Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.12.1989, Az.: 6 Sa 357/89

Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt; Ausschluss eines Erfüllungseinwands; Unzulässigkeit der Erteilung einer Auflage vor Güteverhandlung; Unglaubwürdigkeit einer Sachverhaltsschilderung; Rechtsgestaltender Eingriff in Streitverhältnis

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.12.1989
Aktenzeichen
6 Sa 357/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 14331
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1989:1212.6SA357.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 09.01.1989 - AZ: 2 Ca 3419/88

Fundstelle

  • DB 1990, 1728 (amtl. Leitsatz)

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

Redaktioneller Leitsatz

Die Erteilung einer Auflage, die an eine bereits in der Güteverhandlung wirksame Ausschlußfrist gekoppelt ist, ist unzulässig. Sie verhindert die Durchführung der Güteverhandlung, in der das gesamte Streitverhältnis mit den Parteien durch den Vorsitzenden erörtert werden soll. Das Gericht greift nämlich durch die mit der Ausschlussfrist verbundenen Auflage entgegen dem Gesetz bereits vor der Güteverhandlung in das zwischen den Parteien bestehende Streitverhältnis rechtsgestaltend ein und verhindert dadurch gerade die vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebene Erörterung und reduziert die Erörterung in der Güteverhandlung auf ein fiktives Streitverhältnis, für das Tatsachen nicht mehr berücksichtigt werden können, die von der mit der Ausschlußfrist versehenen Auflage erfasst werden.

In dem Rechsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pietzke und
die ehrenamtlichen Richter Pendorf und Greve
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 09. Januar 1989 - 2 Ca 3419/88 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Der Beklagte befaßt sich mit der Erstellung schlüsselfertiger Häuser. Der Kläger hat für den Beklagten Dacharbeiten ausgeführt. Eine schriftliche Festlegung der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Abreden ist nicht erfolgt.

2

Mit der am 30. November 1988 erhobenen Klage macht der Kläger die Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 29. August bis zum 30. September 1988, sowie für die Monate Oktober und November 1988 geltend. Dabei hat er bereits in der Klageschrift einen Stundenlohn von 17,00 DM netto gleich 153,00 DM netto per Arbeitstag, sowie für die Zeit vom 29. August bis zum 30. September 1988 25 Arbeitstage, sowie für die Monate Oktober und November 1988 je 21 Arbeitstage zugrunde gelegt und sich auf das Arbeitsentgelt für insgesamt 67 Arbeitstage gleich 10.251,00 DM netto einen am Ende des ersten Arbeitsmonats gezahlten Abschlag von 1.200,00 DM anrechnen lassen.

3

Nachdem der Kläger durch Einreichung der Klagschrift am 30. November 1988 vor dem Arbeitsgericht Braunschweig Klage erhoben hatte, hat das Arbeitsgericht mit Verfügung vom 1. Dezember 1988 die Zustellung der Klagschrift verfügt, sowie Termin zur Güte- und Kammerverhandlung anberaumt und zugleich dem Beklagten aufgegeben,

"mit der Auflage, binnen 3 Wochen schriftsätzlich auf die Klage zu erwidern und Gründe für die Nichtzahlung der verlangten Vergütung substantiiert und unter Beweisantritt vorzutragen. Bel. n. § 56 Abs. 2 ArbGG. Bei Nichteinhaltung der Frist kann verspätetes Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn die Zulassung zur Verzögerung des Rechtsstreits führt."

4

Bis zur Güteverhandlung hat der anwaltlich nicht vertretene Beklagte keine Erklärung abgegeben. In der Güteverhandlung hat der Beklagte zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärt, er habe den Kläger nicht als Arbeitnehmer sondern als Subunternehmer beschäftigt und habe an ihn 18.000,00 DM per Scheck bezahlt. Auf das ebenfalls zu Protokoll erklärte Bestreiten dieses Vertrags durch den Kläger ist das Arbeitsgericht in die Kammerverhandlung eingetreten.

