Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 20.11.2018, Az.: 13 A 6596/17
Abschiebeschutz; Flüchtlingseigenschaft; Kämpfer; Mitgliedschaft; PKK; Terrororganisation; YPG
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 20.11.2018
- Aktenzeichen
- 13 A 6596/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74005
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs 1 AsylVfG
- § 4 Abs 1 AsylVfG
Tatbestand:
Der 1993 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die Beklagte hat bei ihm lediglich das Vorliegen von Abschiebungsverboten festgestellt.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger, kurdischer Volkszugehörigkeit.
Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2015 stellte er einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Er gab an, bei einem Gefecht mit Kämpfern des IS angeschossen und am Fuß verletzt worden zu sein. Er sei in einem Krankenhaus behandelt worden. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus habe er in die Türkei zurückkehren wollen. An der Grenze sei er von der türkischen Polizei festgenommen, inhaftiert und gefoltert worden. Der Kläger sei zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurden wegen seiner Anhängerschaft bei der YPG. Nach seiner Freilassung sei ihm mitgeteilt worden, dass er innerhalb von 10 Tagen seinen Militärdienst anzutreten habe. Deswegen sei er aus der Türkei geflohen. Er sei aufgrund seiner Ergebnisse traumatisiert und auf medizinische Behandlung angewiesen.
Der Kläger wurde am 19.09.2016 angehört.
Er gab an, er sei illegal aus der Türkei ausgereist, teilweise zu Fuß, teilweise mit dem Auto und dem Lkw. Irgendwann im Jahr 2015 – den genauen Termin wisse er nicht – sei er in Deutschland eingereist. Hier lebten Verwandte von ihm. Er habe keine Ausbildung gemacht, sondern im Bereich Außenbau gearbeitet. In den Jahren 2013 bis 2015 sei er für die YPG in einen Auslandseinsatz in Syrien gewesen. Danach sei er in die Türkei zurückgekommen. Nachdem bekannt geworden sei, dass er für die YPG gearbeitet habe, sei er für 6 Monate in ein Gefängnis gesperrt worden. Er habe erfahren, dass er für 7 Jahre ins Gefängnis hätte gehen müssen. Deshalb sei er geflohen.
In Syrien habe er gegen den IS gekämpft. Nach seiner Verletzung habe er in die Türkei zurückkehren wollen. An der Grenze sei er von Soldaten festgehalten worden. Man habe ihn die ganze Nacht geschlagen. Dann sei er für 6 Monate ins Gefängnis gesteckt worden. Nach 6 Monaten sei er wieder freigelassen worden, er habe aber Todesdrohungen erhalten. Schließlich habe er ein Schreiben bekommen, in dem festgesetzt worden sei, dass er für 7 Jahre ins Gefängnis gehen müsse. Mit einem gefälschten Ausweis sei er dann ausgereist.
Nach dem Protokoll der Anhörung legte der Kläger Fotos aus seiner Zeit bei der YPG vor, auf denen er klar zu erkennen ist.
Außerdem befindet sich in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten die Kopie einer deutschen Übersetzung eines „tatsächlichen Beschlusses“ (wohl eher „begründeter Beschluss“) des 3. Gerichts für schwere Delikte von Sanliurfa zum Aktenzeichen F., u.a. wonach der Angeklagte A. zu 5 Jahren Haft verurteilt wurde.
Mit Bescheid vom 03.07.2017 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellte die Beklagte fest, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz vorliegt. Sie lehnt jedoch ab, den Kläger als asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Begründet wurde dies damit, dass der Kläger eingeräumt habe, militärische Aktivitäten für kurdische Gruppen in Syrien getätigt zu haben. Der türkische Staat sehe derartige Verhaltensweisen als strafbar an. Auch die ausgesprochene Freiheitsstrafe liege nicht völlig außerhalb rechtsstaatlicher Maßstäbe für militärische Aktivitäten im Ausland. Erschwerend komme hinzu, dass nach den vorliegenden Unterlagen und den gemachten Angaben auch eine Verbindung zur PKK bestehen. Die Verfolgungsmaßnahmen des türkischen Staates seien deshalb nicht asylrechtlich von Bedeutung. Auch der subsidiäre Schutzstatus sei nicht zuzuerkennen. Hinweise darauf, dass dem Kläger im türkischen Gefängnis eine Behandlung, vor denen § 4 Abs. 1 Asylgesetz schützen wolle, drohe, sei nicht ersichtlich. Die allgemeinen Haftbedingungen stellten keine zielgerichtete Gefährdung für den Kläger und keine erniedrigende oder unmenschliche Bestrafung dar.
