Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.04.2024, Az.: 6 U 28/23
Ansprüche auf Zahlung von Werklohn und Mietzins für überlassenes Schalungsmaterial; Übermittlung eines elektronischen Dokuments
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.04.2024
- Aktenzeichen
- 6 U 28/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 13055
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2024:0408.6U28.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 10.05.2023 - AZ: 14 O 129/22
Rechtsgrundlage
- § 130a Abs. 3 ZPO
Fundstellen
- BauR 2024, 1262
- MDR 2024, 797
- NJW-RR 2024, 736
- VRR 2024, 2
Amtlicher Leitsatz
Auch ein elektronisches Dokument eines Einzelanwalts muss bei Übermittlung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach eine einfache Signatur durch Wiedergabe des Namens am Ende des Textes enthalten.
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2024 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. Mai 2023 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Werklohn und Mietzins für überlassenes Schalungsmaterial geltend.
Die Beklagte beauftragte die Klägerin als Subunternehmerin mit der Errichtung von neuen Fundamenten, dem Abbrechen alter Fundamente und der Verlegung von Schmutzwasser- und Regenwasserrohren bei dem Neubau eines Einfamilienhauses in I., A. F. 45, ... H.
Die Klägerin erbrachte die Leistungen, die am 28. Januar 2022 abgenommen wurden. Sie forderte die Beklagte mit Fristsetzung zur Begleichung zweier Rechnungen über 3.414 € sowie 5.540,70 € bis zum 14. April 2022 für die erbrachten Arbeiten auf. Für der Beklagten zur Verfügung gestelltes Schalungsmaterial stellte die Klägerin der Beklagten am 11. April 2022 einen Betrag in Höhe von 4.591,50 € sowie am 31. Mai 2022 einen Betrag in Höhe von 1.927,80 € in Rechnung. Die Beklagte zahlte nicht.
Die Klägerin hat nach teilweiser Umstellung der Klage zuletzt beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 9.254,70 € nebst 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. April 2022 zu zahlen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.279,72 € nebst 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 2.351,92 € seit dem 11. Mai 2022 und auf einen Betrag davon in Höhe von 1.927,80 € seit dem 30. Juni 2022 zu zahlen,
- 3.
festzustellen, dass die Beklagte bis zur Herausgabe des Schalungsmaterials zur Zahlung eines Schadensersatzes pro Tag in Höhe von 0,50 € für den laufenden Meter seit dem 1. Juni 2022 verpflichtet ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat Mängel eingewandt und die Überlassung von Schalungsmaterial durch die Klägerin bestritten.
Das Landgericht hat die Beklagte mit am 10. Mai 2023 verkündetem Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 9.254,70 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
Gegen das ihr am 11. Mai 2023 zugestellte Urteil (Bl. 134 d. A.) hat die Beklagte am 9. Juni 2023 Berufung eingelegt (Bl. 139 d. A.). Die Berufungsschrift ist als elektronisches, über das besondere elektronische Anwaltspostfach des Prozessbevollmächtigten der Beklagten übermitteltes Dokument bei dem hiesigen Oberlandesgericht eingegangen. Die Berufungsschrift enthält den Briefkopf des als Einzelanwalt tätigen Prozessbevollmächtigten. Sie endet mit dem maschinenschriftlichen Text
"Beglaubigte und einfache Abschrift anbei
Rechtsanwalt".
Mit am 11. August 2023 eingegangenem Schriftsatz (Bl. 162 ff. d. A.) hat die Beklagte die Berufung begründet.
Sie beantragt (Bl. 192, 163 d. A.),
das angefochtene Urteil aufzuheben und gegebenenfalls zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt (Bl. 192, 176 d. A.),
die Berufung zurückzuweisen und das angefochtene Urteil aufrechtzuerhalten.
Der Senatsvorsitzende hat vor der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, dass Zweifel an der formgerechten Einlegung der Berufung bestünden (Bl. 182 d. A.).
II.
Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der erforderlichen Form bei dem Berufungsgericht eingelegt worden ist (§ 522 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO).
Die Berufungsschrift vom 7. Juni 2023 ist über das besondere Anwaltspostfach, also auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO), verschickt worden. In diesen Fällen muss das elektronische Dokument gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO von der verantwortenden Person signiert worden sein. Die einfache Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise durch einen maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift (BGH, XII ZB 215/22, Beschluss vom 7. September 2022; III ZB 4/23, Beschluss vom 30. November 2023, je zit. nach juris).
Die hier eingegangene Berufungsschrift weist am Ende lediglich das Wort "Rechtsanwalt" aus, ein Name fehlt. Allein mit dieser Bezeichnung lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat. Eine eindeutige Zuordnung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass im Briefkopf der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist. Denn dies schließt nicht aus, dass ein im Briefkopf nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat (s. z. B. BGH, XII ZB 215/22, Beschluss vom 7. September 2022, Rn. 12 a. E. bei juris: "Die Beschwerdeschrift endet nur mit der Bezeichnung "Rechtsanwältin" ohne weitere Namensangabe. Allein mit dieser Bezeichnung lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat. Eine eindeutige Zuordnung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass im Briefkopf der Kanzlei nur eine einzige Rechtsanwältin neben anderen männlichen Rechtsanwälten aufgeführt ist. Denn dies schließt nicht aus, dass eine im Briefkopf nicht aufgeführte Rechtsanwältin die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat"; außerdem BGH, III ZB 4/23, Beschluss vom 30. November 2023, Rn. 10 bei juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Halbsatz 1, § 711 Satz 1, 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.