Landgericht Aurich
Urt. v. 29.01.2021, Az.: 1 O 714/19

Verjährung des Prospekthaftungsanspruchs bei Einordnung des von der Verkäufergesellschaft erzielten Gewinns als prospektierungspflichtige Tatsache und Annahme eines Prospektfehlers

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
29.01.2021
Aktenzeichen
1 O 714/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70242
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2021:0129.1O714.19.00

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 13.10.2021 - AZ: 8 U 16/21
BGH - AZ: XI ZR 526/21

In dem Rechtsstreit
des Herrn Dr. U. Z., S.str. , G,
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. v F / L, N Wall , H,
Geschäftszeichen: Z-
gegen
1. W. B Reederei GmbH & Co. KG, vertr.d.d. B S Verwaltungs GmbH, d.vertr.d.d. GF B u. W, Sweg , E,
2. N T Verwaltungsgesellschaft mbH, vertreten d.d. Geschäftsführer Herrn W B, Sweg , E,
3. Herrn W B, S-M-Straße , E,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2, 3: Rechtsanw. Graf v W und Partner, Pstraße - A P, H,
Geschäftszeichen:
wegen Schadensersatz
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Aurich im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 15.01.2021 am 29.01.2021 durch die Richterin D als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.)

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.)

    Der Streitwert wird auf bis zu 37.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger zeichnete am 15.04.2010 eine Beitrittserklärung (Anlage K 1) zur W. B GmbH & Co. Reederei KG MS "B O" mit einem Betrag in Höhe von 30.000,00 EUR. Laut Beitrittserklärung erfolgte der Beitritt auf der Grundlage des Verkaufsprospektes (Stand 11.03.2009).

Ferner leistete der Kläger im November 2014 zur Umsetzung eines Fortführungskonzeptes einen weiteren Beitrag in Höhe von insgesamt 7.000,00 Euro.

Der Emissionsprospekt (Anlage K 3) enthielt gleich am Anfang auf Seite 3 den Hinweis, dass es sich um ein unternehmerisches Engagement handele. Das Angebot sei für Investoren bestimmt, die sich an den wirtschaftlichen Entwicklungen in der Seefahrt und speziell Mehrzweck-/Schwergutschifffahrt beteiligen wollten. Die künftige Entwicklung des Unternehmens könne von den in dem Prospekt enthaltenen Prognosen abweichen. Als Prospektverantwortliche wurde die D D Schiffsinvest GmbH & Co. KG genannt. Auf Seite 5 wurde erläutert, dass es um die Beteiligung an einem Mehrzweck-/ Schwergutschiff mit Eisklasse E 3, der MS "B O" gehe, das am 21.01.2009 an die Verkäufergesellschaft abgeliefert worden sei und zunächst von dieser ca. 5 Monate eingesetzt werde. Anschließend solle es voraussichtlich am 01.07.2009 an die Beteiligungsgesellschaft übergeben werden. Laut Seite 7 des Prospektes sollte der Kaufpreis 20.250.000 USD (14.464.286 EUR, Kurs EUR/USD 1,40) zzgl. 5.505.714 EUR, betragen. Die sonstigen fondsabhängigen Kosten wurden mit 1.246.000 EUR angegeben. Auf Seite 6 wurde erklärt, dass ein Schiffsbewertungsgutachten vorliege, nach dem der Wert des Schiffes auf 20.800.000 EUR geschätzt werde. Ferner wurde erwähnt, dass vom 01.07.2009 bis zum 30.04.2012 ein Zeitchartervertrag zu einer Tagesrate von USD 13.500 bestehe. Die Laufzeit des Schiffsfonds sollte ca. 16,5 Jahre bis Ende 2025 betragen. Auf Seite 8 wurden prognostizierte Auszahlungen ab 2010 beginnend mit 7 % angeführt und die sofortige Option zur Tonnagegewinnermittlung erwähnt. Auf den Seiten 10 ff. wurden die Risiken der Beteiligung dargestellt.

