Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.11.2018, Az.: 4 A 1986/18

Denkmalschutzgesetz; Steuerbescheinigung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
26.11.2018
Aktenzeichen
4 A 1986/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74305
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Abstimmung nach § 7i EStG setzt die Einholung denkmalrechtlicher Genehmigungen, zu deren Einholung der Bauherr verpflichtet ist, voraus.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Erteilung einer steuerrechtlichen Bescheinigung von der Beklagten.

Der Kläger ist Immobilienkaufmann und Eigentümer des Baudenkmals C., D.-Straße, in A-Stadt.

Auf Antrag des Klägers, der das Wohnwirtschaftsgebäude zu einem Mehrfamilienhaus mit 10 vertikal getrennten Wohneinheiten umzubauen beabsichtigte, und seiner Bitte, dass ihm die Baugenehmigung trotz fehlender Bauunterlagen zu der denkmalgerechten Sanierung erteilt werde, erteilte ihm die Beklagte unter dem 12. April 2016 eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau vom Denkmalschutzgebäude im Bereich Außenseite und Dachgaube sowie Nutzungsänderung des Dachgeschosses zu Wohnzwecken“. Die Genehmigung schließt die grundsätzliche denkmalrechtliche Genehmigung für den Umbau ein, erteilt dem Kläger aber die Auflage, die Ausführungsplanung für die Sanierungsarbeiten sich mit einer detaillierten Darstellung und Maßnahmenbeschreibung noch denkmalrechtlich genehmigen lassen zu müssen. Die Arbeiten beträfen

- die detaillierte Ausführung der Gauben auf den jeweiligen Dachflächen (Kubatur, Oberflächen, Material, Fenster),

- Fenster- und Türerneuerungen,

- Sanierung, Erneuerung, Anstrich von Fachwerk und Gefachen,

- Baumaßnahmen am Dach, ggf. neue Dachflächen, Schornsteine, weitere Aufbauten, Traufbereiche

- Außenwandaufbauten, Umgang mit internen Bestandswänden, Decken und Böden (Erhaltung, Material, Oberflächen),

- Freiflächen,

- ggf. die Dachneueindeckung aufgrund gravierender Eingriffe.

Weitere Auflagen betreffen Arbeiten im Innern einzelner Wohnungen im Erdgeschoss und an dem Dachgeschossausbau. Die Genehmigung informiert den Kläger weiter über die formellen Voraussetzungen für die Ausstellung einer Steuerbescheinigung. Hierzu gehörten die vorherige detaillierte Abstimmung über den Umfang der steuerlich begünstigten Erhaltungsmaßnahmen und dass die Maßnahmen in allen Teilen entsprechend der Genehmigung ausgeführt sind.

Die Beklagte, der keine Bauaufnahme des Denkmals vorliegt, stellte fest, dass die Baumaßnahmen abweichend von den zur Baugenehmigung vorgelegten Vorlagen stattfänden und die denkmalrechtlichen Nebenbestimmungen missachtet würden.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017 reichte der Kläger Rechnungen über Umbaumaßnahmen bei der Beklagten mit einer Bausumme von insgesamt 2,3 Mio. Euro ein und bat darum, sie „zwecks Einreichung beim Finanzamt auf die Denkmalschutzabschreibung zu sichten und zu stempeln“.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2018 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger eine Steuerbescheinigung gemäß § 7i, 10 f, 11b EStG zu erteilen. Er habe Baumaßnahmen abweichend von der Baugenehmigung und ohne vorherige Abstimmungen durchgeführt

Der Kläger hat am 13. März 2018 Klage erhoben. Der Bescheid sei bereits formell fehlerhaft, da ihm Akteneinsicht erst das Verwaltungsgericht gewährt habe, obwohl er sie bereits am 28. Mai 2018 bei der Beklagten beantragt habe. Außerdem sei der Bescheid zu unbestimmt und nicht hinreichend begründet. Die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, welche Voraussetzung für die Steuerbescheinigung fehle.

Die Versagung sei unverhältnismäßig. Es habe ein langjähriger Sanierungsstau bestanden und die Beklagte hätte berücksichtigen müssen, dass eine Renovierung von vornherein große Probleme mit sich bringen würde und zur Erleichterung der Sanierung beitragen müssen.

Die Baumaßnahme entspreche der Baugenehmigung. Allenfalls vertretbare optische Veränderungen entsprächen dem Grundsatz der Denkmalverträglichkeit.

Eine Abstimmung seiner Arbeiten mit der Beklagten habe stattgefunden. Die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung seien beachtet worden. Der Beklagten seien vorgelegt worden:

- Zeichnungen für eine Mustergaube, die in Emails vom 22. März 2016 abgestimmt worden seien. Darauf habe der Kläger mit Schreiben vom 7. Februar 2018 die Beklagte hingewiesen.

- Detailbilder zur Fenster- und Türerneuerung, die mit Email vom 12. Juli 2017 abgestimmt worden seien.

- Musterfarbanstriche.

- die Erkenntnis, dass der Bodenbelag anders als die Baugenehmigung zugrunde gelegt kein „Natursteinbelag“ gewesen sei. Der Vorhalt, der Bodenbelag im Bereich der ehemaligen Durchfahrtsdiele entspreche nicht der Baugenehmigung, sei damit inzwischen entkräftet.

- Eine Erklärung von Herrn E., dass die Sanierung und Erneuerung von Fachwerk und Gefachen aufgrund statischer Untersuchungen so erfolgt sei, wie sie jetzt sei.

- Die Abgasführung habe nicht anders hergestellt werden können. Auch Terrassentrennwände, Fahrradschuppen und das ersetzte Holztor seien für die Bewohnbarkeit unabdingbar. Nicht notwendig sei es auch gewesen, einen Architekten nach Auswahl der Baubehörde zu beauftragen. Die ausgewählten Handwerker seien hochqualifiziert.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 19. Februar 2018 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Steuerbescheinigung gem. §§ 7i, 10f, 11b EStG zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bescheid könne schon nicht daran leiden, dass der Kläger erst durch das Verwaltungsgericht Akteneinsicht erhalten habe, denn er habe diese erst nach Klageerhebung beantragt. Der Bescheid vom 19. Februar 2018 sei auch bestimmt. Ihm sei zu entnehmen, dass der Kläger seine Bautätigkeit nicht mit der Beklagten abgestimmt habe. Er habe zunächst die erforderlichen denkmalrechtlichen Genehmigungen wie von der Baugenehmigung gefordert, nicht eingeholt. Außerdem weiche die Bauausführung erheblich von den genehmigten Unterlagen ab, weil der Kläger zuvor keine Bauaufnahme des vorhandenen Bestandes eingeholt habe. Schließlich habe der Kläger weitere, denkmalrechtlich relevante Bautätigkeiten entfaltet und so für die Beklagte vollendete Tatsachen geschaffen. Damit habe er im wesentlichen Fragen seine Bautätigkeit nicht mit ihr abgestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Grundlagenbescheinigung nach §§ 7 i, 10 f, 11 b EStG für Bautätigkeiten auf dem Grundstück D.-Straße. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 19. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Formelle Mängel sind nicht ersichtlich. Akteneinsicht hat der Kläger sofort auf seinen Antrag erhalten.

