Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 20.03.2024, Az.: 8 A 465/21

Abschnittsbildungsbeschluss; Beitragsfähige Ausbaumaßnahmen; Beitragsfähiger Aufwand; Besonderer wirtschaftlicher Vorteil; Erneuerungsbedürftigkeit der Anlage; Gehweg; Grünfläche; Landesstraße; Nebenanlage; Parkflächen; sachliche Beitragspflicht; Verbesserung; Zuständigkeit; Heranziehung zu Straßenausbaubeiträge für Nebenanlagen einer Landesstraße: Zuständigkeit; Erneuerungsbedürftigkeit; Vorteilslage; Beitragsfähiger Aufwand

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
20.03.2024
Aktenzeichen
8 A 465/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 15445
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0320.8A465.21.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Nebenanlagen einer Landesstraße stehen in der Ausbaulast der Kommune (§§ 43 Abs. 4, 49 Satz 1 NStrG)

  2. 2.

    Ist die übliche Nutzungszeit einer öffentlichen Einrichtung abgelaufen, bedarf es für den Nachweis der Erneuerungsbedürftigkeit keine ins Einzelne gehende Dokumentation. Eine Verbesserungsmaßnahme setzt schon dem Grunde nach keinen aufgestauten Reparaturbedarf voraus.

  3. 3.

    Ein Abschnittsbildungsbeschluss ist nur dann rechtmäßig, wenn die Kommune zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits ein konkretes Bauprogramm für die Fortführung des Ausbaus an der Reststrecke sowie einen konkreten zeitlichen Rahmen hat. Fehlt es an diesen Anforderungen, entsteht die sachliche Beitragspflicht nicht.

  4. 4.

    Die sachliche Beitragspflicht entsteht idR mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung und Vervollständigung des Bauprogramms. Eine Veränderung des Bauprogramms nach Abschluss der zunächst geplanten Maßnahmen verhindert das Entstehen der sachlichen Beitragsflicht nicht.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.959,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für Ausbaumaßnahmen an Nebenanlagen der Straße "J." im Ortsteil K. der Beklagten.

Sie sind Eigentümer des Grundstücks der Flur 14, Flurstück 1374/499, in der Gemarkung K. mit der postalischen Anschrift "A-Straße, A-Stadt" und einer Grundstücksfläche von 787 m2. Das klägerische Grundstück liegt am unbeplanten nördlichen Ortsrand entlang der L413, innerorts als "J." bezeichnet, und ist mit einem Wohnhaus mit zwei Vollgeschossen bebaut. Die Ortsdurchfahrt "J." wurde samt ihren Nebenanlagen zu Beginn der 1970er Jahre geschaffen. Die Gehwege und Parkplätze entlang der "L." wurden mit Beschluss des Rates der Gemeinde Lahstedt - eine bis zur Eingliederung in die Beklagte zum 1. Januar 2015 eigenständige Gemeinde, in der sich der Ortsteil K. befindet - vom 2. November 1983 in das Straßenbestandsverzeichnis aufgenommen.

Bereits im Jahr 2004 ließ die Gemeinde Lahstedt die Gehwege und Parkflächen an einem Teilabschnitt der "L." von der Einmündung "M." bis zur Einmündung "N." - diese Straße heißt inzwischen "O." - ausbauen. Mit Beschluss vom 26. August 2005 stellte der Rat der Gemeinde Lahstedt die Fertigstellung von Nebenanlagen dieses Teilabschnittes fest. Der weitere Ausbau der Nebenanlagen entlang der "L." war zu diesem Zeitpunkt nicht aktenkundig geplant. Die Gemeinde Lahstedt erhob im Jahr 2007 für diese Ausbaumaßnahmen Straßenausbaubeiträge; die Kläger wurden hierzu nicht herangezogen.

Für das Jahr 2016 beabsichtigte die Beklagte den weiteren Ausbau der Nebenanlagen entlang der "L." und lud die Eigentümer der Grundstücke an der auszubauen Straße zu einer Informationsveranstaltung am 16. Juni 2015 ein, an der auch die Kläger teilnahmen. Anlass für den beabsichtigten Ausbau war eine Erneuerung der vorhandenen gemeindlichen Mischwasserkanalisation im gesamten Verlauf der "L." im Ortsgebiet sowie die Verlegung einer gemeindlichen Abwasserdruckrohrleitung. In diesem Zusammenhang sollten die gleichfalls abgängigen Nebenanlagen sowie die abgenutzte Fahrbahndecke erneuert und verbessert werden. Zu den Nebenanlagen innerhalb der Ausbaustrecke zählten Gehweganlagen, Grün-, Trenn- und Parkstreifen. Nach der Zustandsbeschreibung der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" vom 4. September 2015 wiesen diese Nebenanlagen Verwerfungen und Unebenheiten in den Belägen auf, hervorgerufen durch unterschiedliche Belastungen und/oder Setzungen, Wurzelbildungen aus dem Baumbestand, Frostschäden. Fehlstellen waren teilweise bereits mit andersartigem Material korrigiert worden. Auch die Randeinfassung in den Bordanlagen zeigten Fehlstellen und Brüche. Das Bauprogramm sah vor, die Hochborde der Gehwege zu erhalten und an den Grundstückseinfahrten sowie Straßeneinmündungen abzusenken. Die Oberflächenbefestigung der Gehwege sowie der Stellplätze sollte eine Verstärkungsschicht aus Betonsteinpflaster erhalten. Des Weiteren sollten mehrere neue Bäume gepflanzt, neue Grünstreifen angelegt und vorhandene Grünstreifen befestigt werden. Eine Beseitigung vorhandener Grünstreifen sah das Maßnahmenprogramm nicht vor.

Der Rat der Beklagten beschloss in seiner Sitzung vom 17. März 2016, den beitragsfähigen Aufwand für die Erneuerung und Verbesserung der Nebenanlagen der "L." im Wege der Aufwandsspaltung zu erheben und alle Kosten für die Nebenanlagen mit Ausnahme der Beleuchtungseinrichtung auf die Beitragspflichtigen umzulegen.

In der Folgezeit vom 29. März 2016 bis zum 21. Dezember 2017 erfolgten sowohl die Erneuerung der Mischwasserkanalisation und der Neubau einer Druckrohrleitung als auch die Sanierung der Fahrbahnbefestigung, Gossen-, Gehweg- und Bordanlagen. So ließ die Beklagte die vorhandenen Hochbordsteine des Gehwegs entlang der "L." im Bereich der Grundstückszufahrten auf einer Breite von 2 m von 12 cm auf 3 cm, im Bereich der Einmündungen die Fußgängerfurten auf 0-Niveau absenken. Des Weiteren befestigte sie die Oberflächen der Gehweganlagen und Stellplätze mit einer Split-/Brechsand-Betonschicht, einer Schottertragschicht und einem Sandkiesgemisch. Dabei ließ sie die Schottertragschichten im Bereich von Grundstücks- und Parkplatzzufahrten um 8 cm auf insgesamt 12 cm verstärken. Zudem pflanzte sie mehrere neue Bäume und schuf weitere Grünstreifen; bei den bereits bestehenden Grünstreifen ließ sie die Randeinfassungen zu den Grünanlagen neu befestigen.