5

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.051,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.11.88 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Mit Urteil vom 9. Januar 1989 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, den Streitwert auf 9.051,00 DM festgesetzt und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Das Vorbringen des Beklagten sei gemäß § 56 Abs. 2 ArbGG als verspätet zurückzuweisen, weil dem Beklagten schon durch Beschluß vom 1. Dezember 1988 aufgegeben worden sei, binnen 3 Wochen nach Zustellung der Klage Gründe für die Nichtzahlung der verlangten Vergütung substantiiert unter Beweisantritt vorzutragen, er über die Möglichkeit der Zurückweisung belehrt worden sei, er jedoch keine ausreichende Entschuldigung für sein verspätetes Vorbringen vorgetragen habe. Die Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten hätte den Rechtsstreit auch verzögert, so daß das Vorbringen nicht zu beachten sei. Es sei deshalb von dem Vorbringen des Klägers als unstreitig auszugehen, so daß die Klage begründet sei, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

8

Gegen das dem Beklagten am 4. Februar 1989 zugestellte Urteil hat er am 1. März 1989 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

9

Im Berufungsverfahren hat der Beklagte in Fotokopie zwei Barschecks über je 1.800,00 DM vom 7. September und 26. September 1988, sowie einen Barscheck über 2.400,00 DM vom 26. September 1988 vorgelegt, die von ihm ausgestellt, von seiner Hausbank eingelöst worden sind, und bei denen der Kläger auf der Rückseite den Zahlungsempfang mit seiner Unterschrift eigenhändig quittiert hat (vgl. Bl. 177, 181 und 182 d.A.).

10

Der Beklagte behauptet unter Vorlage weiterer Scheckfotokopien (vgl. Bl. 177 bis 185 d.A.) die Zahlung folgender Beträge per Scheck an den Kläger:

-07.09.1988(3 Tage á 2 Mann)1.800,00 DM(per Barscheck)
-12.09.1988(3 Tage á 2 Mann)1.800,00 DM(per Barscheck)
-14.09.1988(2 Tage á 2 Mann)1.200,00 DM(per Barscheck)
-22.09.1988(3 Tage á 2 Mann)1.800,00 DM(per Barscheck)
-26.09.1988(3 Tage á 2 Mann)1.800,00 DM(per Barscheck) (BV ...)
-26.09.1988(4 Tage á 2 Mann)2.400,00 DM(per Barscheck) (BV ...)
-11.10.1988(5 Tage á 2 Mann)3.000,00 DM(per Barscheck)
-18.10.1988(v. BKl. verausl. Materialkosten)250,00 DM(per Barscheck)
11

Ferner seien an den Kläger am 6. Oktober 1988 3.000,00 DM und am 26. Oktober 1988 1.200,00 DM bar ausgezahlt worden, so daß dieser insgesamt 18.250,00 DM erhalten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze vom 22. Februar, 23. Mai, 7. August nebst Anlagen und 21. September 1989 Bezug genommen.

12

Der Kläger beantragt:

Das am 9. Januar 1989 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig (Az.: 2 Ca 3419/88) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er bestreitet, aufgrund der vom Beklagten aufgeführten Schecks Geldbeträge erhalten zu haben. Hiergegen spreche auch nicht, daß einige Schecks auf der Rückseite seine Unterschrift trügen. Der Beklagte habe ihn nämlich mehrfach veranlaßt, für ihn Schecks bei dessen Bank einzulösen. In jedem dieser Fälle habe er zunächst den vollen Geldbetrag an den Beklagten übergeben. Teilweise habe der Beklagte von diesen Geldern dann die bei der Errechnung der Klagforderung in Ansatz gebrachten 1.200,00 DM an ihn - den Kläger - in mehreren Beträgen übergeben. Hintergrund dieser Vorgänge sei gewesen, daß der Beklagte sich in ständigen Geldschwierigkeiten befunden habe. Mehrfach habe die Bank des Beklagten Schecks, die der Beklagte ausgestellt habe, mangels Deckung nicht eingelöst. Offenbar sei es dem Beklagten daher unangenehm gewesen, persönlich in die Bank zu gehen, um Geld abzuheben. Ihm persönlich wäre nämlich nicht mehr Geld ausgehändigt worden, weil er seinen Kreditrahmen bereits überschritten habe. Der Beklagte sei wohl nicht ganz unzutreffend davon ausgegangen, daß ein von ihm ausgestellter Scheck, der von einem Dritten zur Einlösung gegeben worden sei, von der Bank angenommen würde, um den Beklagten nicht bloß zu stellen. Insbesondere habe der Beklagte ihm - dem Kläger - am 7. September 1988 einen Scheck über 1.800,00 DM mit der Bitte übergeben, diesen Scheck bei der ... einzulösen und ihm - dem Beklagten - das Geld anschließend auszuhändigen. Er - der Kläger - sei gemeinsam mit dem Zeugen H. zur ... gefahren, habe den Scheck vorgelegt und habe 1.800,00 DM ausgezahlt erhalten. Nach Rückkehr zum Beklagten habe er - der Kläger - den vollen Betrag von 1.800,00 DM an den Beklagten ausgehändigt. Der Beklagte habe sodann 200,00 DM an ihn - den Kläger - ausgehändigt. Der Zeuge H. habe nach seiner - des Klägers - Erinnerung eine Abschlagszahlung erhalten. Scheckeinlösungen in der vorstehend genannten weise hätten sich insgesamt sechsmal ereignet, in keinem einzigen Fall sei ihm der Scheck zum Ausgleich seiner Forderungen übergeben worden und in keinem einzigen Fall habe er - der Kläger - den Geldbetrag für sich behalten. Vielmehr habe er den für den Scheck erhaltenen Geldbetrag jedesmal an den Beklagten ausgehändigt. Am 26. September 1988 habe ein anderer Arbeitnehmer des Beklagten, der Zeuge R., ihm - dem Kläger - einen vom Beklagten ausgestellten Scheck über 1.800,00 DM ausgehändigt, mit der Bitte, den Scheck einzulösen und den eingelösten Betrag an den Zeugen R. auszuhändigen. Das habe er auch getan, wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 5. Mai, 4. Juli, 5. September und 6. November 1989 Bezug genommen.

15

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen H. und R. erhoben, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokollniederschrift vom 12. Dezember 1989 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist damit zulässig.

17

Die Berufung ist auch begründet.

18

Nicht mehr zu prüfen ist der Vortrag des Beklagten in der Güteverhandlung, der Kläger sei als "Subunternehmer" tätig gewesen, weil die deshalb zweifelhafte sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts später nicht gerügt worden und vom Berufungsgericht deshalb nicht mehr zu berücksichtigen ist (§ 67 a ArbGG).

19

Dagegen ist der Vortrag des Beklagten über die behauptete Erfüllung der Klagforderung trotz des im angefochtenen Urteil erfolgten Ausschlusses wegen Verspätung im Berufungsverfahren zu verwerten. Aufgrund dieses Vortrags steht unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, daß die mit der Klage geltend gemachte Forderung für den Zeitraum vom 4. September bis 26. Oktober 1988 erfüllt worden ist und im übrigen nicht besteht.

20

1.

Dem Vortrag des Beklagten über die Erfüllung der Klagforderung steht für die Berufungsinstanz ein Verwertungsverbot gemäß § 528 Abs. 3 ZPO nicht entgegen, denn mit dem angefochtenen Urteil ist dieser Vortrag des Beklagten zu Unrecht gemäß § 56 Abs. 2 ArbGG als verspätet ausgeschlossen worden.