Nach § 7 i Abs. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nach § 7 i Abs. 1 EStG nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle die Voraussetzungen des § 7 i Abs. 1 EStG für das Gebäude und für die Erforderlichkeit seiner Aufwendungen nachweist. Diese nach Landesrecht zuständige Stelle ist gemäß § 20 Abs. 1 NDSchG die Beklagte als untere Denkmalschutzbehörde. Nach § 7 i Abs. 1 Satz 1 EStG wird die Steuervergünstigung gewährt für Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Die Baumaßnahmen müssen dabei in Abstimmung mit der in § 7 i Abs. 2 EStG bezeichneten Stelle durchgeführt worden sein (§ 7 i Abs. 1 Satz 6 EStG). Die Erteilung einer Bescheinigung zur Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen setzt also kumulativ voraus, dass die Herstellungskosten für die Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal erforderlich sind und dass die Baumaßnahme als solches abgestimmt worden ist. Dabei hat die Abstimmung grundsätzlich vor der Durchführung der Maßnahmen zu erfolgen, denn sie dient vor allem dazu, die Erforderlichkeit der Maßnahmen im Sinne der einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen zu gewährleisten (so OVG Lüneburg Urt. v. 17.02.87 - 6 A 31/87 -, BRS 49, Nr. 148; VGH München Urt. v. 03.12.08 - 15 ZB 08.727 -, Juris). Dies erfordert, dass die zuständige Denkmalschutzbehörde rechtzeitig vor Beginn der Planung eingeschaltet worden ist und die von ihr gutachtlich festgelegten denkmalpflegerischen Belange bei der Durchführung der Maßnahme vollständig berücksichtigt worden sind. Dass die Aufwendungen aus denkmalpflegerischer Sicht angemessen oder vertretbar sind, reicht nicht aus. Sie müssen vielmehr, gemessen am Zustand des Baudenkmals vor Beginn der Baumaßnahmen, geboten sein, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeiführen zu können. An der erforderlichen Abstimmung fehlt es auch dann, wenn die Baumaßnahme in wesentlichen Bereichen anders als vorher abgestimmt durchgeführt wird (vgl. dazu VGH München Urt. v. 03.12.08, a. a. O.).

Nach diesen Maßgaben ist keine Bautätigkeit, die in den der Beklagten vorgelegten Rechnungen enthalten ist, bescheinigungsfähig.

Der Kläger kann das Gericht nicht davon überzeugen, dass eine Abstimmung gemäß § 7 i Abs. 1 Satz 6 EStG stattgefunden hat, selbst wenn das Gericht zu seinen Gunsten davon ausgeht, dass er mit der Beklagten zu einigen Baudetails eine Klärung mit der Beklagten nicht nur versuchte, sondern sie sogar erreichte.

An einer den Bautätigkeiten des Klägers vorausgehenden Abstimmung fehlt es schon deshalb, weil es der Kläger unterlassen hat, wie ihm durch die Baugenehmigung vom 12. April 2016 aufgegeben, die von der Beklagten erwarteten denkmalrechtlichen Genehmigungen einzuholen und stattdessen – offenkundig ohne Beratung von denkmalfachlicher Seite – begann, das Baudenkmal in seinem Sinne umzugestalten. Soweit die Beklagte für die Arbeiten eine noch einzuholende denkmalrechtliche Genehmigung einfordert, fehlt es an einer Beurteilungsgrundlage, um den eigentlich in der Abstimmung zu leistenden nächsten Schritt zu gehen, dass der Bauherr die Art und den Umfang der geplanten Arbeiten mitteilt und die Denkmalschutzbehörde damit in den Stand versetzt, die steuerrechtlichen Voraussetzungen zu beurteilen (Nds. OVG Beschl. v. 10.10.16 – 1 LA 48/16 -, V.n.b.). Soweit der Kläger weitere Arbeiten, die nicht von der Baugenehmigung erfasst sind, ohne jedwede Rücksprache mit der Beklagten durchführt, fehlt jedwede Abstimmungsgrundlage.

Ohne eine Abstimmung im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG kommt eine Bescheinigung nach § 10f EStG nicht in Betracht (§ 10f Abs. 1 Satz 1 EStG).

Eine Bescheinigung nach § 11b EStG erfordert ebenfalls eine Abstimmung nach § 7i EStG (§ 11 b Satz 1 EStG). Die fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.