Am 2. Oktober 2018 ging bei der Beklagten die Schlussrechnung des Bauunternehmers Q. ein. In dieser wurde ein Betrag in Höhe von 303.259,79 € netto für die Herstellung der Gehwege, Grünflächen und Parkbuchten in Rechnung gestellt (Obertitelsumme 04 Nebenanlagen). Die Kosten für die Baustellenbegleitarbeiten beliefen sich auf 13.547,41 € netto (Obertitel 00.00 Baustellenbegleitarbeiten). Die "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" schlüsselte unter dem 7. November 2018 die Schlussrechnung des Bauunternehmers in einzelne Kostenpunkte als Netto- sowie Bruttobeträge auf. Demnach beliefen sich die Bruttokosten für den Gehweg auf 338.092,84 €, für die Grünflächen auf 17.691,90 € und für die Parkflächen auf 5.094,41 €. Die Baustellenbegleitarbeiten ergaben einen Bruttobetrag in Höhe von 16.153,55 €.

Die Beklagte errechnete einen beitragsfähigen Gesamtaufwand in Höhe von 468.221,79 € hinsichtlich des Gehwegs sowie der Grün- und Parkflächen und berücksichtigte dabei die originären Materialkosten sowie die Kosten für die Baustellenbegleitarbeiten gemäß der Schlussrechnung in brutto sowie die ihr von der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" in Rechnung gestellten Beträge. Da sich sowohl die Kosten für Baustellenbegleitarbeiten als auch für die Ingenieurleistungen auf das Gesamtprojekt bezogen, die Beklagte aber nur Teile hiervon für beitragsfähig erachtete, verteilte sie die errechneten Anteile hierfür auf die einzelnen Teileinrichtungen. Zudem berücksichtigte die Beklagte auch den Aufwand in Höhe von 27.978,37 €, der im Zusammenhang mit dem Teilstreckenausbau im Jahr 2004 entstanden war.

Von dem Gesamtbetrag in Höhe von 468.221,79 € entfielen nach den Berechnungen der Beklagten 437.254,67 € auf den Gehweg, wobei sich dieser Betrag wiederum aus 338.092,84 € für die Herstellungskosten, 10.529,38 € für Baustellenbegleitarbeiten, 68.823,74 € für Ingenieurkosten und 24.808,71 € für den bereits im Jahr 2004 angefallenen Aufwand zusammensetzte. Für die Grünflächen brachte die Beklagte einen Betrag in Höhe von insgesamt 21.582,69 € in Ansatz, davon 17.691,90 € Herstellungskosten, 550,99 € Baustellenbegleitarbeiten und 3.339,80 € Ingenieurkosten. Für die Parkflächen errechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 9.384,43 €, wovon 5.094,41 € auf die Herstellungskosten, 158,66 € auf die Baustellenbegleitarbeiten, 961,70 € auf die Ingenieurkosten und 3.169,66 € auf den bereits im Jahr 2004 entstandenen Aufwand entfielen.

Hinsichtlich des Gehweges und der Grünflächen übernahm die Beklagte ausgehend von einer Einstufung der "L." als öffentliche Einrichtung, die überwiegend dem Durchgangsverkehr dient, gemäß ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Ilsede vom 17. März 2016 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 19. Mai 2017 (Straßenausbaubeitragssatzung - im Folgenden: ABS), bekanntgemacht im Amtsblatt für den Landkreis Peine, 50 % des beitragsfähigen Aufwandes und für die Parkflächen einen Anteil in Höhe von 40 %. Damit belief sich der umlagefähige Gesamtaufwand auf 235.049,34 €. Zudem ermittelte die Beklagte eine Gesamtbeitragsfläche von 118.012,30 m2, auf welche sie den Anliegeranteil verteilte und errechnete so einen Beitragssatz in Höhe von 1,9917358972 €/m2.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2021 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 1.959,37 € für die Erneuerung und Verbesserung der Nebenanlagen der "L." fest und führte zur Begründung aus, die "J." sei eine Straße, die überwiegend dem Durchgangsverkehr diene. Ausgehend hiervon belaufe sich der Anliegeranteil für den Gehweg und die Grünflächen auf 50 % und auf 60 % hinsichtlich der Parkflächen. Die Grundstücksgröße sei mit einem Nutzungsfaktor von 1,25 multipliziert worden und ergebe bei dem Beitragssatz in Höhe von 1,9917358972 €/m2 einen Straßenausbaubeitrag in der festgesetzten Höhe.

Hiergegen haben die Kläger am 30. November 2021 Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

Die Beklagte sei schon nicht zuständig für die Erhebung eines Ausbaubeitrags für die "J.". Sie sei nicht Trägerin der Straßenbaulast, denn es handele sich um eine landeseigene Durchgangsstraße. Die Satzung der Beklagten ermächtigte zwar zur Umlage für Aufwendungen für Nebenanlagen, diese Bestimmung gelte allerdings nur für gemeindeeigene Straßen.

Die Maßnahmen seien nicht erforderlich gewesen. Der Ausbau sei nur deshalb erfolgt, weil die Erneuerungsarbeiten an der Mischwasserkanalisation durch Austausch schadhafter Leitungen sowie die Verlegung einer gemeindlichen Abwasserdruckrohrleitung die Fahrbahndecke der "J." beschädigt hätten. Die Gehwege und Parkplätze entlang der Straße hätten zuvor keine starken Abnutzungserscheinungen erkennen lassen. Soweit die Beklagte sich für die Erneuerungsbedürftigkeit auf den Bericht der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" beziehe, könne dieser nicht für eine Beurteilung des Zustandes vor dem Ausbau herangezogen werden, da er einseitig die Interessenlage der Beklagten berücksichtige. Hätte die Beklagte zuvor ihre Unterhaltungspflichten erfüllt, wären Ausbaumaßnahmen an Gehweg und Parkplatz nicht erforderlich geworden. Vergleiche man den Zustand der Gehwege vor und nach dem Ausbau, lasse sich kein Unterschied erkennen. Demnach seien die Maßnahmen als Instandsetzung einzustufen, für die kein Beitrag erhoben werden könne.

Daneben seien die Maßnahmen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht abgeschlossen gewesen. Es sei fraglich, ob die sachliche Beitragspflicht wirklich mit Eingang der Schlussrechnung am 2. Oktober 2018 entstanden sei. Ausweislich der Beschlussvorlage 884/2019 vom 12. August 2019 diskutiere die Beklagte darüber, die östliche Gehweganlage nördlich der Einmündung "R." zu erweitern, was bis heute nicht geschehen sei.

Des Weiteren gehe aus den Abrechnungsunterlagen nicht hervor, in welchem Umfang die Versorgungs- und Entsorgungsleitungen sowie die einzelnen Hausanschlüsse abgerechnet worden seien. Es stehe zu befürchten, dass diese nicht beitragsfähigen Kosten in den Gesamtaufwand eingeflossen seien. Die Schlussrechnung des Unternehmers Q. enthalte Positionen, die nicht auf die Anlieger umgelegt werden könnten, etwa die Freilegung des Hauptkanals (Pos. 01) sowie die Hausanschlüsse (Pos. 02). Auch die Kosten für die Straßenabläufe (Pos. 03) hätten jedenfalls nicht die Anlieger zu tragen. Die Kosten für die Druckrohrleitungen (Pos. 05) habe der Wasserverband Peine zu tragen, da diese gebaut worden seien, um die Ortschaft an das geplante Zentralklärwerk anzuschließen. Auch im Übrigen sei nicht erklärt, wie sich die Beträge für die Randsteine und Schrammborde, Rad- und Gehwege sowie Parkflächen ergäben. Die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen.

