Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.01.1989, Az.: 5 Sa 1345/88

Anstellung eines Lizenzspielers; Krankheitsbedingter Arbeitsausfall bei einem angestellten Fussballspieler; Gewährung von Siegprämien beim Arbeitsausfall eines angestellten Fussballspielers

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.01.1989
Aktenzeichen
5 Sa 1345/88
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 10550
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1989:0111.5SA1345.88.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 02.08.1988 - AZ: 7 Ca 260/88

Fundstelle

  • NJW 1989, 1758

Verfahrensgegenstand

Forderung

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Einem angestellten Lizenzfußballspieler steht eine Vergütung für die Dauer von 6 Wochen zu, wenn er durch Krankheit ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht jedoch nur, wenn allein die Arbeitsunfähigkeit die Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung und damit den Verlust des Gehaltsanspruchs bildet.

  2. 2.

    Die Zahlung darüberhinausgehender Sieg- oder Unentschiedenprämie kann wegen eines krankheitsbedingten Arbeitsausfalles schon deswegen nicht verlangt werden, weil ein Lizenzfußballspieler keinen Anspruch darauf hat, in einem Spiel tatsächlich eingesetzt zu werden.

In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht Dr. Rose und
der ehrenamtlichen Richter Krannich und Schuchert
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 1989
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 2. August 1988 - 7 Ca 260/88 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist bei dem Beklagten, der der 1. Bundesliga angehört, als Lizenzspieler im Sinne des Lizenzspielerstatuts des ... angestellt. In dem von den Parteien abgeschlossenen Musterarbeitsvertrag (Fotokopie Bl. 5-8 d.A.), auf dessen Inhalt im übrigen Bezug genommen wird, sind folgende Bestimmungen enthalten:

"§ 5 Vergütungen des Spielers

Der Spieler erhält

1.
ein monatliches Grundgehalt von DM 12.000,- /Tantiemen lt. Anlage.

2.
Gewinnbeteiligung gem. Anlage, die Bestandteil dieses Arbeitsvertrages ist.

Die Bezüge des Spielers sind Bruttobezüge. Für die Abführung von Steuern und Soziallasten gelten die Jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen.

§ 8 Krankheit

Der Spieler versichert sich auf seine Kosten gegen Krankheit.

Er erhält vom Verein einen Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Der Spieler hat jeden Fall der Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Verein mitzuteilen und binnen drei Tagen eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

Verletzt sich der Spieler oder erkrankt er anderweitig, so hat er Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 616 BGB). Nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Wochen entfallen für die weitere Dauer der Erkrankung die Ansprüche auf die vereinbarten Vergütungen.

Wird der Spieler ausnahmsweise und aus wichtigem Grund (z.B. wegen auswärtiger Erkrankung oder Verletzung) nicht vom Vereinsarzt selbst behandelt, so gestattet er dem Vereinsarzt, die diesem notwendig erscheinende Untersuchung, die Einholung von Auskünften bei dem behandelnden Arzt und sonstige dem vom Verein beauftragten Arzt zweckmäßig erscheinende Rückfragen oder Maßnahmen."

2

Die in § 5 des Arbeitsvertrages erwähnte Anlage hat folgenden Wortlaut (Fotokopie Bl. 10 d.A.):

Der Spieler erhält an Vergütungen:
1)Grundgehaltbrutto DM 12.000,-
2)Tantiemen
a)pro Meisterschaftsspiel als nominierter Spieler:
Auswärtssiegbrutto DM 5.000,-
Auswärts-Unentschiedenbrutto DM 3.000,-
Heimsiegbrutto DM 4.000,-
Heim-Unentschiedenbrutto DM 1.000,-
b)Zuschauerbeteiligung
pro Meisterschaftsheimspiel als nominierter Spieler:
25.000 bis 40.000 zahlende Zuschauer (ohne Dauerkarten)
pro 1.000 Zuschauerbrutto DM 300,-
Nominierte Spieler sind der Ersatztorwart, die auflaufenden und die eingewechselten Spieler.
c)Sondervergütung
pro Spieljahrbrutto DM 25.000,-
d)DFB-Pokalspiele werden gesondert vergütet.
3)... trägt die Umzugskosten von L., nach H. Bei der Auftragsvergabe an den Umzugsspediteur hat H. Vorschlagsrecht.
Die gemäß 1) u. 2) getroffenen Vereinbarungen setzen voraus, daß der Spieler unter Vollprofibedingungen am Training teilnimmt.
3