21

a)

In der Vorinstanz ist gar nicht geprüft worden, ob die zugleich mit der Anberaumung des Termins zur Güte- und Kammerverhandlung dem Beklagten unter Setzung einer Ausschlußfrist erteilte Auflage diesem überhaupt ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Gemäß § 329 Abs. 2 ZPO sind nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden, die eine Frist in Lauf setzen, zuzustellen. Das gilt auch für die unter Fristsetzung erteilten Auflagen gemäß § 56 Abs. 1 ArbGG. Zugestellt worden sind dem Beklagten nach dem von der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts angebrachten Vermerk auf der zu den Gerichtsakten (Bl. 7 d.A.) zurückgelangten Postzustellungsurkunde, jedoch lediglich die Klagschrift und die Terminsladung mit dem amtlichen Vordruck "Nr. 6". Dieser Vordruck, den der Kläger in Fotokopie zu den Gerichtsakten zurückgereicht hat (vgl. Bl. 69 d.A.) enthält weder die erteilte Auflage noch einen Hinweis darauf.

22

b)

Selbst wenn die Auflage "binnen 3 Wochen Gründe für die Nichtzahlung der verlangten Vergütung substantiiert unter Beweisantritt vorzutragen" dem Beklagten gemäß § 329 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß zugestellt worden sein sollte, hätte der Beklagte jedoch ebenfalls nicht mit dem in der Güteverhandlung erfolgten Vortrag, er habe die Klagforderung erfüllt, gemäß § 56 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen werden dürfen. Im angefochtenen Urteil wird nämlich übersehen, daß durch die schon vor der Güteverhandlung gesetzte Ausschlußfrist lediglich "Gründe für die Nichtzahlung" erfaßt werden. Der Beklagte hat sich jedoch gar nicht auf Gründe für eine "Nichtzahlung" berufen, sondern hat im Gegenteil Zahlung, d.h. Erfüllung behauptet. Mangels ausreichend genauer Bezeichnung in der Auflage gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 56 ArbGG 1979) durfte dieser Vortrag nicht ausgeschlossen werden, unabhängig davon, ob hier tatsächlich eine Verzögerung eingetreten wäre.

23

c)

Im übrigen widersprach die Vorgehensweise des Arbeitsgerichts im vorliegenden Fall dem gemäß §§ 54, 56 ArbGG verfolgten Regelungszweck.

24

Für den inhaltlichen Ablauf der Güteverhandlung schreibt § 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vor, daß der Vorsitzende das gesamte Streitverhältnis unter freier Würdigung aller Umstände mit den Parteien zu erörtern hat. Daraus folgt, daß die Erörterung sich nicht nur auf rein juristische Gesichtspunkte zu beschränken hat. Vielmehr ist die Erörterung umfassend vorzunehmen und dabei auch auf Schwierigkeiten der Prozeßführung hinzuweisen (Rewolle/Bader, ArbGG Stand Juli 87, § 54 Anm. 1 a Abs. 2; Stein/Jonas/Schumann-Leipold, ZPO, 19. Aufl. § 495 Anm. V 2). Es kann auch geboten sein, diese Schwierigkeiten mit den nicht notwendigerweise anwaltlich vertretenden Parteien sorgfältig in der Güteverhandlung zu besprechen, damit diese nicht nur die Schwierigkeiten und Risiken der Fortsetzung des Prozesses abschätzen können, sondern als Nebenfolge zugleich in die Lage versetzt werden, die streitige Verhandlung vor der Kammer unter Beachtung der vom Gericht nach § 56 Abs. 1 ArbGG erteilten Auflagen vorzubereiten (vgl. a. Flatow/Joachim, ArbGG § 54 Anm. 1 Abs. 8 unten).