Soweit die Beklagte die in den Jahren 2004 und 2005 entstanden Ausbaukosten jetzt in den beitragsfähigen Aufwand einbeziehe, sei eine zu lange Zeitspanne vergangen. Die Kläger erheben insoweit die Einrede der Verjährung. Unrichtig sei auch die Einschätzung der Beklagten, der vormalige Abschnittsbildungsbeschluss sei rechtswidrig gewesen. Eine Prognose über den weiteren Ausbau der Gehwege sei zu diesem Zeitpunkt nach der Rechtsprechung nicht erforderlich gewesen.

Die Kläger seien durch die abgerechneten Maßnahmen nicht bevorteilt, denn eine Erneuerung der Nebenanlagen verbessere die wirtschaftliche Lage der Kläger nicht. Bei den durchgeführten Maßnahmen handele es sich um rein straßenbautechnische Veränderungen. Allein die Anliegereigenschaft des Grundstücks könne den besonderen wirtschaftlichen Vorteil nicht begründen; das Grundstück sei seit jeher durch den vorhandenen Gehweg erschlossen.

Schließlich lasse der Bescheid nicht erkennen, wie sich die Beitragsfläche zusammensetze, was insbesondere deshalb problematisch sei, da zahlreiche Straßen in die "J." einmünden würden und es zur Bildung von Eckgrundstücken komme.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert in Verteidigung der angefochtenen Entscheidung:

Sie habe die Kläger zu Recht auf Grundlage ihrer Straßenausbaubeitragssatzung zu einem Ausbaubeitrag herangezogen. Der beitragsfähige Aufwand beschränke sich auf die Gehwege und Parkplätze, sodass sie gemäß § 43 Abs. 5 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) trotz der Klassifizierung als Landesstraße für die Erhebung eines Beitrags zuständig sei.

Der Beitragsgrund liege in der Erneuerung und Verbesserung der Nebenanlagen der "L.". Diese seien ausbaubedürftig gewesen; die im Verwaltungsvorgang vorhandenen Fotos aus dem Jahr 2015 würden deutliche Abnutzungserscheinungen zeigen. Diesen Zustand bestätige auch der Bericht der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH". Die langjährige Existenz der Gehwege spreche nicht gegen ihre Ausbaubedürftigkeit, im Übrigen hätte eine bloß punktuelle Erneuerung den ohnehin schon unebenen Zustand weiter verschlechtert. Ob der konkrete Anlass für eine beitragsfähige Maßnahme seinerseits eine beitragsfähige Maßnahme gewesen sei oder nicht, sei unerheblich. Die Beklagte könne zudem auch eine öffentliche Einrichtung, die zuvor nicht an Mängeln gelitten habe, beitragspflichtig erneuern, soweit mit den Maßnahmen eine Verbesserung einhergehe, was hier der Fall sei.

Die sachliche Beitragspflicht sei mit dem Zugang der letzten Unternehmerrechnung im Jahr 2018 entstanden, da die ergänzende Herstellung eines Gehweges auf der Strecke zwischen der Bushaltestelle und der Einmündung der "R." nicht vom Bauprogramm des Jahres 2015 mitumfasst gewesen sei. Dieses habe die Neuherstellung eines Gehweges in diesem Bereich nicht vorgesehen. Auch die dafür erforderliche Beseitigung der dort vorhandenen Grünanlage sei nicht beabsichtigt gewesen. Die nach der Verwirklichung des Bauprogramms erstellte Beschlussvorlage könne das Ausbauprogramm nicht mehr verändern.

Die Beklagte habe entgegen der Vermutung der Kläger keine Kosten für den Neubau von Ver- und Entsorgungsleitungen sowie Hausanschlüssen in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen. Es lasse sich aus den in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Unterlagen, insbesondere der Schlussrechnung des Bauunternehmers Q. sowie der Aufschlüsselung der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH", klar erkennen, dass ausschließlich Kosten, die im Zusammenhang mit den Arbeiten an Gehweg, Grünflächen und Parkflächen entstandenen seien, berücksichtigt worden seien.

Der Aufwand, der im Zusammenhang mit dem Ausbau 2004/2005 zwischen den Einmündungen "M." und "S." angefallen sei, habe ebenfalls berücksichtigt werden dürfen, da der Abschnittsbildungsbeschluss der Gemeinde Lahstedt aus dem Jahre 2005 mangels bestehender Ausbauplanung rechtswidrig gewesen sei. Es sei auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die sachliche Beitragspflicht für den Streckenausbau 2004 habe nicht entstehen können, weil der Abschnittsbildungsbeschluss vom 26. August 2005 nicht den Anforderungen an die Vorfinanzierungsfunktion von Abschnittsbildungsbeschlüssen genügt habe. Zwar habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht das zusätzliche Erfordernis einer Prognose über den weiteren Straßenausbau erstmalig in einem Beschluss vom 22. Dezember 2009 (9 ME 108/09) verlangt, jedoch greife der Zweck der Abschnittsbildung - die Vorfinanzierung - auch für Abschnittsbildungsbeschlüsse vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein.

Die Kläger seien weiter wirtschaftlich bevorteilt, was bereits die gemeinsame Grenze mit der ausgebauten öffentlichen Einrichtung indiziere. Die Kläger würden bei ihrer Argumentation übersehen, dass der Vorteilsbegriff nicht subjektiv, sondern objektiv zu bestimmen sei.

In dem Heranziehungsbescheid müsse das Abrechnungsgebiet nicht im Einzelnen dargelegt werden, dies übersteige die Anforderungen einer Begründung nach § 121 Abgabenordnung (AO). Die Berechnung der Gesamtbeitragsfläche ergebe sich im Übrigen aus dem Verwaltungsvorgang.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Sitzungsniederschrift vom 20. März 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid der Beklagten über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 29. Oktober 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Straßenausbaubeitragsbescheid ist § 6 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Ilsede vom 17. März 2016 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 19. Mai 2017 (Straßenausbaubeitragssatzung - im Folgenden: ABS). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG können Kommunen zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit nicht privatrechtliche Entgelte erhoben werden. Kommunale Abgaben (wie Beiträge, § 1 Abs. 1 NKAG) können gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NKAG nur auf Grundlage einer Satzung erhoben und festgesetzt werden.

Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit ihrer Straßenausbaubeitragssatzung Gebrauch gemacht. Nach § 1 Abs. 1 ABS erhebt sie zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze - insgesamt, in Abschnitten oder Teilen - (öffentliche Einrichtungen) nach Maßgabe dieser Satzung Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) oder Kostenerstattungsbeträge nach den §§ 135a f. BauGB nicht erhoben werden können.

Rechtliche Bedenken gegen die Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15 -, juris Rn. 30 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss v. 30.07.2018 - 9 B 23/17 -, juris Rn. 5 f.), der die erkennende Kammer folgt, ist die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen mit höherrangigem Recht vereinbar und § 6 Abs. 1 NKAG stellt eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage dar.