Der Bescheid wurde am 05.07.2017 als Einschreiben zur Post gegeben.
Der Kläger hat am 18.07.2017 Klage erhoben.
Er trägt vor: für die Türkei sei die YPG ein Ableger der verbotenen PKK. Nach Aussage des Staatspräsidenten Erdogan müsste die Türkei von solchen Menschen wie den Kläger gesäubert werden. Auch sei er, der Kläger, aufgrund der schlimmen Ereignisse traumatisiert. Bei einem Einsatz gegen die IS habe sich ein IS-Kämpfer in die Luft gesprengt. 8 seiner Freunde seien in den Tod gerissen worden, und um Körperteile dieser Menschen halten an seiner Kleidung in seinen Händen geklebt. Dann sei er ohnmächtig geworden. Seitdem sei er ein anderer Mensch.
Der Klageschrift war die Übersetzung eines Urteiles der 5. Großen Strafkammer von Diyarbakir vom 10.09.2013 beigefügt, welche sich jedoch auf einen gewissen Rifat A. bezieht
Die YPK habe zudem mit der PKK nichts zu tun. Im Übrigen habe der EuGH am 15.11.2018 entschieden, dass selbst die PKK zu Unrecht auf der EU-Terrorliste geführt werde.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2017 zu verpflichten, ihn, den Kläger, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ihm subsidiärer Schutz nach § 4 Asylgesetz zu gewähren sei.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt der Klage entgegen.
Alle Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch des subsidiären Schutzes.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt u.a. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.
Gleichwohl kann die Klage keinen Erfolg haben. Der Kläger ist jedoch nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und nach § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AsylG von der Zuerkennung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, weil schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen. Dies gilt nach § 4 Abs. 4 S. 2. AsylG auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen
Im Urteil in Sachen 13 A 4222/16 vom 05.09.2017 - in dem es um den Bruder des Klägers dieses Verfahrens geht - heißt es u.a.:
„aa. Ein Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung wegen Beteiligung an Handlungen, die sich gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen richten, setzt zunächst voraus, dass derartige Zuwiderhandlungen vorliegen. Die dafür maßgeblichen Ziele und Grundsätze sind in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt und u. a. in den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu den Antiterrormaßnahmen verankert. Aus diesen folgt, „dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus“ und „die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen" (vgl. Erwägungsgrund 22 zur Richtlinie 2004/83/EG). Wie sich aus den UN-Resolutionen 1373 (2001) und 1377 (2001) ergibt, geht der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen von dem Grundsatz aus, dass Handlungen des internationalen Terrorismus in einer allgemeinen Weise und unabhängig von der Beteiligung eines Staates den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Daraus folgert der Gerichtshof der Europäischen Union, dass dieser Ausschlussgrund auch auf Personen Anwendung finden kann, die im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu einer in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 aufgeführten Organisation an terroristischen Handlungen beteiligt waren, die eine internationale Dimension aufweisen (EuGH, Urt. v. 9. November 2010, Rs. C-57/09 und C-101/09, juris Rn. 82 ff.). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist deshalb ebenfalls geklärt, dass Zuwiderhandlungen (dort im Hinblick auf die Parallelvorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG) entgegen der noch von der Vorinstanz vertretenen Auffassung jedenfalls bei Aktivitäten des internationalen Terrorismus auch von Personen begangen werden können, die keine Machtposition in einem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen oder zumindest in einer staatsähnlichen Organisation innehaben (BVerwG, Urt. v. 19. November 2013 , 10 C 26.12, juris Rn. 12 m. w. N.).
