Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 20.03.2024, Az.: 8 A 440/21

Abweichende Verteilungsregelung; Anliegeranteil; Anwendungsbereich der Satzung; Aufwendungen für Taxistände; besonderer wirtschaftlicher Vorteil; Ergänzungssatzung; Erneuerung; keine atypische Erschließungssituation; Parkflächen; selbständige öffentliche Einrichtung; starker innerörtlicher Verkehr; Straßenausbaubeitrag; Verbesserung; Vorausleistung; Vorausleistungsbescheid auf Straßenausbaubeitrag: Taxistände keine Parkflächen

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
20.03.2024
Aktenzeichen
8 A 440/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 13645
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0320.8A440.21.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Erhebung einer Vorausleistung muss trotz § 2 Abs. 1 NKAG nicht in der Satzung geregelt sein, weil es sich um eine bloße Wiederholung der Regelung in § 6 Abs. 7 Satz 1 NKAG handeln würde.

  2. 2.

    Die Kommune ermittelt den beitragsfähigen Aufwand nicht ordnungsgemäß, wenn sie Kosten für Taxistände unter die Teileinrichtung "Parkflächen" fasst. Bei Taxiständen handelt es sich weder um Parkflächen, noch um Standstreifen oder Haltebuchten, weil das dort angebrachte Verkehrszeichen 229 (Nr. 15 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) ein ausdrückliches Verbot für alle Kraftfahrzeuge ausspricht, dort zu halten, mit Ausnahme von für die Fahrgastbeförderung bereitgehaltenen Taxen.

  3. 3.

    Bei Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Satzung auf Taxistände könnte mangels überwiegender Nutzungsmöglichkeit für Anlieger eine abweichende Verteilungsregelung (des Anliegeranteils) in einer Ergänzungssatzung erforderlich werden.

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 30. September 2021 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 8.255,19 € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.692,44 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Vorausleistung auf einen Straßenausbaubeitrag.

Die Klägerin ist (Mit-)Eigentümerin des in der Gemarkung G. gelegenen Grundstücks mit der Anschrift "H. straße 1, Braunschweig". Das Grundstück ist 395 m2 groß und mit einem mehrstöckigen Wohnhaus bebaut.

Die H. straße verbindet von Süden kommend mit einer Länge von 45 m (laut Auszug aus dem Straßenbestandsverzeichnis vom 24.11.2022) die I. Straße mit der J. -Straße (Bundesstraße 248) und führt weiter nach Norden. Die J. -Straße verläuft in West-Ost-Richtung, die I. Straße führt von Westen in nordöstliche Richtung. Das Grundstück der Klägerin ist ein Eckgrundstück, das auf der Westseite der H. straße liegt und im Süden an die I. Straße angrenzt. Auf der Ostseite der H. straße schräg gegenüber dem klägerischen Grundstück befindet sich die Zufahrt zu einer Shell-Tankstelle. Der Fahrzeugverkehr auf der I. Straße in Fahrtrichtung Nordosten ist für den Fahrzeugverkehr nur bis zur H. straße, wo sie Richtung Norden abknickt, möglich; für den Fußgänger- sowie öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) führt die I. Straße weiter in östlicher Richtung bis zum Bahnhof Gliesmarode.

Im nördlichen Bereich der H. straße zwischen I. Straße und J. -Straße (J. -Straße 51 bis 55) gilt der Bebauungsplan GL 13, der die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse auf 4 festsetzt. Für das Tankstellengrundstück auf der Ostseite der Anlage (J. -Straße 51a) setzt der Bebauungsplan "Tankstelle" fest, und im übrigen Bereich des Abrechnungsgebietes (H. straße 1 und 2) besteht kein Bebauungsplan. Die dort vorhandenen Grundstücke sind ein- und viergeschossig bebaut.

Vor dem Ausbau war auf der H. straße im Bereich zwischen I. Straße und J. -Straße pro Richtung jeweils eine Fahrspur vorhanden, die sich ab etwa der Mitte der Straßenlänge jeweils in eine kombinierte Geradeaus- und Rechtsabbiegespur sowie eine Linksabbiegespur aufteilte. An der Ostseite der Straße befand sich ein als Radweg genutzter Streifen, an der Westseite der Straße (vor dem Grundstück der Klägerin) befanden sich vier Parkplätze.

Vor Beginn des Ausbaus lud die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 26. März 2018 zu einer Informationsveranstaltung am 10. April 2018 ein, um sie über die geplante Erneuerung der öffentlichen Verkehrsanlage "H. straße" zwischen I. Straße und J. -Straße zu informieren. Zugleich gab die Beklagte in einer "Pressemitteilung für die öffentliche Informationsveranstaltung zum Mobilitätsverknüpfungspunkt Bahnhof Gliesmarode" vom 26. März 2018 bekannt, dass mit der anstehenden Modernisierung des Bahnhofs Gliesmarode durch den Regionalverband Großraum Braunschweig und die Deutsche Bahn AG im Jahr 2019 auch das Umfeld zwischen dem Bahnhof und der Böcklinstraße den neuen Mobilitätsanforderungen angepasst werden solle und verwies auf die Veranstaltung am 10. April 2018, in deren Rahmen ein Entwurf der Maßnahme vorgestellt sowie im Anschluss die finanziellen Auswirkungen nach der Straßenausbaubeitragssatzung erläutert werden sollten. In der Veranstaltung wurde die geplante Erneuerung der Fahrbahn, Gehwege, Oberflächenentwässerung und Parkstreifen dargestellt, die vorläufigen Gesamtkosten mit etwa 291.100 € veranschlagt und ein Anliegeranteil von insgesamt etwa 151.700 € in Aussicht gestellt. Der Planungs- und Umweltausschuss der Beklagten stimmte in seiner Sitzung am 30. Mai 2018 der Planung und dem Ausbau des Mobilitätsverknüpfungspunktes im Umfeld des Bahnhofs Gliesmarode zu. Laut Beschlussvorlage sollten die Kosten für die Umgestaltung des Umfeldes am Bahnhof Gliesmarode 1,6 Mio. € einschließlich der Kosten für Fahrradabstellanlagen betragen. Für den Straßenausbau in der H. straße wurden Kosten in Höhe von ca. 300.000 € erwartet, wobei von einer Beteiligung der Anlieger über Straßenausbaubeiträge in Höhe von ca. 150.000 € ausgegangen wurde.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie beabsichtige demnächst die Straßenausbaumaßnahme durchzuführen, deren Ausbaukosten nunmehr auf rund 355.450 € geschätzt würden. Nach derzeitigen Erkenntnissen betrage der Straßenausbaubeitrag für das Grundstück der Klägerin voraussichtlich etwa 9.700 €.

Im Jahr 2021 wurde die Baumaßnahme ausgeführt, wobei die vier Parkplätze auf der Seite des Grundstücks der Klägerin durch eine Busspur, die in einer Haltestelle ("Bahnhof Gliesmarode, Bahnsteig F") mündet, ersetzt wurden. Hier hält jetzt im 30-Minutentakt die Linie 433, die von K. nach L. e fährt und die Linie R 230, die vom Hauptbahnhof Wolfsburg zum Rathaus Braunschweig fährt. Zuvor befand sich die Haltestelle an der J. -Straße. Auf der Ostseite der H. straße befinden sich seit dem Ausbau drei für Taxen ausgewiesene Stellplätze. Außerdem führt nunmehr eine Fahrspur auf der H. straße mit Geradeaus- und Rechtsabbiegerichtung von Norden nach Süden sowie zwei Fahrspuren mit Geradeaus, Rechts- und Linksabbiegemöglichkeit nach Norden. Zwischen der Fahrspur in Richtung Süden und den zwei Fahrspuren in Richtung Norden wurde ein Mittelstreifen mit Straßenbegleitgrün sowie Überquerungshilfen an beiden Enden angelegt.

Mit Vorausleistungsbescheid vom 30. September 2021 zog die Beklagte die Klägerin zur Zahlung einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag für ihr Grundstück in Höhe von 8.692,44 € heran. Sie teilte mit, dass der Ausbau der öffentlichen Verkehrsanlage "H. straße" zwischen I. Straße und J. -Straße in Kürze abgeschlossen sein werde. Die beitragsfähigen Kosten würden nach aktuellem Stand insgesamt 355.446,64 € betragen. Nach ihrer Straßenausbaubeitragssatzung seien bei Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr von der Fahrbahn 40 %, von der Oberflächenentwässerung 50 %, von den Gehwegen 60 % und von den Parkflächen 70 % des beitragsfähigen Aufwandes von den Anliegern zu tragen. Für die Ermittlung der beitragsfähigen Grundstücksfläche rechnete sie aufgrund der Mehrfacherschließung des klägerischen Grundstücks durch zwei öffentliche Verkehrsanlagen die Hälfte der Grundstücksfläche von 395 m2 und damit 197,5 m2 an. Wegen der viergeschossigen Bebaubarkeit des Grundstücks multiplizierte sie diese Fläche mit einem Nutzungsfaktor von 1,75 und rechnete auf die sich danach ergebende beitragspflichtige Grundstücksfläche von 345,63 m2 den Vervielfältigungsfaktor von 27,94396375991 €/m2 an. Von dem sich danach voraussichtlich ergebenden Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.658,27 € setzte sie einen Anteil von 90 % als Vorausleistung in Höhe von 8.692,44 € fest.

Am 1. November 2021 hat die Klägerin gegen den am 4. Oktober 2021 zugestellten Vorausleistungsbescheid Klage erhoben.

Die Klägerin rügt, sie habe bis zur Zustellung des Vorausleistungsbescheides keinerlei Informationen zu dem geplanten Bauvorhaben von der Beklagten erhalten. Lediglich im Internet sei auf das Bauvorhaben verwiesen worden. Während der Bauphase habe sie etliche Beeinträchtigungen hinnehmen müssen, u.a. sei die Eingangstür des Hauses H. straße 1 beschädigt und eine neue Verglasung notwendig geworden. Außerdem seien durch die Baumaßnahmen Regenwasserfallrohre der Häuser H. straße 1 und 2 falsch an das Kanalnetz angeschlossen worden, sodass eine Reparatur erforderlich gewesen sei, die sie 6.000 € gekostet hätte. Während der Bauphase hätten außerdem zwei Umzüge nicht problemlos durchgeführt werden können, weil kein Parkraum für die Möbelwagen zur Verfügung gestanden habe und das Mobiliar über zwei Kreuzungen habe getragen werden müssen. Schon wegen des für sie entstandenen Kostenaufwandes sei eine Beteiligung an den Ausbaukosten in der von der Beklagten geforderten Höhe nicht gerechtfertigt. Für die Erhebung einer Vorausleistung gebe es überdies keine Rechtsgrundlage.

Eine Umgestaltung bzw. Erneuerung des Teilstücks der H. straße sei ohne das groß angelegte und umfassende Bauvorhaben der Neugestaltung des Bahnhofs Gliesmarode aufgrund des guten Fahrbahnzustandes der H. straße nicht erforderlich gewesen. Die Maßnahme in der H. straße sei einzig und allein begründet durch das Projekt der Neugestaltung und Entwicklung des Bahnhofs Gliesmarode zu einem modernen Mobilitätsverknüpfungspunkt, was durch die Formulierung in der Pressemitteilung der Beklagten vom 26. März 2018 bestätigt worden sei. Dies zeige auch die Einrichtung eines ihrem - der Klägerin - Grundstück gegenüberliegenden Taxistandes über die volle Straßenlänge. Ohne die Herstellung des Projektes "Mobilitätsverknüpfungspunkt" Bahnhof Gliesmarode wäre die Einrichtung von Taxiständen nicht erforderlich gewesen. Die Einbindung der H. straße in dieses Projekt verdeutliche außerdem das Haltestellenschild der Bushaltestelle, das die Bezeichnung "Bahnhof Gliesmarode, Bussteig F" und nicht "H. straße" trage. Nach Einrichtung des Busfahrstreifens und der Bushaltestelle seien die vorher auf ganzer Länge vorhandenen vier Parkplätze ersatzlos weggefallen. Der Bus der Linie 433 halte direkt vor ihrem - der Klägerin - Grundstück und werde zu 100 % von der Allgemeinheit, nicht jedoch von ihr genutzt. Ein wirtschaftlicher Sondervorteil bestehe deshalb nicht, sondern das Gegenteil sei der Fall, weil erfahrungsgemäß an Bushaltestellen stehende Busse den Motor nicht ausstellen, sondern laufen lassen. Dies bedeute alle 30 Minuten eine Beeinträchtigung durch Lärm- und Geruchsemissionen, die darüber hinaus eine Gesundheitsgefährdung darstellen würden.

Außerdem bedeute der Wegfall früher gebotener Parkmöglichkeiten eine beitragsrechtlich relevante Minderung des wirtschaftlichen Vorteils, dem die Beklagte hätte Rechnung tragen müssen. Der wirtschaftliche Vorteil der Inanspruchnahme einer Straße, die Parkmöglichkeiten biete, sei größer als der einer Straße ohne jede Parkmöglichkeit. Durch die Schaffung von - unter Vorteilsgesichtspunkten nicht gleichwertigen - kurzfristigen Haltemöglichkeiten werde diese Vorteilsminderung nicht kompensiert.

Die in der Satzung der Beklagten aufgeführten Verteilungsregelungen würden den hier vorliegenden Fall nicht abbilden, weil die Besonderheiten und atypischen Verhältnisse des Abrechnungsgebietes keinerlei Niederschlag gefunden hätten. Die Verteilungsregelung in der Satzung der Beklagten für die Teileinrichtungen Parkflächen mit einem Anliegeranteil in Höhe von 70 % und für Gehwege in Höhe von 60 % sei bezogen auf das Abrechnungsgebiet H. straße nicht vorteilsgerecht. Es handele sich bei der H. straße um eine vom Regelfall der Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr abweichenden Vorteilslage, um eine sogenannte "atypische Erschließungssituation". Aufgrund dieser atypischen Situation im Abrechnungsgebiet H. straße sei die Annahme einer deutlich überwiegenden Nutzung der Parkflächen sowie des Gehweges durch die Anlieger nicht gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund der Aufwertung und Ausgestaltung des Bahnhofs Gliesmarode als modernen Mobilitätsverknüpfungspunkt werde der Fremdverkehr, der auf der Suche nach Parkraum die Straße durchfahre, erheblich zunehmen, sodass die Parkflächen nicht deutlich überwiegend dem Anliegerverkehr zuzurechnen seien. Der Anliegeranteil in Höhe von 70 % für Parkflächen bei Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr hätte deshalb gesenkt werden müssen. Für den Anliegeranteil in Höhe von 60 % hinsichtlich Neugestaltung und Ausbau des Gehweges vor ihrem - der Klägerin - Grundstück gelte dasselbe. Auch hier habe die Anbindung an andere Buslinien, an den Straßenbahn- sowie an den Zugverkehr, verbunden mit vielfältigen Umsteigemöglichkeiten zur Folge, dass der Gehweg nicht deutlich überwiegend durch die Anlieger, sondern durch die Allgemeinheit genutzt werde. Hinzu komme, dass die H. straße eine Verbindungsstraße zwischen zwei Hauptstraßen darstelle und in dieser Funktion von Fremden bzw. der Allgemeinheit als Verbindungsweg genutzt werde. Im Übrigen sei der nach Durchführung der Umbaumaßnahmen entstandene Gehweg erheblich breiter als der alte Bürgersteig. Diese Maßnahme der Gehwegerneuerung und Verbreiterung sei überdimensioniert und damit unverhältnismäßig, was nicht zulasten der Anlieger gehen könne. Durch die unverhältnismäßige und nicht erforderliche Verbreiterung habe sie - die Klägerin - nunmehr fast das Doppelte für die Gehwegreinigung zu zahlen.

Bei Betrachtung des Haltestellenbereichs werde außerdem deutlich, dass besondere Materialien, die eigens für die Einrichtung eines durch zusätzliche Gewichte aufgrund des Busverkehrs besonders belasteten Straßenbereichs zum Einsatz gekommen seien. Darüber hinaus erfordere die Fahrbahnerstellung in diesem Bereich auch für den Unterbau und Belag ein besonderes Material sowie eine stärkere Herstellung des Unterbaus der Straße. Bei der "normalen" Erneuerung der Fahrbahn der H. straße wäre dies nicht erforderlich gewesen. Nach dem Umbau werde nunmehr der gesamte Fahrzeugverkehr von der I. Straße über die H. straße in Richtung J. -Straße geführt. Auch dieser Umstand erfordere eine entsprechende erheblich verstärkte Fahrbahnherstellung, die sich sowohl auf den Unterbau als auf die Fahrbahndecke beziehe. Da der Busverkehr im Bereich der H. straße durch die jetzt dort entlangführenden Buslinien (433 und R 230) erheblich zugenommen habe, sei mittlerweile von einer ganz überwiegenden Nutzung durch die Allgemeinheit und nicht durch die Anlieger auszugehen, sodass der Anliegeranteil von 40 % für die Fahrbahn in der Satzung ebenfalls nicht vorteilsgerechnet sei.

Hinsichtlich der Frage eines besonderen wirtschaftlichen Vorteils der Anlieger durch den Umbau der H. straße verweise sie ausdrücklich auf die Ratsvorlage -21-16413 zur Frage:"Umfeld Bahnhof Gliesmarode: Schlechte Planung oder wird nachgebessert?", wonach beim Ausbau der H. straße drei Parkplätze im öffentlichen Straßenraum zugunsten einer Bushaltestelle entfallen seien und in diesem Straßenabschnitt eine große graue Fläche entstanden sei. Weiter werde in der Vorlage ausgeführt, es scheine, als wären viele technische Aspekte nicht berücksichtigt worden, ohne an die dort Wohnenden bzw. die dortige Gastronomie und den Weg nutzenden Menschen im Sinne eines "Wohlgefühlpaketes" zu denken. Diese Beschreibung sowie die tatsächlichen Umstände würden nochmals deutlich machen, dass die Umbaumaßnahme untrennbar mit dem Projekt "Mobilitätsverknüpfungspunkt" Bahnhof Gliesmarode verbunden sei und wirtschaftliche Vorteile für die Anlieger aus dieser Umbaumaßnahme in keiner Weise herzuleiten seien.

Die entstandenen Gesamtkosten der Baumaßnahme für den Bereich H. straße seien von der Beklagten nicht nachgewiesen worden. Die in der Beiakte enthaltenen Kostenberechnungen, die bezeichnenderweise mit "Kostenberechnung Bahnhof Gliesmarode" betitelt worden seien, würden Gesamtkosten in Höhe von 291.081,72 € feststellen. Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten weise demgegenüber einen Betrag in Höhe von 355.446,61 € aus. Eine genaue Kostenaufstellung sei nicht vorhanden. Ebenso wenig gehe aus den vorhandenen Unterlagen hervor, wie hoch die für das Projekt insgesamt festgestellten Kosten seien. Die Möglichkeit, aufgrund einer differenzierten und nachvollziehbaren Aufstellung einen entsprechenden Anteil vorweg abzuziehen, sei daher nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 30. September 2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert: Die Klägerin sei zu der Informationsveranstaltung am 10. April 2018 eingeladen und mit Schreiben vom 8. Mai 2020 über die demnächst anstehende Maßnahme informiert worden. Soweit sie auf Schäden hinweise, die während der Bauphase an ihrem Gebäude eingetreten seien, habe dies keinen Einfluss auf die zu erhebenden Ausbaubeiträge. Insoweit seien die Verursacher bzw. deren Versicherungen in Anspruch zu nehmen. Bei ihrer - der Beklagten - Schadenstelle seien bisher zum Grundstück der Klägerin keine Schäden bekannt gegeben worden.

In den durchgeführten Maßnahmen sei eine Umgestaltung und Verbesserung zu sehen, für die Ausbaubeiträge anfallen würden. Eine Verbesserung liege insbesondere dann vor, wenn eine gemessen an ihrem ursprünglichen Zustand noch intakte Erschließungsanlage qualitativ umgestellt werde, weil sie in ihrer Form den Erfordernissen nicht mehr genüge. Dies umfasse auch die Fälle, in denen eine Straße infolge der gewandelten Verkehrsbedeutung den neuen Anforderungen, d.h. den geänderten Verkehrsbedürfnissen, angepasst werde. Durch die Umgestaltungsmaßnahmen sei zum einen eine räumliche Aufteilung der Fahrspuren bewirkt worden. Zum anderen werde den veränderten Ansprüchen an den öffentlichen Personennahverkehr, für den eine räumliche Konzentration von Umsteigemöglichkeiten beim Zusammentreffen verschiedener öffentlicher Verkehrsmittel bedeutsam sei, Rechnung getragen. Auf die Frage, ob die H. straße in diesem Teilstück erneuerungsbedürftig gewesen sei, komme es nicht an, weil deren Umgestaltung eine Verbesserung darstelle. Hierfür habe sie - die Beklagte - die Planungshoheit. Eine Erneuerung habe ebenfalls stattgefunden, denn die Straße sei in dem maßgeblichen Bereich letztmalig im Jahr 1989 - und damit vor über 30 Jahren - neugestaltet worden. Ein Ausbaubedarf werde bei dieser Straßenkategorie schon nach Ablauf von 20 bis 25 Jahren angenommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Umgestaltung der H. straße keine unverzichtbare Voraussetzung für die Optimierung des Bahnhofs dargestellt. Deshalb sei auf ihrer Internetseite angekündigt worden, dass "im Zuge der Baumaßnahme die H. straße in Höhe der Tankstelle grundhaft saniert..." werde. Die Maßnahmen in der H. straße seien zwar für die Bahnhofsoptimierung sinnvoll, aber keine zwingende Voraussetzung für die Funktion des Bahnhofs. Der Umstand, dass eine Straße anlässlich einer übergreifenden städtebaulichen Planung umgestaltet werde, schließe eine grundsätzliche Straßenausbaubeitragspflicht nicht aus, wenn hierdurch Gebrauchsvorteile und objektive Wertsteigerungen für die Anlieger entstehen.

Von einer atypischen Erschließungssituation sei nicht auszugehen. Zahlreiche Erschließungsanlagen mit starkem innerörtlichen Verkehr, an denen sich Haltestellen befänden, würden einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr verursachen. Durch die Einstufung der Anlage als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr werde diesem Umstand Rechnung getragen. Der grundsätzlich bei Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr gerechtfertigte Anliegeranteil von 70 % für Parkflächen, Standstreifen und Haltebuchten sei auch im vorliegenden Fall angemessen, denn die Bushaltestelle sei nicht allein dem Bahnhof zuzuordnen, sondern diene ebenso den Anliegern. Die Bezeichnung der Bushaltestelle mit "Bahnhof Gliesmarode, Bussteig F" sei für die beitragsrechtliche Situation nicht maßgeblich und bewirke nicht, dass der Bussteig ausschließlich dem Bahnhof zugeordnet wäre. Im gesamten Stadtgebiet gebe es diverse Bushaltestellen, die sich namentlich auf die angrenzenden Örtlichkeiten beziehen (Schloss, Rathaus usw.). Dem Wegfall des Parkstreifens vor dem Haus sei jedoch Rechnung getragen worden, indem die gesamten Kosten für die Herstellung der Bushaltestelle und des Busstreifens aus Kompensationsgründen nicht in den beitragsfähigen Aufwand aufgenommen worden seien. Zugleich sei festzustellen, dass der Wegfall der vier Parkplätze auch dadurch kompensiert werde, dass eine verbesserte Inanspruchnahmemöglichkeit hinsichtlich des ÖPNV bestehe und auf der jetzt vorhandenen Bushaltespur zwar das Parken verboten sei, nicht aber das Halten für drei Minuten für Ein- oder Ausladevorgänge oder für das Absetzen oder Einladen von Personen. Die Möglichkeit eines kurzfristigen Haltens für Ladevorgänge sei für die Anlieger von Vorteil.

Der von den Anliegern zu tragende Anteil von 70 % sei auch hinsichtlich der Parkfläche für Taxen auf der dem Grundstück der Klägerin gegenüberliegenden Straßenseite gerechtfertigt, denn er stelle eine Parkfläche i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 g ihrer Satzung dar, deren Herstellungskosten zum beitragsfähigen Aufwand gehören. Der Begriff der Parkfläche umfasse nicht nur für die Allgemeinheit ohne weiteres nutzbare Stellplätze für Kraftfahrzeuge, sondern könne sich auch auf das Abstellen von anderen Fahrzeugen beziehen. Die Taxen könnten von den Anliegern in Anspruch genommen werden, was für letztere einen Vorteil darstelle. Außerdem seien die derzeit ausschließlich den Taxen vorbehaltene Stellplätze zwar straßenverkehrsrechtlich als solche ausgewiesen, es sei jedoch denkbar sie zu "normalen" Stellplätzen umzuwandeln, die auch die Anlieger nutzen könnten. Es sei zunächst abzuwarten, wie sich auf Dauer der Bestand an Taxenstellplätzen und deren Auslastung entwickele.

Auch der von den Anliegern zu tragende Anteil in Höhe von 60 % der Kosten für den Gehwegausbau werde der hier vorliegenden Situation gerecht. Dass der Gehweg ganz überwiegend vom Durchgangsverkehr in Anspruch genommen werde, sei nicht erkennbar. Der maßgebliche Anteil der Bahnreisenden komme gerade nicht an der Bushaltestelle an und nutze nicht den Gehweg. Der hauptsächliche Teil derjenigen, die den Bahnhof aufsuchen, würde von der Stadtbahn, die von der Stadtmitte kommend die I. Straße bis zum Bahnhof befahre, transportiert. Deren Haltestelle befinde sich in unmittelbarer Nähe der Bahnsteige auf der I. Straße. Da die Bushaltestelle in der H. straße demgegenüber nur von der Linie 433 und der Linie R 230 angefahren werde, sei die Gehwegnutzung durch Nichtanlieger überschaubar. Bereits vor der Ausbaumaßnahme hätten im Übrigen Fußgänger die H. straße passiert, um von den damals in der J. -Straße befindlichen Bushaltestellen zum Bahnhof zu gelangen. Der Gehweg sei auch nicht überdimensioniert, sondern bei der Planung der neuen Ausbaubreite sei die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen - "RASt06" - angewandt worden. Diese empfehle eine Regelbreite von 2,5 m und in Bereichen von Bushaltestellen eine Erweiterung um bis zu 2,5 m. Die "alten" Gehwege würden nicht mehr den heutigen gestiegenen Ansprüchen für einen gefahrlosen Begegnungsverkehr im Fußgängerbereich genügen.

Soweit die Klägerin den Anliegeranteil von 40 % für die Fahrbahnerneuerung für nicht gerechtfertigt halte und dies damit begründe, dass nach dem Umbau der Verkehr, der ehemals von der I. Straße zum Bahnhof geführt worden sei, nunmehr über die H. straße auf die J. -Straße und von dort zum Bahnhof geführt werde, sei darauf zu verweisen, dass die Straßenführung sich nicht maßgeblich geändert habe. Die I. Straße habe auch vor der Ausbaumaßnahme als Sackgasse auf einer ungenutzten Fläche in Bahnhofsnähe geendet. Die Situation, die sich nach der Ausbaumaßnahme darstelle, habe dem Grunde nach bereits seit dem Jahr 1989 bestanden. Damals sei die zuvor zweispurige J. -Straße vierspurig ausgebaut worden, um die I. Straße zu entlasten. Im Zuge dessen sei auch der Kreuzungsbereich J. -Straße/H. straße und die H. straße zwischen J. -Straße sowie I. Straße neugestaltet worden. Für diese Ausbaumaßnahme an der H. straße habe sie - die Beklagte - im Übrigen seinerzeit keine Straßenausbaubeiträge erhoben. Die Anlieger seien bisher lediglich mit den Erschließungsbeiträgen in der Zeit von 1950/60 belastet worden.

Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin, der Busverkehr habe aufgrund der Linien 433 und R 230 erheblich zugenommen, sei klarzustellen, dass beide Linien im 30-Minuten-Takt an der Haltestelle eintreffen und die H. straße nur in Richtung I. Straße, nicht auch umgekehrt in Richtung J. -Straße befahren. Diese Fahrten würden bei der in der Verkehrsmengenkarte angegebenen Verkehrsbelastung von täglich ca. 12.000 Fahrzeugen in jeder Fahrtrichtung auf der J. -Straße und ca. 7.700 Fahrzeugen auf der I. Straße nicht ins Gewicht fallen. Soweit die Klägerin eine Anfrage der FDP-Fraktion an den Stadtbezirksrat zitiere, der die Ausstattung der Bushaltestelle kritisiert habe, handele es sich um eine subjektive Sichtweise, die keine Rückschlüsse auf die Vorteile für die Anlieger zulasse. Das Vorhandensein einer Bushaltestelle habe im Hinblick auf die Mobilität vielmehr Vorteile für die Anlieger.

Für die Ermittlung der angemessenen Vorausleistungen genüge eine Kostenschätzung, weil die konkreten Kosten noch nicht feststehen würden. Die erste Kostenschätzung für die Bürgerinformationsveranstaltung im Jahr 2018 sei noch von einem Betrag in Höhe von 291.081,72 € mit einem Anliegeranteil von etwa 151.700 € ausgegangen. Nach Eingang der Ausschreibungsergebnisse habe sich 2020 ein Gesamtaufwand in Höhe von 355.446,61 € mit einem Anliegeranteil in Höhe von 178.890,27 € ergeben. Der endgültige Aufwand stehe erst nach dem Eingang der Schlussrechnungen fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sie waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 30. September 2021 ist rechtswidrig, soweit darin ein Betrag in Höhe von mehr als 8.255,19 € festgesetzt wird. Im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 6 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) i.V.m. der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 11. Mai 2010 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 29. September 2020 (im Folgenden "Satzung" genannt, veröffentlicht im Amtsblatt für die Stadt Braunschweig vom 14. Oktober 2020, S. 43).

§ 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bestimmt, dass Kommunen zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben können, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit nicht privatrechtliche Entgelte erhoben werden. Nach § 6 Abs. 7 NKAG kann eine angemessene Vorausleistung auf die künftige Beitragsschuld verlangt werden, wenn mit der Durchführung der Baumaßnahme begonnen worden ist. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Satzung erhebt die Beklagte zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (öffentliche Verkehrsanlagen), für die sie Träger der Straßenbaulast ist, Beiträge nach Maßgabe der Satzung. Die Beiträge werden nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Satzung von den Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten erhoben, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile (Anliegervorteile) geboten werden.

Rechtliche Bedenken gegen die Satzung sind nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil v. 27.03.2017 - 9 LC 180/15, bestätigt durch das BVerwG, Beschluss v. 30.07.2018 - 9 B 23/17-, juris), der die erkennende Kammer folgt, ist die Erhebung von Straßenausbaubeitragen mit höherrangigem Recht vereinbar, und § 6 Abs. 1 NKAG stellt eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage dar. Soweit die Klägerin beanstandet, die Satzung enthalte keine wirksame Verteilungsregelung bezogen auf die Besonderheiten des streitgegenständlichen Abrechnungsgebietes, ist dies keine Frage der Vereinbarkeit der Satzung, insbesondere der Regelung über die Ermittlung des umlagefähigen Aufwands in § 4 Abs. 2 der Satzung mit höherrangigem Recht, sondern betrifft die Rechtsanwendung im Einzelfall bzw. die Frage, ob die Beklagte eine Sonder- oder Ergänzungssatzung für den hier vorliegenden Fall hätte erlassen müssen.

Dass die Beklagte in ihrer Satzung keine Regelung für die Erhebung einer Vorausleistung getroffen hat, ist trotz der Regelung in § 2 Abs. 1 NKAG, wonach kommunale Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, rechtlich unerheblich. Das Recht zur Erhebung von Vorausleistungen wird ausdrücklich in § 6 Abs. 7 Satz 1 NKAG geregelt, und eine Satzungsregelung würde eine bloße Wiederholung des Gesetzestextes darstellen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine wirksame Beitragssatzung vorhanden ist, nach der eine Beitragsschuld entstehen kann und die geforderte Vorauszahlung nicht höher als die endgültige Beitragsforderung ist (vgl. v. Waldthausen in: Rosenzweig/Freese, NKAG, Stand: Mai 2023, § 6 Rn. 40 f. m.w.N.). Dies ist hier der Fall, denn der angefochtene Beitragsbescheid beruht - was die erkennende Kammer in der Vergangenheit wiederholt festgestellt hat (vgl. zuletzt: Urteil v. 15.03.2023 - 8 A 183/21 - n.v., UA S. 9) - auf einer wirksamen Satzung und die Beklagte erhebt als Vorausleistung einen Anteil von (nur) 90 % des voraussichtlich endgültig festzusetzenden Beitrages, was angesichts des bevorstehenden Abschlusses der Ausbaumaßnahme auch angemessen ist.

Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten ist nur in Höhe eines Betrages von 437,25 € rechtswidrig, im Übrigen ist er rechtlich nicht zu beanstanden.

An ihrer schriftsätzlich zunächst geäußerten Rüge, sie sei vorher nicht über die Baumaßnahme und die auf sie zukommenden Kosten informiert worden, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgehalten. Dass sie ausdrücklich informiert wurde, ergibt sich im Übrigen aus dem Verwaltungsvorgang der Beklagten, in dem die Durchschrift eines an sie adressierten Ankündigungsschreibens vom 26.03.2018 mit der Einladung zur Anliegerinformationsveranstaltung enthalten ist. Selbst wenn die Klägerin das Schreiben nicht erhalten hätte, würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung ihr gegenüber führen. Dies gilt auch für ihren Einwand, sie habe während der Bauphase Beeinträchtigungen und Beschädigungen hinnehmen müssen. Das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ist nicht von einer mängelfreien Ausführung der beitragspflichtigen Maßnahme oder einer vorherigen Information der Anlieger über die Ausbaumaßnahme abhängig (siehe u.a. Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 62. Erg.Lfg. März 2020, § 8 Rn. 494; derselbe in: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Aufl. 2022, § 24 Rn. 31; v. Waldthausen in: Rosenzweig/Freese, NKAG, § 6b Rn. 31). Selbst mit der durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze und zur Flexibilisierung von Straßenausbaubeiträgen vom 24. Oktober 2019 (Nds. GVBl. S. 309) in § 6b Abs. 3 NKAG eingeführten und ab 2. November 2019 geltenden Soll-Vorschrift über eine möglichst frühzeitige Information der voraussichtlich Betragspflichtigen über die beabsichtigte Durchführung einer beitragsfähigen Maßnahme und die Beitragserhebung ist keine Konsequenz für eine unterlassene oder fehlgeschlagene Information vorgesehen. Dies bedeutet, dass die Kommunen zwar seit dem 2. November 2019 verpflichtet sind, die Anlieger möglichst frühzeitig, wie im Einzelnen in der Regelung ausgeführt, zu informieren, aber eine Verletzung dieser Pflicht keinen Verfahrensfehler darstellt (vgl. v. Waldthausen, a.a.O.) und deshalb auch nicht zur Rechtswidrigkeit eines danach erlassenen Beitragsbescheides führt. Da das NKAG keine Bürgerbeteiligung oder individuelle Anhörung in Bezug auf geplante Ausbaumaßnahmen vorsieht, ist das Einverständnis der Anlieger mit dem Ausbau grundsätzlich auch keine Voraussetzung für das Entstehen der Beitragspflicht (vgl. Driehaus in: Driehaus, a.a.O. § 8 Rn. 88d und 494).

Die Beklagte hat ihre Satzung überwiegend rechtsfehlerfrei angewendet.

Sie ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Teilbereich der H. straße von der I. Straße bis zum Kreuzungsbereich mit der J. -Straße um eine selbstständige öffentliche Einrichtung im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts handelt.

Für den Begriff der Einrichtung beim Ausbau einer bereits vorhandenen Anlage ist nicht das in §§ 127 ff. BauGB geregelte Erschließungsbeitragsrecht, sondern das landesrechtlich geregelte Straßenausbaubeitragsrecht und damit die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts maßgeblich. Danach ist als Einrichtung jeder Straßenzug anzusehen, den der unbefangene Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise als selbstständiges, von anderen Straßen abgegrenztes Element des gemeindlichen Straßenverkehrsnetzes ansieht, wobei insbesondere die Länge, Breite, Führung, Ausstattung und äußere Gestaltung der Straße zu berücksichtigen sind (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 09.04.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 m.w.N.). Bei sehr langen, im Wesentlichen gleichförmig verlaufenden Innerortsstraßen sind an die trennende Wirkung von Kreuzungen geringere Anforderungen zu stellen als bei kurzen Innerortsstraßen (Nds. OVG, Urteil v. 09.04.2015, a.a.O., juris Rn. 26). Wo eine Anlage beginnt und wo sie endet, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, der sich nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen ausrichtet. Nach dieser "natürlichen Betrachtungsweise" beurteilt sich insbesondere auch, ob eine kreuzende Straße einen darüber hinaus weiterführenden Straßenzug in zwei (jeweils eigenständige) Einrichtungen trennt oder nicht (vgl. BayVGH, Beschluss v. 26.11.2018 - 6 CS 18.1571 -, juris Rn. 12 ff.). Da maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Heranziehungsbescheids die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten ist (vgl. Driehaus, a.a.O, § 37 Rn. 1 m.w.N.), ist bei der natürlichen Betrachtungsweise auf den Zustand der Anlage nach dem Ausbau abzustellen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt der Kreuzung mit der J. -Straße (Bundesstraße 248) eindeutig eine trennende Wirkung zu, obgleich der streitgegenständliche Teil der H. straße laut Straßenbestandsverzeichnis nur eine Länge von 45 m aufweist. Die Kreuzung stellt eine echte Zäsur zu dem weiter in Richtung Norden verlaufenden anderen Teil der H. straße dar.

Soweit die Klägerin immer wieder auf die Eingebundenheit der H. straße in das Projekt Bahnhof Gliesmarode verweist und betont, die Anlage bestehe nur aus den beiden Häusern H. straße 1 und 2, trifft letztgenannte Behauptung nicht zu. Die Nähe zum gleichzeitig neu gestalteten Bahnhofsbereich spricht nicht gegen die Einordnung des streitgegenständlichen Teilstücks der H. straße als selbständige Einrichtung. Die Beklagte hat zutreffend darauf verwiesen, dass das Abrechnungsgebiet und damit die öffentliche Anlage vier Grundstücke mit sieben mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern (Abstraße 1 und 2, J. -Straße 51, 52, 53, 54 und 55) auf der Westseite und das Tankstellengrundstück (J. -Straße 51a) mit einer Zufahrt auch zur H. straße auf der Ostseite umfasst.

Bei den durchgeführten Baumaßnahmen in der H. straße im Bereich zwischen I. Straße und J. -Straße handelt es sich auch um grundsätzlich beitragsfähige Maßnahmen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG i.V.m. der Satzung der Beklagten. Der Ausbau beschränkte sich nicht nur auf nicht beitragsfähige Maßnahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung), sondern hat zu einer Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn, der Gehwege und der Straßenentwässerung geführt.

Unter einer Erneuerung wird im Straßenausbaubeitragsrecht die Ersetzung einer abgenutzten Anlage durch eine gleichsam "neue" Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart verstanden, mithin eine Maßnahme, durch die eine nicht mehr (voll-) funktionsfähige, also erneuerungsbedürftige Straße nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist. Allerdings verlangt der Beitragstatbestand der Erneuerung nicht, dass die Befestigungsart im Vergleich mit dem ursprünglichen Zustand gleichartig ist. Die Gemeinde darf vielmehr bei der Ersetzung der abgängigen Straße technische Fortschritte in der Art der Straßenbefestigung und Änderungen verkehrstechnischer Konzeptionen angemessen berücksichtigen, so dass eine beitragsfähige Erneuerung auch vorliegt, wenn ein andersartiger Zustand geschaffen wird, der dem früheren Zustand gleichwertig ist (vgl. VG Braunschweig, Urteil v. 22.12.2022 - 8 A 33/20 -, juris Rn. 32).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die erkennende Kammer davon aus, dass durch die Ausbaumaßnahmen in der öffentlichen Verkehrsanlage "H. straße" zwischen I. Straße und J. -Straße der Tatbestand der Erneuerung erfüllt wurde.

Die Fahrbahnen wurden in beide Richtungen grundhaft erneuert, zwei Fahrbahnen pro Richtung ausgebaut, neue Markierungen angebracht und zwischen beiden Fahrtrichtungsstreifen ein Grünstreifen angelegt. Die Gehweganlagen wurden beidseits mit einer 28 cm Schotter-Tragschicht verstärkt und mit 8 cm-Gehweg-Betonplatten befestigt. Außerdem wurden Randsteine, Rinnen sowie die Straßenentwässerung neu angelegt und in einen technisch einwandfreien Zustand versetzt.

Die genannten Teileinrichtungen waren auch erneuerungsbedürftig. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Einrichtung erneuerungsbedürftig ist, steht der Gemeinde ein Einschätzungsspielraum zu. Begrenzt wird dieser Spielraum durch den Begriff der Erforderlichkeit, der lediglich eine äußerste Grenze markiert, welche die Gemeinde nicht überschreiten darf (vgl. Nds OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 147. m.w.N.). Diese Grenze wird missachtet, wenn die Gemeinde entweder vor Ablauf der Nutzungszeit oder ohne tatsächliche Abnutzung eine Erneuerungsmaßnahme durchführen lässt. Die Rechtmäßigkeit der gemeindlichen Einschätzung, eine Einrichtung sei erneuerungsbedürftig, ist auf eine hinreichende Tatsachengrundlage wie eine entsprechende Dokumentation zu stützen (vgl. Driehaus, a.a.O., 11. Aufl. 2022, § 32 Rn. 50); die Gemeinde trifft die materielle Darlegungs- und Beweislast (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 12.07.2017 - 15 E 70/17 -, juris Rn. 31 m.w.N.). Ist allerdings die übliche Nutzungszeit einer öffentlichen Einrichtung abgelaufen, bedarf es für den Nachweis der Erneuerungsbedürftigkeit keine ins Einzelne gehende Dokumentation (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.02.2014 - 15 A 36/14 -, juris Rn. 11).

Die Beklagte hat hinreichend nachgewiesen, dass die H. straße im besagten Abschnitt erneuerungsbedürftig war. Auf den von ihr übersandten Fotos über den Zustand der Straße vor der Ausbaumaßnahme - aufgenommen am 5. April 2018 - ist gut zu erkennen, dass in der Asphaltschicht nicht nur zahlreiche Risse, sondern insbesondere auch eine durch Ausbesserungsarbeiten hervorgerufene inhomogene Oberfläche und damit ein deutliches Schadensbild vorhanden waren. Die Fahrbahndecke und die Gehwege wurden nach der Auskunft der Beklagten letztmals im Jahr 1989 in diesem Bereich erneuert und waren damit zum Zeitpunkt der Ausbaumaßnahme 31 Jahre alt. Sie stellten sich daher als tatsächlich verschlissen, abgängig und damit als erneuerungsbedürftig dar. Die übliche Nutzungsdauer von Straßen von 20 bis 25 Jahren war zum Zeitpunkt der Ausbaumaßnahme bereits abgelaufen (zur üblichen Nutzungszeit siehe Driehaus, a.a.O., 11. Aufl., § 32 Rn. 35 ff.; vgl. Nds. OVG, Urteil v. 19.02.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 158 m.w.N.).

Die Erneuerungsbedürftigkeit der Anlage war auch nicht Folge eines jahrelangen Unterhaltungs- und Reparaturstaus. Bereits die vorgelegten Lichtbilder belegen, dass die Beklagte Ausbesserungsarbeiten an der Straßenoberfläche hat vornehmen lassen. Im Übrigen steht der Beklagten ein weites Einschätzungsermessen darüber zu, ob sie eine öffentliche Anlage noch mit angemessenem Unterhaltungsaufwand instandsetzen kann oder ob sie eine Erneuerung veranlasst. Diesen Ermessensrahmen hat sie hier eingehalten. Die Beklagte darf zwar eine Straße nicht zu Lasten der Grundstückseigentümer erneuern, solange eine laufende Unterhaltung und Instandsetzung das nach Lage der Dinge gebotene Mittel ist. Ist die Anlage jedoch verschlissen, kann die Beklagte unabhängig von der Ursache des Verschleißes nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit ermessensfehlerfrei eine Erneuerung vornehmen (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 34; VG Braunschweig, Urteil v. 22.12.2022, a.a.O., juris Rn. 35).

Außerdem führten die genannten Ausbaumaßnahmen auch zu einer Verbesserung. Eine beitragsfähige Verbesserung ist gegeben, wenn die Benutzbarkeit der Straße positiv beeinflusst worden, die Straße also mit Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 24.08.2020 - 9 LB 146/17 -, juris Rn. 57 m.w.N.). Dies gilt sowohl hinsichtlich der grundhaft erneuerten Fahrbahn, die von der I. Straße kommend in Richtung J. -Straße nunmehr durchgehend zweispurig angelegt ist, als auch hinsichtlich der verbreiterten, an die heutigen Ansprüche für einen gefahrlosen Begegnungsverkehr im Fußgängerbereich angepassten, beidseits der Fahrbahn angelegten Gehwege. Durch die Einrichtung einer Bushaltestelle und von Taxenständen haben die Anlieger und deren Besucher zusätzlich die Möglichkeit erhalten, den öffentlichen Personennahverkehr oder Taxen zu nutzen, was auch die Erreichbarkeit aller Anliegergrundstücke erleichtert und positiv beeinflusst.

Dass die Klägerin diese Ansicht nicht teilt und keinerlei positive Auswirkungen nach dem Ausbau der Straße zu erkennen vermag, ist rechtlich unbeachtlich. Maßgeblich für die Annahme der besonderen wirtschaftlichen Vorteile ist eine objektive und abstrakte Betrachtungsweise (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 28.10.1997 - 2 L 281/95 -, juris Rn. 26), bei der rechtlich auch nicht beachtlich ist, ob die Anlieger den Zustand einer Straße nach der Ausbaumaßnahme subjektiv als vorteilhaft empfinden. Eine bezifferbare Wertsteigerung des Grundstücks durch die Ausbaumaßnahme für die Annahme eines individuellen Anliegervorteils ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss v. 30.07.2018 - 9 B 23/17 -, juris Rn. 6).

Die Tatsache, dass die Beklagte die H. straße im Zuge der Baumaßnahme am Bahnhof Gliesmarode ausgebaut hat, ist angesichts der vorgenannten Ausführungen beitragsrechtlich für die Einordnung als Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahme unbeachtlich. Ob eine Verbesserungsmaßnahme durchgeführt wird, steht im Ermessen der Gemeinde. Dabei ist es nicht ermessenswidrig, sie anlässlich von aus anderen Gründen durchgeführten Baumaßnahmen durchzuführen (vgl. Nds.OVG, Beschluss v. 10.11.1994 - 9 M 3419/94 -). Das Gericht darf derartige Ermessensentscheidungen nur insoweit überprüfen, als offensichtlich unsinnige Baumaßnahmen auszuschließen sind. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Beklagte hat jedoch den beitragsfähigen Aufwand nicht ordnungsgemäß ermittelt, weil sie zu Unrecht die Kosten für die Teileinrichtung "Parken/Taxistände" (12.855,25 €) mit einbezogen hat.

Soweit die Klägerin zunächst beanstandet hat, dass sich aus der Auflistung der Einzelpositionen ein Gesamtaufwand von 291.081,72 € ergibt, die Beklagte hingegen im streitgegenständlichen Bescheid von einem Betrag von 355.446,61 € ausgeht, bestehen diese Bedenken aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht mehr. Die Beklagte hat hierzu nachvollziehbar erläutert, dass dies die von der "M." im Vorfeld der Anliegerinformation vom 10.04.2018 erstellten Einzelpositionen seien, die einen Gesamtaufwand von 291.081,72 € ergeben hätten. Die Auflistung nach Teileinrichtungen mit dem höheren Gesamtaufwand von 355.446,61 € sei dagegen das Ergebnis der zeitlich erst nach der Informationsveranstaltung durchgeführten Ausschreibung.

Da es sich um die Festsetzung einer Vorausleistung und nicht um die endgültige Veranlagung handelt, hält die erkennende Kammer es für hinnehmbar, dass die Beklagte als Ergebnis der Ausschreibung eine Aufwandberechnung nach zusammengefassten Herstellungskosten, Kosten für Ingenieurdienstleistung, Kampfmitteldienst und Gutachten für die einzelnen Teileinrichtungen "Parken/Taxistände" (12.855,25 €), "Gehweg" (97.831,03 €), "Entwässerung" (51.787,86 €), "Fahrbahn, Sicherheitsstreifen, Radwege" (152.377,22 €), "Straßenbegleitgrün (keine Bäume)" (11.327,66 €) und Börde (29.267,59 €) vorgelegt hat. Für die Plausibilitätsprüfung der Kalkulation des Gesamtaufwandes genügen die vorgelegten Zahlen und ist die Vorlage einer Kostenberechnung mit sämtlichen Einzelpositionen nicht zwingend erforderlich, zumal im Zeitpunkt des Bescheiderlasses die Arbeiten erst kurz vor dem Abschluss standen und der endgültige Gesamtaufwand noch nicht feststand.

Allerdings hätte die Beklagte den Aufwand für die Errichtung der drei Taxistände als Teileinrichtung "Parken/Taxistände" in Höhe von 12.855,25 € nicht in Ansatz bringen dürfen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3g der Satzung gehören die Aufwendungen für "Parkflächen, auch Standstreifen und Haltebuchten mit Ausnahme von Haltestellenbuchten als Bestandteile der Anlage" zum beitragsfähigen Aufwand. Zutreffend hat die Beklagte deshalb die Aufwendungen für die Bushaltestelle und die Busspur nicht mit eingerechnet - unabhängig davon, ob sie dies als Kompensation für die weggefallenen Parkplätze gedacht hat, was sich jedoch nicht aus dem Verwaltungsvorgang ergibt -, denn diese unterfallen nicht § 2 Abs. 1 Nr. 3g und sind auch sonst in der Auflistung in § 2 Abs. 1 der Satzung nicht enthalten.

Gleiches gilt hinsichtlich der Aufwendungen für die Errichtung der Taxistände, ohne dass es darauf ankommt, dass es für die Anlieger vorteilhaft ist, leichter und schneller die Möglichkeit der Beförderung mit einer Taxe in Anspruch nehmen zu können. Bei den Taxiständen handelt es sich weder um Parkflächen, noch um Standstreifen oder Haltebuchten. Vielmehr spricht das dort angebrachte Verkehrszeichen 229 (Nr. 15 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) ein ausdrückliches Verbot für alle Kraftfahrzeuge aus, dort zu halten mit Ausnahme von für die Fahrgastbeförderung bereitgehaltenen Taxen. Es handelt sich deshalb, da die drei Taxistände den gesamten Bereich östlich der Fahrbahn einnehmen und kein Parkraum für andere Kraftfahrzeuge vorgesehen ist, gerade nicht um Parkflächen, Standstreifen oder Haltebuchten i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3g der Satzung. Anders als bei Behindertenparkplätzen, gebührenpflichtigen Parkplätzen oder Parkplätzen mit Elektroladesäulen dürfen dort die Anlieger zu keinem Zeitpunkt - auch nicht zum Be- und Entladen - ihre Kraftfahrzeuge abstellen. Stattdessen handelt es sich um einen gekennzeichneten Bereich, von dem aus ausschließlich Taxifahrer ihr Gewerbe betreiben. Der beitragspflichtige Gesamtaufwand muss deshalb auf 342.591,36 € reduziert werden (355.446,61 € - 12.855,25 €).

Abgesehen davon, dass auch bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes aus vorgenannten Gründen die Kosten für die Parkflächen herauszurechnen sind (178.890,27 € - 8.998,68 € = 169.891,59 €), hat die Beklagte die Verteilungs- und Beitragsmaßstäbe aus § 4 der Satzung zutreffend angewendet.

Sie hat den beitragsfähigen Aufwand für die Teileinrichtungen Gehweg, Entwässerung, Fahrbahn, Straßenbegleitgrün und Borde jeweils nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 ihrer Satzung betreffend "öffentliche Verkehrsanlagen mit starkem innerörtlichen Verkehr" um einen von ihr selbst zu tragenden Gemeindeanteil reduziert. Im Einzelnen hat sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2a der Satzung für die Fahrbahnen einen Anliegeranteil von 40 % (60.950,89 €), nach § 4 Abs. 2 Nr. 2b für Oberflächenentwässerung von 50 % (25.893,93 €) und nach § 4 Abs. 2 Nr. 2c jeweils einen Anliegeranteil von 60 % für Grünanlagen (6.796,60 €), für Borde (17.560,55 €) sowie für Gehwege (58.698,62 €) angerechnet.

Dabei ist die Einstufung der ausgebauten Anlage "H. straße" als eine öffentliche Einrichtung mit starkem innerörtlichen Verkehr nicht zu beanstanden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss v. 16.07.2019 - 9 LA 45/18 -, juris Rn. 12 f. unter Hinweis auf Beschluss v. 09.01.2018 - 9 LA 83/17 - und Urteil v. 09.08.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 49 m.w.N.) ist für die Einstufung einer Straße bzw. für die Festlegung des besonderen Vorteils der Allgemeinheit durch den Straßenausbau i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG von ausschlaggebender Bedeutung, welcher Verkehr zu den vom Straßenausbau bevorteilten Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinführt und von ihnen ausgeht, und welchen Anteil dieser sogenannte Ziel- und Quellverkehr zu und von den bevorteilten Grundstücken am Gesamtverkehrsaufkommen auf der betreffenden Straße ausmacht. Bei der Anwendung dieses Maßstabs auf die jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall ist im Interesse der Verwaltungspraktikabilität eine typisierende Betrachtungsweise zulässig, die zwar die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse zugrunde legen muss, diese aber (zumindest im Regelfall) nur anhand von Erfahrungswerten zu ermitteln braucht. Insoweit sind bedeutsam die Lage der Straße im Gesamtverkehrsnetz und die Verkehrsplanung der Gemeinde, ihr darauf beruhender Ausbauzustand (u.a. Breite, Länge, vorhandene Teileinrichtungen) und die straßenrechtliche Gewichtung der Straße. Insofern kommt es letztlich entscheidend auf die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse an, aufgrund derer die Verkehrsplanung der Gemeinde überholt sein kann. Ergeben die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse eindeutig eine bestimmte Einstufung der Straße, dann können weder die Verkehrsplanung der Gemeinde noch der Ausbauzustand der Straße und ihre straßenrechtliche Gewichtung zu einer anderen Einstufung der Straße führen. Diese Gesichtspunkte haben im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise Bedeutung, wenn die Straße nicht bereits aufgrund der feststellbaren tatsächlichen Verkehrsverhältnisse klar eingestuft werden kann (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 09.08.2016, aaO., Rn. 49 m.w.N.).

Eine Einstufung als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr liegt in der Regel vor, wenn der Ziel- und Quellverkehr zu und von den bevorteilten Grundstücken und der Verkehr von und zu Grundstücken, die nicht an die öffentliche Einrichtung angrenzen, in etwa gleich stark sind. Bewegen sich die Anteile von Anliegerverkehr und Fremdverkehr am Gesamtverkehrsaufkommen in einem Bereich zwischen 40 % und 60 %, liegt in der Regel eine öffentliche Einrichtung mit starkem innerörtlichem Verkehr vor. Überwiegt der Fremdverkehr deutlich, was bei einem Anteil des Fremdverkehrs von mehr als 60 % anzunehmen ist, liegt straßenausbaubeitragsrechtlich regelmäßig eine Durchgangsstraße vor (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 09.08.2016, a.a.O., Rn. 50 m.w.N.; hierzu auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 379b). Allerdings kommt es für die Beurteilung der tatsächlichen Verkehrsverhältnisse nicht auf eine "vorzunehmende Verkehrszählung" an, die ohnehin stets nur eine Momentaufnahme sein kann. Denn die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts fokussiert sich nicht allein auf die tatsächlichen Verkehrsströme. Vielmehr ist bei Anwendung des dargestellten Maßstabs auf die jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall eine typisierende Betrachtung vorzunehmen, die zwar die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse zugrunde legen muss, diese aber (zumindest im Regelfall) nur anhand von Erfahrungswerten zu ermitteln braucht (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 09.01.2018 - 9 LA 83/17 -, unter Hinweis auf den Beschluss v. 21.10.2014 - 9 ME 255/13 -, juris Rn. 5 m.w.N.).

Ausgehend hiervon bestehen keine Bedenken an der Einstufung der H. straße als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr, die die Beklagte vorgenommen hat. Sie hat zu Recht darauf verwiesen, dass seit dem Ausbau im Jahr 1989 die I. Straße in Richtung Nordosten nicht durchgehend bis zur J. - bzw. Berliner Straße (B 248) für den Kraftfahrzeugverkehr befahrbar war, sondern in eine Sackgasse mündete. Auch schon vor dem Ausbau im Jahr 2020/21 diente die H. straße der Verbindung von I. Straße und J. -Straße, ohne dass von einem Fremdverkehr von mehr als 60 % auszugehen war. Vielmehr verursachen die an die H. straße anliegenden vier Wohngrundstücke mit sieben mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern und darin gemeldeten 97 Personen einen nicht unerheblichen Ziel- und Quellverkehr. Hinzu kommt ein erhöhter Ziel- und Quellverkehr zu dem gewerblich genutzten Grundstück der Tankstelle.

Soweit die Klägerin beanstandet, der Anliegeranteil in Höhe von 40 % am Aufwand für den Ausbau der Fahrbahn gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2a der Satzung und für den Ausbau des Gehwegs gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2c Höhe von 60 % sei aufgrund der vorliegenden atypischen Situation durch die Aus- und Umgestaltung des Bahnhofs Gliesmarode als modernen Mobilitätsverknüpfung nicht vorteilsgerecht, folgt die Kammer dem nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt und eine "atypische Erschließungssituation" (vgl. dazu Nds. OVG, Urteil v. 24.08.2020, a.a.O., juris Rn. 94 ff. m.w.N.) verkannt hat, aufgrund derer sie eine Ergänzungssatzung i.S.v. § 4 Abs. 6 ihrer Satzung mit einer anderen Verteilungsregelung hätte erlassen müssen, bestehen aus den vorgenannten Gründen nicht. Dass die Fahrbahn überwiegend vom Fremdverkehr genutzt wird und trotz des Tankstellengrundstücks sowie der Mehrfamilienhäuser nur ein geringer anliegerbedingter Ziel- und Quellverkehr feststellbar sei, hat selbst die Klägerin nicht vorgetragen. Ihrer Beweisanregung, die Anlage in Augenschein zu nehmen, war deshalb nicht nachzugehen, zumal es sich insoweit nur um eine nicht repräsentative Momentaufnahme handeln würde (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 09.08.2016, aaO., Rn. 49 m.w.N.).

Für den Gehweg kann nichts anderes gelten. Soweit die Klägerin meint, die Bushaltestelle werde zu 100 % von Nicht-Anliegern genutzt mit der Folge, dass auch der Gehweg vor allem von der Allgemeinheit betreten werde, trifft dies nicht zu. Ihr Einwand, dass der Gehweg auf der Westseite überdimensioniert sei und vor allem dem Fremdverkehr diene, verfängt nicht. Die Beklagte hat nachvollziehbar erwidert, dass sie bei der Planung der neuen Gehwege die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen - "RASt06" - angewandt habe, und dort eine Regelbreite von 2,5 m empfohlen werde. Entgegen der klägerischen Ansicht profitieren die zahlreichen Bewohner und deren Besucher in den Mehrfamilienhäusern auf der Westseite der Straße von dem ausgebauten Gehweg und nutzen ihn - ob mit oder ohne ÖPNV- Benutzung - nicht unerheblich. Dass die Klägerin selbst die Bushaltestelle nicht nutzen möchte, ist rechtlich unerheblich, zumal sie selbst nicht in der H. straße wohnt. Anhaltspunkte für eine Situation, die dazu führen würde, dass der Anliegeranteil von 60 % für die Gehwege nicht vorteilsgerecht ist, sind unter keinem Gesichtspunkt erkennbar.

Der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass für die Teileinrichtung "Parkflächen" etwas anderes gelten könnte, falls die Beklagte ihre Satzung ändern und den Anwendungsbereich von § 2 Abs. 1 Nr. 3g auf "Taxistände" ausdehnen sollte. In solch einem Fall hätte die Kammer mangels überwiegender Nutzungsmöglichkeit für Anlieger erhebliche Zweifel an der Vorteilsgerechtigkeit des vorgesehenen Anliegeranteils von 70 % nach § 4 Abs. 2 Nr. 2d der Satzung, sodass eine abweichende Verteilungsregelung in einer Ergänzungssatzung nach 4 Abs. 6 der Satzung erforderlich werden könnte (vgl. Nds. OVG, Urteil v. 24.08.2020, a.a.O., juris Rn. 106).

Soweit die Klägerin schließlich noch eingewandt hat, für die Busspur und den Haltestellenbereich seien wegen der stärkeren Inanspruchnahme besondere Materialien für Unterbau und Belag erforderlich geworden, hat sie ihr Vorbringen nicht konkretisiert. Da die Beklagte den Aufwand für die Busspur und die Haltestelle den Anliegern ohnehin nicht in Rechnung gestellt hat, kommt es nicht darauf an, ob sie hierfür einen kostenintensiveren Ausbaustandard als für eine "normale" Fahrbahn gewählt hat. Der Anregung, insoweit ein Sachverständigengutachten einzuholen, war mangels Erheblichkeit ebenfalls nicht nachzugehen.

Ausgehend von einem beitragsfähigen Gesamtaufwand in Höhe von 169.891,90 € und der Beitragsfläche in Höhe von 6.401,75 m2 ergibt sich ein Vervielfältigungsfaktor in Höhe von 26,383 €/m2. Multipliziert mit der berücksichtigungsfähigen Grundstücksfläche in Höhe von 345,63 m2 (nach Halbierung wegen Eckgrundstücksvergünstigung und Zuschlag von 3 x 0,25 wegen der viergeschossigen Bebauung) beträgt der Straßenausbaubeitrag 9.172,43 €, die Vorausleistung von 90% führt zu einem Betrag in Höhe von 8.255,19 €. Die darüberhinausgehende Festsetzung der Beklagten ist folglich rechtswidrig; insoweit ist der Bescheid aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Klägerin hat statt 8.692,44 € eine Vorausleistung in Höhe von 8.255,19 € zu tragen. Die Differenz von 437,25 € beträgt etwa 5 % der ursprünglichen Festsetzung, sodass die Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen und eine Beteiligung an den Kosten des Verfahrens nicht gerechtfertigt ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m § 709 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.