2. In formeller Hinsicht ist der angefochtene Beitragsbescheid nicht zu beanstanden. Insbesondere genügt er den Begründungsanforderungen des § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NKAG i.V.m. § 121 Abs. 1 AO. In dem Bescheid sind der beitrags- und umlagefähige Aufwand für die Ausbaumaßnahme, die Verteilungsfläche, der Beitragssatz und die im Einzelfall zugrunde gelegte Fläche des herangezogenen Grundstücks aufgeführt. Anders als die Kläger meinen, sind weitergehende Angaben zu der Zusammensetzung der Verteilungsfläche nicht zum Verständnis "erforderlich" i.S.v. § 121 Abs. 1 AO (s.a. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 99, OVG Berlin-Brandburg., Beschluss v. 06.11.2008 - OVG 10 S 21.08 -, juris Rn. 5). Im Übrigen wäre ein Begründungsmangel im gerichtlichen Verfahren gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NKAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO dadurch geheilt, dass eine weitergehende Begründung durch Vorlage der Berechnungsgrundlagen einschließlich von Excel-Tabellen mit allen in die Verteilung einbezogenen Grundstücken einschließlich der jeweiligen Größe und des angesetzten Nutzungsfaktors nachträglich gegeben wurde.

3. Der streitgegenständige Ausbaubeitragsbescheid ist auch materiell rechtmäßig, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen aus §§ 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, 1 Abs. 1 ABS liegen vor.

a) Bei der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße "L413/J." handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG und § 1 Abs. 1 ABS (zur Begriffsdefinition: Nds. OVG, Beschluss v. 16.07.2019 - 9 LA 45/18 -, juris Rn. 7). Der Gehweg sowie die Grün- und Parkflächen sind beitragsfähige Teileinrichtungen hierzu (s.a. Hess. VGH, Beschluss v. 11.03.2014 - 5 B 128/14 -, juris Rn. 6). Diese sind gesetzlich der Straßenbaulast der Beklagten zugewiesen.

Anknüpfungspunkt für die Beitragserhebung ist im Straßenausbaubeitragsrecht die Ausbaulast. Gegenstand einer beitragsfähigen Maßnahme können nur öffentliche Einrichtungen sein, deren Ausbau der Gemeinde als eigene gesetzliche Aufgabe obliegt (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 10.05.2022 - 9 LA 121/21 -, juris Rn. 11, 26 f.; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 28 Rn. 5 f.). Insoweit kommt es auf die Bestimmungen in § 43 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) an. Gemäß § 43 Abs. 1 NStrG ist das Land Träger der Straßenbaulast für die Landesstraßen, die Landkreise und kreisfreien Städte für die Kreisstraßen, während Gemeinden nur dann Träger der Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten im Zuge von Landes- und Kreisstraßen sind, wenn sie mehr als 50.000 Einwohner (§ 43 Abs. 2 Satz 1 NStrG) oder ihre Trägerschaft mit Zustimmung der Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber dem zuständigen Minister erklärt haben (§ 43 Abs. 4 Satz 1 NStrG). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Allerdings erstreckt sich die Straßenausbaulast des Landes und der Landkreise für Ortsdurchfahrten nicht auf Gehwege und Parkplätze (§ 43 Abs. 5 NStrG). Insofern sind die Gemeinden Träger der Straßenbaulast für Gehwege und andere Straßenteile (§ 49 Satz 1 NStrG). Hiervon ausgehend liegt die Aufgabe, den Gehweg sowie die Grün- und Parkflächen entlang der Landesstraße "L413/J." herzustellen, zu erweitern und/oder zu verbessern, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten.

b) Die Beklagte hat beitragsfähige Ausbaumaßnahmen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG i.V.m. § 1 Abs. 1 ABS durchführen lassen.

aa) Die Teileinrichtungen Gehweg, Grünflächen und Parkflächen sind jedenfalls verbessert worden.

Eine beitragsfähige Verbesserung ist gegeben, wenn die Benutzbarkeit der Einrichtung positiv beeinflusst worden, sie also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 146). Sie kann vor allem bei einer erweiterten funktionalen Aufteilung der Verkehrsanlage, bei einer größeren räumlichen Ausdehnung und bei einer den Verkehrsbedürfnissen mehr entsprechenden und daher besseren Befestigungsart angenommen werden (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15 -, juris Rn. 36 m.w.N.). Nicht beitragsfähig sind Maßnahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung (s.a. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ABS). Hierzu zählen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um eine Einrichtung in einem ihrer Bestimmung entsprechenden gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 32 Rn. 5 m.w.N.). Zur Abgrenzung ist insbesondere auf den Umfang der Maßnahme in tatsächlicher Hinsicht abzustellen. Eine Maßnahme geht umso mehr in Richtung einer Verbesserung, je mehr die Einrichtung sowohl nach der Tiefe als auch von der Fläche her betroffen ist. Bei nur geringere Teilflächen umfassenden Maßnahmen handelt es sich eher um Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten (vgl. BayVGH, Beschluss v. 21.12.2006 - 6 ZB 05.2425 -, juris Rn. 10; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 14.03.2007 - 6 A 11637/06 -, juris Rn. 14).

Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Teileinrichtungen Gehweg sowie Grünflächen und Parkplätze beitragsfähig verbessert.

Die gesamten Gehweganlagen entlang der Ortsdurchfahrt wurden mit 8 cm Rechteck-Betonsteinpflaster, 3 cm Splitt-/Brechsand-Bettung, 12 cm Schottertragschicht und 15 cm Sand-Kies-Gemisch verstärkt und somit insgesamt befestigt. Im Bereich der Grundstückszufahrten wurden die Hochbordsteine auf einer Länge von jeweils 2 m von 12 cm auf 3 cm abgesenkt, wobei die überfahrbare Absenkung aus einem Rundbordstein mit 3 cm Ansicht erstellt wurde. Im Bereich der Einmündungen wurden die Fußgängerfurten auf 0-Niveau abgesenkt. Mit diesen Maßnahmen hat die Beklagte die Teileinrichtung Gehweg aller Voraussicht nach sogar teilweise erneuert, weil diese in einen technisch einwandfreien Zustand versetzt worden ist; unzweifelhaft hat sie diese aber durch die Verstärkung der Befestigung sowie die Absenkung im Bereich von Grundstückszufahrten und Fußgängerüberwegen besser nutzbar gemacht und den Verkehrsbedürfnissen angepasst, was eine beitragsfähige Verbesserung darstellt (s.a. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 159). Angesichts des erheblichen Umfangs der Maßnahmen sowie der erheblichen Flächengröße, auf der die Maßnahmen durchgeführt worden sind, handelt es sich um mehr als reine Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten.