De Kläger wurde in der Saison 1987/1988 in den ersten fünf Meisterschaftsspielen eingesetzt. Am 29. August 1987 wurde er verletzt und war erst Anfang 1988 wieder einsatzfähig.

4

Die Parteien streiten darüber, ob der Gehaltsfortzahlungsanspruch des Klägers im Krankheitsfall auch die "Tantiemen" erfaßt, die der Beklagte im Falle eines Sieges oder eines unentschiedenen Spiels den nominierten Spielern zugesagt hat.

5

Während des auf die Verletzung des Klägers folgenden 6-Wochen-Zeitraumes gelangen der Bundesligamannschaft des Beklagten Punktgewinne gegen den ..., den V ... und den S.

6

Der Beklagte zahlte dem Kläger die Tantieme wegen des Punktgewinns gegen den ..., lehnte jedoch die Zahlung weiterer Tantiemen ab.

7

Der Kläger, der bis zu seiner Verletzung zu den besten Spielern der Bundesligamannschaft des Beklagten gehört hatte und im August 1987 auch in die Nationalmannschaft U 21 berufen worden war, behauptet, daß er, wäre er nicht verletzt worden, in den Spielen gegen den V. und den S. eingesetzt worden und daß dann eher ein noch besseres Ergebnis erzielt worden wäre. Er meint, der Beklagte sei verpflichtet, ihm, dem Kläger, während des 6-Wochen-Zeitraumes nach seiner Verletzung die gleichen Tantiemen zu zahlen, die die während dieses Zeitraumes eingesetzten Spieler erhalten haben, für die Spiele gegen den V. 1.000,00 DM und gegen den S. 4.000,00 DM.

8

Der Beklagte meint, die mit dem Kläger und den andern Lizenzspielern vereinbarten Tantiemen gehörten nicht zu den im Krankheitsfall fortzuzahlenden Vergütungen.

9

Zur Darstellung der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung, die dieses Vorbringen dort erfahren hat, wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 2. August 1988 (Bl. 37 - 48 d.A.) Bezug genommen.

10

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 5.000,00 DM zu zahlen. Es hat dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 5.000,00 DM festgesetzt.

11

Das Arbeitsgericht meint, aufgrund der bis zu seiner Verletzung gezeigten Leistungen des Klägers sei davon auszugehen, daß er ohne seine Verletzung auch in den Spielen gegen den V. und den S. eingesetzt worden wäre und daß mit dem Kläger mindestens die gleichen Ergebnisse erzielt worden wären, die die Mannschaft ohne den Kläger erspielt hat. Die Möglichkeit, daß der Kläger etwa wegen einer Sperre nicht einsetzbar gewesen wäre, sei theoretisch zwar gegeben gewesen. Dafür jedoch, daß der Kläger von einer Sperre betroffen gewesen wäre, seien Anhaltspunkte nicht vorhanden. Die Krankheit des Klägers sei die alleinige Ursache dafür gewesen, daß er die begehrte Tantieme nicht erhalten habe. Da gemäß § 616 Abs. 2 BGB als Gehaltsfortzahlung das zu leisten sei, was der Arbeitnehmer verdient hätte, wenn er nicht krank geworden wäre, sei der Beklagte verpflichtet, auch dem Kläger die Tantiemen wegen der Punktgewinne aus den Spielen gegen den V. und den S. zu zahlen.

