Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 14.03.2024, Az.: 3 A 232/23

Betreuungsumfang; frühkindliche Förderung; konkret-individueller Bedarf; Betreuungsumfang für unter 3-jährige Kinder

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
14.03.2024
Aktenzeichen
3 A 232/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 23230
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0314.3A232.23.00

Amtlicher Leitsatz

Der Betreuungsumfang im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII wird allein durch das Wohl des Kindes begrenzt und im Übrigen von den Sorgeberechtigten definiert.

Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2023 verurteilt, der Klägerin ab sofort von montags bis freitags einen ganztätigen Platz in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege bis zur Vollendung ihres dritten Lebensjahres, in zumutbarer Entfernung zu ihrem Wohnsitz zur Verfügung zu stellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils festzusetzenden Vollstreckungsbetrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zuweisung eines ganztägigen Betreuungsplatzes durch den Beklagten.

Die Eltern der am 28.11.2022 geborenen Klägerin beantragten für sie am 10.01.2023 bei der vom Beklagten mit der Vergabe der Betreuungsplätze beauftragten Samtgemeinde F. einen ganztägigen Betreuungsplatz für die Zeit ab dem 28.11.2023.

Die Samtgemeinde F. lehnte den Aufnahmeantrag mit Bescheid vom 19.07.2023 ab, weil alle Betreuungsplätze vergeben und angenommen worden seien.

Daraufhin hat die Klägerin am 21.08.2023 Klage erhoben. Sie trägt vor, ihr Vater sei in G. montags bis freitags von 7:30 bis 15:10 Uhr ortsgebunden und unflexibel berufstätig. Ihre Mutter sei derzeit in Elternzeit. Sie sei ab dem 28.09.2023 mit einer Wochenarbeitszeit von 15 Stunden dienstags bis donnerstags zu flexiblen Zeiten zu Hause berufstätig. Ab dem 28.01.2024 sei sie montags bis freitags von 8:00 bis 14:00 Uhr berufstätig. Die Arbeitszeit sei fest und nicht flexibel. Donnerstags sei sie in G. tätig, im Übrigen arbeite sie zu Hause. Entsprechende Bescheinigungen der Arbeitgeber wurden vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 19.07.2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr einen ganztägigen Betreuungsplatz in einer von der Samtgemeinde F. geführten gemeindlichen Kinderkrippe (Kinderkrippe A-Stadt, Kinderkrippe H. oder Kinderkrippe 3) mit Wirkung ab dem 28.11.2023 zuzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im Laufe des Verfahrens einen Betreuungsplatz in der Kita I. von 8:00 bis 14:00 Uhr und einen weiteren Betreuungsplatz in der Kindertagespflege J. von montags bis dienstags 8:00 bis 15:30 Uhr und freitags von 8:00 bis 13:00 Uhr angeboten. Er führt aus, die Mutter könne ihre Arbeitszeiten flexibel gestalten, so dass die angebotenen Betreuungsplätze mit ihren Arbeitszeiten vereinbar seien. Ganztagsplätze stünden weiterhin nicht zur Verfügung.

Vom Gericht angeregte Vergleichsverhandlungen sind gescheitert.

Die Kammer hat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (3 B 260/23) den Beklagten mit Beschluss vom 10.01.2024 verpflichtet, der Klägerin ab sofort von montags bis freitags einen ganztätigen Platz in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Verfahren in der Hauptsache oder bis zu einer anderweitigen Beendigung dieses Hauptsacheverfahrens, längstens bis zur Vollendung ihres dritten Lebensjahres, in zumutbarer Entfernung zu ihrem Wohnsitz zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat der Klägerin darauf ab dem 15.01.2024 einen dreiviertel Platz in der Kita I. zur Verfügung gestellt, der bis zum 31.07.2024 befristet ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe

Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.10.2023 und die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.10.2023 sich damit einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die Klage ist hinsichtlich des Begehrens, eine Förderung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII zu erhalten, als allgemeine Leistungsklage statthaft. Für die Erfüllung des in Rede stehenden Anspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII kommt es auf die tatsächliche Bereitstellung eines Betreuungsplatzes an. Der Anspruch ist erfüllt, wenn die Klägerin tatsächlich über einen Betreuungsplatz verfügt. Daher bedarf es diesbezüglich weder des Handelns des Beklagten in Form des Erlasses eines Verwaltungsakts im Allgemeinen noch des Erlasses eines Zuweisungsbescheides im Besonderen, sondern ist die tatsächliche Bereitstellung eines Betreuungsplatzes ausreichend (vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 A 273/15 -, juris Rn. 8; Schleswig-Holst. OVG, Beschluss vom 09.08.2019 - 3 MB 20/19 -, juris Rn. 3; VG Aachen, Urteil vom 31.08.2021 -2 K 2791/20 -, juris Rn. 18). Soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2023 begehrt, ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft. Das Gericht legt den Antrag dementsprechend sachdienlich gemäß § 88 VwGO aus.

Die Klägerin kann vom Beklagten den Nachweis eines zumutbar erreichbaren, ganztägigen Betreuungsplatzes in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege verlangen.

§ 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII vermittelt der Klägerin einen Anspruch, dass ihr der Beklagte einen bedarfsgerechten Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege nachweist. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.

Die Voraussetzungen des Anspruchs sind bei der Klägerin, die am 28.11.2023 das erste Lebensjahr vollendet hat, erfüllt. Mithin hat sie einen auf frühkindliche Förderung gerichteten Rechtsanspruch gegenüber dem Beklagten, der auch unstreitig fällig ist.

Der Anspruch besteht vorliegend auch in dem begehrten ganztägigen Umfang.

Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII gilt § 24 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII entsprechend, wonach sich der Umfang der täglichen Förderung nach dem individuellen Bedarf richtet. Insofern besteht der Anspruch auf Förderung hinsichtlich des "Ob" voraussetzungslos, das "Wie", namentlich der zeitliche Umfang pro Tag steht jedoch unter der Voraussetzung, dass er dem individuellen Bedarf entsprechen muss.

Die Frage, wie sich der individuelle Bedarf bemisst, war zuletzt Gegenstand höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung. Das Nds. OVG hat hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs in dem Beschluss vom 09.11.2022 (14 ME 310/22 -, juris Rn. 35) Folgendes ausgeführt:

"Der Anspruch des Kindes aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 27) auf den Nachweis eines bedarfsdeckenden Betreuungsplatzes in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege gerichtet. Die Nachweispflicht trägt dem Umstand Rechnung, dass die dem Rechtsanspruch korrespondierende Pflicht des Trägers der Jugendhilfe in einem aktiven Tun besteht. Der Nachweis eines Angebots zur frühkindlichen Förderung genügt den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII (nur), wenn es dem konkret-individuellen Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes und seiner Erziehungsberechtigten insbesondere in zeitlicher und räumlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 41). Dieser individuelle Bedarf wird durch die Sorgeberechtigten bestimmt und ist vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe beim Nachweis eines Betreuungsplatzes grundsätzlich auch zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 42; VGH BW, Urt. v. 8.12.2016 - 12 S 1782/15 -, juris Rn. 41; BayVGH, Urt. v. 22.7.2016 - 12 BV 15.719 -, juris Rn. 45). In zeitlicher Hinsicht ist lediglich zu prüfen, ob der Umfang der von den Sorgeberechtigten als individueller Bedarf geltend gemachten Betreuung mit dem Kindeswohl vereinbar ist, da der Anspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB unbedingt ausgestaltet ist und damit insbesondere eine "Erforderlichkeit" der Betreuung in dem begehrten Umfang nicht voraussetzt."

In dem Beschluss vom 12.12.2022 (14 ME 345/22 -, Veröffentlichung nicht bekannt) hat das Nds. OVG diese Auffassung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass es für einen Anspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auf die Erforderlichkeit der Betreuung nicht ankommt und diese auch bei nicht erwerbstätigen Sorgeberechtigten in Anspruch genommen werden kann.

Das Gericht schließt sich dieser Rechtsprechung an, die der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung entspricht (vgl. neben den vom Nds. OVG zitierten obergerichtlichen Entscheidungen OVG Saarland, Beschluss vom 22.03.2023 - 2 B 10/23 -, juris Rn. 12; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.06.2022 - 12 A 3520/19 -, juris Rn. 121; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.04.2019 - OVG 6 S 13.19 -, juris Rn. 5; Sächs. OVG, Urteil vom 22.06.2018 - 4 A 1132/17 -, juris Rn. 29; vgl. auch Beckmann in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 24 Rn. 38, anderer Ansicht Hamb. OVG, Beschluss vom 27.08.2020 - Bs 241/19 -, juris Rn. 32) und die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht s umsetzt.

Eine entgegenstehende landesrechtliche Regelung existiert in Niedersachsen nicht mehr. Zwar stellt § 24 Abs. 2 SGB VIII möglicherweis keine abschließende Regelung des Betreuungsanspruchs für Kinder dar, die zwar das erste, aber noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet haben (vgl. Hamb. OVG, Beschluss vom 27.08.2020 - Bs 241/19 -, juris Rn. 17 und vom 20.01.2020 - 4 Bs 193/19 -, juris Rn. 15; VG Bremen, Beschluss vom 27.06.2023 - 3 V 899/23 -, juris Rn. 8). Die sich aus § 12 KitaG a. F. ergebende Beschränkung des Anspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auf die Sicherung einer Halbtagsbetreuung (vgl. zum ganzen VG Lüneburg, Urteil vom 26.05.2020 - 4 A 26/18 -, Veröffentlichung nicht bekannt) wurde aber bewusst nicht in das geltende NKiTaG vom 07.07.2021 übernommen (vgl. Nds. Landtag Drucksache 18/8713, S. 56).

Nichts Anderes folgt daraus, dass Kinder, die das dritte Lebensjahr vollendet haben, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15.12.2021 - 10 ME 170/21 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 10.03.2022 - 14 ME 150/22 -, Veröffentlichung nicht bekannt) gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lediglich ein Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung im Umfang von sechs Stunden und nicht auf eine im Rahmen eines individuellen Bedarfs geltend gemachte ganztägige Betreuung haben. Anders als § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII gewährt § 24 Abs. 3 SGB VIII kein subjektives Recht auf einen bedarfsgerechten Ganztagsplatz, vielmehr sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach dem Wortlaut lediglich "darauf hinwirken", dass für die Altersgruppe ab dem vollendeten dritten Lebensjahr ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Ob diese Unterscheidung rechtspolitisch sinnvoll ist, ist nicht von den Gerichten zu überprüfen. Der klare Wortlaut der beiden Normen lässt keinen Spielraum für eine einheitliche Auslegung in die eine oder andere Richtung zu (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 09.11.2022 - 14 ME 310/22 -, juris Rn. 36).

An der früheren Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 23.09.2021 - 3 A 349/20 - und Beschluss vom 25.04.2019 - 3 B 536/18 -, jeweils nicht veröffentlicht), wonach nicht allein der durch die Sorgeberechtigten bestimmte individuelle Bedarf, sondern objektive Bedarfskriterien wie zum Beispiel nachgewiesene Arbeitszeiten der Sorgeberechtigten maßgeblich seien, hält das Gericht dagegen nicht mehr fest.

Der Betreuungsumfang wird damit allein durch das Wohl des Kindes begrenzt und im Übrigen von den Sorgeberechtigten definiert. Der vorliegend begehrte Ganztagsplatz ist daher zu gewähren, ohne dass der Beklagte zur Prüfung objektivierbarer Bedarfskriterien berechtigt wäre. Es kommt damit nicht darauf an, dass die Klägerin die Notwendigkeit des begehrten ganztägigen Bedarfs durch die Arbeitszeiten ihrer Sorgeberechtigten belegt.

Das Gericht weist allerdings ergänzend darauf hin, dass die Klägerin aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen des jeweiligen Arbeitgebers für ihren Vater feste ortsgebundene Arbeitszeiten in G. montags bis freitags von 7:30 bis 15:10 Uhr und für ihrer Mutter ab dem 28.01.2024 feste Arbeitszeiten montags, dienstags, mittwochs und freitags von 8:00 bis 14:00 Uhr zu Hause und donnerstags von 8:00 bis 14:00 Uhr in G. glaubhaft gemacht hat. Sie hat damit objektive Bedarfskriterien dargelegt, denen der Beklagte mit den angebotenen Betreuungsplätzen nicht ausreichend Rechnung getragen hat, denn die angebotenen Betreuungsplätze berücksichtigen entweder die Fahrzeiten der Mutter vom Betreuungsplatz zu ihrem Heimarbeitsplatz bzw. dem Arbeitsplatz in G. oder die Arbeitszeit freitags bis 14:00 Uhr nicht. Aufgrund der Arbeitszeiten des Vaters kann auch dieser nicht das Abgeben bzw. Abholen übernehmen. Soweit der Beklagte behauptet, die Arbeitszeiten der Mutter seien flexibel, hat er dies in keiner Weise belegt. Der vorgelegten Bescheinigung des Arbeitgebers ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich um feste Arbeitszeiten handelt. Im Übrigen dürften die Arbeitszeiten, auch wenn sie flexibel zu gestalten wären, einen objektiven Bedarf für eine ganztägige Betreuung belegen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zu der täglichen sechsstündigen reinen Arbeitszeit der Mutter noch Fahr- und Pausenzeiten und der Zeitraum der Übergabe bzw. -nahme der Klägerin in der Betreuungseinrichtung hinzuzurechnen sind, so dass eine ganztägige Betreuung bereits gerechtfertigt sein dürfte. Auch wenn die Mutter zu Hause arbeiten kann, ist ihr während ihrer Arbeitszeit, egal zu welchem Zeitpunkt diese letztendlich erfolgt, nicht gleichzeitig die Betreuung der Klägerin zuzumuten.

Die vom Beklagten vorgebrachten fehlenden Kapazitäten sind kein Grund, den Anspruch zurückzuweisen. Der Anspruch gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auf Nachweis eines Angebots zur frühkindlichen Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 21.11.2017 - 2 BvR 2177/16 -, juris Rn. 134) und des Bundesverwaltungsgericht s (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 34) nämlich nicht dem Einwand der Kapazitätserschöpfung.

Der angefochtene Bescheid vom 19.07.2023 ist dementsprechend aufzuheben.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in zumutbarer Entfernung zu ihrem Wohnplatz und nicht auf einen bestimmten Betreuungsplatz in den von ihr im Einzelnen genannten Einrichtungen. § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Tageseinrichtung oder Kindertagespflege, sondern nur auf einen Platz in einer grundsätzlich geeigneten, d. h. den konkreten Bedarf des Kindes bedienenden, zumutbaren Tageseinrichtung oder Kindertagespflege. § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII verleiht auch kein Recht, zwischen dem Nachweis eines Betreuungsplatzes in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu wählen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 37).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.