Des Weiteren ist geklärt, dass allein die Zugehörigkeit zu einer in der sogenannten EU-Terrorliste aufgeführten Organisation wie der PKK und die aktive Unterstützung ihres bewaffneten Kampfes nicht automatisch einen schwerwiegenden Grund für die Annahme der Beteiligung an Handlungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG darstellen. Es bedarf vielmehr der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, ob dem Asylbewerber eine individuelle Verantwortung für die Verwirklichung dieser Handlungen zugerechnet werden kann, wobei dem in der Vorschrift verlangten Beweisniveau Rechnung zu tragen ist (EuGH, Urt. v. 9. November 2010 a. a. O. Rn. 99). Dabei müssen sich Unterstützungshandlungen zugunsten einer terroristischen Organisation nicht spezifisch auf einzelne terroristische Aktionen beziehen. Denn der Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2 AsylG verlangt - anders als bei der Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AsylVfG - keine Zurechnung nach strafrechtlichen Kriterien, weil er kein strafbares Handeln im Sinne einer Beteiligung an bestimmten Delikten voraussetzt. Demzufolge können auch rein logistische Unterstützungshandlungen von hinreichendem Gewicht im Vorfeld oder gewichtige ideologische und propagandistische Aktivitäten zugunsten einer terroristischen Organisation den Tatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 AsylG erfüllen, nicht aber etwa das bloße Sprühen von Parolen der Organisation oder das Verteilen von Flugblättern. Maßgeblich ist das Gewicht des Tatbeitrags, das dem der Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entsprechen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 19. November 2013 a. a. O. Rn. 15 m. w. N.).
Dabei ist die Zurechnung bei der Beteiligung an Zuwiderhandlungen gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Asylbewerber objektiv die Möglichkeit tatsächlicher Einflussnahme auf die Begehung von Terrorakten hatte oder solche Taten öffentlich gebilligt oder dazu aufgerufen hat. Mangels Notwendigkeit eines spezifischen Bezugs zwischen der Unterstützungshandlung und einem einzelnen Terrorakt bedarf es für eine Beteiligung in sonstiger Weise gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 Alt. 2 AsylVfG weder einer räumlich-organisatorischen Nähe innerhalb der Organisation zur Ausführung terroristischer Taten noch deren Rechtfertigung in der Öffentlichkeit (BVerwG a. a. O. Rn. 16).
Auch wenn die hier im Raum stehende Beteiligung des Klägers an Taten, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen, die Schwelle einer Beteiligung im strafrechtlichen Sinne nicht überschreiten muss, so ist es doch erforderlich, dass es während seiner Tätigkeit für YPG zu konkreten derartigen Taten gekommen ist. Andernfalls fehlte es an einem Anknüpfungspunkt für eine Verantwortlichkeit des Klägers, die die Grundlage für seinen Ausschluss vom Flüchtlingsschutz darstellt. Es ist deshalb konkret festzustellen, ob schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass sich eine unterstützende Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 AsylG während des Zeitraums, in dem sie geleistet worden ist, in Handlungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG niedergeschlagen hat (BVerwG a. a. O. Rn. 13).
bb. In Anwendung dieser Grundsätze scheint die Funktion des Klägers, mindestens in den Jahren 2013 bis 2015 für die YPG freiwillige Kämpfer aus der Türkei illegal über die türkisch-syrische Staatsgrenze nach Syrien geschleust zu haben, als hinreichend gewichtig, um die Annahme einer Beteiligung an Handlungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG zu rechtfertigen.
Die YPG gilt als bewaffneter Arm der syrischen PYD (Partei der Demokratischen Union), die wiederum als Ableger der PKK gilt. Die YPG ist nach Ansicht von Experten eng mit der PKK verbunden und wird von ihr auch mitfinanziert. Die Europäische Union führt die PKK auf ihrer Terrorliste (vgl. Artikel „ Arbeiterpartei Kurdistan“ im Online-Lexikon Wikipedia vom 04.09.2017 unter 6. „Ressourcen“, Unterpunkt 6.2.3 „Syrien“ sowie unter 7. „Einstufung als terroristische Vereinigung“; Artikel „Volksverteidigungseinheiten“ im Online-Lexikon Wikipedia vom 04.09.2017 unter 1.1. „Gründung und Finanzierung“; Artikel „IS-YPG: Kurdische Speerspitze im Kampf gegen Jihadisten in Syrien“ in der Tiroler Tageszeitung vom 11.10.2014). Führende YPG-Kommandeure sind laut der International Crisis Group in PKK-Lagern ausgebildet worden (Tiroler Tageszeitung a.a.O.; Wikipedia „Volksverteidigungseinheiten“ a.a.O.). In Deutschland ist die PKK seit 1993 durch den Bundesinnenminister verboten.
Ausweislich des Themenpapiers der SFH „Türkei: Situation im Südosten - Stand August 2016“ vom 25. August 2016, dort unter 2.1.1 „Attentate und Kampfhandlungen in einer Mehrheit der Provinzen Südost- und Ostanatoliens“ hat es seit Sommer 2015 unzählige Angriffe der PKK und PKK-naher Gruppierungen gegen türkische Sicherheitskräfte gegeben, die (dort im „Annex I: Sicherheitsrelevante Vorfälle, die mit dem Kurdenkonflikt in Zusammenhang gebracht werden können“) im Einzelnen aufgeführt sind und die, soweit sie die Zeit vom 7. Juni bis zum 1. November 2015 betreffen, zumindest auch noch in den Zeitraum bis zum Oktober 2015 fallen, als der Kläger seine Tätigkeit für die YPG beendet hat. Dort sind im Einzelnen u.a. folgende konkrete Vorfälle aufgelistet:
- Zwei simultane Bombenanschläge in den Büros der HDP in den Provinzen Adana, wo drei Personen verletzt wurden, und Mersin fanden am 18. Mai 2015 statt.
- Gemäß der türkischen Armee hat die PKK am 20. Mai 2015 eine Zivilperson sowie einen Angehörigen des Militärs in der Provinz Muş entführt. In der gleichen Woche sei gemäß der gleichen Quelle ein Anschlag gegen ein Büro der AKP in der Provinz Mardin verübt worden.
- Am 9. Juni kam es in der Stadt Diyarbakır, Provinz Diyarbakır, zu Ausschreitungen, die drei Personen das Leben kostete. Auslöser war die Ermordung von Aytaç Baran, Direktor der islamischen Hilfsorganisation Yeni Ihya-Der.
- Am 11. Juli 2015 erklärte die Koma Civakên Kurdistan (KCK, Union der Gemeinschaften Kurdistans), eine Dachorganisation, der die PKK angehört, dass sie den Waffenstillstand aufhebe und sich bemühen werde, die Errichtung mehrerer Staudämme im Südosten des Landes zu verhindern. In den Provinzen Mardin, Ağrı und Ardahan kam es infolgedessen zu Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften und der PKK, beziehungsweise der PKK-nahen Jugendorganisation Yurtsever Devrimci Gençlik Hareketi (YDG-H, Patriotisch revolutionäre Jugendbewegung). In der Provinz Ardahan wurde eine Person getötet und zwei weitere wurden verletzt, als die PKK das Feuer auf einen Bus eröffnete.
- Am 20. Juli 2015 kamen bei einem Bombenanschlag während einer Versammlung einer Jugendbewegung in der türkischen Grenzstadt Suruc, Provinz Şanliurfa, 32 Personen ums Leben, mehr als 100 weitere wurden verletzt. Der Anschlag wurde der IS zugeschrieben. Zwei Tage später wurden zwei Polizisten tot in einem Gebäude im Distrikt Ceylanpinar, Provinz Şanliurfa, aufgefunden. Die PKK bekannte sich zu deren Ermordung und deklarierte die Tat als Vergeltungsschlag für das Attentat in Suruc. Die türkischen Behörden reagierten schnell und ergriffen militärische Maßnahmen gegen die PKK und die IS im Irak und in Syrien. Diese Ereignisse markierten das Ende des zweijährigen Friedensprozesses in der Türkei.
- Gemäß Angaben der International Crisis Group (ICG) kamen im Juli 2015 18 Soldaten und Angehörige der Polizei in Angriffen der PKK ums Leben. Vom 24. Juli 2015 bis zum Ende des Monats hat die türkische Luftwaffe Angriffe gegen die PKK in der Türkei und im Nordirak geflogen. Laut Angaben der Behörden sind in diesem Zeitraum 250 PKK-Milizionäre getötet und 800 Mitglieder und Sympathisantinnen und Sympathisanten der PKK in der Türkei verhaftet worden.
- Am 25. Juli 2015 kamen bei einer Explosion eines Militärfahrzeugs im Distrikt Lice, Provinz Diyarbakır, mehrere Soldaten ums Leben. Mehrere wurden verletzt. Die PKK bekannte sich zum Anschlag. Die Zone wurde anschließend bombardiert.
- Am 29. Juli 2015 kamen in einer Schießerei in der Provinz Diyarbakır ein Polizist sowie eine Zivilperson ums Leben.
- Am 30. Juli 2015 wurden drei Angehörige des Militärs in der Provinz Şırnak getötet. Unbemannte Luftfahrzeuge, Hubschrauber und Spezialeinheiten wurden losgeschickt, um «die Kämpfer zu eliminieren».
- Laut Angaben des türkischen Militärs wurden bei einem Selbstmordanschlag der PKK vom 2. August 2015 in der Provinz Ağrı zwei Soldaten getötet und 31 verletzt.
- Am 4. August 2015 kamen bei zwei Aktionen der PKK in der Provinz Şırnak drei Soldaten ums Leben. Kurz nach dem Angriff der PKK bombardierte die türkische Armee Positionen der PKK in der Region.
- Am 18. August 2015 haben Angehörige des Militärs eine Operation gegen Kämpfer eingeleitet, welche die Route zwischen der Stadt Şemdinli und dem Dorf Şapatan in der Provinz Hakkâri kontrollierten. Bei den Kämpfen kamen neun Soldaten ums Leben. Die türkische Artillerie hat das Dorf Şapatan bombardiert, wobei vier Zivilisten verletzt und zehn Häuser beschädigt wurden.
- Am 19. August 2015 starben mehrere Soldaten durch eine Bombe der PKK in der Provinz Siirt auf der Route, die die Distrikte Şirvan und Pervari verbindet.
- Am 24. August 2015 zündeten PKK-Kämpfer im Distrikt Şemdinli, Provinz Hakkâri, Bomben und töteten so zwei Soldaten. Drei weitere wurden verletzt.
- Anfang September 2015 kam es zu den blutigsten Auseinandersetzungen seit dem Bruch des Waffenstillstands. Am 6. September 2015 starben bei einem Angriff der PKK im Dorf Daglica, Distrikt Yüksekova, Provinz Hakkâri, 16 Soldaten. Nach diesem Angriff wurden mehrere Büros der HDP attackiert. Gemäß der Türkiye Insan Haklari Vafki (TIHV, Türkischer Stiftung für Menschenrechte) wurden am Abend des 8. September 2015 ungefähr 400 Büros landesweit verwüstet. Ebenfalls am 8. September 2015 kamen bei einem Angriff der PKK gegen einen Minibus der Polizei am Grenzposten Dilucu, Provinz Igdir, 14 Soldaten ums Leben.
- Während einer Operation in der Stadt Beytüssebap, Provinz Şırnak, am 25. September verloren zwei Soldaten und 22 Mitglieder der PKK ihr Leben. Am gleichen Tag starben fünf PKK-Kämpfer während Operationen in der Stadt Yüksekova, Provinz Hakkâri, sowie vier PKK-Kämpfer in der Provinz Ağrı. Am 26. September 2015, einen Tag später, wurden weitere sechs PKK-Kämpfer in der Nähe vom Dorf Doganli, Provinz Hakkâri, getötet.
Außerdem heißt es in dem Artikel „Volksverteidigungseinheiten“ des Online-Lexikons Wikipedia vom 04.09.2017 im Abschnitt „5. Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen gegen die YPG“:
Im Juni 2014 wurden von Human Rights Watch (HRW) massive Verletzungen der Menschenrechte durch die PYD festgestellt. In diesem Zusammenhang wurden vor allem unverhältnismäßige Gefängnisstrafen, unfaire Gerichtsverfahren und der Einsatz von Kindersoldaten erwähnt.
Verfolgung politischer Gegner
Schon zu Beginn des syrischen Bürgerkrieges wurde über von der PYD und der YPG begangene Menschenrechtsverletzungen berichtet. Im Jahr 2013 wurde berichtet, dass die YPG drei oppositionelle Kurden bei einer Demonstration in Amude getötet habe. Es wurde von der Verfolgung kurdischer politischer Gegner berichtet, die der PYD eine totalitäre Alleinherrschaft vorgeworfen hätten. So wurde beispielsweise der kurdische Politiker Dersem Omar im Jahre 2013 unter Arrest gestellt.
Kindersoldaten
YPG-Sprecher Rêdûr Xelîl mit HRW-Vertreter Fred Abrahams (Frederick Cronig Abrahams) HRW erwähnte auch den bereits Ende Mai 2015 in einem Focus-Artikel erhobenen Vorwurf, dass es in Qamischli zur Rekrutierung eines 14-jährigen Mädchens aus der Schule heraus durch die YPJ gekommen sein soll. Auf Anfrage von HRW vom 10. Juni 2015 für eine Antwort auf die Vorwürfe antworteten die YPG am 24. Juni, die Gruppe erkenne an, aufgrund des anhaltenden bewaffneten Konflikts vor „bedeutenden Herausforderungen“ bei der Beendigung der Verwendung von Kindersoldaten zu stehen. Sie erkenne an, dass es „einige individuelle Fälle“ im vergangenen Fall gegeben habe. Mitte Juli 2015 berichtete HRW, dass die YPG, die am 5. Juni 2015 eine Verpflichtung unterzeichnet hatten, alle unter 18-jährigen Kämpfer zu demobilisieren, zwar nach einem Monat 149 Kinder demobilisiert habe, jedoch trotz ihres Versprechens weiterhin Kindersoldaten kämpfen ließen. HRW-Repräsentant Fred Abrahams erklärte, die YPG sollten ihr Versprechen zur Beendigung des Kriegseinsatzes von Kindern einhalten. Der Umstand, dass die kurdischen Kräfte gegen das Kriegsrecht missachtende Gruppen wie den IS kämpfen, rechtfertige nicht die Missbräuche in den eigenen Streitkräften.
Vertreibungen von Zivilisten
Nachdem die YPG im Juni 2015 den vorher vom IS beherrschten Korridor zwischen den syrischen Kurdenkantonen Cizîrê und Kobanê erobert hatten, in dem mehr Araber als Kurden leben, wurden Berichte über Vertreibungen von Arabern und Turkmenen laut. Während vor allem türkische und arabische Medien sowie Blogs darüber berichtet hatten, griffen westliche Zeitungen und Sender die Vorwürfe kaum auf. Die YPG bestritten die Anschuldigungen und sprachen dagegen von Angeboten, die man den Zivilisten aus den Kampfgebieten gemacht habe, um zu vermeiden, dass sie der IS als lebende Schutzschilde missbraucht.
Im Oktober 2015 warf Amnesty International (AI) den zu diesem Zeitpunkt von den USA unterstützten YPG Kriegsverbrechen in Form von Vertreibungen oder Zwangsumsiedlungen der Zivilbevölkerung und Zerstörung ihrer Dörfer vor und sprach von einer regelrechten gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßenden Vertreibungswelle an Tausenden vornehmlich nichtkurdischen (vor allem turkmenischen und arabischen) Bewohnern nach der Einnahme ihrer Dörfer durch die YPG. Insbesondere habe sich das Geschehen in der Provinz Hassaka abgespielt, wo neben Kurden und Christen auch sunnitische Araber lebten. Die Vertreibung wurde von AI als „gezielte und koordinierte Kampagne zur kollektiven Bestrafung“ der YPG gegen Dörfer gewertet, in denen nach Wahrnehmung der YPG Bewohner mit dem IS oder anderen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen (wie der FSA) sympathisiert hätten. AI warf der kurdisch geführten Verwaltung vor, ihre Macht zu missbrauchen und das Völkerrecht in einer Weise zu missachten, die Kriegsverbrechen gleichkomme. Bei ihren Vorwürfen berief sich AI auf Satellitenbilder sowie auf Augenzeugenberichte Dutzender Bewohner der Provinzen Hasaka und Raqqa, nach denen die YPG damit gedroht hätten, Luftangriffe der US-geführten Allianz anzufordern.
Zusätzliche Brisanz erhielten die Vorwürfe auch dadurch, dass sie zu einem Zeitpunkt erfolgten, als die YPG von den USA „angesichts der massiven russischen Einmischung in Syrien“ (Martin Durm/SWR) zum wichtigsten Bündnispartner der USA gegen den IS aufgewertet wurde, nachdem die westlichen Staaten zuvor gezögert hatten, sich offiziell mit den YPG als „verlängertem Arm der kurdischen PKK in Nordsyrien“ zu verbünden. Mehrere mit den USA verbündete Regierungen betrachteten zu diesem Zeitpunkt die YPG skeptisch bis feindlich, deren Mutterorganisation – die PKK – noch immer auf der Liste der Terrororganisationen mehrerer europäischer Länder stand und sich – ausgelöst durch den Anschlag von Suruç – seit Juli 2015 erneut im bewaffneten Konflikt mit der Türkei befand, bei dem die USA das Vorgehen der Türkei gegen die PKK als eindeutigen Akt der Selbstverteidigung gewertet hatten.
Nachdem AI bis zur Veröffentlichung des Berichts keine Stellungnahme der kurdischen Verwaltung der Gebiete erhalten hatte, wies YPG-Sprecher Rêdûr Xelîl die Anschuldigungen nach der Veröffentlichung des Berichts als „falsche Anschuldigungen“ zurück und gab an, die Bevölkerung sei lediglich zu ihrem eigenen Schutz aus einem Kriegsgebiet evakuiert worden. Ein anderer Vertreter der Kurden in Nordsyrien, sagte dagegen gegenüber Medien, Truppen hätten möglicherweise geringfügige Übergriffe auf Bewohner verübt, wenn sie diese verdächtigten, der IS-Miliz nahezustehen. Mit der ethnischen Zugehörigkeit der Bewohner stünden die Aktionen jedoch nicht in Verbindung. Der Leiter der als Asayish bekannten kurdische-internen Sicherheitskräfte, Ciwan Ibrahim, räumte ein, dass es zu Vertreibungen gekommen war, nannte diese aber „vereinzelte Vorfälle“ und gab an, dies sei zur eigenen Sicherheit der Zivilisten geschehen.“
In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht trotz Fehlens einer völkerrechtlich anerkannten Definition Einigkeit, dass jedenfalls Angriffe auf das Leben „unschuldiger Menschen“, also der Zivilbevölkerung, deren Angehörige sich weder als Kombattanten an einem bewaffneten Konflikt beteiligen noch als Repräsentanten eines staatlichen oder gesellschaftlichen Systems verstanden werden können, auch aus der Sicht der Vereinten Nationen als terroristisch eingestuft werden müssen (vgl. BayVGH, Urt. v. 21. Oktober 2008 - 11 B 06.30084 -, juris Rn. 48 unter Bezugnahme auf zahlreiche Resolutionen der Generalversammlung, in denen der Terrorismus wegen der Gefahren für „innocent human lives“ verurteilt wird; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6. Oktober 2011, 4 LB 5/11, juris Rn. 50 f.; OVG NW, Urt. v. 2. Juli 2013, 8 A 5118/05.A, juris Rn. 224).
Mit den vorstehenden Erkenntnissen ist somit von UN-Rechts-widrigen terroristischen Aktivitäten der PKK und der YPG, deren Opfer Privatpersonen waren, im hier relevanten Zeitraum von 2013 bis Oktober 2015 auszugehen.
Für den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG gilt, ebenso wie es bereits für § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG entschieden ist, dass der Begriff der schweren nichtpolitischen Straftat sich nicht auf terroristische Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung beschränkt (BVerwG, (Urt. v. 4. September 2012, 10 C 13.11, juris Rn. 29). Grund für die nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG erforderliche Prüfung ist, dass das darin rezipierte Völkerstrafrecht nicht bereits die Gewaltanwendung gegen Kämpfer der gegnerischen Partei in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt als Kriegsverbrechen pönalisiert. Terroristische Anschläge gegen militärische oder polizeiliche Einrichtungen verstoßen jedoch nicht nur dann gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG, wenn sie die Modalitäten eines Kriegsverbrechens erfüllen. Dabei ist davon auszugehen, dass die der PKK zuzurechnenden Anschläge auf militärische oder polizeiliche Einrichtungen weder durch Völkervertrags- noch durch Völkergewohnheitsrecht gerechtfertigt sind. Dies gilt auch für die von der PKK-nahen YPG durchgeführten Anschläge. Insbesondere sind terroristische Anschläge nicht durch das in Art. 43 i. V. m. Art. 1 Abs. 4 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler Konflikte vom 8. Juni 1997 (BGBl. 1990 II S. 1551) statuierte sog. Kombattantenprivileg gedeckt. Zwar gilt dieses die Tötung von militärischen Gegnern umfassende Recht auch für Kämpfer in bewaffneten Konflikten, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regime in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen. Der türkisch-kurdische Konflikt stellt jedoch keinen derartigen Kampf der PKK und der PKK-nahen YPG dar (vgl. näher BGH, Beschl. v. 5. Mai 2014 - 3 StR 265/13 -, juris 19 f.). Darüber hinaus hat sich auch im Völkergewohnheitsrecht ein kollektives Recht auf bewaffneten Widerstand zugunsten einer Bevölkerungsgruppe gegen die Regierung des eigenen Landes bisher nicht herausgebildet (BGH a. a. O. Rn. 22, OVG Sachsen, Urt. v. 16.10.2014, A 3 A 253/13, juris Rn. 50). Dies gilt nach Ansicht des Gerichts auch angesichts des Umstands, dass der Kläger nicht nur angegeben hat, aus Sympathie mit der „kurdischen Bewegung“ gehandelt zu haben, sondern auf diese Weise auch gegen den Terror des IS aktiv werden wollte. Denn er hat bei seinem Tun immer auch die kurdische Bewegung als solche unterstützen wollen. Auch ist nicht etwa erkennbar, dass die kurdische Bewegung ihr Streben nach Autonomie aufgegeben hätte; vielmehr ist der auch gegen den IS geführte Kampf insofern lediglich ein notwendiger Schritt zur Eroberung eines eigenen Gebiets.
Die Erkenntnisse über die Tätigkeiten der PKK und der YPG stellen insoweit einen schwerwiegenden Grund für die Annahme von UN-Rechts-widrigen Handlungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG dar, an denen sich der Kläger - durch seine Aktivitäten - in hinreichend gewichtiger Weise beteiligt hat.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder indem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Der Kläger ist kein Flüchtling im Sinne dieser gesetzlichen Vorgaben.
Grundsätzlich sind repressive oder präventive Maßnahmen, die der Staat zur Abwehr des Terrorismus ergreift, nicht flüchtlingsschutzrelevant, wenn sie demjenigen gelten, der im Vorfeld Unterstützungshandlungen vornimmt oder sich terroristisch betätigt. Eine relevante Verfolgung ist aber anzunehmen bei staatlichen Aktionen des bloßen Gegenterrors, der darauf gerichtet ist, die Zivilbevölkerung unter den Druck brutaler Gewalt zu setzen oder wenn sonstige Umstände darauf schließen lassen, dass der Betroffene gleichwohl wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt wird (BVerfG, Beschl. v. 10. Juli 1989, 2 BvR 502/86, juris Rn. 55; Beschl. v. 15. Februar 2000, 2 BvR 752/97, juris Rn. 30).
In der Türkei werden nach Art. 220 Abs. 7 tStGB (kriminelle Vereinigung) Personen, die nicht ein Teil der Organisationshierarchie sind, wenn sie bewusst oder unbewusst die Organisation unterstützen, als Organisationsmitglieder bestraft (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei vom 19.02.2017, Stand: Januar 2017).
Der Kläger fällt danach nicht unter eine vorgeschobene Strafbarkeit durch den türkischen Staat. Denn er hat sowohl während seiner Anhörung beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vor Gericht auf türkischem Boden ausgeübte Unterstützungshandlungen der militärischen Aktivitäten der kurdische Gruppierungen YPG in Syrien eingeräumt, die - nach den vorstehenden Ausführungen unter 1. - als terroristische Handlungen zu bewerten sind. Dass der türkische Staat für derartige Verhaltensweisen eine Strafbarkeit vorsieht, ist nicht etwa als „Gegenterror“ zu qualifizieren. Demnach ist im Fall des Klägers in der Strafverfolgung durch den türkischen Staat vor dem Hintergrund des dem Staat zustehenden Strafanspruchs keine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu der kurdischen Volksgruppe im asylrechtlichen Sinne zu erkennen.“
Das erkennende Gericht schließt sich dieser Auffassung im Ergebnis an. Auch der Kläger dieses Verfahrens räumte militärische Aktivitäten für kurdische Gruppierungen in Syrien ein. Mit seiner Mitgliedschaft in der YPK hat der Kläger aber iSd. § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylG „den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt“ bzw. sich iSd. § 4 Abs. 2 Nr. AsylG Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen.
Die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes vom 15.11.2018 – T-316/14 - kann dem nicht entgegengehalten werden. Zum einen erging diese Entscheidung nicht etwa deshalb zu Gunsten der PKK, weil der europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass es sich bei der PKK nicht um eine Terrororganisation handelt. Vielmehr bemängelte der Gerichtshof Verfahrensfehler und die nicht hinreichende Begründung, weshalb die PKK auf einer EU Terrorliste geführt wurde. Letztendlich kommt es darauf jedoch nicht an, ebenso wenig auf die Frage, inwieweit die YPG nun zur PKK gehört oder selbstständig ist.
Im Urteil 13 A 4222/16 vom 05.09.2017 hat das Gericht – wie oben dargelegt - unter anderem auch ausgeführt, dass es in dem Zeitraum, in dem der Kläger dieses Verfahrens aktiv bei der YPG gekämpft hat, durch diese Organisation selbst Handlungen begangen wurden, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen entgegenstehen. Diese Handlungen hat der Kläger mit seiner aktiven Mitgliedschaft im Kampfeinsatz unterstützt.
Mehr als Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kann nach alledem auch dem Kläger dieses Verfahrens nicht zugesprochen werden. Entsprechende Abschiebungsverbote wurden bereits durch die Beklagte aber bereits festgestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.