Zudem hat die Beklagte zahlreiche Bäume gepflanzt und Grünanlagen entlang der Fahrbahn angelegt. Diese Maßnahmen sind ebenso beitragsfähig (s.a. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 193 ff.; BayVGH, Beschluss v. 28.08.2002 - 6 ZB 01.1190 -, juris Rn. 8). Bei den gepflanzten Bäumen und den angelegten Grünstreifen handelt es sich nicht um eigene Teileinrichtungen der Straße, sondern um sog. unselbstständige, dem Gehweg zuzuordnende Straßenbegleitflächen. Die Einstufung als eigene Teileinrichtung würde voraussetzen, dass es sich bei ihnen um eine vom äußeren Erscheinungsbild her abgrenzbare, eine bestimmte Funktion erfüllende Teile einer Anlage handelt, die äußerlich und funktionell eine Einheit darstellen. Ihre Qualifizierung als solche würde zusätzlich erfordern, dass ihnen wegen ihres Umfangs und ihrer Gestaltung (etwa wegen der Intensität ihrer Bepflanzung) ein Gewicht zukommt, das es rechtfertigt, ihnen selbständige Bedeutung beizumessen (wie etwa einer bepflanzten Grünfläche als Trennstreifen einer Straße zur Abgrenzung der Fahrspuren). Ist das nicht der Fall, handelt es sich um sog. unselbständige Straßenbegleitflächen. Letztere sind als Bestandteil der jeweiligen (Teil-)Einrichtung anzusehen, der sie zugeordnet werden können. Sie können gemeinsam mit ihr abgerechnet werden, ohne dass es der Regelung spezieller Herstellungsmerkmale bedarf (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 194; Beschluss v. 09.09.2009 - 9 ME 8/08 -, juris Rn. 13 m.w.N.). So liegt es nach Einschätzung der erkennenden Kammer auch hier. Die Grünstreifen und Bäume dienen als Teil des Gehweges an einigen Stellen der Abgrenzung zur Fahrbahn und an anderen Stellen zu den Anliegergrundstücken. Den Pflanzungen und Grünstreifen entlang des Straßenzuges "J." kommt weder aufgrund ihres Umfangs noch aufgrund ihrer Gestaltung ein derartiges Gewicht zu, welches es rechtfertigt, sie als eigenständige Teileinrichtung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. h (Grünanlagen als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung) anzusehen. Vielmehr handelt es sich um partielle Grünflächen im nahen Umfeld der gepflanzten Bäume. Der Aufwand, der für sonstiges sog. unselbstständiges Straßenbegleitgrün entstanden ist, ist regelmäßig ein (unselbstständiger) Bestandteil des Gehweges, der das rechtliche Schicksal dieser Teileinrichtung teilt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 24.03.2010 - 4 L 284/08 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 195).

Schließlich hat die Beklagte Parkflächen in einem südlichen Abschnitt der "L." westlich entlang der Fahrbahn erstmalig angelegt. Dabei handelt es sich um eine Verbesserungsmaßnahme, denn Parkflächen dienen insbesondere der Aufnahme des ruhenden Verkehrs und verbessern damit die Inanspruchnahmemöglichkeit der Einrichtung. Die Anlieger und ihre Besucher können die Parkmöglichkeiten nutzen und der ruhende sowie fließende Verkehr wird getrennt, wodurch auch die Erreichbarkeit aller Anliegergrundstücke erleichtert und positiv beeinflusst wird (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss v. 30.06.2006 - 9 LA 200/04 -, juris Rn. 3 m.w.N.).

bb) Die Teileinrichtungen waren auch allesamt erneuerungsbedürftig.

Für die Beantwortung der Frage, ob eine Einrichtung erneuerungsbedürftig ist, steht der Gemeinde ein Einschätzungsspielraum zu. Begrenzt wird dieser Spielraum durch den Begriff der Erforderlichkeit, der lediglich eine äußerste Grenze markiert, welche die Gemeinde nicht überschreiten darf (vgl. Nds OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 147. m.w.N.). Diese Grenze wird missachtet, wenn die Gemeinde entweder vor Ablauf der Nutzungszeit oder ohne tatsächliche Abnutzung eine Erneuerungsmaßnahme durchführen lässt. Die Rechtmäßigkeit der gemeindlichen Einschätzung, eine Einrichtung sei erneuerungsbedürftig, ist auf eine hinreichende Tatsachengrundlage wie eine entsprechende Dokumentation zu stützen (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 32 Rn. 53, 57 m.w.N.); die Gemeinde trifft die materielle Darlegungs- und Beweislast (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 12.07.2017 - 15 E 70/17 -, juris Rn. 31 m.w.N.). Ist allerdings die übliche Nutzungszeit einer öffentlichen Einrichtung abgelaufen, bedarf es für den Nachweis der Erneuerungsbedürftigkeit keine ins Einzelne gehende Dokumentation (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.02.2014 - 15 A 36/14 -, juris Rn. 11).

Führt die Kommune dagegen Verbesserungsmaßnahmen durch, spielt ein Zeitablauf keine Rolle, weil das Ziel einer Verbesserungsmaßnahme nicht in einer Mängelbeseitigung, sondern in einem Ausbau mit einer höheren Qualitätsstufe besteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27.08.2009 - OVG 9 S 76.08 -, juris Rn. 3; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 32 Rn. 89 m.w.N.).

Ausgehend hiervon bedarf es im vorliegenden Fall schon keiner weiteren Darlegungen der Erneuerungsbedürftigkeit, weil die Beklagte vorwiegend Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt hat. Aber selbst, wenn man die Maßnahmen an den Gehwegen wegen ihres gleichsam ersetzenden Charakters als Erneuerungsmaßnahmen einstufen würde, hätte die Beklagte eine entsprechende Erneuerungsbedürftigkeit hinreichend dargelegt.

Die Gehwege entlang der "L." waren nach den vorliegenden Erkenntnissen zu Beginn der 1970er Jahre angelegt worden und damit zum Zeitpunkt der Ausbaumaßnahmen über 45 Jahre alt, sodass die grundsätzlich zwischen 20 und 25 Jahren liegende Nutzungsdauer von Gehwegen (vgl. Nds OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 158 m.w.N.) deutlich überschritten war. Die der Kammer vorliegenden Lichtbilder aus der Zeit vor dem Ausbau (datiert auf das Jahr 2015) lassen weiter klar erkennen, dass die Gehwege bei Beginn der Baumaßnahmen schadhaft und abgenutzt, mithin erneuerungsbedürftig waren. Der Zustand dieser Teileinrichtungen ergibt sich schließlich auch aus den Ausführungen der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" vom 4. September 2015 (dort S. 3 f.), wonach alle befestigten Nebenanlagen Verwerfungen und Unebenheiten in den Belägen aufweisen würden und Fehlstellen teilweise mit andersartigem Material korrigiert worden seien. Die Randeinfassungen aus Bordanlagen würden ebenfalls Setzungen und Fehlstellen zeigen. Anders als die Kläger meinen, sind die Ausführungen der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" auch nicht ungeeignet, den vorigen Zustand nachzuweisen. Für ihre Behauptung, es handele sich um Schilderungen, die einseitig die Interessenlage der Beklagten begünstigen würden, spricht nichts. Die Zustandsbeschreibung deckt sich zudem mit den vorliegenden Lichtbildern.

Die von den Klägern im Rahmen des Klageverfahrens vorgelegten Lichtbilder, die vorgeblich die hier abgerechneten Teileinrichtungen zeigen sollen, sind nicht geeignet, der gemeindlichen Einschätzung der Erneuerungsbedürftigkeit entgegenzutreten. Sie sind allesamt undatiert und zeigen die Teileinrichtungen allenfalls im Hintergrund. Ist damit die Erneuerungsbedürftigkeit in mehrfacher Hinsicht substantiiert dargetan und von den Klägern nur pauschal bestritten, bestand für die Kammer kein Anlass, der Beweisanregung der Kläger, über die fehlende Erneuerungsbedürftigkeit ein Sachverständigengutachten einzuholen, - unabhängig von der zweifelhaften Eignung dieses Beweismittels - weiter nachzugehen.