12

Es werde nicht verkannt, daß der Kläger keinesfalls einen Anspruch auf tatsächlichen Einsatz während eines Pflichtspiels habe, wenn aber keinerlei Anhaltspunkte erkennbar seien, daß der Lizenzspieler für die fraglichen Spiele nicht eingesetzt worden wäre und ebensowenig Anhaltspunkte erkennbar seien, daß mit seinem Einsatz das erspielte Ergebnis nicht erzielt worden wäre, müsse davon ausgegangen werden, daß dann der Kläger nicht nur die Chance gehabt habe bei einem Spiel eingesetzt zu werden, sondern daß es sicher gewesen sei, daß er eingesetzt worden wäre und dann die fragliche Prämie erzielt hätte, so daß nach § 616 Abs. 2 BGB die Prämie auch im Falle einer Krankheit zu zahlen sei.

13

Gegen dieses Urteil, das ihm am 10. August 1988 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit einem am 29. August 1988 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten Berufung eingelegt, die er mit einem am 22. September 1988 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten begründet hat.

14

Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Schluß gezogen, daß ein erkrankter Lizenzfußballspieler hinsichtlich möglicherweise entgangener Leistungsprämien einem erkrankten Arbeiter gleichgestellt werden müsse, der vor seiner Erkrankung Überstunden geleistet habe. Es sei zwar richtig, daß ebenso, wie der Lizenzfußballspieler keinen Anspruch auf Einsatz in einem Punktspiel habe, der Arbeiter keinen Anspruch auf Leistung von Überstunden habe.

15

Das Arbeitsgericht habe übersehen, daß das Bundesarbeitsgericht (AP Nr. 65 zu § 616 BGB) ausgeführt habe, daß ein ununterbrochener früherer Punktspieleinsatz des Lizenzfußballspielers "allenfalls ein Indiz für den möglichen Einsatz in dem nächsten Pflichtspiel sein" könne, weil Spieler und Verein es nicht ausschließlich in der Hand hätten, ob der Spieler künftig eingesetzt werde. Das BAG habe ferner ausgeführt, daß im Bereich des spezifischen Tätigkeits- und Berufsbildes des Lizenzfußballspielers die nach § 616 Abs. 2 BGB verlangte Ursächlichkeit für den Einsatz (wäre der Spieler nicht erkrankt) eine objektive Vorgabe darstelle, die keine der Parteien, also insbesondere nicht der Beklagte, darlegen bzw. widerlegen müsse.

16

Daraus ergebe sich, daß sämtliche Wahrscheinlichkeitserwägungen des Arbeitsgerichts wie auch der Vorwurf fehlenden Vortrages zu Einsatzhinderungsgründen neben der Sache lägen. Ein Lizenzfußballspieler könne eben wegen der Besonderheiten seines Berufes nicht mit einem Überstunden leistenden Arbeiter oder einem auf Provisionsbasis arbeitenden Angestellten verglichen werden.

17

Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, liege es dem Beklagten fern, von einem seiner besten Spieler behaupten zu wollen, er neige zu unsportlichem Verhalten, weswegen eine Sperre wahrscheinlich sei. Berufsspezifisch sei jedoch, daß Spieler nicht nur wegen Tätlichkeiten gegenüber gegnerischen Spielern oder den Schiedsrichtern, sondern auch wegen Unmutsäußerungen über Schiedsrichterentscheidungen vom Platz gestellt und gesperrt werden könnten.

18

Auch der Rückschluß des Arbeitsgerichts, daß der Kläger eingesetzt worden wäre, weil er nach seiner Krankheit sofort wieder mitgewirkt habe, sei nicht zwingend. Ebenso bestehe die Möglichkeit, daß der Kläger im Falle seiner Mitwirkung im Spiel gegen den ... eine Leistung gezeigt hätte, die den Trainer davon abgehalten hätte, ihn in den beiden nächsten Spielen einzusetzen.

19

Es seien vielfältige Gründe vorhanden, die einen Spieler nicht zum Einsatz kommen lassen könnten. Dazu gehörten auch die vom Bundesarbeitsgericht angesprochenen mannschaftstaktischen Erwägungen, also z.B. das Schonen eines guten Spielers wie des Klägers für ein wichtigeres als das nächste Punktspiel.