Es wurde erläutert, dass es sich um eine unternehmerische Kommanditbeteiligung mit entsprechenden Risiken handele. Die Entwicklung der wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sei nicht vorhersehbar. Sodann wurde erklärt, dass zwischen 3 Risikoarten zu unterscheiden sei. Die prognosegefährdenden Risiken könnten zu schwächeren Ergebnissen und damit geringeren Auszahlungen führen. Die anlagegefährdenden Risiken könnten zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust der Zeichnungssumme führen. Die anlegergefährdenden Risiken könnten über den Verlust der vollständigen Zeichnungssumme hinaus auch das weitere Vermögen des Anlegers gefährden. Die prognosegefährdenden Risiken wurden sodann ab Seite 10 aufgeführt. Dabei wurde erläutert, dass das Mehrkostenrisiko durch veränderte Forderungen der Werft bzw. gestiegene Kosten für die Bauaufsicht und der Erstausrüstung allein die Vorbesitzergesellschaft treffe. Sodann wurde als Risiken erwähnt eine verzögerte Ablieferung, Mehrkosten durch Mängel, erhöhte Investitionskosten, sowie verspätete Erteilung oder Ausbleiben von Genehmigungen. Es wurde erläutert, dass der Charterer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen oder kündigen könnte und dass die Anschlussbeschäftigung nur zu geringeren Raten oder gar nicht erfolgen könne. Die Zahl der Einsatztage könnte unterschritten werden. Ferner wurde erwähnt, dass höhere Schiffsbetriebskosten anfallen und Wechselkurs-, Finanzierungs- und Zinsrisiken bestehen würden. Der Veräußerungserlös könne geringer ausfallen. Es wurden steuerliche Risiken genannt. Ab Seite 16 wurden anlagegefährdende Risiken aufgeführt. Es könnte sein, dass die Verkäufergesellschaft das Schiff nicht oder mangelhaft übergebe. Es könnten nicht versicherte Risiken eintreten, Schäden bis zum Totalverlust sowie eine zwangsweise Verwertung des Schiffes durch die finanzierende Bank. Ab Seite 17 wurden die anlegergefährdenden Risiken erläutert. Insbesondere wurde erwähnt, dass im Falle von Entnahmen (oder Auszahlungen, wenn der Kapitalanteil des Anlegers durch Verluste unter den Betrag der eingetragenen Einlage gemindert sei), die persönliche Haftung des Anlegers gem. § 171 Abs. 1 HGB i.V.m. § 172 Abs. 4 HGB greife. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der Gesellschaftsvertrag erst zum 31.12.2025 kündbar sei und eine Veräußerung der Beteiligung nicht sichergestellt sei. Ein Zweitmarkt entwickele sich. Als Maximalrisiko wurde erwähnt, dass es bei einer Kumulation von Risiken zum Totalverlust der Beteiligung und einer Pflicht zur Rückzahlung der Ausschüttungen kommen könne und die beschränkte Kommanditistenhaftung im Ausland nicht anerkannt werden könne. Auf Seite 23 wurde erklärt, dass ein Bewertungsgutachten für das Schiff vom 29.12.2008 vorliege, nach dem der Wert auf 20.800.000 EUR geschätzt werde, sodass der Kaufpreis von 19.970.000 EUR als günstig eingeschätzt werde. Außerdem wurde auf Seite 23 die Versicherungen u.a. eine Kriegsversicherung genannt. Auf Seite 30 ff. fanden sich Ausführungen zum Markt, dabei hieß es im Vorwort, dass die Datenvalutierung Oktober 2008 erfolgt sei. Auf Seite 32 wurde zunächst auf steigende Charterraten bei Multi-Purpose-Schiffen bis Mitte 2008 hingewiesen, allerdings hieß es auch "Derzeit mehren sich jedoch die Anzeichen für ein Abschwächen des Marktes". Weiter heißt es: "Wir konnten einen stetig gewachsenen Bedarf nach diesem Schiffstyp verzeichnen. Insbesondere die zukunftsträchtige Industrie für Windenergieanlagen ist zunehmend an Mehrzweckschiffen dieser Größenordnung interessiert. Unserer Ansicht nach wird der Markt in naher Zukunft zunächst stabil bleiben. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die sinkende Nachfrage auf den Massengutmärkten einerseits, die globale Krise auf den Finanzmärkten und die sinkenden Rohölpreise andererseits mittelfristig auswirken werden." Auf Seite 42 hieß es, der Kaufpreis für das MS "B O" gemäß Memorandum of Agreement vom 05.01.2009 zwischen der Beteiligungsgesellschaft und der Verkäufergesellschaft betrage inklusive umfangreicher Nebenleistungen wie Bauaufsicht, Erstausrüstung des Schiffes, Bauzeitfinanzierungskosten, vorbereitender Bereederung, etc. EUR 19.970.000. Auf Seite 50 ff fanden sich Sensitivtätsanalysen zu denen es hieß, dass zukünftige Abweichungen der genannten Größen von den kalkulierten Annahmen als wahrscheinlich anzusehen seien. Aussagen über Eintrittswahrscheinlichkeiten einzelner Szenarien seien nicht möglich. Es seien auch größere Abweichungen außerhalb der beispielhaft dargestellten Bandbreiten möglich. Auf Seite 65 wurden die Gründungskommanditisten u.a. die Beklagten zu 1) bis 3) genannt. Auf Seite 78 f wurden "Gewinnbeteiligungen und Bezüge der Gründungsgesellschafter und der mit ihnen verbundenen Unternehmen" aufgeführt. Dabei waren Leistungen an die Verkäufergesellschaft nicht mit genannt. Auf Seite 80 wurden Verflechtungen aufgeführt, u.a. wurde erläutert, dass der Beklagte zu 3) Kommanditist der Verkäufergesellschaft und Geschäftsführer deren Komplementär-GmbH sei und zugleich Kommanditist der Emittentin und Geschäftsführer deren Komplementär-GmbH sei.

