Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 01.06.2022, Az.: 10 A 4055/21
Umbenennung der Hindenburgstraße; Anwohner; Hindenburg; Umbenennung von Straßen
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 01.06.2022
- Aktenzeichen
- 10 A 4055/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 57558
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
In der Verwaltungsrechtssache
1. Frau A. und Herr Dr. C.,
A-Straße, Z.
2. Frau E.,
E-Straße, A-Stadt
3. Frau Dr. E.,
G-Straße, A-Stadt
4. E.
5. Dr. E.
6. E. Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH & Co. KG
vetr. d. d. E. Beteiligungs-GmbH
7. O.
8. Q.
,
I-Straße, Z.
9. Rechtsanwälte S.,
S-Straße, Z.
10. Frau U.,
U-Straße, Z.
11. Rechtsanwalt W.,
B-Straße, Z.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
zu 1-11: Rechtsanwältin B.,
B-Straße, Z. - -
gegen
Landeshauptstadt A-Stadt
,
Y-Straße, A-Stadt - -
- Beklagte -
wegen Umbenennung der Hindenburgstraße
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 10. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2022 durch die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Reccius, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lodzig, die Richterin am Verwaltungsgericht Gogolin sowie die ehrenamtlichen Richter Rinker und Scharninghausen für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Umbenennung der im Zooviertel in A-Stadt gelegenen Hindenburgstraße in Loebensteinstraße.
Die Kläger zu 1. bis 3. sind Eigentümer von Grundstücken in der Hindenburgstraße, die Kläger zu 1. und 3. bis 11. sind dort geschäftlich ansässig.
Mit Beschluss vom 20. August 2018 entschied der Stadtbezirksrat A-Stadt Mitte, ein Verfahren zur Umbenennung der Hindenburgstraße einzuleiten (Antrag Nr. 15-1464/2018 und Protokoll des Beschlusses). Im Verfahren verwies der Stadtbezirksrat auf den Beirat der Beklagten, der aus Personen der Stadtgesellschaft besteht, und dessen Abschlussbericht zum Projekt "Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten" vom September 2018 (GA S. 81 ff.). In diesem wird die Umbenennung u.a. der Hindenburgstraße aufgrund der dargelegten Verstrickungen Paul von Hindenburgs mit dem NS-Regime empfohlen. Das Projekt des Beirats wurde im Auftrag des Rates durch den Verwaltungsausschuss 2013 beschlossen. Der Beirat betrachtete 493 Straßen, erstellte 70 Gutachten zu auffälligen Persönlichkeiten und sprach sich für 17 Umbenennungen aus.
Mit Beschluss vom 25. März 2019 leitete der Stadtbezirksrat A-Stadt Mitte ein Beteiligungsverfahren der Bürger durch Abgabe von Namensvorschlägen und Anhörung der betroffenen Eigentümer und Mieter ein (Antrag Nr. 15-0948/2019 nebst Protokoll).
Mit Schreiben vom 30. April 2019 wurden die Anwohner über die Einleitung des Umbenennungsverfahren informiert und zur Abgabe von Namensvorschlägen aufgefordert. Daneben gab es eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Namensvorschlägen. Es wurden verschiedene Namen und auch die Beibehaltung des Namens vorgeschlagen.
Mit Beschluss vom 9. November 2020 beschloss der Stadtbezirksrat A-Stadt Mitte die Anhörung der Anlieger zur Umbenennung (Drucksache Nr. 15-1514/2020 N1 nebst Abstimmungsprotokoll). In der Sitzung vom gleichen Tag beschloss der Stadtbezirksrat A-Stadt Mitte, das Umbenennungsverfahren mit dem Namen Loebensteinstraße fortzuführen (Drucksache Nr. 15-1514/2020). Zum Hintergrund führte der Stadtbezirksrat Mitte aus: Die designierte Namensgeberin der Straße Lotte-Lore Loebenstein wurde am 25. Juli 1932 in A-Stadt geboren und lebte zuletzt vor ihrer Flucht in der Hindenburgstraße 34. Die Familie flüchtete vor dem Naziregime nach Amsterdam. Aus den besetzten Niederlanden wurde die Familie im Mai 1943 nach Sobibor deportiert und dort ermordet. Sie wurde nur zehn Jahre alt.
Mit Schreiben vom 13. November 2020 wurden die Anwohner, Eigentümer und Mieter der Hindenburgstraße zur beabsichtigten Umbenennung von Hindenburgstraße in Loebensteinstraße angehört. Etwa 33 Prozent der Anlieger äußerten sich; die Mehrheit von ihnen sprach sich gegen die Umbenennung aus.