20

Alle Beispiele verdeutlichten, daß der Lizenzfußballspieler lediglich eine Chance auf einen Einsatz in einem Pflichtspiel habe, die von Spiel zu Spiel tatsächlich neu beurteilt werden müsse. Da der Beklagte aufgrund der gezeigten Leistungen des Klägers davon ausgegangen sei, daß dieser gegen den ... gespielt haben würde, falls er nicht erkrankt wäre, habe er die Prämie für dieses Spiel fortgezahlt. Eine über dieses Spiel hinausgehende Prognose sei - auch im Wege der Rückschau - nicht möglich gewesen.

21

Zusammenfassend sei auszuführen, daß es an der generellen ausschließlichen Ursächlichkeit der Erkrankung des Klägers für die Nichtzahlung der Prämie betreffend die Spiele gegen den V. und den S. fehle. Es gehe deswegen bei Berücksichtigung der Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts nicht an, Wahrscheinlichkeitserwägungen im konkreten Fall anzustellen. Jede andere Betrachtungsweise führe zu erheblicher Rechtsunsicherheit im Bundesligafußball, insbesondere die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Gehaltsfortzahlungsanspruch hinsichtlich der Spielprämien stehe den "Leistungsträgern" zu. Es frage sich, wie das Arbeitsgericht den Leistungsträger konkret von den übrigen Spielern abgrenzen wolle.

22

Weiteres Vorbringen des Beklagten ist in den Schriftsätzen vom 20. Oktober 1988 (Bl. 70 f. d.A.) und vom 29. Dezember 1988 (Bl. 84 f. d.A.) enthalten. Darauf wird Bezug genommen.

23

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 2. August 1988 zu ändern und die Klage abzuweisen.

24

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

25

Er räumt ein, daß ihm als Lizenzfußballspieler kein gesicherter Einsatz bei Spielen für den Beklagten zustehe. Das Lohnausfallprinzip erhalte dem erkrankten Arbeitnehmer jedoch während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf Fortzahlung der vertragsmäßigen Vergütung, die er verdient hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig gewesen wäre. Das Lohnausfallprinzip besage nichts anderes, als daß der Beklagte als Arbeitgeber die dem Kläger zustehenden festen und variablen Gehaltsbestandteile zu zahlen habe. Das Lohnausfallprinzip erfasse also nicht nur garantierte Fixbeträge, sondern auch solche variablen Leistungsvergütungen, die der Arbeitnehmer nicht mit einer absoluten Garantie ohne Erkrankung verdient hätte. Aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung fielen unter solche variablen Leistungsbezüge u.a. Über- und Mehrarbeitszuschläge. Leistungszulagen. Prämien und Provisionen. Die Auffassung des Beklagten, seine Sieg- und Unentschiedenprämien fielen nicht unter diese Kategorie von variablen Leistungsvergütungen, sei unzutreffend.

26

Ebensowenig wie der Lizenzfußballspieler einen gesicherten Anspruch auf einen Einsatz in einem bestimmten Spiel habe, habe der Arbeitnehmer einen gesicherten Anspruch auf Einsatz im Rahmen von Mehrarbeit. Das gleiche gelte für den Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner Vergütung variable Abschlußprovisionen aus Geschäften erhalte, die er mit Kunden seines Arbeitgebers abschließe. In allen diesen Fällen liege die Besonderheit gerade in der (teilweisen) Variabilität des Arbeitsentgelts. In keinem dieser Fälle könne der Arbeitnehmer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit oder gar mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, daß ihm in der näheren oder ferneren Zukunft die erwarteten variablen Zahlungen auch tatsächlich zufließen. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, daß der Versuch des Beklagten, zwischen Lizenzfußballspielern und anderen Arbeitnehmern, die ein teilweise variables Arbeitsentgelt beziehen, zu differenzieren, fehlschlagen müsse.