Die Verkäufergesellschaft erzielte bei der Veräußerung des Schiffes an die Beteiligungsgesellschaft einen Gewinn, der in dem Emissionsprospekt nicht mitgeteilt wurde.

Der Kläger rügt, dass in dem Prospekt weder über Details des Werftvertrages, insbesondere des Werftpreises, noch zum vermeintlichen Sicherungsgeschäft des Kaufpreises zum vereinbarten Kurs EUR/USD 1,40, sowie daraus resultierenden Gebühren informiert werde. Der Anleger erfahre so nicht, ob und in welcher Höhe die Verkäufergesellschaft einen Zwischengewinn habe realisieren können. Der Kläger behauptet, die Verkäufergesellschaft habe das Schiff MS "B O" für nicht wesentlich mehr als maximal rund 15.000.000 EUR bestellt und gekauft und einen Zwischengewinn von mindestens 4.000.000 EUR erzielen können. Der Kläger meint, er hätte nicht nur über das Erwerbsgeschäft und die Verflechtungen, sondern auch über den tatsächlich erzielten Zwischengewinn informiert werden müssen. Er hätte nicht davon ausgehen müssen, dass so ein Zwischengewinn erzielt werde, weil dieser im Prospekt nicht aufgezeigt werde, obwohl für andere Vertragspartner, bei denen der Beklagte zu 3) eine Rolle spiele, die Vergütungen bzw. Verdienstmöglichkeiten aufgezeigt seien. Ein Prospektleser gehe nach der Gesamtschau der Angaben davon aus, dass der Beklagte zu 3) auf vielfältige Art und Weise - so wie im Prospekt dargestellt - entlohnt werde. Er habe ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausgehen können, dass die im Prospekt offengelegten Verdienstmöglichkeiten vollständig seien und die Darstellung abschließenden Charakter habe. Auch für den Verjährungsbeginn könne es nicht nur auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis darüber ankommen, ob eine Sondervergütung erlangt wurde, sondern auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der Art und Höhe der Vorteile. Zudem sei der Kaufpreis von insgesamt 19.970.000,00 EUR als günstig bezeichnet worden, was nach einem naheliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Anlegers eine Gewinnspanne von über 4,0 Mio. EUR ausschlösse. Diese Gewinnspanne lasse an der Rentabilität der Anlage zweifeln. Für den Verjährungsbeginn sei Kenntnis erforderlich und nicht eine bloße Ahnung oder Vermutung. Sein Beitrittsentschluss habe auf den Prospektangaben beruht. In Kenntnis sämtlicher Umstände hätte er sich nicht beteiligt.

Der Kläger beziffert seinen Schaden wie folgt:

Einlage30.000,00 Euro
- Gutschrift-300,00 Euro
- Ausschüttungen-2.100,00 Euro
Erhöhungsbetrag7.000,00 Euro
Schaden:34.600,00 Euro.

Mit Schriftsatz vom 19.11.2019 hat der Kläger einen Antrag nach § 2 KapMuG gestellt. Durch Beschluss vom 21.01.2020 wurde gem. § 3 Abs. 2 KapMuG der Musterfeststellungsantrag bekannt gemacht. Durch Beschluss vom 25.11.2020n wurde der Musterverfahrensantrag zurückgewiesen, weil binnen 6 Monaten seit der Bekanntmachung nicht neun weitere gleichgerichtete Anträge im Klageregister bekannt gemacht wurden (§ 6 Abs. 5 KapMuG).

