hinsichtlich der Einstufung der Herzerkrankung des Berufungsklägers komme es maßgeblich auf die verbliebenen Funktionseinschränkungen seines Herzens an. Unter ausführlicher Auswertung der mittlerweile beigezogenen medizinischen Unterlagen wurde darauf hingewiesen, nunmehr sei die Herabsetzung beabsichtigt.
Mit Bescheid vom 18. Januar 1999 setzte das VA mit Wirkung vom 1. Februar 1999 den dem Berufungskläger zustehenden GdB auf 30 herab.
Auf den Widerspruch des Berufungsklägers leitete das VA erneut medizinische Ermittlungen ein und hörte den Berufungskläger mit Schreiben vom 18. Mai 1999 erneut zur beabsichtigten Vorgehensweise an. Mit Teil-Abhilfebescheid des VA vom 2. August 1999 wurde der Bescheid vom 18. Januar 1999 dahingehend geändert, daß nunmehr der GdB ab dem 1. Februar 1999 mit 40 eingestuft wurde. Mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Niedersachsen vom 28. Juli 1999 wurde der Widerspruch im übrigen zurückgewiesen.
Der Berufungskläger hat am 10. August 1999 Klage erhoben.
Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat den Berufungskläger durch den Internisten, Kardiologen und Sozialmediziner Dr. E. begutachten lassen (Gutachten vom 2. Dezember 1999). Dieser hat im wesentlichen die Einschätzung des VA hinsichtlich des GdB des Berufungsklägers bestätigt. Weiter sind ein Arztbrief von Prof. Dr. F. sowie eine versorgungsärztliche Stellungnahme der Neurologin Dr. G. zur Gerichtsakte gelangt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. April 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen darauf hingewiesen, zur Entscheidung des Rechtsstreits komme es auf die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Berufungsklägers im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Zu diesem Zeitpunkt seien die beim Berufungskläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht mit einem höheren GdB als 40 zu bewerten gewesen.
Der Berufungskläger hat gegen das ihm am 17. Mai 2000 zugestellte Urteil am 16. Juni 2000 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bestreitet er erneut die richtige Einstufung der bei ihm vorliegenden Herzerkrankung. Insoweit ist er der Auffassung, das bei ihm bestehende Risiko erneuter Herzinfarkte bzw. erneuter Verschlüsse in den Herzkranzgefäßen müsse dazu führen, daß die bei ihm vorliegende Herzerkrankung höher eingestuft werde. Weiter müsse eine bei ihm mittlerweile aufgetretene Schilddrüsenerkrankung GdB-erhöhend berücksichtigt werden.
Der Berufungskläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß),
- 1.
das Urteil des Sozialgerichtes Hildesheim vom 5. April 2000 aufzuheben sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Braunschweig - Außenstelle Hildesheim - vom 18. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Niedersachsen vom 28. Juli 1999 und des Teilabhilfebescheides vom 2. August 1999 abzuändern,
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger seit dem 1. Februar 1999 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf seine angefochtenen Bescheide sowie das erstinstanzliche Urteil.
Während des laufenden Berufungsverfahrens hat der Berufungskläger einen Neufeststellungsantrag bei dem VA gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des VA vom 31. Januar 2001 dahingehend beschieden, daß der GdB ab dem 13. April 2000 mit 50 festgestellt werde.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des VA - Az.: 33 133 34-9489 6 - Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten weist er die Berufung daher in Anwendung von § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluß zurück.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht erkannt, daß dem Berufungskläger ab dem 1. Februar 1999 kein höherer GdB als 40 zugestanden hat. Es ist hierbei von den richtigen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen ausgegangen und hat mit nachvollziehbaren, ausführlichen Erwägungen und zutreffend seine Entscheidung begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 5. April 2000 Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Insoweit ist insbesondere erneut darauf hinzuweisen, daß es hier auf den gesundheitlichen Zustand des Berufungsklägers im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - also zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Niedersachsen vom 28. Juli 1999 - ankommt. Das SG hat insoweit zutreffend die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, der auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, zitiert und angewendet. Zu diesem Zeitpunkt war es nach den vorliegenden medizinischen Befunden und nach den Ausführungen des erstinstanzlich gehörten Sachverständigen so, daß die kardiale Belastbarkeit des Berufungsklägers, auf die es für die Einstufung seiner kardiologischen Beschwerden nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, Ausgabe 1996 (AP 96; vgl. dort Rdnr. 26.9) entscheidend ankommt, so gut war, daß eine höhere Bewertung nicht in Betracht kam. Von weiteren Ausführungen hierzu sieht der Senat angesichts des ausführlichen vorliegenden Materials ab. Es ist nur erneut darauf hinzuweisen, daß es auf die sicherlich vorhandene Gefährdung des Berufungsklägers, erneut einen Herzinfarkt zu erleiden, für das Schwerbehindertenrecht und damit für die Entscheidung dieses Verfahrens nicht ankommt, vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 13. August 1997, Az: 9 RVs 10/96.
Entgegen der Auffassung des Berufungsklägers und entgegen der in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. Behrendt vom 3. April und 28. Juli 2000 war zum Zeitpunkt der Herabsetzung des Grades der Behinderung auch eine wesentliche Änderung gegenüber der Feststellung in dem Bescheid vom 21. Januar 1997 eingetreten. Dr. Behrendt hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die reinen Funktionsstörungen des Herzens des Berufungsklägers im Januar 1997 keinen Teilgrad der Behinderung von 50 bedingt haben. Die Feststellung insoweit beruht auf der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. Fiedler vom 20. Dezember 1996. Zu diesem Zeitpunkt waren die ab dem 1. Januar 1997 anzuwendenden AP 96 aber noch nicht verfügbar, so daß der Senat keinen Zweifel hat, daß die Feststellung unter Berücksichtigung einer Heilungsbewährung erfolgt ist, vgl. Anhaltspunkt in der Fassung von 1983, S. 67. Zwar erfolgte die Berücksichtigung der Heilungsbewährungszeit im Januar 1997 nach den inzwischen anwendbaren AP 96 zu Unrecht, dies hindert aber die spätere Herabsetzung nach Ablauf der Heilungsbewährungszeit nicht, vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Februar 1997, Az: 9 RVs 5/96. Die Heilungsbewährung tritt auch allein durch Zeitablauf ohne Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse ein.
Auch die übrigen bei dem Berufungskläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen sind vom Berufungsbeklagten richtig eingestuft worden und die Bildung des Gesamt-GdB unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu Rdnr. 19 der AP 96).
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.