27

Unzutreffend sei ferner die Auffassung des Beklagten, seine Zahlungspflicht im Hinblick auf die Prämien könne deswegen verneint werden, weil es neben der eventuellen Erkrankung eines Spielers eine ganze Reihe anderer Gründe gebe, aus denen ein Spieler nicht zum Einsatz kommen könne (z.B. Sperren, mannschaftstaktische Erwägungen, schlechte Leistungen). Entsprechend dem Lizenzfußballspieler unterliege der auf teilweiser Provisionsbasis arbeitende Arbeitnehmer oder der teilweise im Rahmen von Mehrarbeit eingesetzte Arbeitnehmer dem Risiko, aus anderen Gründen als einer Erkrankung an der Erarbeitung von Provisionen bzw. dem Einsatz im Rahmen von Mehrarbeit gehindert zu sein. Es sei daran zu denken, daß der auf teilweiser Provisionsbasis arbeitende Arbeitnehmer schon deswegen das Risiko der zukünftigen Zahlung von Provisionen trage, weil diese ganz konkret von seiner erfolgreichen Vermittlungstätigkeit abhängig seien. Ebenso stehe der Einsatz eines Arbeitnehmers im Rahmen von Mehrarbeit selbstverständlich unter dem Vorbehalt, daß der Arbeitgeber mit seiner Arbeitsleistung in einer Weise zufrieden sei, daß er ihn über den normalen Arbeitseinsatz hinaus gegen Zahlung eines entsprechenden Mehrentgelts beschäftigen möchte. Nachlassende Leistungsfähigkeit - aber eventuell auch irgendwann einmal eintretender mangelnder Leistungswille - seien als Gründe für ein Nichtzahlen variabler Leistungsbezüge immer denkbar. Gleichwohl habe das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß diese variablen Beträge dann in die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall einfließen müßten, wenn der Arbeitnehmer sie ohne Eintreten des Krankheitsfalles verdient hätte. Entsprechendes müsse hier auch für den Lizenzfußballspieler gelten.

28

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei deswegen eine Wahrscheinlichkeitserwägung im Hinblick auf das ohne Erkrankung des Arbeitnehmers verdiente variable Arbeitsentgelt während der Zeit der Erkrankung durchzuführen. Das Arbeitsgericht habe deswegen zu Recht geprüft, ob im Falle des Klägers Gründe vorgelegen hätten, die seinen Nicht-Einsatz in den Spielen gegen den V. und den S. wahrscheinlich gemacht hätten. Das sei die Konsequenz aus dem Lohnausfallprinzip, das vom mutmaßlichen Arbeitsentgelt des erkrankten Arbeitnehmers während des Zeitraums seiner Arbeitsunfähigkeit ausgehe. Leistung und Führung des Klägers hätten seinen Einsatz in den beiden genannten Spielen in einem an Sicherheit grenzenden Maße wahrscheinlich gemacht, wenn er nicht erkrankt gewesen wäre. Es sei unstreitig, daß der Kläger ein großer Leistungsträger des Beklagten sei und daß er in keiner Weise zu Tätlichkeiten oder Unmutsäußerungen neige, die seine Sperre in irgendeiner Weise nahegelegt hätten. Der Einwand, es frage sich, wie man den "Leistungsträger" konkret von den übrigen Spielern abgrenzen wolle, stehe der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Beurteilung des Falles nicht entgegen. Der Einwand beweise lediglich, daß in der Tat von Fall zu Fall eine Einzelbetrachtung im Hinblick auf die Prognose zum Einsatz des jeweiligen Spielers notwendig sei. In der Tat könnten hier nicht alle Spieler "über einen Kamm geschoren" werden. Im Falle des Klägers sei die Wahrscheinlichkeitsabwägung jedoch eindeutig.

29

Weiteres Vorbringen des Klägers, der die vom Bundesarbeitsgericht (AP Nr. 65 zu § 616 BGB) aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht für anwendbar hält, ist in seinem Schriftsatz vom 15. November 1988 (Bl. 77 f. d.A.) enthalten. Darauf wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Die aufgrund der Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist damit zulässig.

31

Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit der Parteien unzutreffend entschieden. Der Anspruch des Klägers auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall umfaßt nicht die von ihm geltend gemachten "Tantiemen".

32

Nach § 616 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 616 Abs. 2 BGB steht einem Angestellten - um einen solchen handelt es sich bei dem Kläger als Lizenzfußballspieler des Beklagten - die Vergütung für die Dauer von 6 Wochen zu, wenn er durch Krankheit ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 Abs. 2 BGB (und nach allen anderen Bestimmungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - § 1 Lohnfortzahlungsgesetz, § 63 HGB, § 133 c Gewerbeordnung) besteht Jedoch nur, wenn allein die Arbeitsunfähigkeit die Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung und damit den Verlust des Gehaltsanspruchs bildet. Diese Voraussetzung ist für den Anspruch auf Weiterzahlung von Sieg- oder Unentschiedenprämien (Tantiemen) indessen nicht gegeben. Nach dem Urteil sachkundiger Kenner des Fußballsports, von dessen Richtigkeit sich jeder Interessierte überzeugen kann, läßt sich der Ausgang eines Fußballspiels nicht mit Sicherheit vorhersagen, so daß etwa der frühere Bundestrainer Sepp Herberger mit gutem Grund behaupten konnte, der Ball sei rund. Inhaltlich die gleiche Aussage wird getroffen, wenn angesichts überraschender Ergebnisse die Meinung vertreten wird, dieser oder jener Wettbewerb habe seine eigenen Gesetze. Es kann deswegen auch niemals mit Sicherheit oder auch nur mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit aus dem Umstand, daß eine Mannschaft einen Sieg oder ein Unentschieden erzielt hat, geschlossen werden, daß ein Sieg oder ein Unentschieden auch dann erzielt worden wäre, wenn anstelle eines Spielers oder mehrerer Spieler ein anderer oder mehrere andere Spieler eingesetzt worden wären.

33

Die alleinige Ursächlichkeit der Arbeitsunfähigkeit des Klägers für die Nichtgewährung einer Sieg- oder Unentschiedenprämie kann auch deswegen nicht festgestellt werden, weil ein Lizenzfußballspieler keinen Anspruch darauf hat, in einem Spiel tatsächlich eingesetzt zu werden. Die Teilnahme an einem Meisterschaftsspiel stellt sich im Ergebnis nur als eine rechtlich nicht geschützte Chance dar und keineswegs als ein vorgegebener Anspruch, der etwa nur durch Störungen in seiner Verwirklichung in Frage stünde. Das hat das Bundesarbeitsgericht a.a.O. zutreffend festgestellt.

34

Für einen mannschaftsangehörigen Berufssportler ist es selbstverständlich, daß er kein Recht auf einen Spieleinsatz hat, sondern daß mehrere Umstände, und zwar von Spiel zu Spiel neu, dafür entscheidend sind, ob er zum Einsatz kommt oder nicht. Diesem Umstand haben die Parteien ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, daß sie den Anspruch auf Zahlung einer Prämie für einen Sieg oder ein Unentschieden auf den Kreis der nominierten Spieler beschränkt und als nominierte Spieler den Ersatztorwart, die auflaufenden und die eingewechselten Spieler bezeichnet haben. Sie haben damit den Anspruch auf Zahlung einer Sieg- oder Unentschiedenprämie von einem Umstand abhängig gemacht, der im Falle einer Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegen kann.