Der Beitragsfähigkeit der durchgeführten Maßnahmen steht - anders als die Kläger meinen - nicht entgegen, dass die Beklagte ihrer Unterhaltungspflicht nicht nachgekommen sei. Unabhängig davon, ob diese Behauptung in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, setzt die Beitragsfähigkeit einer Erneuerungsmaßnahme nicht voraus, dass die Gemeinde in der Vergangenheit stets ihrer Instandhaltungspflicht nachgekommen ist (sog. aufgestauter Reparaturbedarf), wenn die Nutzungsdauer der Anlage - wie hier - abgelaufen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.11.2016 - 15 A 2582/15 -, juris Rn. 21; BayVGH, Urteil v. 29.07.2009 - 6 ZB 07.2861 -, juris Rn. 8). Die Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme setzt schon dem Grunde nach nicht voraus, dass die Einrichtung abgenutzt ist bzw. sich in einem schlechten Zustand befindet. Ziel einer Verbesserungsmaßnahme ist - wie bereits ausgeführt - nicht die Beseitigung von Mängeln, sondern die Erreichung eines Ausbauzustands mit einer höheren Qualitätsstufe. Unter Umständen kann selbst ein guter Zustand noch verbessert werden (vgl. Nds OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 146 m.w.N.). Somit ist die Verbesserung des Gehwegs, der die Anlegung der Grünflächen zuzurechnen ist, und der Parkflächen ebenfalls beitragsfähig.

Ebenso wenig ist von Relevanz, ob die Fahrbahndecke der "L." nur durch die zuvor durchgeführten Kanalarbeiten beschädigt worden ist, weil für Ausbaumaßnahmen an der Fahrbahndecke kein Aufwand auf die Kläger umgelegt worden ist. Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte im Rahmen einer sog. Verbundmaßnahme dazu entschieden hat, anlässlich der Erneuerung der Mischwasserkanalisation zugleich die Nebenanlagen auszubauen (s.a. BayVGH, Beschluss v. 13.06.2016 - 6 ZB 14.2404 -, juris Rn. 15).

c) Die Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand ordnungsgemäß ermittelt.

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 NKAG i.V.m. § 3 Abs. 1 ABS kann der Aufwand nach den tatsächlichen Aufwendungen bzw. Kosten ermittelt werden. Das umfasst grundsätzlich alle Kosten, die der Gemeinde für die Verwirklichung einer dem dafür aufgestellten Bauprogramm entsprechenden beitragsfähigen Maßnahme im Rahmen der Erforderlichkeit entstanden sind (OVG Saarland, Beschluss v. 23.12.2015 - 1 A 63/15 - Rn. 4, jurisDriehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 33 Rn. 5 m.w.N.). Zum Aufwand rechnen auch die Kosten, die einem Dritten, dessen sich die Kommune bedient, entstehen, soweit sie dem Dritten von der Kommune geschuldet werden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 NKAG), sowie die vom Personal der Kommune für Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 1 zu erbringenden Werk- und Dienstleistungen (§ 6 Abs. 3 Satz 3 NKAG).

Die erkennende Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit des in Ansatz gebrachten beitragsfähigen Gesamtaufwandes in Höhe von 468.221,79 €.

aa) Die Kosten für den Gehweg, die Grünflächen und die Parkflächen sind in der in Ansatz gebrachten Höhe beitragsfähig. Die Beklagte hat umfassend dargelegt, wie sie diesen Betrag errechnet hat.

So hat sie ausgehend von der maßgeblichen Schlussrechnung des Bauunternehmers Q. die dort enthaltenen und ihr in Rechnung gestellten Kosten für den Gehweg, die Grünflächen und die Parkbuchten in Höhe von 303.259,79 € netto bzw. 360.879,15 € brutto ebenso in den Aufwand einbezogen wie die Baustellenbegleitarbeiten in Höhe von 13.547,41 € netto bzw. 16.153,550 € brutto. Hinsichtlich der Baustellenbegleitarbeiten hat sie zudem sachgerecht berücksichtigt, dass diese nur anteilig für die Teileinrichtungen - und zwar in Höhe von 11.239,03 € - in Ansatz gebracht werden können. Soweit die Kläger demgegenüber mutmaßen, es könnten auch andere Positionen, die der Bauunternehmer Q. der Beklagten in Rechnung gestellt hat, in den beitragsfähigen Aufwand eingeflossen sein, handelt es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein ohne tatsächliches Substrat. Die Beklagte hat dezidiert aufgeschlüsselt, aus welchen Positionen der Schlussrechnung sie die Herstellungskosten und Baustellenbegleitarbeitskosten errechnet hat. Dem sind die Kläger nicht weiter entgegengetreten.

Ebenfalls zu Recht hat die Beklagte die ihr von der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" für Ingenieursdienstleistungen in Rechnung gestellten Beträge (anteilig gerechnet auf die jeweiligen Teileinrichtungen) in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 NKAG).

bb) Die Beklagte durfte auch den Aufwand, der im Zusammenhang mit dem (Teil-) Streckenausbau der Teileinrichtungen der "L." zwischen den Einmündungen "M." und "S." (jetzt "O.") entstanden war, einbeziehen. Der diesem Teilstreckenausbau zugrundeliegende Abschnittsbildungsbeschluss des Rates der Gemeinde Lahstedt vom 26. August 2005 erfolgte rechtswidrig und die sachliche Beitragspflicht für diesen Aufwand konnte daher nicht entstehen.

Zu den Anforderungen, die ein Abschnittsbildungsbeschluss erfüllen muss, hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (erstmals) mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 (- 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6) ausgeführt:

"Nach § 6 Abs. 4 NKAG kann der Aufwand auch für Abschnitte einer Einrichtung ermittelt werden, wenn diese selbstständig in Anspruch genommen werden können. Den Gemeinden steht bei ihrer Entscheidung darüber, ob und wo sie einen Abschnitt bilden, ein Ermessen zu, das seine Schranke im Willkürverbot findet und unter Beachtung des Zwecks, den der Gesetzgeber mit der Einführung des Rechtsinstituts der Abschnittsbildung verfolgt hat, ausgeübt werden muss. Nach dem Willen des Gesetzgebers stellt die Abschnittsbildung ein im Interesse der Finanzsituation der Gemeinden zugelassenes Vorfinanzierungsinstitut dar. Die Möglichkeit der Abschnittsbildung soll die Gemeinde in die Lage versetzen, bei auf den Ausbau der öffentlichen Einrichtung in ganzer Länge abzielenden Maßnahmen, die sich über mehrere Straßenabschnitte erstrecken und einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, Ausbauabschnitte gesondert endgültig abzurechnen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.8.2005 - 2 LB 38/04 - NordÖR 2006, 84 = Die Gemeinde 2007, 237). Bei einer von vornherein auf einen bestimmten Abschnitt einer öffentlichen Einrichtung beschränkten Baumaßnahme ist für eine Abschnittsbildung kein Raum, weil das Institut der Abschnittsbildung im Blick auf seine Vorfinanzierungsfunktion nicht dazu dient, einzig ein auf den Abschnitt beschränktes eigenständiges Abrechnungsgebiet zu schaffen. Letztlich soll Gegenstand der Abrechnung immer der Ausbau der öffentlichen Einrichtung auf ganzer Länge sein. Die nach einer Abschnittsbildung auf den einzelnen Abschnitt beschränkte Abrechnung kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn damit eine Vorfinanzierung angestrebt wird und die Anlieger im Bereich des noch nicht ausgebauten Abschnitts später für eine vergleichbare Baumaßnahme zu Beiträgen herangezogen werden sollen. Daher setzt eine wirksame Abschnittsbildung voraus, dass das Bauprogramm der Gemeinde einen Ausbau über den ausgebauten Abschnitt hinaus vorsieht (ebenso OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.8.2005 - 2 LB 38/04 - a. a. O. und wohl auch Hessischer VGH, Beschluss vom 8.10.1999 - 5 ZU 4103/98 - zitiert nach juris sowie Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand Sept. 2009 § 8 Rdnr. 289i u 289k). Das Bauprogramm muss weitere Teilstrecken der öffentlichen Einrichtung erfassen, von der Gemeinde aber nicht in einem Zug, sondern etappenweise, eben in Abschnitten umgesetzt werden (Driehaus, ZMR 2008, 849, 852)."

Diese Rechtsprechung zur Vorfinanzierungsfunktion von Abschnittsbildungsbeschlüssen hat der für das Straßenausbaubeitragsrecht zuständige Senat später bestätigt (Nds. OVG, Beschluss v. 19.03.2015 - 9 ME 1/15 -, juris Rn. 8); sie wird seitdem in der (niedersächsischen) Rechtsprechung beachtet (vgl. VG Lüneburg, Urteile v. 18.03.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 26; v. 06.05.2020 - 3 A 226/16 -, juris Rn. 39), auch die erkennende Kammer schließt sich ihr an. Ein Abschnitt darf demnach grundsätzlich nur dann gebildet werden, wenn der Ausbau nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, die im Bauprogramm ihren Niederschlag gefunden haben, fortgeführt werden soll, die tatsächliche Ausführung sich aber zunächst auf eine bestimmte Strecke der geplanten Ausführung beschränkt, wenn mit anderen Worten die Erneuerung der Einrichtung nicht in einem Zuge, sondern in Etappen (Teilstrecken) verwirklicht wird. Dies setzt ein konkretes Bauprogramm auch für die Fortführung des Ausbaus an der Reststrecke sowie einen konkreten zeitlichen Horizont voraus (vgl. BayVGH, Beschluss v. 15.04.2015 - 6 ZB 14.2843 -, juris Rn. 10 m.w.N.; Sächs. OVG, Urteil vom 31.03.2016 - 5 A 99/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.).

Die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt der Abschnittsbildungsbeschluss des Rates der Gemeinde Lahstedt vom 26. August 2005 nicht. Den dem Gericht vorliegenden Unterlagen kann nicht entnommen werden, dass die Gemeinde Lahstedt zum Zeitpunkt dieses Abschnittsbildungsbeschlusses auch nur die Absicht hatte, weitere Teileinrichtungen entlang der "L." auszubauen. Daher ist erst recht kein zeitlicher Rahmen bestimmbar, innerhalb dessen weitere Teilstrecken hätten ausgebaut werden sollen.

Der Abschnittsbildungsbeschluss vom 26. August 2005 ist - anders als die Kläger meinen - auch nicht deshalb doch rechtmäßig, weil das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erstmals mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 - also über drei Jahre später - die vorstehenden Anforderungen an einen Abschnittsbildungsbeschluss formuliert hat. Bereits vor dem Zeitpunkt der Entscheidung musste ein Abschnittsbildungsbeschluss den genannten Anforderungen genügen. Denn die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat nicht auf eine Änderung des geltenden Rechts reagiert. Im Übrigen kommt verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung zu; folglich kann sie auch keine Änderung der Rechtslage bewirken. Die im Jahr 2009 formulierten Anforderungen an Abschnittsbildungsbeschlüsse sind daher auch auf vorher gefasst Abschnittsbildungsbeschlüsse anwendbar.

Ist für diesen Aufwand die sachliche Beitragspflicht schon gar nicht entstanden, konnte auch die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 NKAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO) nicht zu laufen beginnen, weil hierfür das Entstehen der Beitragspflicht Voraussetzung ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b NKAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO).

cc) Die erkennende Kammer geht ferner nicht davon aus, dass die Beklagte Kosten, die im Zusammenhang mit der Aufnahme und Wiedereinsetzung der Pflastersteine in dem bereits 2004 ausgebauten Teil angefallen sind, in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen hat. Schon aus der Maßnahmenbeschreibung der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" vom 4. September 2015 geht hervor, dass der Beklagten bewusst gewesen ist, dass dieser Teilbereich bereits im Jahr 2004 erneuert bzw. verbessert worden ist. Allein wegen den Kanalarbeiten habe eine Aufnahme und Wiedereinsetzung der Pflastersteine in diesem Bereich zu erfolgen. Damit hat sie klar zu erkennen gegeben, etwaig anfallende Kosten den - hier nicht abgerechneten - Kanalarbeiten zuzuordnen. Diese Einschätzung wird weiter dadurch bestätigt, dass in dem Ausbauplan aus April 2014 ausdrücklich dieses Teilstück hervorgehoben und ausgeführt wird, hier seien bereits Maßnahmen durchgeführt worden, sodass nur Schäden nach den Kanalarbeiten zu beheben seien. Schließlich haben die Kläger ihre vage Behauptung, die Beklagte habe gleichwohl Kosten für Maßnahmen in diesem Teilabschnitt in den beitragsfähigen Aufwand eingestellt, nicht näher substantiiert.

d) Auch bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind keine Rechtsfehler aufgetreten. Die Beklagte hat die Verteilungs- und Beitragsmaßstäbe aus §§ 4, 5 ABS zutreffend angewendet.

Gemäß § 4 Abs. 1 ABS trägt die Beklagte zur Abgeltung des öffentlichen Interesses von dem beitragsfähigen Aufwand den Teil, der auf die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch die Allgemeinheit oder Gemeinde fällt. Den übrigen Teil haben die beitragspflichtigen Anlieger zu tragen. Ausgehend von der rechtlich nicht zu beanstandenden Einstufung der Ortsdurchfahrt "J." als öffentliche Einrichtung, die überwiegend dem Durchgangsverkehr dient, beläuft sich der Anliegeranteil für die Gehwege und Grünflächen als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung auf 50 v.H. (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b ABS) und für Parkflächen auf 60 v.H. (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. e ABS). Bedenken hinsichtlich des hier angesetzten Nutzungsfaktors von 1,25 bestehen nicht; die Beklagte hat die diesbezügliche Satzungsregelung aus § 5 Abs. 5 Satz 1 ABS unter Berücksichtigung der Vollgeschossanzahl des klägerischen Hauses zutreffend angewendet.

e) Die Kläger sind weiter persönlich beitragspflichtig. Als Eigentümer eines an die ausgebauten Teileinrichtungen anliegenden Grundstücks bietet ihnen die Möglichkeit der Inanspruchnahme besondere wirtschaftliche Vorteile i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG und § 1 Abs. 1 ABS.

Durch den in § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bestimmten Vorteilsbegriff werden die beitragspflichtigen Grundstückseigentümer, denen durch die ausgebaute Anlage besondere Gebrauchsvorteile vermittelt werden, von den nicht beitragspflichtigen Mitgliedern der Allgemeinheit abgegrenzt (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15 -, juris Rn. 39). Maßgeblich für einen die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteil ist, ob von dem Grundstück aus die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht und diese dem Eigentümer die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks ermöglicht (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 11.07.2007 - 9 LC 262/07 -, juris Rn. 45). Auf eine bestimmte Werterhöhung für das jeweilige Anliegergrundstück oder eine sonstige wirtschaftliche Besserstellung des Grundstückseigentümers kommt es dabei grundsätzlich nicht an. Vielmehr indiziert eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bereits regelmäßig den besonderen wirtschaftlichen Vorteil für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, da sich wegen der engen Beziehung zwischen ausgebauter Anlage und Grundstück, insbesondere der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage vom Grundstück aus, der Wert eines Grundstücks automatisch mit der Qualität der Anlage erhöht (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15 -, juris Rn. 39; Beschluss v. 11.09.2003 - 9 ME 120/03 -, juris Rn. 5). Bei Wohngrundstücken ist es dabei ausreichend, wenn das Grundstück über die ausgebaute Anlage fußläufig erreicht werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 09.11.2012 - 9 LA 157/11 -, juris Rn. 7).

Hiervon ausgehend sind die Kläger durch die ausgebauten Teileinrichtungen bevorteilt. Nach eigenem Vortrag grenzt ihr Wohngrundstück unmittelbar an die Teileinrichtung Gehweg entlang der "L." an; sie kann von ihrem Grundstück aus genutzt werden. Ob unmittelbar auf der Höhe des Grundstücks der Kläger Ausbaumaßnahmen stattgefunden haben, ist für die Frage der Bevorteilung unerheblich; entscheidend ist, dass an dieser Teileinrichtung überhaupt beitragsfähige Maßnahmen durchgeführt worden sind, die der gesamten öffentlichen Einrichtung zugutekommen. Soweit die Kläger argumentieren, es sei auch bereits zuvor ein Gehweg vorhanden gewesen und dessen Erneuerung verbessere ihre wirtschaftliche Lage nicht, verkennen sie den grundstücksbezogenen Vorteilsbegriff im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG (s. hierzu Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 29 Rn. 6 ff.). Es kommt nicht darauf an, dass ein Anlieger subjektiv die durchgeführten Maßnahmen für sinnvoll oder vorteilhaft erachtet, sondern dass objektiv aufgrund der räumlich engen Beziehung zu der ausgebauten Anlage anders als gegenüber nicht individualisierbaren Dritten eine bessere, qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrsanlage besteht (vgl. Sächs. OVG, Beschluss v. 11.09.2017 - 5 B 158/17 -, juris Rn. 9 m.w.N.; Nds. OVG, Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15 -, juris Rn. 39). Ebenso wenig steht es der Vorteilslage und damit einer Heranziehung entgegen, wenn die Kläger ausführen, ihr Grundstück sei von vornherein auch durch den alten Gehweg erschlossen gewesen. Streitgegenständlich ist ein Beitrag für den Ausbau einer bereits vorhandenen Anlage, nicht ein Beitrag für die erstmalige Erschließung des Grundstücks.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung (erstmalig) geltend gemacht hat, die Kläger würden sich vorwiegend an der Beteiligung an den Kosten für die Gossenanlage stören, weil diese ihnen keine Vorteile brächte, ist er mit den Klägern darauf zu verweisen, dass die Beklagte für die Maßnahmen an der Gossenanlage keinen Ausbaubeitrag erhoben hat. In den beitragsfähigen Aufwand sind ausschließlich die Kosten für die Arbeiten an Gehweg, Grünflächen und Parkflächen, für die Baustellenbegleitarbeiten, für die Ingenieurleistungen sowie der Aufwand aus dem Jahr 2004 einbezogen worden. Insofern kommt es schon gar nicht darauf an, ob die neue Gossenanlage die Kläger bevorteilt, weil ihnen hierfür keine Kosten auferlegt worden sind.

f) Schließlich ist auch die sachliche Beitragspflicht für den Aufwand hinsichtlich der abgerechneten Teileinrichtungen der "L." entstanden.

Die sachliche Beitragspflicht entsteht mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahmen (§ 6 Abs. 6 NKAG i.V.m. § 7 Abs. 1 ABS). Beendet sind die Maßnahmen dann, wenn die technischen Arbeiten entsprechend dem von der Beklagten aufgestellten Bauprogramm fertig sind und der Aufwand berechenbar ist, d.h. mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung (vgl. Nds OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 306 m.w.N.). Zwar ist eine Änderung des Bauprogramms bis zu dessen vollständiger Verwirklichung zulässig, eine Änderung nach der endgültigen Herstellung bleibt jedoch ohne beitragsrechtliche Bedeutung. Eine bereits dem Bauprogramm entsprechend ausgebaute Anlage kann nicht nachträglich durch die Änderung der Planung in einen unfertigen Zustand zurückversetzt werden (vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 37 Rn. 7; s.a. Nds. OVG, Urteil v. 26.06.1996 - 9 L 1494/94 -, juris Rn. 6 [zum Erschließungsbeitragsrecht]).

Die letzte Unternehmerrechnung ist bei der Beklagten am 2. Oktober 2018 eingegangen, zu diesem Zeitpunkt war das Bauprogramm hinsichtlich der hier abgerechneten Teileinrichtungen bereits verwirklicht. Sämtliche in den Maßnahmenbeschreibungen enthaltenen Baumaßnahmen an den Gehwegen, Grün- und Parkflächen sind durchgeführt worden. Soweit die Kläger anführen, die Teileinrichtung "Gehweg" sei noch nicht fertiggestellt worden, und sich hierzu auf die Beschlussvorlage 884/2019 vom 12. August 2019 berufen, dringen sie mit diesem Vorbringen nicht durch. Zwar sieht die vorgenannte Beschlussvorlage in der Tat eine Ergänzung der östlichen Gehweganlage der "L." nördlich der Einmündung "R." durch Herstellung einer Grundstückszufahrt vor, diese ist allerdings nicht Teil des ursprünglichen Bauprogramms gewesen. Die Beklagte hat in ihrer im Verwaltungsvorgang enthaltenen Maßnahmenbeschreibung zum Ausbau der gemeindlichen Nebenanlagen hinsichtlich der Gehwege nur ausgeführt, die unebene Oberflächenbefestigung solle wieder befestigt werden und im Einmündungsbereich "T." und vor den Hausnummern 19 bis 21 seien die Hochborde neu zu trassieren. Eine wie in der Beschlussvorlage vorgesehene Erweiterung der Gehweganlage zwischen der Bushaltestelle und der Einmündung "R." findet sich dort nicht. Dieser Befund deckt sich mit den Ausführungen der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" vom 4. September 2015, die lediglich eine Absenkung bereits vorhandener Grundstückszufahrten als durchzuführende Maßnahmen vorsieht, nicht jedoch die erstmalige Herstellung einer Zufahrt samt Schaffung eines Gehwegs in diesem Bereich. Nach den Vorstellungen der Beklagten sollte dieser Bereich gar nicht von den Ausbaumaßnahmen betroffen sein. Dies ergibt sich schließlich auch aus der dem Ausbauplan der "P. Ingenieurgesellschaft Peine mbH" aus April 2014, der für diesen Bereich keine Maßnahmen vorsieht.

Der Rat der Beklagten hatte auch bis zum Zeitpunkt des Eingangs der Schlussrechnung (2. Oktober 2018) keinen entsprechenden Beschluss gefasst, diese Erweiterungsmaßnahme zum Teil des Bauprogramms zu machen. Dass es in der Beschlussvorlage vom 12. August 2019 insoweit (unrichtig) heißt, bei einer Ausführung im Jahr 2020 könne dieser Betrag noch als Beitragspflegeaufwand in der Gesamtbeitragssumme einfließen, ist daher ohne Bedeutung.

II. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 154 Abs. 1 VwGO und bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung.

III. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz.