Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 29.10.2013, Az.: VgK-34/2013

Ausschreibung der Herstellung einer Baustraße einschließlich Verfüllung eines Bracks mit Einbau eines Gründungspolsters im offenen Verfahren

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
29.10.2013
Aktenzeichen
VgK-34/2013
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 50267
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
das Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
xxxxxx, 2. Bauabschnitt, xxxxxx Baustraße,
Brackverfüllung,
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, die hauptamtliche Beisitzern Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Lohmöller auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2013 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese erneut durchzuführen und dabei die aus den Gründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten tragen die Antragstellerin zur Hälfte, die Beigeladene und die Antragsgegnerin je zu einem Viertel. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung ihres Anteils an den Kosten persönlich befreit.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten gesamtschuldnerisch zur Hälfte, im Innenverhältnis je zu einem Viertel, zu erstatten.

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsstellerin notwendig.

  5. 5.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung jeweils entstandenen notwendigen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Beigeladene notwendig

Begründung

I.

Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2013 schrieb die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Geschäftsbereich xxxxxx - im Rahmen des Ausbaues der Autobahn xxxxxx im Offenen Verfahren die Herstellung einer Baustraße einschließlich Verfüllung eines Bracks mit Einbau eines Gründungspolsters aus. Varianten/Alternativangebote waren nicht zugelassen. Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Unter Ziffer III.2.3) wird bekannt gegeben: "Zur Bewertung der Ausführbarkeit des Gründungsverfahrens (Gründungspolster) sind dem Angebot die unter Abschnitt 1.1.1.2 der Baubeschreibung aufgeführten Unterlagen beizufügen."

Im Leistungsverzeichnis wird ohne Abfrage des vom Bieter beabsichtigten Gründungsverfahrens mit Position 00.10.0008 "Durchführung der Gründungsmaßnahme" ein Preis u.a. mit folgenden Vorgaben abgefragt:

"In der Trasse der BAB xxxxxx ist der Bereich des Bracks nach Verfüllung gemäß Baubeschreibung mit dem Bauverfahren "Aufgeständerte Gründungspolster" herzustellen. ... Die Tragelemente (Säulen) sind gemäß Baubeschreibung herzustellen. Die mittlere Dicke der Weichschichten unter der Auffüllung aus Sand beträgt etwa 5 m. (Sandfüllung über Torf und Klei überlagert. Die Länge der Tragelemente (Arbeitsebene, Sandauffüllung, Weichschichten, Einbindung in das Pleistozän) beträgt etwa 7 m. Die bautechnischen Vorgaben sind in der Baubeschreibung erläutert.

...

Die einzelnen Leistungen sind in der Baubeschreibung erläutert und in dieser OZ zu kalkulieren."

Abschnitt 1.1.1.2 der Baubeschreibung enthält auf den Seiten 17 bis 33 Erläuterungen zum Verfüllen des Bracks und zur Herstellung der Tragelemente für das Bauverfahren "Aufgeständerte Gründungspolster". Das anzubietende Bauverfahren wird auf S. 19 wie folgt beschrieben:

"Aufgeständerte Gründungspolster bestehen aus einer horizontalen, lastverteilenden und mit Geokunststoff bewehrten Schicht, die auf verformbaren oder starren vertikalen Tragelementen (Säulen) aufliegt (siehe ZTV E-StB 09, "Merkblatt über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund, Ausgabe 2010 und "Empfehlungen für den Entwurf und die Berechnung von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen - EBGEO 2010"). Diese Tragelemente durchörtern die wenig tragfähigen Bodenschichten. Als vertikale Tragelemente kommen gemäß EBGEO insbesondere mit Geokunststoff ummantelte Säulen, die mit grobkörnigen Böden gemäß DIN 18196 gefüllt werden, in Betracht. Als steife vertikale Tragelemente sind z.B. Fertigpfähle zu nennen.

Im Gebrauchszustand muss das Gründungssystem alle Belastungen einschließlich der Verkehrslasten schadlos aufnehmen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Auswahl und Anwendung der unterschiedlichen vertikalen Tragelemente sind die Grenzwerte der undränierten Scherfestigkeiten der zu verbesserten wenig tragfähigen Böden."

An die Standsicherheitsnachweise werden auf S. 20/21 folgende Anforderungen gestellt:

"Die globale Standsicherheit des Gesamtsystems "Aufgeständerte Gründungspolster" ist für den Grenzzustand GEO 3 gemäß DIN EN 1997-1 : 2009-09 inkl. NA in Verbindung mit DIN 1054:2010-12 (nachfolgend abgekürzt als EC 7-1 bezeichnet) für alle Bauzustände (auch für Zwischenbaustände bzw. Schüttstufen) und für den Endzustand nachzuweisen.

Die erforderliche Rasteranordnung und der Durchmesser der Tragelemente sind vom AN auf der Grundlage eigener Berechnungsnachweise in der prüffähigen Vorstatik zum Angebot festzulegen. Der Nachweis zur Aufnahme der Zugkräfte in der Geokunststoffbewehrung muss für den Grenzzustand STR gemäß EC 7-1 geführt werden.

Auf Grundlage der Vorstatik ist nach Auftragsvergabe eine prüffähige Ausführungsstatik und eine Ausführungsplanung zu erstellen.

Hinsichtlich der Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit der Bauverfahren "Aufgeständerte Gründungspolster" wird auf die u.g. Anforderungen hingewiesen.

Als Berechnungswerte sind die in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgeführten charakteristischen Bodenkennwerte (cal) einzusetzen. ..."

Gemäß den Vorgaben für die Baudurchführung auf S. 21 gelten für die Herstellung der Tragelemente die entsprechenden technischen Regelwerke (DIN-Normen, ZTV, E-StB, EBGEO 2010, Technische Lieferbedingungen für Geokunststoffe und Böden, Merkblätter, Richtlinien u.a.).

Mit dem Einbau der Tragelemente ist bei Bau-km 20+460 zu beginnen, der weitere Einbau der Säulen hat vor Kopf bis Bau-km 20+360 zu erfolgen, wobei sich das Einbaugerät aus Standsicherheitsgründen nur auf Bereichen mit bereits hergestellten Säulen bewegen darf (S. 22).

Zur Bewertung der Ausführbarkeit des Gründungsverfahrens werden auf S. 24 folgende Unterlagen verlangt:

"(1) Geotechnische Berechnungen

In einer prüffähigen Vorstatik sind folgende geotechnische Berechnungen nach EC 7-1 und EBGEO 2010 durchzuführen:

- Bemessung der Tragelemente,

- Bemessung der horizontalen Geokunststoffbewehrung,

- Standsicherheitsnachweise für maßgebende Bauzustände und für den Endzustand,

- Abschätzung der Gesamtsetzungen einschließlich Kriechsetzungen,

- Angaben zum Raster, zum Durchmesser und zur Absetztiefe der Tragelemente.

Für alle geotechnischen Berechnungen und Bemessungen sind ausschließlich die in der Tabelle 1 für das Bemessungsprofil 1 angegebenen Bodenkennwerte zu verwenden.

(2) Anordnung der Tragelemente in Lage- und Schnittdarstellungen.

(3) Anordnung der erforderlichen horizontalen Geokunststoffbewehrung in Lage und Schnittdarstellungen

(4) Angabe der erforderlichen temporären Schütthöhen über Gradiente.

(5) Geotechnische Messungen

Angabe der zusätzlich erforderlichen geotechnischen Messungen zur Ermittlung des Konsolidierungs- und Verformungsverhaltens bzw. zur Sicherung baulicher Anlagen.

(6) Bauzeitenplan

Vorlage eines Bauzeitenplanes unter Berücksichtigung der Vorgaben für die Fertigstellung der Bauleistungen.

(7) Referenzliste

Vorlage einer Referenzliste mit allen Baumaßnahmen mit vergleichbaren Baugrundrandbedingungen, bei denen das angebotene Bauverfahren "Aufgeständerte Gründungspolster" erfolgreich ausgeführt wurde."

Die undrainierte Scherfestigkeit cu wird in der Tabelle 1 auf S. 25 für Schlick und breiige Sedimente mit 2 bis 4 kN/m2, für Torf mit 7,5 kN/m2 und für Klei und Torf mit 15 kN/m2 angegeben.

An das Bauverfahren "Aufgeständerte Gründungspolster" werden auf den Seiten 28 bis 30 u.a. folgende Anforderungen gestellt:

"Mit den ausgeschriebenen Bauleistungen soll eine ausreichend standsichere Gründungsebene für die Herstellung des Brückenbauwerkes 8090 (Widerlager B) und für den Endzustand der Überführungsrampe (Gradiente von 8,9 mNN) erreicht werden. Das angebotene Gründungssystem muss daher besonders auf die Baugrundverhältnisse Rücksicht nehmen und die Einhaltung der in den Vertragsbedingungen enthaltenen Fertigstellungsfristen gewährleisten. Angebote, für die längere Ausführungszeiten benötigt werden, werden nicht gewertet.

...

Als flexible, vertikale Tragelemente können "Geokunststoffummantelte Sandsäulen" oder gleichwertige Tragelemente verwendet werden.

Starre Tragelemente können angewendet werden, wenn ihre objektspezifische Eignung nachgewiesen wird. In diesem Fall ist eine messtechnisch begleitende Probeherstellung der Tragelemente (Probefeld mit den bemessenen Rasterabständen und Abmessungen der Tragelemente) mit mindestens 50 Tragelementen in einem Bereich mit repräsentativen Baugrundverhältnissen (siehe Tabelle 1) erforderlich. Wenn für die Tragelemente eine bauaufsichtliche Zulassung vorgelegt wird, kann die Probeherstellung auf 25 Tragelemente begrenzt werden. Die lntegrität der Tragelemente ist nachzuweisen. Mindestens drei Tragelemente sind freizulegen.

...

Angebotene Gründungssysteme können nur gewertet werden, wenn folgende Randbedingungen eingehalten werden und entsprechende Nachweise beigefügt sind:

(1) Rechnerische Nachweise zu den Standsicherheiten und zum Verformungsverhalten des Gründungssystems und der wenig tragfähigen Schichten nach den dafür geltenden Normen und den "Empfehlungen für den Entwurf von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen - EBGEO 2010".

(2) Es ist nachzuweisen, dass ein Konsolidierungsgrad der wenig tragfähigen Bodenschichten von UZ = 0,95 nach einer Liegezeit von 6 Monaten nach Aufbringen der Dammschüttung (Schütthöhe: + 3 mNN) erreicht wird.

(3) Es ist nachzuweisen, dass die zu erwartenden Restsetzungen aus verbleibenden Primär- und Sekundärsetzungen innerhalb von 5 Jahren nach Abschluss der Gründungsmaßnahme und nach einer Liegezeit von 6 Monaten nicht größer als 5 cm sind.

...

(6) Referenzen über die erfolgreiche Ausführung bei vergleichbaren Bundesfernstraßenprojekten mit vergleichbaren Baugrundverhältnissen sind dem Angebot beizufügen. Insbesondere sind Nachweise über das Langzeitverhalten des angebotenen Gründungssystems erforderlich.

Nach Maßgabe der Vergabeakte wurden die Vergabeunterlagen nicht gerügt. Bieterfragen waren Anlass für insgesamt 4 Bieterrundschreiben. Mit dem 2. Bieterrundschreiben legte die Vergabestelle fest, dass alternativ zu den auf Seite 30 in Abs. 6 geforderten Referenzen über die erfolgreiche Ausführung bei vergleichbaren Bundesfernstraßenprojekten auch Referenzen von erfolgreich ausgeführten Probefeldern bei vergleichbaren Baugrundverhältnissen eingereicht werden können. Mit dem 4. Bieterrundschreiben wurden den Bietern zusätzlich ein ingenieurgeologisches Streckengutachten (km 12+750 bis 22+100, 2.BA) des Ingenieurbüros xxxxxx vom 24.09.2001 und die generelle Beurteilung der Gründung BW 8090 des Ingenieurbüros xxxxxx vom 29.09.2008 zur Verfügung gestellt.

Nach der Niederschrift über die Angebotseröffnung am xxxxxx.2013 waren vier Angebote fristgerecht eingegangen. Die Antragstellerin hatte das preislich niedrigste Angebot vorgelegt. Auf Rang 2 folgt das Angebot der Beigeladenen.

Die Antragstellerin hatte für das aufgeständerte Gründungspolster den Einsatz von starren vertikalen Tragelementen gewählt. Auf S. 7 ihrer Vorstatik hat sie erklärt, dass alternativ zum beabsichtigten Einsatz von CMC-Säulen von ihr zum selben Preis Fertigteilpfähle eingebaut werden, falls der Auftraggeber die CMC-Herstellung nicht akzeptiere oder die Probefelder unerwartet ungünstige Ergebnisse zeigen sollten. Dementsprechend führte sie in ihrer Vorstatik die geforderten rechnerischen Nachweise sowohl für den Einsatz von CMC-Säulen als auch für den Einsatz von Fertigteilpfählen. Unter Ziffer 2.2 "Baugrundkennwerte" gab sie auf S. 4 unten u.a. folgenden Hinweis:

"... Der Schlick (soweit abweichend von Nachsendungen vorhanden) wird beim Verrieseln des Sandes verdrängt, gemäß Baubeschreibung als Aushubmasse verbracht und entsprechend nicht angesetzt. Die cu-Werte der Baubeschreibung für Klei und Torf liegen gemäß Nachsendungen und Anlage ... deutlich auf der sicheren Seite auch für kleinste mit Sand durchsetzte Schlickmassen. ..."

Zur Prüfung und Wertung der Angebote zog die Antragsgegnerin das Ingenieurbüro xxxxxx hinzu. Das Ingenieurbüro stellte in seiner Stellungnahme vom 05.09.2013 zur Vorstatik der Antragstellerin im Ergebnis fest, dass die vorgelegte Vorstatik unvollständig sei und eine abschließende Prüfung nicht zulasse. Die Stellungnahme war Anlass und Grundlage für ein am 09.09.2013 mit der Antragstellerin geführtes Aufklärungsgespräch. Im Protokoll über das Aufklärungsgespräch vom 09.09.2013 wurde zu Position 00.10.0008 "Gründungsmaßnahme Durchführung" u.a. festgehalten:

"... Es werden zwei Versuchsfelder hergestellt (drainiert und undrainiert - Dauer jeweils eine Woche). Danach Herstellung der vertikalen Tragglieder (CMC-Säulen mit Drain; Fertigpfähle ohne Drain). Der Bieter bestätigt seine Ausführungen im Angebot Seite 4 unten (siehe Hinweis). Zur Ausführungssicherheit der Säulen bei niedrigen cu-Werten erwidert der Bieter, dass bei Versagen des Versuchsfeldes, wie in seinem Angebot beschrieben, kostenneutral auf Betonfertigpfähle umgestellt wird. Die übersandten Gutachten gelten vollständig. ... ."

Der Vergabeakte beigefügt ist eine fachtechnische Stellungnahme der Antragsgegnerin zum Ergebnis der Aufklärung vom 11.09.2011, welche zu dem Ergebnis kommt, das dass angebotene Gründungssystem bei den vorliegenden Baugrundverhältnissen nicht "Stand der Technik" sei und ein zu großes Ausführungsrisiko darstelle.

Im Vermerk über die Angebotsprüfung und -wertung wurde vermerkt, dass das Angebot vollständig und rechnerisch richtig sei. Zur technischen Prüfung des Angebotes wurde festgehalten, das dass Angebot nicht den Ausschreibungsunterlagen entspricht. Erläuternd wurde hinzugesetzt: " Die vom Bieter angeführten Referenzen sind in Bezug auf die Baugrundverhältnisse nicht vergleichbar, die Mehrzahl der Maßnahmen wurde nicht im Bundesfernstraßenbau durchgeführt und es liegen keine Langzeiterfahrungen vor...." Unter Ziffer 5 wurde am 16.09.2013 unter Bezugnahme auf die fachtechnische Stellungnahme vom 11.09.2013 festgestellt, dass das Angebot ausgeschlossen wird, weil das angebotene Gründungssystem bei den vorliegenden Baugrundverhältnissen nicht Stand der Technik sei und ein zu großes Ausführungsrisiko bestehe.

Mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB vom 24.09.2013 wurde die Antragstellerin über den Angebotsausschluss informiert. Zur Begründung wurde erklärt, dass die vorgelegten Referenzen in Bezug auf die Baugrundverhältnisse nicht vergleichbar seien, die Mehrzahl der Maßnahmen nicht im Bundesfernstraßenbau durchgeführt worden seien und keine Langzeiterfahrungen vorlägen. Zudem sei das angebotene Gründungssystem bei den vorliegenden Baugrundverhältnissen nicht Stand der Technik und es bestehe ein zu hohes Ausführungsrisiko.

Mit Schreiben vom 27.09.2013 rügte die Antragstellerin den Angebotsausschluss. Sie trug vor, die Kritik an ihren Referenzen sei unberechtigt. Eine Gleichheit der Baugrundverhältnisse sei nicht gefordert worden. Abgesehen davon, dass fünf ihrer 11 Referenzen den Bundesfernstraßenbau betreffen, sei in den Vergabeunterlagen gar nicht verlangt worden, dass die Mehrzahl der Maßnahmen im Bundesfernstraßenbau durchgeführt worden sein muss. Die Tatsache, dass nachträglich auch Referenzen aus erfolgreich durchgeführten Probefeldern zugelassen wurden, lasse darauf schließen, dass auch Referenzen aus erfolgreich durchgeführten Hochbauprojekten akzeptabel seien. Mit ihrer Referenz Nr. 11 habe sie auch ein Projekt benannt, für welches Langzeiterfahrungen vorliegen. Abgesehen hiervon sei die Vergabestelle, bevor sie ein Angebot wegen fehlender Erklärungen und Nachweise ausschließe, gemäß § 16 EG Abs.1 Nr. 3 VOB/A zur Nachforderung verpflichtet.

Das von ihr angebotene Gründungssystem entspreche den anerkannten Regeln der Technik. Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Formulierung "Stand der Technik" nunmehr eine hochinnovative Gründungslösung erwarte, habe sie dies in den Vergabeunterlagen nicht verlangt.

Mit Rügeantwort vom 01.10.2013 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie nach erneuter Prüfung an ihrer Ausschlussentscheidung festhalte.

Mit Nachprüfungsantrag vom 04.10.2013 wandte sich die Antragstellerin an die Vergabekammer. In Ihrem Antrag beanstandete sie zunächst, dass der Angebotsausschluss nicht nachvollziehbar begründet worden sei. Die von ihr für ihr Gründungsverfahren vorgelegten Referenzen erfüllten die Vorgaben der Ausschreibung. Abgesehen hiervon hätte die Antragsgegnerin fehlende Nachweise nachfordern müssen.

Das von ihr angebotene Gründungsverfahren entspreche den Vorgaben der Ausschreibung und den anerkannten Regeln der Technik und sei unter Fachleuten in seiner Leistungsfähigkeit anerkannt. Ihr Angebot beinhalte im Übrigen den alternativen kostenneutralen Einsatz von Betonfertigpfählen. Dies habe sie im Aufklärungsgespräch noch einmal versichert.

Nach alledem gebe es keinen Grund, das Angebot von der Wertung auszuschließen.

Nach Akteneinsicht trug sie ergänzend vor, die von ihr angebotene Gründung mittels CMC-Säulen sei bei den gegebenen Baugrundverhältnissen sicher und entspreche auch den anerkannten Regeln der Technik. Dies habe sie, wie gefordert, auch mit ihren Referenzen nachgewiesen.

Es handele sich um eine teilfunktionale Ausschreibung. Relevant für die Beurteilung der Eignung der von ihr angebotenen Gründung mittels CMC-Säulen seien nicht die ursprünglichen Scherfestigkeiten, sondern die erhöhten Scherfestigkeiten nach Verbesserung des Baugrunds durch die Verrieselung von Sand und durch Vertikaldrainagen. Nach den Vorgaben der Vergabeunterlagen gebe es keinen Anlass für die Annahme, dass nach Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen bei der Verfüllung des Bracks für die Herstellung des aufgeständerten Gründungspolsters cu-Werte von weniger als 7,5 kN/m2 anzunehmen seien. Die mit der 4. Nachsendung zur Verfügung gestellten Gutachten enthielten keine Hinweise auf Schlickvorkommen. Nach den Ergebnissen dieser Gutachten konnten die Bieter im relevanten Baubereich sogar mit undrainierten Scherfestigkeiten von deutlich über 7,5 kN/m2 rechnen. Zugrunde gelegt werden könnten deshalb Scherfestigkeiten von 7,5 kN/m2.

Bei den von ihr benannten Referenzvorhaben lägen vergleichbare Bodenverhältnisse vor. Abgesehen davon, dass in den Vergabeunterlagen nicht definiert sei, was unter Langzeiterfahrungen zu verstehen ist, habe die Antragsgegnerin die vorgelegten Referenzen nicht hinreichend geprüft.

Die Referenzen belegen, dass entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin CMC-Säulen auch in Böden mit cu-Werten < 15 kN/m2 erfolgreich eingesetzt werden dürften bzw. könnten.

Soweit sich die Antragsgegnerin bei ihren Zweifeln auf die DIN EN 12699 beziehe, stelle diese klar, dass eine "bleibende Verrohrung oder Hülse oder eine andere Stabilisierungsmaßnahme" entbehrlich sein kann. Die CMC-Säulen würden - ohne Stopfen oder Rütteln - im Wege eines erschütterungsfreien Vollverdrängungsverfahrens eingebaut, der Beton werde mit kontrolliertem Druck in das Bohrloch verfüllt. Hierbei werde vermieden, dass sich der umgebende Boden durch Erschütterungen verflüssigt. Der Boden bleibe fest genug, um einwandfreie tragfähige Säulen zu gewährleisten. Das Herstellungsverfahren jeder Säule werde zudem messtechnisch begleitet und dokumentiert.

Auch das "Merkblatt über Straßenbau auf wenig tragfähigem Grund" schließe nicht aus, dass bei Scherfestigkeiten von weniger als 15 kN/m2 gegen den Boden betoniert werden kann, wenn entsprechende Nachweise erbracht werden. Mit ihrer Vorstatik, welcher sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen und die nachgereichten Gutachten zugrunde gelegt habe, habe sie die Eignung des angebotenen Gründungssystems hinreichend nachgewiesen.

Da sie die Vorbehalte gegen ihr Verfahren kenne, habe sie zusätzlich zur Bodenverbesserung Vertikaldrainagen und - für den unwahrscheinlichen Fall des Versagens der Probefelder - eine kostenneutrale Umstellung auf Fertigpfähle angeboten.

Die Antragsgegnerin, die die von der Beigeladenen angebotenen geokunststoffummantelten Sandsäulen grundlos vorziehe, habe ihr ausschreibungskonformes, technisch und wirtschaftlich überlegenes Angebot zu Unrecht ausgeschlossen.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag nicht auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft, sondern auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen;

    hilfsweise:

  2. 2.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Verfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zurückzuversetzen und fortzuführen;

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwenig zu erklären:

  4. 4.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hält den Nachprüfungsantrag für unbegründet, da der Ausschluss des Angebotes gerechtfertigt sei.

In den Vergabeunterlagen sei eindeutig vorgegeben worden, dass mit Schlick zu rechnen ist, der gemäß Tabelle 1 auf S. 25 der Baubeschreibung mit undrainierten Scherfestigkeiten von 2 bis 4 kN/m2 in die Berechnungen einzustellen ist.

Die Antragstellerin sei in ihrer Vorstatik davon ausgegangen, dass bei der Verfüllung des Bracks durch die Verrieselung von Sand der Schlick verdrängt und als Aushubmasse verbracht werden soll. Dies sei so in der Baubeschreibung nicht enthalten und auch nicht gewollt. Der Schlick soll nicht entfernt werden.

Die Antragstellerin könne nicht davon ausgehen, dass die in der Ausschreibung angegebenen undränierten Scherfestigkeiten (cu-Werte) der anstehenden Weichschichten im Bereich des Bracks auf der"sicheren Seite" liegen.

Der Einsatz von CMC-Säulen stehe nicht in Einklang mit den anzuwendenden technischen Bestimmungen.

Die gemäß Tabelle 1 anzusetzenden Werte für die undränierten Scherfestigkeiten lägen weit unter der im "Merkblatt über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund, Ausgabe 2010" bezeichneten Mindestscherfestigkeit von 15 kN/m2.

Auch die Norm DIN EN 12699 "Verdrängungspfähle" sehe bei der Herstellung von Ortbetonpfählen bei vorhandenen Scherfestigkeiten von weniger als 15 kN/m2 die Verwendung einer bleibenden Verrohrung oder Hülse oder einer anderen bewährten Stabilisierungsmaßnahme vor, sofern nicht durch Erfahrungswerte nachgewiesen wurde, dass solche Maßnahmen nicht erforderlich seien. Auch anderen fachlichen Veröffentlichungen sei zu entnehmen, dass ein Betonieren gegen den Boden bei derartig geringen Scherfestigkeiten zu riskant bzw. unzulässig sei. Die Vorstatik der Antragstellerin weise nicht nach, dass die CMC Säulen eine ausreichende seitliche Stützung durch den umgebenden Boden erhalten.

Bei den Böden Schlick, Torf und Klei bestehe die Gefahr, dass der vor Ort ohne seitliche Stützung in den Boden eingebrachte Beton der Säulen sich mit dem Boden vermische und so die Betonsäule geschädigt werden könne. Dieses Risiko werde durch die Ergebnisse des derzeit mit der Antragstellerin durchgeführten Pilotprojektes bestätigt. Es habe sich auch gezeigt, dass derartige Herstellungsmängel nicht sicher durch einen Integritätstest feststellbar seien, sodass eine mängelfreie Herstellung der CMC-Säulen faktisch auch nicht sicherzustellen sei.

Die Antragstellerin habe die Machbarkeit des von ihr angebotenen Gründungssystems auch nicht durch Vorlage geeigneter sachbezogener Referenzen mit Nachweis über

das Langzeitverhalten des angebotenen Gründungssystems belegen können. Die von ihr benannten Projekte seien noch nicht abgeschlossen und hinsichtlich der Randbedingungen auch nicht vergleichbar.

Auch im Aufklärungsgespräch habe die Antragstellerin die berechtigten Bedenken gegen den Einsatz von CMC-Säulen nicht entkräften können.

Das alternative kostenneutrale Angebot zur Umstellung auf Betonfertigteile weise darauf hin, dass die Antragstellerin selbst Zweifel an der Herstellbarkeit der angebotenen CMC-Säulen habe. Dieses Angebot sei im Ergebnis wegen Unvollständigkeit auch nicht wertbar, denn die Antragstellerin habe die technische und zeitliche Realisierbarkeit nicht vollumfänglich im Angebot dargestellt.

Die Beigeladene beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten einschließlich der Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen,

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen für erforderlich zu erklären.

Sie unterstützt den Vortrag der Antragsgegnerin. Ergänzend hierzu trägt sie vor, in Ermangelung einer bauaufsichtlichen Zulassung müsse die Antragstellerin nach den Vorgaben der Ausschreibung auf S. 29 der Baubeschreibung für die von ihr angebotenen CMC-Säulen einen Nachweis der objektspezifischen Eignung zu führen. Dies sei innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitfensters von knapp 6 Monaten nicht möglich. Zu bezweifeln sei auch eine ausreichende Belastbarkeit der angebotenen starren Tragglieder in den Übergangsbereichen zu anderen Gründungssystemen.

Der in der Baubeschreibung auf S. 21 f. vorgegebene Einbau vor Kopf sei aus ihrer Sicht beim Einsatz von CMC-Säulen nicht machbar, ohne die frisch hergestellten Säulen der Belastung durch das weiter arbeitende Bohrgerät auszusetzen und damit zu beschädigen.

Sie gehe davon aus, dass die Antragstellerin nicht nachgewiesen habe, dass das von ihr angebotene Gründungssystem auch bei einem Boden mit einer undrainierten Scherfestigkeit von unter 15 kN/m2 haltbar und innerhalb der festgesetzten engen Frist hergestellt werden kann. Sie bezweifle auch, dass die Antragstellerin für den alternativ und kostenneutral von ihr angebotenen Einsatz von Betonfertigpfählen die notwendigen Berechnungen und Nachweise vorgelegt hat.

In der mündlichen Verhandlung wurde den Verfahrensbeteiligten Schriftsatznachlass bis zum 05.11.2013 gewährt.

Nach Einsicht in die übrigen Angebote und in die Dokumentation ihrer Prüfung und Wertung hatte die Vergabekammer den Eindruck, dass möglicherweise nur der mit seinem Angebot auf Rang 4 liegende Bieter die Vorgaben zur Bodenbeschaffenheit im Sinne des Vortrags der Antragsgegnerin verstanden bzw. berücksichtigt hat. Mit Schreiben vom 01.11.2013 forderte sie die Antragsgegnerin auf, dazu Stellung zu nehmen, inwieweit sie das Angebot der Beigeladenen und das auf Rang 3 liegende Angebot - unter Berücksichtigung Vergleichbarkeit der vorgelegten Angebote und das Gebot zur Gleichbehandlung - für wertbar hält.

Diese Nachfrage nahm die Antragstellerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 05.11.2013 zum Anlass, einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zu beanstanden und wegen unklarer Vorgaben der Vergabeunterlagen

weiter hilfsweise zu beantragen,

- das Vergabeverfahren insgesamt aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 04.11.2013 teilte die Antragsgegnerin auf das Schreiben der Vergabekammer vom 01.11.2013 mit, man habe bei Prüfung der Vorstatik festgestellt, dass auch die Beigeladene ihrer Bemessung der vertikalen Tragglieder nicht die in Tabelle 1 für die Weichschichten angegebenen Scherfestigkeiten zugrunde gelegt hat. Laut Aussage ihres geotechnischen Beraters werde die Eignung des angebotenen Gründungssystems hierdurch aber nicht in Frage gestellt.

Unter Berücksichtigung des Gebotes zur Gleichbehandlung seien diese Abweichungen in den Aufklärungsgesprächen mit beiden Bietern erörtert worden.

Die Beigeladene habe daraufhin erklärt, sie habe erkannt, dass partielle Schlickvorkommen im Brack anzutreffen sind. Sie habe zugesichert, die Tabelle 1 der Baubeschreibung ihrer Ausführungsstatik zugrunde legen. Die Antragstellerin habe dagegen darauf beharrt, dass sich durch das Verrieseln des Sandes die Bodenkennwerte ändern werden.

Zur Vergleichbarkeit der Angebote hat sich die Antragsgegnerin nicht geäußert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 29.10.2013 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist begründet.

1. Im vorliegenden Vergabeverfahren findet der 2. Abschnitt der VOB/A Ausgabe 2009, sowie die Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung vom 12.07.2012 Anwendung. Das streitbefangene Verfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2013, also vor Inkrafttreten der VgV vom 15.10.2013 eingeleitet.

2. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um das Land Niedersachsen, vertreten durch seine Landesbehörde, somit um eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Es liegt ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 GWB vor, da die Auftraggeberin und Antragsgegnerin einen entgeltlichen Vertrag über Bauleistungen zu schließen beabsichtigt.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, welche durch Rechtsverordnung gemäß § 127 GWB festgelegt sind. Gemäß § 2 Nr. 3 und 6 VgV in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrages geltenden Fassung gilt ein Schwellenwert von 5 Mio. € für die Gesamtbaumaßnahme, für Lose von Bauaufträgen nach Nr. 3 jedoch nur 1 Mio. €. Die Gesamtbaumaßnahme ist der zweite und dritte Bauabschnitt der xxxxxx von xxxxxx nach xxxxxx, der deutlich über 5 Mio. € liegt. Die Antragsgegnerin hat gemäß der Bekanntmachung Ziffer II.2.1 die Kosten dieses Loses auf xxxxxx € netto geschätzt, so dass auch der Wert von 1 Mio. € für das hier konkret zu vergebende Los überschritten ist.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch den Ausschluss ihres Angebotes geltend macht. Sie trägt sinngemäß vor, dass ihr durch den unberechtigten Ausschluss ihres Angebotes ein erheblicher Schaden in Form des Verlustes dieses Auftrages drohe.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat konkret dargelegt, dass ihr Angebot die Anforderungen an die Scherfestigkeit und Standsicherheit auf anderem Wege erfülle und sogar ein besseres Setzungsverhalten aufweise als das Angebot der Beigeladenen. Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern eine Frage der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII Verg 23/06, Ziff. 1a, zitiert nach VERIS).

Die Antragstellerin hat die mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemachten Vergaberechtsverstöße auch rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum von ein bis drei Tagen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wird die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2; VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK1-152/07). Diese Frist hat die Antragstellerin gewahrt, indem sie nach Information über den Ausschluss vom 24.09.2013 bereits am 27.09.2013, also binnen drei Tagen, eine Rüge erhob. In dieser Rüge wandte sie sich gegen die genannten Ausschlussgründe, und sie trug vor, die Baugrundverhältnisse im konkreten Bauprojekt entsprächen den Baugrundverhältnissen der als Referenz angegebenen Baumaßnahme. Es sei auch nicht gefordert worden, dass die Mehrzahl der angegebenen Referenzen aus dem Bundesfernstraßenbau stammen müsse. Auch aussagekräftige Langzeiterfahrungen zu den Referenzen lägen vor. Die Referenz der Nr. 11 beträfe ein Vorhaben der Antragsgegnerin, nämlich die Ortsumgehung xxxxxx. Etwaig fehlenden Erklärungen und Nachweise seien auf jeden Fall nachzufordern. Im Übrigen entspräche das vorgesehene Verfahren dem Stand der Technik. Diese Rügen beziehen sich alle auf die erstmals im Ausschlussschreiben genannten Gründe, sind daher nicht verspätet. Auch die Fristen gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB, wonach der Nachprüfungsantrag innerhalb von 15 Tagen nach Zurückweisung der Rüge erhoben werden muss, andernfalls präkludiert ist, hat die Antragsgegnerin mit dem am 04.10.2013 erhobenen Nachprüfungsantrag eingehalten.

3. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist durch die von der Antragsgegnerin vorgenommene Wertung der Angebote in ihren Rechten aus § 97 Abs. 2, Abs. 7 GWB auf Gleichbehandlung verletzt. Die Antragsgegnerin hat bei der Wertung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen ungleiche Maßstäbe angelegt. Zwar ist das Angebot der Antragstellerin wegen eines bei dem gegebenen Untergrund wohl untauglichen Verfahrens auszuschließen (im Folgenden a), jedoch weisen auch die Angebote der Beigeladenen und eines weiteren Bieters an derselben Stelle der Vorstatik eine erhebliche Abweichung von den verbindlichen Vorgaben der Baubeschreibung auf, so dass ihre Angebotspreise nicht den ordnungsgemäßen Wettbewerb abbilden (im Folgenden c und d). Das verbleibende weitere Angebot überschreitet den Schätzwert so erheblich, dass eine Aufhebung der Ausschreibung naheliegend erscheint, hier aber von der Vergabekammer nicht vorweggenommen werden kann.

a) Wie in der mündlichen Verhandlung am 29.10.2013 ausführlich erörtert, war das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b VOB/A auszuschließen, weil sie in ihrer Vorstatik von verbindlichen Vorgaben der Baubeschreibung abgewichen ist, und überdies das von ihr gewählte Verfahren nach den in den Vergabeunterlagen vorgegebenen technischen Regelwerken nicht für den anstehenden Untergrund geeignet ist. Gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b VOB/A sind Angebote, die den Bestimmungen des § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A nicht entsprechen, auszuschließen. Gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig.

Die Antragsgegnerin hat in der Baubeschreibung durch einen Kettenverweis noch hinreichend klar wirksame Mindestbedingungen gesetzt, die von allen Bietern in der von ihnen zu erstellenden Vorstatik einzuhalten waren. Auf Blatt 29 der Baubeschreibung hat sie ausgeführt, dass die angebotenen Gründungsysteme nur gewertet werden können, wenn folgende Randbedingungen eingehalten werden und entsprechende Nachweise beigefügt sind: "Rechnerische Nachweise zu den Standsicherheiten und zum Verformungsverhalten des Gründungssystems und der wenig tragfähigen Schichten nach den dafür geltenden Normen und den Empfehlungen für den Entwurf von Erdkörpern mit Bewehrungen aus Geokunststoffen". Hierzu hatte sie auf Blatt 25 der Leistungsbeschreibung in Tabelle 1 insbesondere für die undrainierte Scherfestigkeit in sehr klarer Weise verbindliche Vorgaben erstellt, die bei der Kalkulation der Vorstatik einzuhalten waren.

Für den Schlick bzw. die breiigen Sedimente war ein Wert von 4 kN/m2 einzuhalten. Dabei ging die Antragsgegnerin gemäß der Fußnote ** davon aus, dass die Schlick- und breiigen Sedimente bis 1 m unter die Gewässersohle reichen würden. Für Torf waren 7,5 kN/m2 anzugeben und für Klei und Torf 15 kN/m2. Auf Blatt 21 der Baubeschreibung hat die Antragsgegnerin unter Ziffer 1 eine Vorgabe für die bei der Herstellung der Tragelemente einzuhaltenden Regelwerke gesetzt. Für den Einsatz des Gründungsverfahrens im Bereich des Bracks seien die entsprechenden technischen Regelwerke u.a. Merkblätter einzuhalten. Auf Blatt 19 der Baubeschreibung hat die Antragsgegnerin in der Kurzbeschreibung festgehalten, dass sie aufgeständerte Gründungspolster ausschreibt, die aus einer horizontalen lastverteilenden und mit Geokunststoff bewehrten Schicht bestehen, welche auf verformbaren oder starren vertikalen Tragelementen aufliegen. Hier findet sich ein Hinweis auf das Merkblatt über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund, Ausgabe 2010.

Damit ist trotz des fehlenden Hinweises auf dieses Merkblatt unter Ziffer 5.2 der Baubeschreibung: "Sonstige anzuwendende technische Regelwerke", für einen fachkundigen Bieter hinreichend deutlich, dass bei der Erstellung der Vorstatik sowohl alle in Tabelle 1 auf Blatt 25 der Baubeschreibung genannten Baugründe, als auch die dort genannten undrainierten Scherfestigkeiten zugrunde zu legen sind. Alle Bieter haben dies dem Grunde nach so verstanden. Ebenso war erkennbar, dass die Berechnungen von den Vorgaben des "Merkblattes über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund" ausgehen sollten. Die Anbieter anderer Verfahren hatten gemäß Ziffer 6 auf Blatt 30 der Baubeschreibung die Möglichkeit, mit langjährigen Referenzen den Nachweis zu führen, dass das von ihnen angebotene Verfahren auch auf den in der Tabelle 1 beschriebenen Untergründen dauerhaft tragfähig sei.

Die Antragsgegnerin hat mit der nachträglichen Übersendung der Baugrundgutachten weder die Vergabeunterlagen abgeändert, noch einen Rechtsschein gesetzt, der eine solche Annahme rechtfertigen könnte. Das ergibt sich bereits aus der Systematik der Bieterrundschreiben. Dort wurden die Änderungen an den Vergabeunterlagen enumerativ und abschließend aufgelistet.

Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot über CMC-Säulen ein Verfahren angeboten, welches gemäß Blatt 51 des Merkblattes über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund für den hier zu bewertenden und zu kalkulierenden Untergrund ausweislich der auf Blatt 25 der Baubeschreibung genannten Scherwerte für undrainierten Boden nicht anwendbar ist. Dort heißt es unter Ziffer 5.4.3.2, die Anwendung ist auf einen Baugrund mit einer undrainierten Scherfestigkeit von cu >= 15 kN/m2 zu beschränken. Die in Tabelle 1 vorgegebenen Untergründe Schlick und Torf weisen niedrigere Werte auf.

Die Antragstellerin hat gemäß den Vorgaben der Baubeschreibung nur in der von ihr zu erstellenden Vorstatik die Art und Weise des von ihr angebotenen Säulensystems als CMC-Säule dargestellt. Sie hat auf Blatt 4 unter Ziffer 2 Angaben zu den Bemessungsgrundlagen gemacht. Dort hat sie unter Ziffer 2.2 Baugrundkennwerte angegeben, dass die von ihr zugrunde gelegte undrainierte Scherfestigkeit für Klei 15 kN/m2 betrage und für Torf 7,5 kN/m2. In einer Fußnote hat sie erklärt, dass der Schlick beim Verrieseln des Sandes verdrängt werde und entsprechend nicht angesetzt werde. Gemäß Baubeschreibung werde der Schlick als Aushubmasse verbracht und dementsprechend nicht angesetzt. Mit diesen Äußerungen zu den Baugrundkennwerten hat die Antragstellerin die Vorgaben der Baubeschreibung abgeändert.

Die Antragsgegnerin hat auf Blatt 17 der Baubeschreibung ausgeführt, dass die Wassertiefe nach den vorliegenden Aufschlüssen zwischen 2 m und 4 m liege. Die Gewässersohle werde durch oberflächig flüssig breiige Ablagerungen gebildet, die von Weichschichten aus organischem Klei sowie Torf mit Mächtigkeiten bis zu etwa 5 m unterlagert würden. Darunter stünden pleistozäne Sande an. In der Tabelle 1 auf Blatt 25 und der zugehörigen mit ** gekennzeichneten Fußnote der Leistungsbeschreibung hat die Antragsgegnerin angegeben, dass Schlick bzw. breiige Sedimente bis ca. 1 m unter der Gewässersohle mit einer undrainierten Scherfestigkeit von 2 KN/m2 zu berücksichtigen seien.

Folglich ergibt sich ein Aufbau, wonach oberhalb der 5 m dicken Schicht aus Torf und Klei eine weitere Schicht von mindestens 1 m (der Bereich unter der Gewässersohle) ggf. aber auch 3 m bis 5 m (von der Gewässersohle bis hin zur Oberfläche des Wassers) auftreten kann. Diese Schicht darf in der Vorstatik nicht vernachlässigt werden. Die Vorgaben aus der Baubeschreibung sind für alle Anbieter verbindlich, um aufgrund der gleichen Vorgaben in der Kalkulation miteinander vergleichbare Angebote zu erhalten. Die Antragstellerin war daher nicht berechtigt, von diesen verbindlichen Vorgaben abzuweichen. Sie hätte mindestens zuvor eine Bieteranfrage stellen müssen, in der sie gemäß ihrer Kritik in der mündlichen Verhandlung ggf. die Tiefe der Schlickschicht hätte erfragen können. Ihre Annahme in der Fußnote auf Blatt 4 der Vorstatik, dass der Schlick beim Verrieseln des Sandes verdrängt werde und gemäß Baubeschreibung als Aushubmasse verbracht und entsprechend nicht angesetzt werde, steht im Widerspruch zu der Darstellung auf Blatt 16 der Baubeschreibung, wonach der im Brack befindliche Faulschlamm ausdrücklich an Ort und Stelle verbleiben soll. Er darf nicht in angrenzende Gewässer ausgetragen werden. Lediglich das Wasser darf in ein auf der Arbeitsebene im Brackbereich befindliches Speicherbecken gefördert werden. Somit hat die Antragstellerin mit ihrem Angebot die Vergabeunterlagen geändert, folglich gegen § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A verstoßen. Danach sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig. Gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b sind Angebote, die den Bestimmungen des § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 nicht entsprechen, auszuschließen.

Die Antragstellerin hat auch nicht mit ihren Referenzen den Gegenbeweis zum Merkblatt über Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund, Ausgabe 2010 führen können. Bei diesen Referenzen handelt es sich nicht um bieterbezogene Eignungsnachweise. Solche wären unzulässig, da die Antragstellerin gemäß § 6 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A für vergleichbare Bauleistungen präqualifiziert ist. Vielmehr handelt es sich um die Möglichkeit, einen Nachweis zu führen, ob das System bautechnisch zugelassen ist, oder zulassungsfähig wäre. Dazu müsste es die Mindestbedingungen auf Bl. 29 der Baubeschreibung einhalten. Die von der Antragstellerin angeführten Projekte bzw. Probefelder erfüllen die Voraussetzungen nicht, da sie entweder nicht auf vergleichbaren Untergründen erstellt worden sind, oder aber das Langzeitverhalten des Gründungssystems, welches die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren auf 5 Jahre bemessen hat, noch nicht nachgewiesen ist.

b) Die Antragstellerin hat nicht nur CMC-Säulen angeboten, sondern darüber hinaus in der Vorstatik Fertigteilpfähle beschrieben. Aufgrund des Aufbaus der Baubeschreibung findet eine Differenzierung der möglichen Varianten der Hauptangebote ausschließlich in der Vorstatik, hier Blatt 7, Ziffer 3.1.2 statt. Wie von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung dargestellt, umfasst das Angebot der Fertigsäulen zum einen eine Nachbesserung, nämlich soweit die Antragstellerin anbietet, diese Fertigsäulen auf Kosten des Auftragnehmers zum Einsatz zu bringen, wenn die Probefelder unerwartet ungünstige Ergebnisse bringen. Darüber hinaus bietet die Antragstellerin auch an, die Fertigteilpfähle einzusetzen, falls die CMC-Herstellung auf Basis der beigefügten Referenzen nicht vom Auftraggeber akzeptiert werden sollte, also in der Phase vor Auftragserteilung. Auch insoweit hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es sich nur um ein Nachbesserungsangebot handeln solle. Es besteht daher trotz des Wortlauts im Angebot und der bereits vorgelegten statischen Teilergebnisse auf Blatt 7 und Blatt 10 der Vorstatik keine Veranlassung für die Vergabekammer zu prüfen, ob es sich dabei um ein unbedingtes zweites Hauptangebot zum gleichen Angebotspreis handeln sollte, auf welches ggf. der Zuschlag erteilt werden sollte.

c) Die Antragstellerin hat im Nachprüfungsverfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich darauf hingewiesen, dass das von ihr angebotene Bauverfahren von der Antragsgegnerin diskriminiert werde. Sie hat ferner ihr Verständnis von den Vorgaben der Ausschreibung dargestellt. Um einen Eindruck vom Bieterverständnis zu erhalten, hat die Vergabekammer Einsicht in die übrigen Angebote, deren Prüfung und deren Wertung genommen. Sie hat die Umsetzung der Vorgaben zur Bodenbeschaffenheit aus Tabelle 1 in der Vorstatik betrachtet.

Die Beigeladene bietet ein in der Baubeschreibung wiederholt als geeignet angegebenes Verfahren an, welches auch in Böden mit geringer Scherfestigkeit dem Grunde nach anwendbar ist. Es gibt daher keine Einwendungen gegen das von der Beigeladenen angebotene Verfahren.

Gleichwohl kann wegen des Anspruchs der Antragstellerin auf Gleichbehandlung und eine transparente Angebotswertung auf das Angebot der Beigeladenen nur dann der Zuschlag erteilt werden, wenn es gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A die Anforderungen der Baubeschreibung, insbesondere die obigen, an denen die Antragstellerin gescheitert ist, vollständig umsetzt. Wenn auch das Angebot der Beigeladenen die Vergabeunterlagen an dieser Stelle ändert, ist es somit gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 b VOB/A auszuschließen, ohne dass der Antragsgegnerin ein Ermessen zusteht.

Die Beigeladene führt in der Vorstatik ihres Angebots auf Blatt 5 unter Ziffer 3.1 aus, dass sie für die Bodenkennwerte auf die Angaben der Baubeschreibung (Tabelle 1) zurückgreife. Für die in der Baubeschreibung als holozäne Weichschichten bezeichneten organischen Böden sei jedoch keine weitere Spezifizierung der Schichten angegeben. Einige Bodenprofile im Bereich des Bracks könnten der Unterlage 4 entnommen werden. Aufgrund der fehlenden Information insbesondere für den Bereich neben dem Brack würden für die Bemessung des Gründungssystems und für die erforderlichen erdstatischen Berechnungen die Kennwerte für den Mischboden "Klei/Torf" (15 KN/m2) angesetzt.

Somit hat auch die Beigeladene den breiigen Schlick nicht ihrer Vorstatik zugrunde gelegt. Sie hat sogar die Scherfestigkeit eigenmächtig höher angesetzt, als die Antragstellerin. Gleiches ergibt sich aus der Tabelle 1 auf Seite 7 der Vorstatik, in der bei der undrainierten Kohäsion ausschließlich Klei und Torf, nicht jedoch der Schlick zugrunde gelegt wird. Dabei handelt es sich nach den Ausführungen zu Ziffer 3.6 der Vorstatik der Beigeladenen um die aus der Tabelle 1 der Baubeschreibung entnommenen angesetzten charakteristischen Bodenkennwerte. Somit hat auch die Beigeladene mit ihrem Angebot die Vergabeunterlagen geändert, folglich gegen § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A verstoßen. Danach sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig Gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b VOB/A sind Angebote, die den Bestimmungen des § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A nicht entsprechen, auszuschließen. Der öffentliche Auftraggeber hat die Wertungsentscheidung nach einheitlichem Maßstab zu treffen. Wenn der öffentliche Auftraggeber die Unvollständigkeit eines Angebotes zum Anlass nehmen will, dieses Angebot nicht zu werten, findet eine Selbstbindung in der Weise statt, dass auch diejenigen Angebote anderer Anbieter ausgeschlossen werden müssen, die ebenfalls an dem beanstandeten oder an einem gleichartigen Mangel leiden (BGH, Beschluss vom 26.09.2006, XZB 14/06).

Das Angebot der Beigeladenen kann auch nicht gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgebessert werden, indem die Antragsgegnerin etwaige fehlende Erklärungen oder Nachweise nachfordert. Die Beigeladene hat bereits eine vollständige Vorstatik vorgelegt, die jedoch inhaltlich ebenso wie die der Antragstellerin nicht den Anforderungen genügt. Die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A dient ausschließlich dazu, einzelne fehlende Erklärungen oder Nachweise nachliefern zu können, nicht jedoch dazu fehlerhafte Nachweise durch verbesserte Ausführungen ersetzen zu können. Dies hat die VK Niedersachsen bereits mit Beschluss vom 26.11.2012, VgK-44/2012, entschieden und ist vom Oberlandesgericht Celle mit nicht veröffentlichtem Hinweisbeschluss vom 21.01.2013 (13 Verg 12/12) zu diesem Verfahren bestätigt worden. Die nachträgliche Verbesserung bzw. Veränderung eines bereits unterbreiteten Angebotes würde zu einer Beeinflussung des Wettbewerbs zum Nachteil weiterer Bieter führen (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.02.2012, 2 Verg 15/11; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/11).

Zur Erläuterung der Folgen dieser Abweichung weist die Vergabekammer auf Folgendes hin:Die Antragsgegnerin hat das Angebot der Beigeladenen ebenso wie das Angebot der Antragstellerin durch das Ingenieurbüro xxxxxx prüfen lassen. Der Gutachter führt unter Ziffer 2.2.1 seiner Stellungnahme zur Vorstatik der Beigeladenen aus, das als Bemessungsgrundlage für den Bereich des verfüllten Bracks ausschließlich die charakteristischen Bodenkennwerte in der Baubeschreibung, Tabelle 1, zu verwenden seien. Das gelte insbesondere für die undrainierten Scherfestigkeiten (Schlickschicht, Klei und Torf). In Abschnitt 3.1 der Vorstatik weise die Beigeladene darauf hin, dass aufgrund fehlender Informationen über die Zusammensetzung der Weichschichten für die Bemessung des Gründungssystems und für die erdstatischen Berechnungen die Kennwerte für einen Mischboden aus Klei und Torf angesetzt würden. Unter Ziffer 2.2.2 merkt der Gutachter an, dass für die Bemessungen ein Durchschnittswert für die undrainierte Scherfestigkeit von 15 kN/m2 und nicht die in der Tabelle 1 für die Weichschichten (Schlick, Klei, Torf) angegebenen charakteristischen Kennwerte eingesetzt worden sei.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass die erforderlichen Nachberechnungen zu höheren Bemessungsfestigkeiten ggf. auch zu einem anderen Säulenraster führen könnten. Diese ergänzenden Nachweise seien in der Ausführungsstatik zu berücksichtigen. Der Gutachter erkennt somit Abweichungen von der Baubeschreibung. Er hat zwar keinen Zweifel an der grundsätzlichen Eignung des angebotenen Verfahrens, sieht aber, dass die Angaben des Angebots nicht ohne Änderung in die Ausführung übertragbar sind.

Solche Änderungen können konkret relevant sein. Das angebotene Verfahren bleibt zwar anwendbar. Jedoch wären die Säulen wegen des weniger scherfesten Umgebungsuntergrundes deutlich voluminöser oder deutlich zahlreicher, oder sowohl zahlreicher als auch voluminöser auszuführen als angeboten. Ob der angebotene Preis hinfällig ist, weil die Beigeladene die verbindlichen Vorgaben der Baubeschreibung missachtet hat, hat die Vergabestelle in der Prüfung der Preise auf Angemessenheit zu prüfen.

Die Antragsgegnerin hat erkannt und im Aufklärungsgespräch thematisiert, dass die Vorstatik der Beigeladenen von den Vorgaben der Tabelle 1 abweicht. Die Beigeladene hat versichert, die Ausführungsstatik gemäß den Vorgaben der Tabelle 1 zu erstellen. Da der angebotene Preis für die Gründung in Ziffer 0.10.8 des Leistungsverzeichnisses nicht je Säule oder für ein bestimmtes Füllvolumen, sondern pauschal für die Fläche der Gründung angegeben worden ist, sollte sich der Angebotspreis trotz der erforderlichen Mehrleistung gegenüber dem Angebot nicht ändern. Die Antragsgegnerin hat sich gemäß Darstellung in einer E-Mail, die aber nicht aus dem Protokoll des Aufklärungsgesprächs bestätigt wird, die Urkalkulation der Position 00.10.008 vorlegen lassen, wohl keine Beanstandungen geäußert und in der E-Mail vom 12.09.2013 die Folgen eines partiell nicht auskömmlichen Angebots abgewogen. Allerdings weist sie darin darauf hin, dass "in der Ausführungsstatik ein verengtes Säulenraster (mit entsprechenden Mehrkosten) errechnet wird".

Im Ergebnis scheint es zwar möglich aber nicht sicher, dass die Abweichungen von den Vorgaben der Baubeschreibung nur geringe praktische Auswirkungen haben. Dies ist in der Wertung zu verifizieren.

d) Für das Angebot eines weiteren Bieters gilt das zum Angebot der Beigeladenen Ausgeführte. Der betreffende Bieter hat keine eigene Vorstatik beigefügt, sondern mitgeteilt, dass ein Mitglied der Bietergemeinschaft der Beigeladenen ihm das Recht erteilt habe, sich auf diese Unterlagen für sein Angebot zu beziehen. Daher beziehe er sich auf die von der Beigeladenen gefertigte Vorstatik. Ob dies eine den Wettbewerb beschränkende Abrede gemäß § 16 EG Abs. 1 d) VOB/A und damit einen weiteren zwingenden Ausschlussgrund darstellt (Verfürth in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß VOB/A Kommentar § 16 VOB/A, Rdnr. 107) hängt davon ab, inwieweit tatsächlich wechselseitig Kenntnis vom Angebot bestand. Die Frage kann hier offen bleiben.

e) Lediglich ein weiteres Angebot hat nach vorsichtiger Einschätzung eine vollständige Vorstatik unter Würdigung der in der Baubeschreibung Bl. 25 Tabelle1 genannten Vorgaben abgeliefert. Jene Bieterin geht laut dem auf Bl. 4 der Vorstatik abgebildeten Berechnungsprofil von einer 1 m dicken Schlick- und breiigen Sedimentschicht mit einer undrainierten Scherfestigkeit von 4 (2** KP/m2) aus. Jedoch hat die Antragsgegnerin aufgrund des Preises dieses Angebotes bisher berechtigterweise davon abgesehen, es vertieft fachlich zu prüfen. Das ist nachzuholen. Sollte das Angebot sich im Rahmen der weiteren Prüfung ebenfalls als nicht zuschlagsfähig erweisen, wäre die Vergabe ohnehin aufzuheben.

Überdies übersteigt jener Angebotspreis den von der Antragsgegnerin bekannt gemachten Schätzwert deutlich. Die Antragsgegnerin wird überprüfen müssen, ob sie den Auftragswert zutreffend festgelegt hat. Bleibt sie bei dem bisherigen Auftragswert, wäre es der Antragsgegnerin nach der geltenden Rechtsprechung ohne Weiteres möglich, die Vergabe auch dann noch gemäß § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A aufzuheben (vgl. Fett in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Auflage, 8. Los, § 17 VOB/A, Rdnr. 9, 11; OLG Düsseldorf, VergabeR 2007, S. 462; OLG Karlsruhe Beschluss vom 27.09.2013, Verg 3/13), wenn das Angebot jener Bieterin auch nach näherer Prüfung als einzig zuschlagsfähiges Angebot verbleibt.

4. Gemäß § 114 Abs. 1 GWB hat die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Diese Vorschrift vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsspielraum, der nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet. Die gewählte Maßnahme muss sich eignen, die Rechtsverletzung sicher zu beseitigen. Sie soll gleichzeitig auch das mildeste der geeigneten Mittel hierfür sein.

Ist das Angebot der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren auszuschließen, weil sie als erstes und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung wohl auch als einziges Angebot ein technisch bei diesem Untergrund nicht geeignetes Verfahren anbietet, so kommt regelmäßig nur die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages in Betracht.

Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt, bei der der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit hat, andere Lösungen zuzulassen und der Anbieter sein Angebot technisch modifizieren kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn auch auf die weiteren eingegangenen Angebote kein Zuschlag erteilt werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006, X ZB 14/06; Beschluss vom 10.11.2009, Az.: X ZB 8/09).

Der öffentliche Auftraggeber hat die Wertungsentscheidung nach einheitlichem Maßstab zu treffen. Wenn der öffentliche Auftraggeber die Unvollständigkeit eines Angebotes zum Anlass nehmen will, dieses Angebot nicht zu werten, findet eine Selbstbindung in der Weise statt, dass auch diejenigen Angebote anderer Anbieter ausgeschlossen werden müssen, die ebenfalls an dem beanstandeten oder an einem gleichartigen Mangel leiden (BGH, Beschluss vom 26.09.2006, XZB 14/06). Soweit der BGH in den obigen Entscheidungen auf den Vortrag der Parteien anknüpfen konnte, ist dies hier nicht möglich, da es sich die Ungleichbehandlung objektiv ausschließlich aus Unterlagen erkennen lässt, die gemäß § 111 Abs 2 GWB wegen der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einer Akteneinsicht nicht zugänglich sein konnten (der Vorstatik der Konkurrenten). Insoweit war die Vergabekammer gehalten, im Wege der eingeschränkten Amtsermittlung gemäß §110 Abs. 1 Satz 4 GWB die Wertungsmaßstäbe zu vergleichen (Tahal in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 2. Auflage 11. Los § 107 GWB Rdnr. 2).Ein unmittelbarer Prüfungszusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag besteht (vgl. Maier in Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, 2. Auflage, § 110, Rdnr. 7), da das Nachprüfungsverfahren zwar vorrangig, aber nicht allein dem Interesse des Bieters an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens dient (S. Maier in Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, 2. Auflage, § 110, Rdnr. 7).

Hier lagen insgesamt vier Angebote vor. Unter Zugrundelegung der obigen Gesichtspunkte zur diskriminierungsfreien und transparenten Wertung aller Angebote nach den gleichen Vergabegrundsätzen sind drei Angebote auszuschließen und nur ein Angebot möglicherweise zuschlagsfähig. Dies übersteigt jedoch den von der Antragsgegnerin ermittelten Schätzwert so deutlich, dass die Antragsgegnerin gemäß § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berechtigt wäre, die Ausschreibung aufzuheben. Die Vergabekammer kann dieser Entscheidung der Antragsgegnerin nicht vorgreifen. Die Entscheidung obliegt ausschließlich dem eigenen pflichtgemäßen Ermessensspielraum der Antragsgegnerin. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist eine von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2008, 21 VK-3194-23/08; OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010 - 13 Verg 18/09). Dabei hat die Vergabestelle stets zu beachten, dass die Aufhebung einer Ausschreibung aufgrund des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer nur das letzte Mittel sein darf. Gleichwohl kann es bei einer erheblichen Überschreitung des vorgegebenen Budgets eine Ermessensreduzierung auf Null geben (VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.06.2011, VgK-18/2011).

Daher ist die Vergabekammer im Rahmen der gemäß § 114 GWB zu treffenden Maßnahmen zwar einerseits bereits verpflichtet, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht zurückzuweisen. Andererseits kann die Vergabekammer wegen des möglichen Zuschlags auf ein weiteres Angebot noch nicht aussprechen, dass in diesem Vergabeverfahren der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Die Antragsgegnerin könnte sich vorbehaltlich ihrer weiteren Prüfungen dieses Angebots aufgrund des bestehenden Zeitdrucks der Vergabe durchaus ermessensfehlerfrei dazu entschließen, unter Zurückstellung fiskalischer Erwägungen oder wegen Bauverzögerungs- und weiterer Folgekosten auch gerade unter Berücksichtigung der fiskalischen Interessen den Zuschlag auf das Angebot jener Bieterin zu erteilen, die nach bisheriger Prüfung als einzige die Vorgaben der Baubeschreibung im Angebot berücksichtigt hat. Folglich war die Verpflichtung zum erneuten Eintritt in die Angebotswertung die Maßnahme, welche einerseits geeignet ist, die Rechte der Antragstellerin zu wahren, und zugleich die erforderliche Maßnahme mit der geringste Eingriffstiefe in das Vergabeverfahren ist, um die Rechtsverletzung zu beseitigen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt nach der geprüften finalen Angebotssumme der Antragstellerin xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Hauptantrag unterlegen ist, lediglich mit ihrem Hilfsantrag obsiegt hat. Bleibt das Ergebnis der neu vorzunehmenden Bewertung offen, ist eine Halbierung der Kosten angezeigt (OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2003, 13 Verg 12/03).

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene, welche eigene Anträge gestellt hat, sind somit gemeinsam im Nachprüfungsverfahren zur Hälfte unterlegen. Die Beigeladene ist der Antragsgegnerin mit Anträgen und rechtlicher Würdigung beigetreten, hat sich daher dem vollen Kostenrisiko ausgesetzt. Die aktive Beteiligung sah die Rechtsprechung (BGH NZBau 2001, 151 [BGH 19.12.2000 - X ZB 14/00]) ursprünglich erst dann als gegeben an, wenn der Beigeladene sich - entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO - umgekehrt auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hatte, indem er selbst eigene Sachanträge gestellt hatte. Inzwischen muss lediglich eine dem Beitritt eines Streithelfers der ZPO vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschluss vom 27. August 2008 - 13 Verg 2/08). Im Ergebnis hält die Vergabekammer daher eine Beteiligung der Beigeladenen an den Verfahrenskosten für geboten, so dass der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Verfahrenskosten insgesamt hälftig, somit jedem von Ihnen zu einem Viertel aufzuerlegen sind.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

Gemäß Ziffer 4 des Tenors haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zur Hälfte zu erstatten. Da die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist, hat sie gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu einem Viertel zu tragen. Aus den obigen Gründen ist die Beigeladene an diesen Kosten zu einem weiteren Viertel zu beteiligen. Da insoweit keine persönliche Befreiung der Antragsgegnerin besteht, war der Verzicht auf die gesamtschuldnerische Haftung nicht auszusprechen.

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Antragstellerin erforderlich.

Gemäß Ziffer 5 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit hinsichtlich der Beigeladenen die Anwaltskosten gemäß § 128 Abs. 4 GWB zur Hälfte zu erstatten.

Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Die Antragsgegnerin war daher nicht anwaltlich vertreten.

Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Daher ist für die Beigeladene aus den gleichen Gründen wie für die Antragstellerin regelmäßig die anwaltliche Vertretung geboten.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen

xxxxxx.

Die Beigeladene wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen

xxxxxx.

Gaus
Rohn
Lohmöller