25

Die Erteilung einer Auflage gemäß § 56 ArbGG, die an eine bereits in der Güteverhandlung wirksame Ausschlußfrist gekoppelt ist, verhindert die Durchführung der Güteverhandlung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, in der das "gesamte Streitverhältnis" mit den Parteien durch den Vorsitzenden erörtert werden soll. Das Gericht greift nämlich durch die mit der Ausschlußfrist verbundenen Auflage entgegen dem Gesetz bereits vor der Güteverhandlung in das zwischen den Parteien bestehende "gesamte Streitverhältnis" rechtsgestaltend ein und verhindert dadurch gerade die vom Gesetzgeber zwingend ("hat") vorgeschriebene Erörterung, die das "gesamte Streitverhältnis" unter freier Würdigung "aller Umstände" zum Gegenstand haben soll und reduziert die Erörterung in der Güte Verhandlung auf ein fiktives Streitverhältnis, für das Tatsachen nicht mehr berücksichtigt werden können, die von der mit der Ausschlußfrist versehenen Auflage erfaßt werden.

26

Die Unzulässigkeit einer Auflage gemäß § 56 ArbGG vor der Güteverhandlung wird auch dadurch bestätigt, daß es in der amtlichen Überschrift des § 56 ArbGG und im Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1 ArbGG"streitige Verhandlung" heißt (vgl. van Venrooy, ZfA 84, 337 (366), sowie ebenda Fußnote 108 m.w.N.). Auch eine analoge Anwendung des § 56 ArbGG auf die Güteverhandlung ist nicht gerechtfertigt (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl. § 273 Rz. 44; Wlotzke/Schwedes/Lorenz, § 56 Rz. 2), weil diese Vorschrift geeignet ist, die Durchführung einer Güteverhandlung in dem durch § 54 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Sinne zu verhindern, und zwar gerade auch dann, wenn vorgesehen ist, bei Scheitern der Güteverhandlung die Kammerverhandlung anzuschließen.

27

2.

Aufgrund der in der Berufungsverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß der Beklagte die vom Kläger für die Zeit vom 4. September bis 26. Oktober 1988 geltend gemachte Forderung erfüllt hat.

28

Während des Zeitraums vom 4. September bis 26. Oktober 1988, in dem der Kläger die vereinbarten Leistungen unstreitig tatsächlich erbracht hat, sind insgesamt 38 Arbeitstage angefallen. Da nach dem Vorbringen des Klägers pro Arbeitstag 9 Arbeitsstunden erbracht worden sein sollen, die mit je 17,00 DM zu vergüten seien, ergibt sich unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers ein Entgeltanspruch von 5.814,00 DM. Die vom Kläger auf der Rückseite unterschriebenen Barschecks vom 7. September und 26. September 1988 über je 1.800,00 DM und vom 26. September 1988 über 2.400,00 DM ergeben insgesamt einen Betrag von 6.000,00 DM, der somit den vom Kläger geltend gemachten Entgeltanspruch für die Zeit vom 4. September bis 26. Oktober 1988 über 5.814,00 DM übersteigt. Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen ist, daß die genannten Schecks vom Kläger nicht nur eingelöst worden sind, sondern der Kläger die Beträge auch behalten hat, ist die Forderung von 5.814,00 DM erfüllt.

29

Die vom Kläger in der Berufungsinstanz aufgestellte Behauptung, er habe die bei der Einlösung der Schecks erhaltenen Beträge nicht behalten, sondern an den Beklagten abgeführt, ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen worden.

30

Der vom Kläger benannte Zeuge H. hat zwar zunächst ausgesagt, er sei vier- bis fünfmal mit dem Kläger zur Bank mitgefahren, als dieser vom Beklagten Schecks erhalten habe, er "wisse" auch, daß der Kläger dem Beklagten die erhaltenen Beträge ausgezahlt habe. Als er daraufhin jedoch vom Gericht danach gefragt wurde, ob er gesehen habe, daß der Kläger dem Beklagten die Beträge ausgehändigt habe, erklärte der Zeuge H.: "Gesehen habe ich das nicht, aber ich nehme das an." Auf den weiteren Vorhalt des Gerichts an den Zeugen, warum er das annehme, erklärte dieser: "Warum gehen zwei Leute 20 oder 30m weg?" Die Aussage des Zeugen, er wisse, daß der Kläger die per Scheck von der Bank abgeholten Beträge an den Beklagten ausgezahlt habe, beruhte somit auf einer reinen Vermutung, die überdies nicht einmal stichhaltig ist, weil der Grund, warum der Kläger und der Beklagte sich "20 oder 30m" entfernt haben, alle denkbaren Ursachen haben konnte, eine Aushändigung der per Scheck vom Kläger gerade bei der Bank abgeholten Beträge an den Beklagten jedoch gerade kein Diskretionsbedürfnis erkennen läßt.

31

Die Aussage des Zeugen H. ist auch insgesamt nicht geeignet, die Behauptung des Klägers über die Abführung der per Scheck erlangten Beträge an den Beklagten zu erhärten, obwohl der Zeuge sich nach dem Eindruck der Kammer teilweise in bedenklicher Form bemühte, mit seiner Aussage dem Kläger, mit dem er "schon mal telefonierte" und in dessen Gegend er auch wohnt, nicht zu schaden, sondern diesem zu nützen, wie besonders die in der Sache haltlose Angabe zeigt, er "wisse", daß der Kläger dem Beklagten die per Scheck von der Bank erhaltenen Beträge ausgezahlt habe.

32

Die vom Kläger aufgestellte Behauptung, er habe die Beträge, die er durch Einlösung der vom Beklagten erhaltenen Barschecks erlangt habe, dem Beklagten ausgehändigt, ist nach den Umständen auch deshalb unglaubhaft, weil er nach seinem eigenen Vortrag für seine Arbeitsleistung lediglich 1.200,00 DM erhalten haben will, und deshalb Rückstände von mehreren tausend DM gegen den Beklagten bestanden hätten. Es ist deshalb unwahrscheinlich, daß der Kläger nicht die Erfüllung seiner erheblichen offenen Forderungen im Hinblick auf die per Scheck selbst eingezogenen Beträge durchgesetzt, sondern dem Beklagten die Beträge entsprechend seiner Behauptung ausgehändigt haben will.

33

Soweit der Kläger behauptet, er habe auch in einem Fall für den Arbeitskollegen R. einen Barscheck eingelöst, kann diese Behauptung als wahr unterstellt werden. Der Kläger hat nämlich nicht beweisen können, daß es sich hierbei um einen der von dem Beklagten in Fotokopie vorgelegten Barschecks handelt, die auf der Rückseite die Unterschrift des Klägers tragen. Der vom Kläger benannte Zeuge R. konnte sich bei seiner Vernehmung weder an den ungefähren Zeitpunkt der Einlösung noch an die Summe erinnern, über die der Scheck lautete. Erinnerlich war dem Zeugen nur, daß es sich um über 1.000,00 DM gehandelt habe.

34

Da mit den drei genannten Barschecks die Forderung von 5.814,00 DM mehr als erreicht wird, kann offenbleiben, ob ferner dem Vortrag des Beklagten zu glauben ist, daß der Kläger auch die aufgrund der weiteren Scheckeinlösungen erlangten Beträge behalten hat und neben geleisteten Barzahlungen an den Kläger insgesamt 18.250,00 DM geflossen sind.

35

3.

Für die weiteren Zeiträume vom 29. August bis 3. September und vom 27. Oktober bis 30. November 1988 war die Zahlungsklage abzuweisen, weil der Kläger nicht bewiesen hat, daß er für den Beklagten während der betreffenden Zeiträume tätig war, der Kläger hat insoweit nicht einmal den erforderlichen Beweis angetreten.

36

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

37

Gegen diese Entscheidung findet mangels Revisionszulassung gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG die Revision nicht statt. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.