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger insgesamt 34.600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung aller seiner Rechte und Pflichten an der W. B GmbH & Co. R KG MS "B O" über 30.000,00 EUR.

  2. 2.

    die Beklagten zu 1. bis 3. Als Gesamtschuldner zu verpflichten, den Kläger auch von künftigen Schäden, insbesondere von steuerlichen Nachteilen oder Ausschüttungsrückforderungen freizustellen, die ihm aus seiner Beteiligung an der in Ziffer 1 genannten Schiffsbeteiligung künftig noch entstehen könnten.

  3. 3.

    festzustellen, dass sich die Beklagten mit der in Ziffer 1. genannten Gegenleistung im Annahmeverzug befinden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Kläger habe - wie er selbst vortrage - aufgrund der Prospektangaben den Beitrittsentschluss gefasst. Der Prospekt zeichne - entgegen der Auffassung des Klägers - ein zutreffendes Bild von dem Beteiligungsobjekt. Die Verflechtungen seien unstreitig aufgeführt. Ein Sicherungsgeschäft habe es nicht gegeben. Es sei nur zur Klarstellung der angewendete Umrechnungsfaktor erläutert worden. Der Kaufpreis sei mit 1,40 EUR/USD vereinbart worden, mit der Folge, dass die Bestellergesellschaft das Währungsrisiko des während der Bauphase schwankenden Dollars getragen habe und der Kaufpreis für die Fondsgesellschaft dem vereinbarten und in Euro prospektierten Betrage entsprochen habe. Der Umstand, dass die Bestellergesellschaft für ihr Handelsgeschäft einen Umsatz erziele, sei als solches offensichtlich und nicht gesondert darstellungsbedürftig. Diese habe ein erhebliches kaufmännisches Risiko übernommen, in dem sie das zukünftige Fondsschiff bei der Werft in Auftrag gegeben habe und so die Finanzierung während der Bauzeit, Versicherung und Beaufsichtigung des Bauwerks sowie das Risiko der rechtzeitigen und mangelfreien Erfüllung des Bauvertrages getragen habe. Der Ertrag habe im Verhältnis zu dem kaufmännischen Risiko gestanden. Die Beklagte beruft sich vorsorglich auf Verjährung.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst den Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

a)

Fraglich ist bereits, ob überhaupt eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Gewinnmarge bestand. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall sei es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ - objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolge, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse (BGHZ 189, Seite 13 = NZG 2011 Seite 591 = NJW 2011, Seite 1949 Rdnr. 38, und BGHZ 191, Seite 119 = NZG 2012, Seite 25 = NJW 2012, Seite 66 Randnummer 37). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich sei, ließe innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (BGHZ 191, Seite 119 = NZG 2012, Seite 25 = NJW 2012, Seite 66 Rdnr. 44, und Senat, NJW-RR 2012, Seite 43 = WM 2011, Seite 2261 Rdnr. 47). Dem stehe die Rechtsprechung des BGH zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (BGHZ 191, Seite 119 = NZG 2012, Seite 25 = NJW 2012, Seite 66 Rdnrn. 38?ff. m.?w. Nachw.).

Diese diskutierte Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.

b)

Selbst bei Einordnung des von der Verkäufergesellschaft erzielten Gewinns als prospektierungspflichtige Tatsache und Annahme eines Prospektfehlers wären die Ansprüche des Klägers zwischenzeitlich bereits verjährt. Dies folgt aus §§ 199 Abs. 1, 195 BGB. Hiernach beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Gemessen hieran begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 und endete mit Ablauf des 31.12.2013. Maßgeblicher Zeitpunkt der Entstehung des Prospekthaftungsanspruches ist der Zeitpunkt des Erwerbs der Anlage. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist, weshalb der Vermögensschaden unabhängig von der Wertentwicklung der Kapitalanlage bereits mit Vertragsabschluss eingetreten ist (vgl. BGH, Urt. v. 08.04.2014, Az. XI ZR 341/12). Mit Annahme der Beitrittserklärung vom 15.04.2010 erfolgte die Anspruchsentstehung folglich am 16.04.2010.

Auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB lagen im Jahre 2010 vor.

Denn der Kläger, dessen Beitritt auf Grundlage des Verkaufsprospektes vom 11.03.2009 erfolgte, hat bereits zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs gewusst, dass die Beschaffung des Anlageobjektes durch die Beteiligungsgesellschaft einem von Gewinnstrebenden geprägtem Erwerbsvorgang zweier Handelsgesellschaften entspringt, und ihm weder der Veräußerungsgewinn noch die zu dessen Ermittlung erforderlichen Daten (Anschaffungskosten der Verkäufergesellschaft) mitgeteilt wurden. Auch die personellen Verflechtungen waren ihm im Beteiligungsprospekt (dort Seite 80) unstreitig offengelegt worden.

In dem streitgegenständlichen Beteiligungsprospekt ist hinreichend deutlich dargestellt, dass der Verfügbarkeit des wirtschaftlichen Assets der Beteiligungsgesellschaft erst noch der Beschaffungsvorgang durch den Ankauf des Schiffes von einer anderen Gesellschaft vorgeschaltet ist. Dass neben der ankaufenden Beteiligungsgesellschaft auch die Verkäufergesellschaft als Handelsunternehmen Gewinninteressen verfolgt und der prospektierte Verkauf des Schiffes an die Beteiligungsgesellschaft als Zwischenhandel mit einem Preisaufschlag gegenüber dem werftseitigen Preis einherging, war seitens der Anlageinteressenten somit schon nach der Lebenserfahrung und den Gepflogenheiten im geschäftlichen Verkehr in Rechnung zu stellen, zumal es ihnen um den Erwerb einer unternehmerischen Beteiligung ging und die Verkäufergesellschaft das Bestellerrisiko trug. Auf das von der Verkäufergesellschaft zu tragende Risiko wurde auch auf Seite 10 hingewiesen. Es war somit offensichtlich, dass innerhalb der Veräußerungskette auch die Verkäufergesellschaft Gewinninteressen verfolgt, und die Höhe des von ihr zu erzielenden Gewinns nicht offenbart wurde. Dass Handelsgesellschaften, wenn sie etwas verkaufen, dabei regelmäßig verdienen wollen, ist Allgemeinwissen. Auch der Kläger behauptet nicht, dass ihm dieser Umstand generell unbekannt gewesen sei. Bereits auf den Seiten 2, 3 und 8 des Prospektes wird deutlich, dass es sich bei einer Beteiligung an einem Schiffsfonds um ein unternehmerisches Engagement handelt. Argument für die Beteiligung ist die Möglichkeit, einen Vermögenszuwachs zu erzielen. Es muss sich jedem Beitrittsinteressenten aufdrängen, dass es nicht nur ihm und den anderen Gesellschaftern der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft sondern auch den Gesellschaftern der W. B GmbH & Co. R KG MS "W S" (der Verkäuferin) um Vermögenszuwachs geht. Daran ändert auch die Darstellung auf Seite 78, 79 des Prospektes ("Gewinnbeteiligung und Bezüge der Gründungsgesellschafter und der mit ihnen verbundenen Unternehmen") nichts, denn dass diese Aufstellung das Veräußerungsgeschäft zwischen der Beteiligungsgesellschaft und der Verkäufergesellschaft nicht berücksichtigte, ergab sich schon daraus, dass der an die Verkäufergesellschaft zu zahlende Kaufpreis nicht genannt war, obwohl es sich um eine Vergütung handelt. Auch die Bezeichnung des Preises als "günstig", so auf Seite 23 des Prospektes, ließ nicht darauf schließen, dass es hier keine Gewinnmarge gab. Er bezog sich erkennbar auf einen Vergleich zwischen dem von der Beteiligungsgesellschaft zu zahlenden Preis und dem vom Schiffssachverständigen geschätzten Wert des Schiffes. Da Preise von Schiffen im Rahmen der Bauzeit und der ersten Einsatzzeit von ca. 5 Monaten steigen können, als auch die Möglichkeit besteht, dass für fertige Schiffe, die sogleich einsetzbar sind, mehr gezahlt wird, als für erst zu bauende Schiffe, konnten daraus keine Schlüsse auf eine fehlende Gewinnmarge gezogen werden. Der Kläger hatte hier nicht nur eine Ahnung davon, dass es hier einen Veräußerungsvertrag gab, der der Verkäufergesellschaft, an der der Beklagte zu 3) beteiligt war, eine Gewinnerzielungschance einräumte, deren Realisierung ihm nicht mitgeteilt wurde. Er hatte positive Kenntnis von diesem Umstand. Er wusste, dass es den Veräußerungsvertrag gab und ihm der Anschaffungspreis nicht mitgeteilt wurde. Auf die Kenntnis der genauen Höhe des erzielten Zwischengewinns kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist nicht an (vgl. BGH Urt. v. 26.02.2013, Az. XI ZR 498/11).

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.