Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 11.11.2013, Az.: VgK-33/2013

Vergabe von Reinigungsdienstleistungen für Gebäude (hier: eine kommunale Klinik) an eine Gebäudereinigungsfirma i.R.e. Direktvergabe

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
11.11.2013
Aktenzeichen
VgK-33/2013
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 50361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
- Antragstellerin -
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
g e g e n
die Stadt xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabe von Unterhaltseinigungsdienstleistungen an eine kommunale Klinikdienste GmbH; Umstellung von Fremd- auf Eigenleistung,
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer Nierychlo, auf die mündliche Verhandlung vom 05.10.2013
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    der Antragsgegnerin wird untersagt, Reinigungsdienstleistungen in den Objekten xxxxxx, xxxxxx in der xxxxxx und xxxxxx in xxxxxx ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens vertraglich an die Beigeladene zu übertragen. Es wird festgestellt, dass ein Vertrag, der die Beauftragung der Beigeladenen mit der Reinigung zuvor genannter Objekte zum Gegenstand hat, unwirksam ist.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

    Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragstellerin bietet Gebäudereinigungsleistungen an. Sie ist an der Erbringung von Reinigungsleistungen für Objekte der Antragsgegnerin, namentlich das Gebäude xxxxxx, das xxxxxx in der xxxxxx und die xxxxxx, die sich im Eigentum der Antragsgegnerin befinden und von ihr genutzt werden, interessiert. Am 19.02.2013 hat die Antragsgegnerin unter Beteiligung des Finanz- und Personalausschusses sowie des Verwaltungsausschusses die Umstellung der Reinigung des städtischen Klinikums von der Fremdreinigung auf die Eigenreinigung beschlossen. Am 16.04.2013 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin den Beschluss, mit der Beigeladenen Verhandlungen über die Reinigung von rund 20.000.000 m2 Jahresreinigungsfläche aufzunehmen mit dem Ziel, die Reinigungsleistungen der Beigeladenen, deren alleinige Gesellschafterin die Antragsgegnerin ist, ohne die Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung aber zu vergleichbaren preislichen Bedingungen wie die des privaten Reinigungsgewerbes, zu übertragen. Die zugrunde liegende Beschlussvorlage begründete die Antragsgegnerin u.a. mit den für die Angestellten besseren Arbeitsbedingungen durch die Arbeitsverträge mit der Beigeladenen und der Bindung an tarifvertragliche Regelungen gegenüber dem häufigen Einsatz von geringfügig Beschäftigten im privaten Reinigungsgewerbe. Mit Beschluss vom 07.08.2013 stimmte der Verwaltungsausschuss der Beauftragung der Beigeladenen im Umfang von 20.277.698 m2 Reinigungsfläche pro Jahr mit einer Vergütung von xxxxxx € zu.

Mit Schreiben vom 28.08.2013 kündigte die Antragsgegnerin die über die Reinigung der drei streitgegenständlichen Objekte bestehenden Verträge zum 31.10.2013 und erklärt jeweils, dass sie beabsichtige, diese Leistungen innerhalb des Konzerns der Stadt im Rahmen eines sog. "Inhouse-Geschäftes" durch die Beigeladene, die Klinikum xxxxxx Klinikdienste GmbH, erbringen zu lassen.

Bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 23.12.2004 erwarb die Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH, deren Gesellschaftsanteile ausschließlich die Antragsgegnerin inne hat, ca. 75 % der Geschäftsanteile an der Klinikdienste xxxxxx GmbH und firmierte diese mit Gesellschaftsvertrag vom 28.12.2004 in Klinikum xxxxxx Klinikdienste GmbH (Beigeladene) um. Im Jahr 2008 erwarb die Städtische Klinikum xxxxxx gGmbH auch die ihr bisher nicht gehörenden 25 % der Gesellschaftsanteile an der Beigeladenen, woraufhin am 01.04.2008 ein neuer Gesellschaftsvertrag beglaubigt wurde. Dieser bestimmt in dem seitdem unveränderten § 2:

"Nr. 1

Gegenstand der Gesellschaft ist die Reinigung von Kliniken und Gebäuden jeder Art und Gebäudeservice sowie Transportleistungen und Dienstleistungen ähnlicher Art.

Nr. 2

Die Gesellschaft darf im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages alle Geschäfte und sonstigen Maßnahmen vornehmen, die dem Unternehmen der Gesellschaft unmittelbar und mittelbar dienlich sind. Die Gesellschaft ist insbesondere berechtigt, Betriebe oder Einrichtungen zu gründen, zu übernehmen und sich an solchen zu beteiligen, wenn es dem Zweck des Unternehmens dient."

In § 4 des Gesellschaftervertrages heißt es:

"Nr. 1

Das Stammkapital beträgt Euro xxxxxx [...]

Nr. 2

Gesellschafterin mit einem Stammkapital in Höhe von xxxxxx Euro ist die Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH in xxxxxx."

Im Gesellschaftsvertrag der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH ist in "§ 2 Ziel und Gegenstand des Unternehmens" unter Absatz 2 bestimmt:

"Gegenstand der Gesellschaft ist der gemeinnützige Betrieb des Städtischen Klinikums xxxxxx als Krankenhaus der Maximalversorgung sowie aller damit zusammenhängenden Einrichtungen, Nebeneinrichtungen und Hilfsbetrieben."

Weiter ist in § 2 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH bestimmt:

"Die Gesellschaft darf im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages alle Geschäfte und sonstigen Maßnahmen vornehmen, die dieser Zweckbestimmung unmittelbar und mittelbar dienlich sind. Sie ist insbesondere berechtigt, Betriebe oder Einrichtungen zu gründen, zu übernehmen und sich an solchen zu beteiligen, wenn es dem Zweck des Unternehmens dient."

Mit Schreiben vom 19.09.2013 rügte die Landesinnung der Gebäudereiniger, vertreten durch den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, die beabsichtigte ausschreibungsfreie Vergabe und begründete dies damit, dass die Voraussetzungen für eine vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe nicht vorlägen. Insbesondere übe die Antragsgegnerin über die Beigeladene keine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle aus. Nach Informationen der Antragstellerin handele es sich bei der Beigeladenen um eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft, an der ein privates Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung besitze. Die Geschäftsführerin der Beigeladenen sei zugleich auch deren Minderheitsgesellschafterin. In den Fällen, in denen die Geschäftsführerin eine Minderheitsbeteiligung, Stimmrecht oder Gewinnbeteiligung an der Beigeladenen halte, läge aber eindeutig kein Inhouse-Geschäft vor. Anhaltspunkte, dass die Antragsgegnerin die Kontrolle über die Beigeladene auch mittelbar durch eine Kette von Beherrschungsverträgen ausübe, seien nicht ersichtlich.

Überdies erbringe die Beigeladene ihre Tätigkeiten auch nicht im Wesentlichen für die Antragsgegnerin. Dies begründet die Antragstellerin mit dem Inhalt einer Verwaltungsvorlage, nach der die Beigeladene über langjährige Erfahrungen in der Schulreinigung in zwei anderen Landkreisen verfüge. Darüber hinaus sei die Beigeladene auch in einer anderen Stadt wirtschaftlich tätig. Die Beigeladene habe in einem Zeitungsinterview durch ihre Geschäftsführerin verlautbaren lassen, dass sie über den Cateringservice für die Cafeterias der Antragsgegnerin hinaus auch Cateringleistungen für externe Kunden außerhalb des Klinikums xxxxxx anbiete. Sie habe dabei auch ausgeführt, dass sie rund 15 % des Umsatzes mit externen Kunden erwirtschafte und plane, diesen Bereich weiter auszubauen.

Die Antragstellerin vermutet, dass die Beigeladene im Zuge des Ankaufs von Gesellschaftsanteilen von privaten Dritten ihren Kundenkreis durch die Kunden der ehemaligen privaten Inhaber von Gesellschaftsanteilen um zusätzliche externe Kunden erweitert hat.

Mit Schreiben vom 30.09.2013, eingegangen in der Vergabekammer am 02.10.2013, bean-tragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen in dem o.g. Rügeschreiben. Die Antragsgegnerin habe zwingende Verfahrensvorschriften und Rechte zulasten der Antragstellerin verletzt. Aufgrund der eingeschränkten Akteneinsicht führt sie weiter aus, dass die Antragsgegnerin nicht dargelegt habe, inwieweit die Beigeladene die ehemaligen Kunden der vormals privaten Anteilsinhaber übernommen habe und somit externe Umsätze generiere.

Überdies seien die Umsätze in Höhe von jährlich ca. xxxxxx €, die die Beigeladene mit dem Betrieb eines Bistros und der Erbringung von Cateringleistungen erziele, als Fremdumsätze zu qualifizieren. Dies ergebe sich schon aus § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags vom 16.01.2012, wonach Gegenstand des Unternehmens die Reinigung von Kliniken und Gebäuden jeder Art und Gebäude-Service sowie Transportleistungen und Dienstleistungen ähnlicher Art ist. Unter Dienstleistungen "ähnlicher Art" seien jedenfalls weder das Catering noch der Betrieb eines Bistros zu verstehen. Die hieraus erzielten Umsätze seien vielmehr den Fremdumsätzen zuzurechnen, was eine ausschreibungsfreie Inhouse-Vergabe ausschließe.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, in den Objekten xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx, jeweils xxxxxx, in anderer Vertragsform, z.B. durch einen direkten Vertrag der Antragsgegnerin mit dem Klinikum xxxxxx Klinikdienste GmbH Reinigungsleistungen an die Klinikum xxxxxx Klinikdienste GmbH zu übertragen und festzustellen, dass ein solcher Vertrag unwirksam ist.

  2. 2.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 111 Abs. 1 GWB zu gewähren;

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären;

  4. 4

    . der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens und die Aufwendungen für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1

    . die Anträge der Antragstellerin abzuweisen und

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie geht davon aus, dass die beabsichtigte "Inhouse-Vergabe" an die Beigeladene zulässig ist. Zur Begründung führt sie aus, dass die Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH seit dem 01.01.2008 100 % der Gesellschaftsanteile an der Beigeladenen halte und damit kein externer Dritter Inhaber von Gesellschaftsanteilen sei. Folglich verfüge sie über die uneingeschränkte Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich der Beigeladenen, da sie selbst 100 %-ige Gesellschafterin der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH sei, die wiederum 100 %-ige Gesellschafterin der Beigeladenen sei.

Soweit die Antragstellerin den Erwerb von Gesellschaftsanteilen privater Dritter durch die Beigeladene beanstandet, so sei dies durch Änderung des Gesellschaftsvertrags am 21.12.2011 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise geschehen. Der Gesellschaftsvertrag sei insbesondere im Hinblick auf steuerliche und kommunalrechtliche Gesichtspunkte angepasst worden. Nach dem Erwerb der verbleibenden privaten Geschäftsanteile sei auch die vormals in § 15 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages geregelte Ausnahme vom Wettbewerbsverbot für die Geschäftsführerin obsolet gewesen und sei demzufolge gestrichen worden. Der Erwerb der verbliebenen privaten Geschäftsanteile habe überdies unter Einhaltung des nach dem Umwandlungsgesetz maßgeblichen Verfahrens stattgefunden.

Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass sie auch die Anforderungen des für eine ausschreibungsfreie Inhouse-Vergabe erforderlichen Wesentlichkeitskriteriums erfülle, da ihre Fremdumsätze in den ersten drei Quartalen des Jahres 2013 lediglich 3,46 % betrugen. Die als vertraulich eingestuften Debitorenumsätze des vergangenen Jahres und der ersten neun Monate des aktuellen Jahres belegen, dass die Beigeladene 96 % ihres Umsatzes innerhalb des Klinikums bzw. der Antragsgegnerin erziele. Zu den "Umsätzen innen" gehöre auch die Reinigung der städtischen Kindertagesstätten. Gleiches gelte auch für die Erlöse aus dem Betrieb der Bistros und Cafeterias in den Klinikgebäuden, weil diese Umsätze nach Ansicht der Antragsgegnerin im Rahmen des Klinikbetriebes anfallen. Dies begründet sie damit, dass der Betrieb der Bistros und Cafeterias in den Klinikgebäuden im Auftrag der Städtisch Klinikum xxxxxx gGmbH im Rahmen der Zweckerfüllung des Klinikums erfolge und zudem der kommunalen Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen zuzurechnen sei, da sichergestellt werden müsse, dass sich Besucher und Mitarbeiter der Kliniken mit Nahrungsmitteln und Getränken versorgen können. Soweit die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag mit einem Fremdumsatz von 15 % begründe, so habe sie bei der Berechnung unzulässigerweise alle Dienstleistungen an Kunden außerhalb des Klinikums, also auch an die Antragsgegnerin selbst einbezogen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28.10.2011 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 18.11.2013 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 05.11.2013 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die vom EuGH festgelegten Voraussetzungen für eine vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe liegen nicht vor. Zwar übt die Antragsgegnerin über die Beigeladene die "Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle" aus. Jedoch erbringt die Beigeladene zumindest auf der Grundlage der aktuellen Umsatzverhältnisse ihre Tätigkeiten nicht "im Wesentlichen" für die Antragsgegnerin.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin ist eine Gebietskörperschaft und somit öffentliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Es handelt sich um einen öffentlichen Auftrag gemäß § 99 GWB, da die Auftraggeberin und Antragsgegnerin in ihrer Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber einen entgeltlichen Vertrag über Dienstleistungen zu schließen beabsichtigt.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Reinigungsleistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag i. S. des § 1 EG-VOL/A, für den gem. §§ 2 Nr. 2, 3 Abs. 7 VgV ein Schwellenwert von 200.000 Euro gilt.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegt jedoch ein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Auftrag vor. In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass der öffentliche Auftraggeber durch das Vergaberecht nicht in der seinem Gestaltungsermessen unterliegenden Wahl der Organisationsform - Eigenbetrieb, Eigengesellschaft, Zweckverband etc. - beschränkt werden soll, mittels derer er seine Aufgaben erfüllen will. Beabsichtigt er, die Aufgabe mit eigenen Mittel auszuführen, macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob er dies durch einen Eigenbetrieb, eine Eigengesellschaft oder einen Zweckverband umsetzt (vgl. Weyand, Vergaberecht, § 99 GWB, Rn. 603 m.w.N.; OLG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2002, Az. Verg W 9/2002, zitiert nach Veris). Die Vergabe eines Auftrags von einem öffentlichen Auftraggeber an ein Unternehmen unterliegt daher dann nicht dem förmlichen Vergaberecht, wenn sich die Beauftragung funktionell als organisationsinterne Maßnahme und nicht als Vertrag zwischen verschiedenen Personen darstellt (vgl. Pape/ Holz, Die Voraussetzungen vergabefreier Inhouse-Geschäfte, NJW 32/2005, 2264ff.). Die Voraussetzungen und Grenzen der vergaberechtsfreien Inhouse-Vergabe hat der EuGH grundlegend in seinem Urteil vom 18.11.1999 in der Rechtssache "Teckal" (Rs. C-107/98 = NZBau 2000,90ff. [EuGH 18.11.1999 - C 107/98]) definiert. In dieser Entscheidung hat der EuGH die seinerzeit gültige Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge - Abl. EG Nr. L 199, S. 1-53 - für anwendbar erklärt, wenn ein öffentlicher Auftraggeber wie etwa eine Gebietskörperschaft beabsichtigt, mit einer Einrichtung, die sich formal von ihm unterscheidet und die ihm gegenüber eigene Entscheidungsgewalt besitzt, einen schriftlichen, entgeltlichen Vertrag über die Lieferung von Waren zu schließen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen ("Kontrollkriterium") und wenn diese Person zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Körperschaften verrichtet, die ihre Anteile innehaben ("Wesentlichkeitskriterium" oder "Tätigkeitskriterium"). Dieser Rechtsprechung hat sich der BGH für den Bereich der Dienstleistungsaufträge mit seinem Urteil vom 12.06.2001(Az. X ZB 10/01) angeschlossen. Mit Urteil vom 11.01.2005 in der Rechtssache Stadt Halle (Rs. C-36/03 = NZBau 2005, S. 111ff. [EuGH 11.01.2005 - C 26/03]) hat der EuGH seine in der Teckal-Entscheidung formulierte erste Voraussetzung für eine nicht dem Vergaberecht unterliegende Inhouse-Vergabe dahingehend modifiziert, dass es genügt, wenn die öffentliche Stelle, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, über die fragliche Einrichtung eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen. Hinzu kommen müsse aber nach wie vor, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber verrichtet.

Vorliegend ist das Kontrollkriterium erfüllt, weil die Antragsgegnerin über die Beigeladene die Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt. Dies ergibt sich aus den gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen. Die Antragsgegnerin hält 100 % der Gesellschaftsanteile der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH. Dies folgt aus § 5 des Gesellschaftsvertrages, wonach das Stammkapital der Gesellschaft xxxxxx € beträgt und die Antragsgegnerin mit einem Geschäftsanteil im Nominalbetrag von xxxxxx € die einzige Gesellschafterin der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH ist. Die Gesellschafterversammlung ist wiederum das beschlussfassende Organ der GmbH. Dies ergibt sich aus § 8 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen bzw. § 9 des Gesellschaftsvertrags der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH. Die Gesellschafterversammlung fasst demgemäß u. a. Beschluss über die

"Beteiligung der Gesellschaft an anderen Unternehmen; Ergänzung, Erwerb und Gründung von anderen Unternehmen und der Errichtung von Zweigniederlassungen",

"Änderung des Gesellschaftsvertrages",

"Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Geschäftsführung",

In den Gesellschaftsverträgen ist überdies in § 8 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 14 des Gesellschaftsvertrags der Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH vorgesehen, dass die Gesellschafterversammlung berechtigt ist, "sich im Einzelfall die Entscheidung bei Angelegenheiten von besonderer Bedeutung vorzubehalten". Es liegt daher auf der Hand, dass die Antragsgegnerin als einzige Gesellschafterin mithin die Geschäfte der Städtisches Klinikum xxxxxxx gGmbH wie eine eigene Dienststelle kontrolliert. Gleiches gilt auch für die Kontrolle der Antragsgegnerin über die Beigeladene, denn die Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH ist wiederum die einzige Gesellschafterin der Beigeladenen, die den streitbefangenen Auftrag im Wege der Inhouse-Vergabe erhalten soll.

Die Tätigkeit der Beigeladenen erfüllt jedoch zumindest derzeit die zweite Voraussetzung für eine ausschreibungsfreie Inhouse-Vergabe nicht. Für das sog. "Wesentlichkeitskriterium bzw. Tätigkeitskriterium" ist es nach der Rechtsprechung des EuGH ausreichend, wenn das beauftragte Unternehmen seine Tätigkeit zu 90 % für den oder die öffentlichen Träger ausübt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.04.2007, Rs. C-295/05 = VergabeR 2007, S. 487ff., 495). Insoweit kann es für die Klärung der vergaberechtlichen Frage, ob die Beigeladene ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Antragsgegnerin ausübt, dahinstehen, ob die Beigeladene durch den Betrieb von Bistros und die Erbringung von Cateringleistungen gegen § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags verstößt, wonach der Gegenstand der Gesellschaft die Reinigung von Kliniken und Gebäuden jeder Art und Gebäude-Service sowie Transportleistungen und Dienstleistungen ähnlicher Art ist. Denn für die Beurteilung, ob die für das Vorliegen eines vergaberechtsfreien Inhouse-Geschäfts erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es auf das Verhältnis zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen an, namentlich, ob die Beigeladene ihre Tätigkeiten im Wesentlichen für die Antragsgegnerin und deren Stellen erbringt. Insoweit ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht nur auf die Leistungen abzustellen, die die Beigeladene für das Klinikum xxxxxx erbringt. Zu berücksichtigen sind vielmehr ebenfalls die Leistungen, die die Beigeladene für sonstige Stellen und Einrichtungen der Antragsgegnerin erbringt. Für die Beurteilung, ob die Wesentlichkeitsgrenze in Höhe von 90 % erreicht oder gar überschritten ist, ist folglich danach zu fragen, welche Erlöse die Beigeladene ausschließlich über externe Dritte, die nicht der Antragsgegnerin zuzurechnen sind, erzielt.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass in der Zeitschrift Wirtschaft xxxxxx ein Interview mit der Geschäftsführerin der Beigeladenen abgedruckt ist, in dem diese u. a. berichtet hat, dass die Beigeladene inzwischen auch Cateringleistungen für externe Kunden außerhalb des Klinikums xxxxxx anbiete und etwa 15 % ihres Umsatzes mit der Erbringung von Reinigungsleistungen für externe Kunden erwirtschaftet. Diesbezüglich hat die mündliche Verhandlung allerdings ergeben, dass die Geschäftsführerin mit "Umsätzen für externe Kunden" auch diejenigen Umsätze meinte, die die Beigeladene für Einrichtungen außerhalb des Klinikums xxxxxx erbracht hat. Dadurch werden diese Umsätze aber noch nicht zu externen Umsätzen im Hinblick auf die ausschreibungsfreie Inhouse-Vergabe. Denn als vergaberechtlich interne Umsätze und damit als Tätigkeiten, die im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber erbracht werden, sind auch solche Umsätze zu qualifizieren, die die Beigeladene zwar nicht für das Klinikum xxxxxx erbringt, jedoch für andere Einrichtungen, die ebenfalls im Eigentum der Antragsgegnerin stehen. So liegt der Fall hier, da die Beigeladene neben den Reinigungsleistungen für das Städtische Klinikum auch Reinigungsleistungen für weitere, ausschließlich im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Einrichtungen bzw. deren Fachbereiche wie bspw. Kindertagesstätten und Schulen erbringt.

Etwas anderes gilt im Hinblick auf den von der Beigeladenen geführten Bistrobetrieb. Nach Auffassung der Kammer ist es im Hinblick auf die vergaberechtliche Fragestellung nicht entscheidungserheblich, inwieweit der Betrieb eines Bistros durch die Beigeladene vom Gesellschaftsvertrag gedeckt ist oder ob die Städtisches Klinikum xxxxxx gGmbH zur Vorhaltung eines Bistros zur Sicherstellung der Versorgung von Patienten, Besuchern und Mitarbeitern des Klinikums verpflichtet ist.

Der in § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen festgelegte Gesellschaftszweck entfaltet nach Auffassung der Kammer jedoch Indizwirkung für das Vorliegen externer Umsätze durch den Bistrobetrieb. Denn der Betrieb eines Bistros stellt keine dem Hauptzweck der Beigeladenen vergleichbare Tätigkeit ähnlicher Art dar. Hauptzweck ist die Reinigung von Kliniken und Gebäuden jeder Art sowie der Gebäude-Service. Hierunter sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einfache Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Unterhaltung der betreuten Gebäude zu verstehen. Der Betrieb eines Bistros ist demgegenüber prägend durch den Verlauf von Lebensmitteln, Getränken und sonstigen Waren zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Krankenhausgäste, wie bspw. der Verkauf von Zeitschriften und Postkarten gekennzeichnet. Hier steht also die Dienstleistung am Menschen im Vordergrund, während sich Tätigkeiten im Rahmen des Gesellschaftszweck vorrangig auf die zu betreuenden Gebäude und deren Instandhaltung beziehen. Dieser demgemäß gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehene Bistrobetrieb entfaltet daher auch Indizwirkung für das Vorliegen eines Geschäftes, mit dem die Beigeladene vergaberechtsrelevante Drittumsätze erzielt. Insoweit hat die Antragsgegnerin selbst klargestellt, dass sie mit dem Bistro ein zusätzliches Angebot an die Patienten, Besucher und Mitarbeiter des Klinikums anstrebe, mit dem auch außerhalb der Öffnungszeiten der Kantine die Versorgung mit Lebensmitteln und in Bistros und Kiosken handelsüblichen Waren gewährleistet werden solle. Dies bestätigen überdies die Ausführungen der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, wonach insbesondere die vormals eingeschränkten Öffnungszeiten durch den privaten Bistrobetreiber bis zum Jahre 2007 dazu geführt hätten, dass die Antragsgegnerin aufgrund von Beschwerden von Patienten, Gästen und Mitarbeitern mit der Beigeladenen Gespräche über die Übernahme des Bistros geführt hätte.

Bei den durch den Bistrobetrieb erzielten Umsätzen handelt es sich auch um Umsätze, die durch Geschäfte mit Dritten erzielt wurden. Hierbei ist es nach Auffassung der Vergabekammer auch unerheblich, unter welchen umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten die Erlöse aus dem Bistrobetrieb zu erfassen sind. Denn der Verkauf von Lebensmitteln und Getränken erfolgt zum einen an Patienten und Gäste und zum anderen an Mitarbeiter des Klinikums sowie externe Dienstleister wie bspw. Handwerker. Ein Innengeschäft liegt demgegenüber nur dann vor, wenn auch die Auftraggeberin die Beigeladene für ihre Leistung bezahlen würde. Dies ist aber nicht der Fall, wenn die Beigeladene wie vorliegend, das Bistro auf eigene Rechnung und auf eigenes wirtschaftliches Risiko betreibt. Sie erhält von der Antragsgegnerin für den Betrieb des Bistros kein Entgelt, sondern generiert ihren Umsatz aus dem Verkauf der angebotenen Speisen und Getränke an Privatpersonen. Diese sind Dritte im Sinne der vergaberechtlichen Inhouse-Kriterien, da sie wirtschaftlich selbständig und auch sonst unter keinem Gesichtspunkt der Auftraggeberin zuzurechnen sind.

Die Ausschreibungspflichtigkeit der streitgegenständlichen Reinigungsleistungen folgt daraus, dass die Beigeladene unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten in Konkurrenz zu privaten Anbietern wie vorliegend der Antragstellerin tritt. Denn die Bereithaltung eines Bistros im Krankenhaus gehört nach Auffassung der Vergabekammer zwar zu den wünschenswerten Einrichtungen, um den Klinikaufenthalt für Patienten und Besucher sowie für Mitarbeiter angenehmer zu machen. Der Bistrobetrieb ist aber keine Einrichtung der staatlichen Daseinsvorsorge, der den Bistrobetrieb bevorzugt durch die öffentliche Hand erforderlich machen würde. Gem. § 4 Satz 2 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) stellen die Kommunen in den Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohnerinnen und Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit. Unzweifelhaft unterfällt der Betrieb eines Krankenhauses als soziale Einrichtung einschließlich der damit zusammenhängenden Unterhaltsleistungen und die Patientenversorgung der staatlichen Daseinsvorsorge. Dies folgt verfassungsrechtlich verbürgt aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG, welches die soziale Sicherung der Staatsbürger gewährleistet. Die Vollversorgung der Patienten erfolgt durch die Klinikküche, die die Grundversorgung der Patienten mit Getränken und Lebensmitteln gewährleistet. Insoweit handelt es sich bei der Bereitstellung eines Bistros um ein Zusatzangebot, welches insbesondere auch außerhalb der Kantinenzeiten genutzt werden kann. Zwar erfasst die Beigeladene den Verkauf von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Waren an Klinikmitarbeiter nicht separat gegenüber dem Verkauf an sonstige Personen und gewährt den Klinikmitarbeitern auch keine vergünstigten Konditionen oder ähnliche Vorteile. Dies ist nach Auffassung der Vergabekammer aber nicht entscheidungserheblich, weil die Antragsgegnerin als Arbeitgeberin auch unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht verpflichtet werden könnte, ein Mitarbeiterbistro vorzuhalten, auch wenn dies im Hinblick auf die Schichtarbeit im laufenden Klinikbetrieb sicher eine wünschenswerte Einrichtung wäre. Insoweit würde auch ein überwiegend durch den Verkauf an Klinikmitarbeiter erzielter Umsatz der Eigenschaft des Drittumsatzes nicht entgegenstehen.

Überdies weist die Kammer darauf hin, dass die grundsätzlich zulässige wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben ihre Grenze in § 136 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) findet. Nach dieser Vorschrift darf die öffentliche Hand u.a. Unternehmen nur errichten, wenn und soweit der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt, das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Kommunen und zum voraussichtlichen Bedarf steht und bei einem Tätigwerden außerhalb der Energieversorgung, der Wasserversorgung, des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Betriebes von Telekommunikationsleistungsnetzen einschließlich der Telefondienstleistungen der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Der Umsetzung der letztgenannten Voraussetzung, der sog. Subsidiaritätsklausel, dient u. a. auch die Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung, deren Ziel es gem. § 97 Abs. 4 GWB ist, Aufträge an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen zu vergeben. Ob und inwieweit die Beigeladene tatsächlich in der Lage wäre, die streitgegenständlichen Reinigungsleistungen gem. § 136 Abs. 1 Nr. 3 NKomVG besser als die private Antragstellerin zu erfüllen, hatte die Kammer in diesem Nachprüfungsverfahren indes nicht zu entscheiden, denn insoweit obliegt es der Antragsgegnerin im Wege der Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung zu ermitteln, an welches Unternehmen die Auftragsvergabe für sie am wirtschaftlichsten erfolgen kann.

Denn die Auswertung der von der Beigeladenen zuletzt vorgelegten Unterlagen ihrer Buchhaltung und in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestrittenen Zahlen hat ergeben, dass die Beigeladene im Jahr 2012 insgesamt einen Innenumsatz in Höhe von xxxxxx € erzielte. Nach Berechnung der Vergabekammer ergibt sich damit unter Zugrundelegung eines Gesamtumsatzes in Höhe von xxxxxx € ein Mindestumsatz von 90 % in Höhe von xxxxxx €, den die Beigeladene im Sinne der Wesentlichkeitsrechtsprechung des EuGH mit Innenumsätzen erzielen müsste, um eine ausschreibungsfreie Vergabe an die Beigeladene zu rechtfertigen. Damit hat die Beigeladene im Jahr 2012 den für das Wesentlichkeitskriterium erforderlichen Mindestumsatz um xxxxxx € verfehlt. Zum gleichen Ergebnis gelangt die Kammer bei der Auswertung der Debitoren-Umsätze für den Zeitraum Januar bis September 2013. Hier erzielte die Beigeladene bei einem Gesamtumsatz in Höhe von xxxxxx € einen Innenumsatz in Höhe von xxxxxx €. Die für das Wesentlichkeitskriterium erforderliche Umsatzhöhe liegt demgegenüber bei xxxxxx €. Somit hat die Beigeladene den erforderlichen Mindestumsatz mit Innen-Geschäften um xxxxxx € verfehlt.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Cateringleistungen gilt nach den oben aufgezeigten Maßstäben Entsprechendes. Soweit die Beigeladene die Catering-Leistungen für die Antragsgegnerin oder deren Einrichtungen erbringt, sind diese als Innenumsätze im Hinblick auf das vergaberechtsfreie Inhouse-Geschäft zu qualifizieren. Erbringt die Beigeladene demgegenüber Cateringleistungen für Personen oder Unternehmen, die in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unabhängig von der Antragsgegnerin sind, so handelt es sich um Außenumsätze, die nach der Wesentlichkeitsrechtsprechung des EuGH für eine ausschreibungsfreie Inhouse-Vergabe die 10 %-Grenze nicht überschreiten dürfen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Wesentlichkeitsgrenze bereits durch den Umsatz durch den Bistrobetrieb überschritten ist, so dass die durch die Cateringleistungen erzielten konkreten Umsatzzahlen im vorliegenden Fall dahinstehen können.

Die Antragstellerin ist gem. § 107 Abs. 1 und 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin in einem potentiellen Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin die Reinigungsleistungen ausschließlich im Wege der öffentlichen Ausschreibung zu vergeben hat. Die Antragstellerin hat auch ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, sie sei ein mittelständisches Gebäudereinigungsunternehmen und würde sich im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung um den Auftrag bewerben. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Antragstellerin eine Chance auf den Erhalt des Auftrags gehabt hätte, wenn die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Reinigungsleistungen öffentlich ausgeschrieben hätte. Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet und darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2006 - X ZB 14/06). Dies zugrunde gelegt, hat die Antragstellerin ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, in dem sie vorträgt, dass sie bei aus ihrer Sicht gebotenen Fortführung des Vergabeverfahrens und damit bei Berücksichtigung ihres eigenen Angebotes eine Chance auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, weil die Antragsgegnerin auch die Wertung der Angebote fehlerhaft vorgenommen habe. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformen Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999 - Az.: Verg 1/99).

Der vorliegende Nachprüfungsantrag ist auch nicht etwa unzulässig, weil die Antragstellerin nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB die beabsichtigte Direktvergabe unverzüglich nach Kenntnisnahme gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hat. Kenntnis von der beabsichtigten Auftragsvergabe an die Beigeladene erhielt die Antragstellerin frühestens durch ein von der Antragsgegnerin an die Landesinnung des Gebäudereiniger-Handwerks Niedersachsen gerichtetes Schreiben vom 23.08.2013, das der Landesinnung am 02.09.2013 zuging. In diesem Schreiben bestätigt die Antragsgegnerin, dass der Verwaltungsausschuss als zuständiges Kommunalverfassungsorgan den Beschluss gefasst habe, der Beigeladenen die Reinigung von etwa 20.000.000 m2 Reinigungsfläche zu übertragen.

Unter dem 19.09.2013 schrieb der jetzige Bevollmächtigte der Antragstellerin die Antragsgegnerin an und forderte von dieser im Hinblick auf die beabsichtigte Inhouse-Vergabe für die Landesinnung des Gebäudereiniger-Handwerks Niedersachsen detaillierte Informationen u. a. über die Gesellschaftsverhältnisse bei der Beigeladenen. Es ist im Ergebnis unschädlich, dass dieses Schreiben an die Antragsgegnerin zum einen nicht die Anforderungen an ein Rügeschreiben erfüllt und sich die Antragstellerin zum anderen die Rüge auch nicht fristwahrend zu eigen machen könnte, da der Verfahrensbevollmächtigte seinerzeit ausdrücklich nicht unter Wahrnehmung der Interessen der Antragstellerin als seiner Mandantin handelte, sondern als Bevollmächtigter der Landesinnung.

Gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB entfällt die Rügepflicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB. In der Rechtsprechung war bereits vor Einführung des § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB anerkannt, dass das Nachprüfungsverfahren auch mit dem Ziel beantragt werden kann, die Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens zu erreichen (EuGH, Urt. v. 11.01.2005 = VergabeR 2005, 44; BGH, Beschl. v. 01.02.2005 = VergabeR 2005, 328). Die Unwirksamkeit kann jedoch gem. § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB nur innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes geltend gemacht werden (vgl. König in Kulartz/Kus/Portz, 2. Aufl., § 101b GWB, Rn. 6). Diese Frist hat die Antragstellerin eingehalten, indem sie unter dem 30.09.2013 einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, der bei der Vergabekammer am 02.10.2013 eingegangen ist.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet, da die Antragstellerin den streitgegenständlichen Dienstleistungsauftrag entgegen §§ 97 Abs. 1, 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB nicht im Wege eines europaweiten Vergabeverfahrens ausgeschrieben hat, weil die Voraussetzungen für ein ausschreibungsfreies Inhouse-Geschäft nach den vorstehenden Gründen nicht vorlagen. Dies verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB.

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragsgegnerin eine direkte Vergabe des streitgegenständlichen Auftrages an die Beigeladene beabsichtigt, obwohl diese nach den Feststellungen der Vergabekammer zumindest aktuell aufgrund der erzielten Drittumsätze nicht alle vom EuGH aufgestellten Vorraussetzungen für eine vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe erfüllt, war der Antragsgegnerin diese Direktvergabe zu untersagen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 €, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Von den Verfahrensbeteiligten wurde kein konkreter Auftragswert genannt. Aus der Begründung zum Beschlussvorschlag über die Vergabe von Leistungen zur Unterhaltsreinigung als Inhouse-Geschäft an die Klinikum xxxxxx Klinikdienste GmbH vom 30.07.2013 ergibt sich ein Auftragswert in Höhe von xxxxxx € brutto. Auf die Ausschreibung dieses öffentlich-rechtlichen Auftragsvolumens richtet sich der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Bei einem Auftragswert von xxxxxx € ergibt sich nach der Gebührentabelle des Bundeskartellamtes die regelmäßige Gebühr in Höhe von xxxxxx €.

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten für Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin erfolgreich war.

Die Beigeladene hat in diesem Verfahren keine eigenen Anträge gestellt. Sie ist daher an der Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin nicht zu beteiligen.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

IV. Rechtsbehelf

Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.

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Gause
Nierychlo
Schulte