Mit verschiedenen Schreiben äußerten sich die Kläger gegen die Umbenennung der Hindenburgstraße. Sie machten insbesondere geltend, dass die Beklagte ihre eigene Umbenennungsrichtlinie missachte. Deren Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Person Paul von Hindenburgs sei zwar umstritten; schwerwiegende persönliche Handlungen oder die aktive Mitwirkung an einem Unrechtssystem könnten ihm aber nicht zugeschrieben werden. Zum Beweis verwiesen sie auf die von Ihnen in Auftrag gegebene "Gutachterliche Stellungnahme zum Abschlussbericht des Beirats" der Beklagten aus September 2018 (GA, S. 59ff). Zudem seien die Belastungen, die für die geschäftsansässigen Anwohner mit der Umbenennung einhergingen, erheblich. Es entstünden erhebliche Kosten für neue Briefbögen, Stempel, Schilder und die Umstellung des gesamten Onlineangebotes. Darüber hinaus müssten zahlreiche Stellen benachrichtigt werden. Sollte eine Stelle vergessen werden, drohten empfindliche Schäden. Dem Andenken an Lotte-Lore Loebenstein wäre zudem mit der Verknüpfung an die Diskussion über die Umbenennung der Hindenburgstraße nicht geholfen, es schade ihm vielmehr. Eine Erinnerung könnte auch auf weniger umstrittene Weise erreicht werden. Die Umbenennung ließe lediglich die Rolle Hindenburgs vergessen, statt über ihn aufzuklären.
Mit Beschluss vom 22. März 2021 votierte der Stadtbezirksrat Mitte mehrheitlich für die Umbenennung der streitgegenständlichen Straße in Loebensteinstraße (Drucksache Nr. 15-0265/2021 nebst Abstimmungsprotokoll).
Mit gleichlautenden Schreiben vom 10. Mai 2021 teilte die Beklagte den Klägern jeweils mit, dass die Bezeichnung ihres Grundstücks Hindenburgstraße in Loebensteinstraße geändert werde. Die Umsetzung der Umbenennung erfolge nach Rechtskraft des Bescheides. Dann beginne auch die einjährige Übergangsfrist. Während der Übergangsfrist blieben der alte und der neue Straßenname parallel nebeneinander bestehen. Dies ermögliche einen sukzessiven Wechsel der Adresse, sodass Verbrauchsmaterialien wie Briefbögen oder Werbeartikel zunächst aufgebraucht und Onlinepräsentationen im Rahmen üblicher Aktualisierungen angepasst werden könnten. Die Bürgerämter würden für die durch die Umbenennung erforderlich werdenden Änderungen innerhalb des Übergangsjahres keine Gebühren erheben. Dienststellen und Behörden würden durch sie informiert. Hier entstünden keine Kosten. Zur Begründung der Umbenennung führte die Beklagte aus: Bereits am 20. August 2018 habe sich der Stadtbezirksrat Mitte für die Einleitung des Verfahrens zur Umbenennung der Hindenburgstraße ausgesprochen. Nach einer Bürgerbeteiligung seien von den Fraktionen des Stadtbezirksrats die Namen Loebensteinstraße und Zooallee ausgewählt, aber auch die Beibehaltung des Straßennamens in das Verfahren eingebracht worden. In der Sitzung vom 9. November 2020 habe sich das Gremium mehrheitlich für die Weiterführung des Umbenennungsverfahrens mit Lotte-Lore Loebenstein entschieden. Sie stehe exemplarisch für die Menschen, die unter dem nationalsozialistischen Regime gelitten hätten und dessen Opfer geworden seien. Zu dieser Personengruppe zählten auch zahlreiche Kinder, deren Schicksale durch eine Würdigung im öffentlichen Raum im Vergleich zu anderen NS-Opfern verhältnismäßig wenig präsent seien. Der besondere Bezugspunkt ergebe sich durch die letzte Adresse der Familie vor der Flucht. Die Anwohner seien mit Schreiben vom 13. November 2020 über die beabsichtigte Umbenennung informiert und angehört worden. Die geäußerten Stellungnahmen seien überwiegend gegen eine Umbenennung gewesen. Trotzdem habe der Stadtbezirksrat Mitte die Umbenennung mehrheitlich beschlossen. Die durch die Umbenennung entstehenden Kosten seien mit denen eines privaten Umzugs vergleichbar. Durch die Maßnahmen während der Übergangsphase würden diese allerdings reduziert. Eine Kostenbeteiligung lasse sich leider nicht vollkommen vermeiden. Die Kosten würden jedoch auf ein zumutbares Maß verringert. Grund für die Namensänderung sei zunächst die Empfehlung des städtischen Beirats des Projekts "Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten" gewesen. Von 493 betrachteten Straßennamen sei lediglich für 17 eine Umbenennungsempfehlung ausgesprochen worden. Bereits dieses Verhältnis mache deutlich, dass solche Empfehlungen umfassend abgewogen und keineswegs leichtfertig ausgesprochen würden. Neue Erkenntnisse seien durch die Anwohner nicht eingebracht worden. Auch vermeintlich entlastende Handlungen Hindenburgs seien berücksichtigt worden. Grundstücksbezeichnungen dienten zunächst der Ordnungsfunktion und seien darüber hinaus auch historische Quellen, mit denen eine Ehrung der Namensgeber verbunden sei. Allein durch die begrenzte Anzahl der für eine Benennung zur Verfügung stehenden Örtlichkeiten sei mit einem Straßennamen eine besondere, dauerhafte Würdigung der Person verbunden. Diese Würdigung hielten sowohl der Stadtbezirksrat Mitte als auch der städtische Beirat für die Person Paul von Hindenburgs in der heutigen Zeit für nicht mehr angemessen. Er identifiziere sich nicht mit dessen politischen Handlungen. Der Stadtbezirksrat Mitte möchte sich daher öffentlich erkennbar von ihm als Namensgeber abwenden. Dies könne nur mit dem Wegfall des Straßennamens gelingen. Dieses Verlangen wiege schwerer als die Bedeutung des Straßennamens als historische Quelle und werde nicht mit einer Informationstafel erreicht. Zudem könne eine vollzogene Umbenennung auch ein Anlass sein, sich intensiver mit der Peron auseinanderzusetzen. Um dieses Interesse zu fördern, werde die Benennungshistorie der einzelnen Straßen auf https://www.hannover-gis.de dokumentiert. Die geäußerte Vermutung, dass die Umbenennung weitere Verfahren nach sich ziehe, könne nie ausgeschlossen werden. Auch in anderen Städten sei es zu Umbenennungen von Hindenburgstraßen gekommen.
Am 4. Juni 2021 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, dass die Umbenennung rechtswidrig sei und die Kläger in ihren Rechten verletze. Die Umbenennung sei bereits formell rechtswidrig. Die Annahme der Kompetenz des Stadtbezirksrats für eine so weitreichende Entscheidung zu Lasten der Anwohner sei nicht mit der Wesentlichkeitstheorie vereinbar. Die Anwohner hätten sich diese Adresse auch aufgrund der damit verbundenen Identifikation und der Zuordnung zu einem bestimmten Stadtteil ausgewählt. In ihre Grundrechte werde durch eine solche Maßnahme massiv eingegriffen. Zudem sei die Umbenennung auch materiell rechtswidrig. Die Beklagte habe bereits die Voraussetzungen ihrer eigenen Verwaltungsvorschrift, der Umbenennungsrichtlinie, missachtet. Da auch der Stadtbezirksrat Organ der Beklagten sei, sei er an die Umbenennungsrichtlinie der Beklagten gebunden. Eine Auseinandersetzung mit der von ihnen eingebrachten gutachterlichen Stellungnahme finde im Bescheid nicht statt. Zudem sei die Umbenennung ermessensfehlerhaft erfolgt. Die Straße "Zur Hindenburgschleuse" bleibe im Stadtgebiet der Beklagten ohne Umbenennung. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und den Grundsatz der Einheitlichkeit der Verwaltung. Das von der Beklagten angeführte Argument eines einheitlichen Umgangs mit Straßennamensänderungen werde konterkariert. Die Belange der Kläger seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Kosten, die im eigenen Geschäfts- bzw. Privatbereich mit ggfls. Briefköpfen, Dokumenten u.a. anfielen, seien nicht berücksichtigt worden. Der Vergleich mit einem Umzug und der Hinweis, dass diese Kosten nicht völlig vermeidbar seien, stellten keine sachgerechte Interessenberücksichtigung dar. Ihnen werde durch die Umbenennung ein Sonderopfer abverlangt. Die anfallenden Kosten seien nicht unerheblich und erreichten ohne Weiteres vierstellige Beträge. Die Beklagte habe die hohen Kosten gewerblicher Anwohner gar nicht erst berücksichtigt, sondern sei einzig von privaten Anwohnern ausgegangen. Dies bedürfte einer normativen Regelung bzw. zumindest einer Entschädigung für die teilweise außerordentlich hohen Kosten der Anwohner. Der Kläger zu 1. publiziere zudem seit dem Jahr 2003 weltweit unter seiner Adresse. Eine schlichte Änderung seiner Papers sei gar nicht möglich. Diese öffentlichkeitswirksame Tätigkeit und die daraus entstehenden Folgen sowie die ideelle Bedeutung hätte die Beklagte gar nicht beachtet. Insbesondere sei seine Reputation gefährdet, wenn die Adresse nicht mehr auffindbar sei. Weiterhin habe die Beklagte das Meinungsbild der Kläger und der anderen Anwohner, die sich mehrheitlich für die Beibehaltung des Straßennamens ausgesprochen hätten, nicht angemessen bedacht. Die Anwohner hätten sich zudem bei Demonstrationen und durch Unterschriftensammlungen gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Dies habe die Beklagte nicht berücksichtigt. Dabei habe der Stadtbezirksrat die Interessen der Einwohner zu vertreten, § 93 Abs. 1 Satz 1 NKomVG. Den Interessen des Stadtteils sei mit einem Handeln gegen die Anwohner nicht gedient. Ihr Recht am Bestand sei höher zu gewichten als das Interesse der Bürgervertretung, deren Mitglieder allesamt nicht in der Hindenburgstraße ansässig seien. Die Anwohner hätten mit der Namensänderung nicht rechnen müssen und könnten daher in ihren Bestand vertrauen.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 10. Mai 2021, gleichlautend gegenüber allen Klägern erlassen, aufzuheben und den bisherigen Straßennamen Hindenburgstraße beizubehalten und die Umbenennung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor: Die Umbenennung sei formell und materiell rechtmäßig erfolgt. Der Stadtbezirksrat Mitte sei für die Umbenennung nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz zuständig gewesen. Eine Begründung für die Unwirksamkeit des NKomVG werde nicht beigebracht. Eine Letztentscheidungskompetenz der Stadtverwaltung gebe es nicht. Die Verwaltungsrichtlinie "Grundsätze für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen" entfalte vorliegend keine Selbstbindungswirkung. Die Grundsätze seien vom Rat der Beklagten in dessen Funktion als kommunales Hauptorgan beschlossen worden. Sie würden daher nur den Rat, nicht jedoch die Stadtbezirksräte binden. Auch der Rat habe - trotz seiner Richtlinienkompetenz nach § 58 Abs. 1 Nr. 2 NKomVG - die ausschließliche Zuständigkeit anderer kommunaler Organe zu beachten. Die Gesetzänderung im Jahr 2011, die die Zuständigkeit der Stadtbezirksräte für Umbenennungen eingeführt habe, habe dazu geführt, dass diese Anwendungsfälle aus dem Anwendungsbereich der Umbenennungsrichtlinie herausgefallen seien. Eigene Richtlinien hätten die Stadtbezirksräte sich bisher nicht gegeben. Ob die Voraussetzungen der Umbenennungsrichtlinie der Beklagten vorlägen, sei daher unerheblich. Von ihrem Ermessen habe sie Gebrauch gemacht. Die Umbenennung der streitgegenständlichen Straße liege innerhalb ihres weiten Ermessensspielraums. Sie erfolge nicht willkürlich, sondern auf Grund nachvollziehbarer Überlegungen zu der historischen Rolle Paul von Hindenburgs. Diese Überlegungen würden durch die Erkenntnisse des Beirats gestützt. Es werde nicht verkannt, dass die Bewertung der historischen Rolle Paul von Hindenburgs umstritten sei. Im Rahmen ihres ihr zustehenden weiten Ermessens sei für die Umbenennung aber nicht erforderlich, ein eindeutiges Stimmungsbild vorzuweisen. Vielmehr könne der Stadtbezirksrat sich von seiner Bewertung leiten lassen, so sie nicht willkürlich sei. Der Stadtbezirksrat sei auch nicht verpflichtet, dem Meinungsbild einer Umfrage unter den Anwohnern zu folgen. Die Kompetenz liege ausdrücklich beim Stadtbezirksrat. Die Umbenennung sei auch verhältnismäßig. Typische Kosten einer Umbenennung seien für die Anwohner zumutbar. Diese würden durch die einjährige Übergangszeit abgefedert. Eine willkürliche und häufige Änderung von Straßennamen erfolge nicht. Die Interessen der Anwohner habe sie berücksichtigt. Auch die Publikationstätigkeit des Klägers zu 1. führe zur keiner anderen Bewertung. Es werde ihm weder verwehrt, unter der neuen Anschrift zu publizieren, noch verlören die bisherigen Veröffentlichungen ihren Wert. Dass seine wissenschaftliche Reputation durch die Umbenennung verloren gehe, könne nicht nachvollzogen werden. Unerheblich sei, dass die Straße "Zur Hindenburgschleuse" in A-Stadt Anderten nicht umbenannt werde. Hieraus erwachse für die Kläger kein unmittelbarer Nachteil. Die Umbenennung könne nur der zuständige Stadtbezirksrat beschließen. Der Stadtbezirksrat Anderten sei aber an die Meinungsbildung im Stadtbezirk Mitte nicht gebunden, sondern eigenständig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Statthafte Klageart ist vorliegend die Anfechtungsklage. Die Umbenennung einer Straße ist ein dinglicher Verwaltungsakt in der Gestalt einer Allgemeinverfügung (VG Hannover, Urteil vom 3.3.2011 - 10 A 6277/09 -, juris, Rn. 23; Blum in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen - NKomVG, Stand: Mai 2017, § 58 Rn. 70). Der angefochtene Beschluss des Stadtbezirksrats Mitte der Beklagten vom 22. März 2021 enthält die erforderliche Regelung mit Außenwirkung und ist damit bereits Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage. Eines besonderen Vollziehungsakts bedarf es nicht. Die für das Wirksamwerden erforderliche Bekanntgabe nach § 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 43 Abs. 1 VwVfG ist durch die Unterrichtung der Kläger über die neue Bezeichnung in den Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 2021 erfolgt.
Die Kläger sind auch klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Dem steht nicht entgegen, dass die Benennung oder Umbenennung einer Straße als adressatloser dinglicher Verwaltungsakt in Bezug auf die Anwohner in erster Linie tatsächliche und nur mittelbar rechtliche Wirkung entfaltet. Denn die Gemeinde hat bei der Entscheidung über die Straßenbenennung die individuellen Interessen der von dieser Maßnahme betroffenen Grundstückseigentümer und Anwohner zu berücksichtigen. Insoweit haben die Anwohner ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung des Inhalts, dass die Gemeinde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die für die Umbenennung sprechenden Gründe gegen das Interesse der Anwohner an der Beibehaltung des bisherigen Straßennamens abzuwägen hat (u.a. VG Hannnover, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., juris, Rn. 23; Nds. OVG, Urteil vom 24.6.1975 - 2 OVG A 72/72 -, n.V.; Urteile der Kammer vom 1.11.1993 - 10 A 3675/93 -, n.v., S. 6 des Umdrucks; vom 21.5.2001 - 10 A 5816/00 -, n.v., S. 4 des Umdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.10.2007 - 15 B 1517/07 -, NVwZ-RR 2008, 487, 488; BayVGH, Urteil vom 16.5.1995 - 8 B 94/2062 -, NVwZ-RR 1996, 344 f. [VGH Bayern 22.12.1995 - 4 C 2906/95]; Blum in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen - NKomVG, Stand: Mai 2017, § 58 Rn. 70).
2. In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Der Umbenennungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a. Der Umbenennungsbeschluss ist formell rechtmäßig. Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat mit dem Stadtbezirksrat Mitte der Beklagten das zuständige Organ gehandelt. Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NKomVG ist der Stadtbezirksrat Mitte für die Umbenennung zuständig. Danach entscheidet der Stadtbezirksrat unter Beachtung der Belange der gesamten Gemeinde über die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen, die ausschließlich in der Ortschaft oder dem Stadtbezirk gelegen sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Hindenburgstraße liegt ausschließlich im Stadtbezirk Mitte, so dass die Zuständigkeit für die Umbenennung dort verortet ist. Die Vorschrift stellt ausschließlich auf die Lage der zu benennenden Straße ab; auf eine übergeordnete Bedeutung der Straße oder der namensgebenden Persönlichkeit zielt die Zuständigkeitsregelung nicht ab (Thiele, in NKomVG, 2. Aufl. 2017, § 93 Rn. 7). Gründe, die für eine Verfassungswidrigkeit der Norm sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
b. Der Umbenennungsbeschluss ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Eine spezialgesetzliche Regelung für die Benennung und Umbenennung von gemeindlichen Straßen existiert in Niedersachsen nicht. Den Gemeinden obliegt diese Aufgabe aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 Abs. 1, 3 Nds. Verf., § 1 NKomVG. Bei der Entscheidung über das Ob und Wie einer Straßenbe- und -umbenennung steht der Gemeinde eine weitgehende, auf diesem Selbstverwaltungsrecht beruhende Gestaltungsfreiheit zu, die lediglich durch den Zweck der Aufgabenzuweisung und durch die aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie besonderen gesetzlichen Bestimmungen folgenden Grenzen jeder Verwaltungstätigkeit beschränkt wird. Zweck der Benennung ist es in erster Linie, im Verkehr der Bürger untereinander sowie zwischen Bürgern und Behörden das Auffinden von Wohngebäuden, Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Amtsgebäuden zu ermöglichen oder zu erleichtern. Neben dieser im Vordergrund stehenden Ordnungs- und Erschließungsfunktion können auch die Pflege örtlicher Traditionen und die Ehrung verdienter Bürger legitime Zwecke der Straßenbenennung sein (statt vieler: Bay. VGH, Urt. v. 02.03.2010 - 8 BV 08.3320 - juris; OVG NW, Beschl. v. 29.10.2007 - 15 B 1517/07 - a.a.O.). Die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Straßennamen findet dabei im genuin politischen Raum statt; die Wahl eines Straßennamens ist jedenfalls dann, wenn eine Straße nach einer Person oder einem Ereignis benannt wird, ein Akt der politischen Identitätsstiftung. In diesem Sinne sind Straßen Erinnerungsorte für die politische Gemeinschaft einer Gemeinde. Das gilt auch für die Entscheidung, eine Straße umzubenennen, da hier ein Name aus dem kollektiven Bewusstsein der politischen Gemeinschaft ausgeschieden wird. Das kollektive Vergessen ist nicht weniger politisch als das kollektive Erinnern (VG Hannover, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., juris, Rn. 26). Soweit eine Rücksichtnahme auf Belange der gesamten Gemeinde im Rahmen der Umbenennung verlangt wird, ist damit v.a. die Vermeidung von Doppelbenennungen aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen zu verstehen (Smollich in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen - NKomVG, Stand: Januar 2018, § 93 Rn. 9).
Die vom Stadtbezirksrat Mitte der Beklagten vorgenommene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Dem anerkennenswerten Interesse an der Umbenennung der Hindenburgstraße stehen gegenläufige geschützte Interessen der Kläger nicht entgegen. Die Gemeinde hat die adressenbezogenen Belange der Anlieger in ihre Erwägungen eingestellt. Der neue Straßenname ermöglicht die Identifizierung der Wohn- und Geschäftsanschriften der Kläger und entspricht unbestritten damit der Ordnungsfunktion der Straßennamensgebung. Eine Doppelbenennung ist nicht gegeben. Der Stadtbezirksrat Mitte hat zudem bei der Umbenennung das im Rahmen einer Anwohnerbefragung vorgebrachte (adressenbezogene) Interesse der Anwohner an der Beibehaltung des bisherigen Namens in seine Erwägungen eingestellt und sachgerecht bewertet. Dabei ist zu beachten, dass die Anwohner kein darüberhinausgehendes Recht auf Beibehaltung eines bestimmten Straßennamens haben. Der Rat ist vielmehr unter rechtlichen Gesichtspunkten frei, Straßennamen z.B. zu Ehren verdienter Bürger und zur Pflege örtlicher Traditionen zu verleihen oder zu ändern, wobei das Willkürverbot als Grenze zu beachten ist. Ebenso wenig ist der Rat an das Ergebnis einer Bürgerbefragung gebunden (vgl. u.a. Nds. OVG, Beschluss vom 13.1.2011, - 10 LA 158/10 -, juris).
Die von den Klägern vorgebrachten Belastungen - Unklarheiten und Benachteiligungen bei der Zustellung von Post und der Führung amtlicher Akten sowie die erheblichen Kosten für die Anwohner - hat die Beklagte in ihre Ermessensentscheidung einbezogen. Sie hat Vorkehrungen zur Verminderung der Belastungen getroffen. So erheben die Bürgerämter für die durch die Umbenennung erforderlich werdenden Änderungen innerhalb eines Übergangsjahres keine Gebühren. Dienststellen und Behörden werden durch sie informiert, wodurch Kosten minimiert werden. Zudem bestehen innerhalb einer einjährigen Übergangsfrist beide Straßennamen nebeneinander, so dass Verbrauchsmaterialien aufgebraucht und Onlinepräsentationen im Rahmen regelmäßiger Aktualisierungen angepasst werden können. Die darüberhinausgehenden Kosten hat die Beklagte berücksichtigt und als hinnehmbar bewertet. Die Beklagte hat zudem auch die Kosten der gewerblichen Anlieger in ihre Ermessenserwägungen einbezogen. Dies folgt bereits daraus, dass die aufgeführten Werbematerialien, Onlinepräsentationen und andere Verbrauchsmaterialien, wie Visitenkarten und Briefköpfe, üblicherweise nur für gewerbliche Anlieger relevant sind. Im Übrigen sind die Kosten auch nicht unverhältnismäßig, weil die Hindenburgstraße seit 1916 ihren Namen trägt und daher die Kläger bislang noch nicht mit Umstellungskosten belastet worden sind.
Auch der Vortrag des Klägers zu 1., dass er seine Adresse für Publikationstätigkeiten nutze und durch eine Umbenennung seine Reputation verloren gehe, stellt keinen Ermessensfehler dar. Die Beklagte hat diesen Aspekt - spätestens in ihrer Klageerwiderung - hinreichend in ihren Ermessenserwägungen berücksichtigt. Der Kläger zu 1. hat keinen Anspruch darauf, dass sein Interesse an der Beibehaltung einer unveränderten Adressbezeichnung im Rahmen einer Straßenumbenennung absoluten Vorrang hat. Es gibt weder einen Bestandschutz noch ein Eigentumsrecht an einem Straßennamen. Zudem ist ein solch absoluter Reputationsverlust bisher lediglich Spekulation und auch kaum vorstellbar, insbesondere da auch ein privater Umzug, ein Wechsel der Forschungsinstitution bei aktiven Professoren oder - wie vorliegend - Straßenumbenennungen zu einer veränderten Adressbezeichnung führen können. Es steht dem Kläger zu 1. außerdem frei, auf diesen Umstand zukünftig auf seinen Papers oder im Internet hinzuweisen.
Darüber hinaus hat sich die Beklagte in der Ausübung ihres weiten Gestaltungsspielraums selbst auch nicht durch die "Grundsätze und Verfahren für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen" (im Folgenden: Grundsätze) beschränkt (Ratsbeschluss v. 11.05.1978 DsNr. 427/1978, v. 19.10.1989 DsNr. 1320/1989, v. 09.12.1999 DsNr. 2810/99, v. 17.09.2009 DsNr. 1248/2009). Nach Ziffer 3 dieser Grundsätze sollen Umbenennungen nur erfolgen (3.1) zur Beseitigung irreführender Bezeichnungen (gleich oder ähnlich lautender Straßennamen); (3.2) zur einwandfreien Orientierung und Zielfindung (vor allem bei Noteinsätzen) nach wesentlichen baulichen Veränderungen, die zur örtlich erheblichen Trennung bisheriger Zusammenhänge führen (Trennung durch übergeordnete Straßen mit massiv trennendem Ausbau, durch Marktbereiche, Fußgängerzonen etc., Änderung der Straßenführung u.ä.) oder (3.3) wenn eine Benennung einer Persönlichkeit im Nachhinein Bedenken auslöst, weil diese Person Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verfassung, der Menschenrechte bzw. einzelner für die Gesamtrechtsordnung wesentlicher Gesetze steht. Zusätzlich zu diesen Bedenken gegen die mit der Person verknüpften Ziele und Wertvorstellungen müssen der durch die Benennung geehrten Person schwerwiegende persönliche Handlungen (Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rassismus, Kriegsverbrechen u.a.m.) oder die aktive Mitwirkung in einem Unrechtssystem zuzuschreiben sein. Es kann offenbleiben, ob hinsichtlich der Person Paul von Hindenburg tatsächlich die Voraussetzungen nach Ziffer 3.3 der Grundsätze erfüllt sind. Denn die Grundsätze gelten nur für den Rat der Beklagten im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung über Art. 3 Abs. 1 GG, nicht aber für die zwischenzeitlich zuständigen Stadtbezirksräte. Auch die Richtlinienkompetenz des Rates nach § 58 Abs. 1 Nr. 2 NKomVG ermächtigt diesen nicht, verbindliche Grundsätze im Rahmen von Straßenumbenennungen für die Stadtbezirksräte aufzustellen. Ansonsten könnte der Rat der Beklagten auf diesem Weg die Zuständigkeitsregelungen nach dem NKomVG unterlaufen. Der zuständige Stadtbezirksrat Mitte hat die besagten Grundsätze auch nicht für anwendbar erklärt oder für sich zum Maßstab gemacht. Anders als die Kläger vortragen, hat der Stadtbezirksrat diese Grundsätze sich nicht zu Eigen gemacht. Er hat in seinen Schreiben vom 10. Mai 2021 gegenüber den Klägern lediglich darauf verwiesen, dass "Begründung für die Namensänderung [...] zunächst die Empfehlung des städtischen Beirats des Projekts Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten, die Hindenburgstraße umzubenennen," gewesen sei. Damit hat er keine Selbstbindung an die Grundsätze, auf denen die Empfehlung des städtischen Beirats zwar beruht, begründet, sondern lediglich den (wohl notwendigen) Anlass der Umbenennung benannt. Auch der Rat der Beklagten hat klargestellt, dass die Grundsätze lediglich ihn selbst, nicht aber die zuständigen Stadtbezirksräte binden (vgl. Landeshauptstadt A-Stadt, Wissenswertes rund um die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen - Eine Information für politische Entscheidungsträger der Landeshauptstadt A-Stadt, Anlage 6 der Beklagten, GA S. 172 - 182).
Es stellt auch keinen Ermessensfehler dar, wenn die Beklagte nicht schon in der Vergangenheit die Hindenburgstraße umbenannt hat, auch wenn es hierzu bereits Gelegenheiten gegeben hätte. Es gibt keinen Rechtssatz, der eine Umbenennung zum erstmöglichen Zeitpunkt gebietet und spätere Umbenennungen unzulässig macht (VG Hannover, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., juris, Rn. 68).
Auch führt die Nicht-Umbenennung der Straße "Zur Hindenburgschleuse" nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Denn dieser kann nur denselben Hoheitsträger binden. Vorliegend ist aber weder der Rat der Beklagten für die Benennung beider Straßen zuständig noch derselbe Stadtbezirksrat. Die Straße "Zur Hindenburgschleuse" liegt im Stadtbezirk Misburg-Anderten, so dass der entsprechende Stadtbezirksrat für eine Umbenennung zuständig wäre, nicht aber der Stadtbezirksrat Mitte oder der Rat der Beklagten. Ein Durchgriffsrecht hat die Beklagte gerade nicht.
Schließlich können sich die Kläger auch nicht auf ein wie auch immer geartetes Kohärenzgebot berufen, das eine in sich schlüssige, gemeindeweit gleichmäßig vollzogene Umbenennungspolitik geböte. Der Umstand, dass es auf dem Gebiet der Beklagten eine Reihe von Straßen gibt, die den Namen von Personen bzw. sogar denselben Namen tragen, die möglicherweise - jedenfalls nach dem Gutachen des Beirats der Beklagten und dessen Abschlussbericht - eine Umbenennung rechtfertigen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der vorliegenden Umbenennung. Denn auch hier gilt, dass sich die Prüf- und Entscheidungsprozesse im Wesentlichen im politischen Raum abspielen. Die Entscheidung, ob und wann die einzelnen Stadtbezirksräte die Prüfung einer Umbenennung einleiten, obliegt allein diesen und ist nicht justiziabel. Zwar mag ein einheitliches Handeln der Verwaltung, vorliegend des Rates und aller Stadtbezirksräte, für den Bürger wünschenswert sein. Aus der Zuständigkeitsverteilung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes folgt allerdings, dass die unterschiedlich aufgestellten Stadtbezirksräte zu unterschiedlichen Ergebnisse kommen können. Die Zuständigkeitsverteilung kann nicht durch einen sog. Grundsatz des einheitlichen Verwaltungshandeln konterkariert werden. Im Übrigen ist auch fraglich, ob sich die Kläger auf die Verletzung eines derartigen Kohärenzgebots berufen könnten. Eine Verletzung eigener Rechte kann ersichtlich nicht in dem Umstand liegen, dass andere Straßen nicht ebenfalls umbenannt werden (VG Hannover, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., juris, Rn. 69).
Der Stadtbezirksrat hat im Rahmen seiner Entscheidung die Belange der gesamten Gemeinde zu beachten. Das bedeutet, dass die Stadtbezirksräte ihre Aufgaben so wahrzunehmen haben, dass die einheitliche Verwaltung der Gemeinde in Bezug auf die Pflichten gegenüber allen Bürgern und Einwohnern und in Bezug auf überbezirkliche und gesamtstädtische Notwendigkeiten nicht beeinträchtigt oder gefährdet wird. Bei einer Verletzung dieser Pflicht kann die Entscheidung des Stadtbezirksrats von dem Hauptverwaltungsbeamten und/oder von der Kommunalaufsicht beanstandet werden (Smollich, in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen - NKomVG, Stand: Januar 2018, § 93 Rn. 3). Hiermit ist aber auch vor allem die Vermeidung von Doppelbenennungen gemeint, die u.U. zu gefahrenabwehrrechtlichen Schwierigkeiten führen kann (Smollich, a.a.O., Rn. 9).
Soweit in dem streitgegenständlichen Beschluss auch die Neubenennung der Hindenburgstraße in Loebensteinstraße geregelt wird, haben die Kläger hiergegen nichts vorgebracht; es sind auch keine Gründe ersichtlich, die gegen die Namensgebung sprächen. Die Benennung der Hindenburgstraße in Loebensteinstraße stellt insbesondere keinen schweren Ansehensverlust der Gemeinde dar. Die designierte Namensgeberin der Straße, Lotte-Lore Loebenstein, hat vielmehr zuletzt vor ihrer Flucht vor dem NS-Regime in der Hindenburgstraße 34 gelebt und damit einen besonderen Bezugspunkt zu der Straße. Sie wurde später nach Sobibor deportiert und dort als 10-jähriges Kind ermordet.
Schließlich ist die Umbenennung auch nicht willkürlich. Dem Beschluss zur Umbenennung haben sachliche Erwägungen zu Grunde gelegen. Mit Beschluss vom 20. August 2018 leitete der Stadtbezirksrat A-Stadt Mitte das Verfahren zur Umbenennung der streitgegenständlichen Straße ein. Im Verfahren verwies der Stadtbezirksrat auf den Beirat der Beklagten und dessen Abschlussbericht zum Projekt "Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten" vom September 2018 (GA S. 81 ff.). Der Beirat hat die Umbenennung u.a. der Hindenburgstraße aufgrund der Verstrickungen Paul von Hindenburgs mit dem NS-Regime empfohlen. Zweifel an der Einschätzung des Beirats, dass die Person Paul von Hindenburg zumindest umstritten ist, haben weder die Kläger vorgebracht noch hat diese das Gericht (vgl. auch Gutachterliche Stellungnahme zum Gutachten des Beirats der Stadt A-Stadt aus September 2018, Anlage 2 der Kläger, GA Bl. 58 - 80).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.