35

Eine derartige Vereinbarung verstößt nicht gegen § 616 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach der Anspruch eines Angestellten auf Vergütung für den Krankheitsfall nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. § 616 BGB enthält keine Bestimmung über die Höhe der dem Angestellten fortzuzahlenden Vergütung. Diese ist vielmehr nach den von der Rechtsprechung insbesondere auch zu § 2 Lohnfortzahlungsgesetz entwickelten Grundsätzen zu bestimmen. Insofern gilt das Lohnausfallprinzip, wonach der Angestellte während einer unverschuldeten Krankheit bis zur Dauer von 6 Wochen die Vergütung erhalten soll, auf die er als gesunder Arbeitnehmer einen Anspruch gehabt hätte. Mit ihrer Vereinbarung, daß die Sieg- oder Unentschiedenprämien nur den nominierten Spielern gezahlt werden sollten, haben die Parteien jedoch klargestellt, daß der Kläger eine Chance haben sollte, diese Prämien zu verdienen, daß insoweit ein Anspruch - auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes - aber erst dann entstehen sollte, wenn der Kläger in einem mit einem Sieg oder einem Unentschieden beendeten Meisterschaftsspiel tatsächlich zum Einsatz gekommen war. Das Arbeitsverhältnis eines Lizenzfußballspielers weist gegenüber dem Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, dessen Vergütung zum Teil aus Provisionen besteht oder der Mehrarbeit leistet. Besonderheiten auf. Es ist zu berücksichtigen, daß der sportliche Erfolg einer Fußballmannschaft niemals allein auf die Leistung eines einzelnen Spielers zurückgeführt werden kann. Da er stets nur das Ergebnis einer guten Mannschaftsleistung ist, kann es andererseits nicht als unsachgemäß betrachtet werden, wenn eine Prämie für einen Sieg oder ein Unentschieden nur denjenigen Spielern gewährt wird, die an dem Erfolg tatsächlich einen Anteil gehabt haben, während bei einem auf Provisionsbasis tätigen Arbeitnehmer aus dem Umstand, daß er in der Vergangenheit Provisionen verdient hat, geschlossen werden kann, daß er auch während einer Gehaltsfortzahlungsperiode Provisionen verdient haben würde, und während aus dem Umstand, daß in einem Betrieb Mehrarbeit geleistet worden ist, der Schluß gezogen werden kann, daß während einer Lohn- oder Gehaltsfortzahlungsperiode auch ein Arbeitnehmer, wäre er nicht krank gewesen. Mehrarbeit geleistet hätte, so daß es gerechtfertigt ist, die voraussichtlich erzielten Provisionen oder die voraussichtlich zu zahlende Mehrarbeitsvergütung als vertragsgemäß fortzuzahlende Vergütungsbestandteile zu betrachten, ist ein entsprechender Schluß bei einem Lizenzfußballspieler nicht gerechtfertigt. Weder aus dem Umstand, daß die Mannschaft in der Vergangenheit Siege oder Unentschieden erzielt hat, noch aus dem Umstand, daß sie während der Erkrankung eines früher eingesetzten Spielers Siege oder Unentschieden erkämpft hat, läßt sich der Schluß ziehen, daß ein Spieler, wäre er nicht krank gewesen, mehr als eine, wie das Bundesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, rechtlich nicht geschützte Chance gehabt hätte, an einem Sieg oder einem Unentschieden beteiligt gewesen zu sein. Erst dann, wenn sich die Chance verwirklicht hatte, besteht ein Anspruch auf eine Sieg- oder Unentschiedenprämie.

36

Die Auffassung des Klägers müßte konsequenterweise zu dem Ergebnis führen, daß es einem erkrankten sogenannten Leistungsträger möglich wäre, eine Sieg- oder Unentschiedenprämie auch für solche Spiele zu fordern, die die Mannschaft tatsächlich verloren hat; vorausgesetzt er kann plausibel begründen, daß im Falle seiner Mitwirkung das Spiel gewonnen worden, mindestens aber unentschieden ausgegangen wäre. Der für die Zusage einer Mannschaftsleistungsprämie bestimmende Sinn eines Leistungsanreizes würde damit völlig verfehlt werden.

37

Die Absprache in der Zusatzvereinbarung "B" beeinträchtigt, soweit sie Sieg- oder Unentschiedenprämien betrifft, folglich nicht den in § 616 BGB normierten Vergütungsfortzahlungsanspruch.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

39

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden.