Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.01.1992, Az.: 7 Sa 473/91
Prämienregelungen bei Fussballspielern; Lohnfortzahlung von Lizenzspielern; Höhe des Lohnfortzahlungsanspruches im Krankheitsfalle ; Lohnfortzahlung bei Akkordarbeit
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 15.01.1992
- Aktenzeichen
- 7 Sa 473/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 10615
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1992:0115.7SA473.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 19.02.1991 - AZ: 7 Ca 308/89
Rechtsgrundlagen
- § 616 BGB
- § 63 HGB
- § 287 Abs. 2 ZPO
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur, wenn allein die Arbeitsunfähigkeit die Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung und damit den Verlust des Gehaltsanspruches bildet. Der Angestellte soll mithin während einer unverschuldeten Krankheit bis zur Dauer von sechs Wochen die Vergütung erhalten, die er als gesunder Arbeitnehmer erzielt hätte.
- 2.
Dem Anspruch und der alleinigen Ursächlichkeit der Arbeitsunfähigkeit steht nicht entgegen, dass ein Lizenzfußballspieler keinen Anspruch darauf hat, in einem Spiel tatsächlich eingesetzt zu werden, da die Erkrankung zumindest die Chance auf einen Einsatz beeinträchtigt und der Lohnfortzahlungsanspruch mit Personen vergleichbar ist, die Ihr Entgelt durch Akkordarbeit verdienen.
- 3.
Wird dem Betroffenen neben oder anstelle eines Grundgehaltes ein leistungs- oder erfolgsabhängiges Entgelt gezahlt, so bisst sich dei Höhe des Lohnfortzahlungsanspruches an dem Durchschnittslohn, der in der Vergangenheit erziel worden ist.
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 1992
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts ... und
die ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird des Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.02.1991, 7 Ca 308/89, abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.000,00 DM brutto nebst 8,75 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 05.07.1989 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Lohnfortzahlungsanspruch des Klägers im Krankheitsfalle auch die im Vertrag als "Tantiemen" bezeichneten Punkteprämien sowie Zuschauerbeteiligungsprämien umfaßt.
Der Kläger war in der Saison 1986/1987 bei dem Beklagten, dessen Fußballmannschaft damals in der 2. Fußball-Bundesliga spielte, als Lizenzspieler beschäftigt. Wegen seiner Einsätze in dieser Saison bis zu einer Verletzung vom 7. Mai 1987 bis 14.06.1987 wird Bezug genommen auf die mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 28. September 1989 eingereichte Aufstellung (Bl. 37 d.A.).
In der Saison 1987/88 spielte die 1. Fußballmannschaft des Beklagten in der 1. Bundesliga. Der von den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"...
§ 5 Vergütungen des Spielers
Der Spieler erhält
ein monatliches Grundgehalt von DM 12.000,-
Gewinnbeteiligung gem. Anlage, die Bestandteil dieses Arbeitsvertrages ist.
Die Bezüge des Spielers sind Bruttobezüge. Für die Abführung von Steuern und Sozial lasten gelten die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen.
...
§ 8 Krankheit
Der Spieler versichert sich auf seine Kosten gegen Krankheit.
Er erhält vom Verein einen Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag nach den gesetzlichen Bestimmungen.
Der Spieler hat jeden Fall der Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Verein mitzuteilen und binnen drei Tagen eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen.
Verletzt sich der Spieler oder erkrankt er anderweitig, so hat er Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 616 BGB). Nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Wochen entfallen für die weitere Dauer der Erkrankung die Ansprüche auf die vereinbarten Vergütungen.
Wird der Spieler ausnahmsweise und aus wichtigem Grund (z.B. wegen auswärtiger Erkrankung oder Verletzung) nicht vom Vereinsarzt selbst behandelt, so gestattet er dem Vereinsarzt, die diesem notwendig erscheinende Untersuchung, die Einholung von Auskünften bei dem behandelnden Arzt und sonstige dem vom Verein beauftragten Arzt zweckmäßig erscheinende Rückfragen oder Maßnahmen."
Die in § 5 dieses Vertrages in Bezug genommene Anlage enthält folgende Regelung:
"Der Spieler erhält an Vergütungen:
1) Grundgehalt brutto DM 12.000,- 2) Tantiemen a) pro Meisterschaftsspiel als nominierter Spieler: Auswärtssieg brutto DM 5.000,- Auswärts-Unentschieden brutto DM 3.000,- Heimsieg brutto DM 4.000,- Heim-Unentschieden brutto DM 1.000,- b) Zuschauerbeteiligung pro Meisterschaftsheimspiel als nominierter Spieler: 25.000 bis 40.000 zahlende Zuschauer (ohne Dauerkarten) pro 1.000 Zuschauer brutto DM 300,- Nominierte Spieler sind der Ersatztorwart, die auflaufenden und die eingewechselten Spieler. c) Sondervergütung pro Spieljahr brutto DM 25.000,- d) DFB-Pokalspiele werden gesondert vergütet."
Am 18. Juli 1987 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Er wurde erstmalig am 10. Oktober 1987 wieder eingesetzt. Wegen der Einzelheiten der weiteren Einsätze in dieser Saison wird Bezug genommen auf die mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 28. September 1989 überreichte Aufstellung (Bl. 36 d.A.).
Für die Dauer des Lohnfortzahlungszeitraumes gewährte der Beklagte dem Kläger nicht die "Gewinnbeteiligung" gemäß der Anlage zum Arbeitsvertrag, die sich auf der Basis der tatsächlich erzielten Ergebnisse auf insgesamt 16.500,00 DM belief.
In der Saison 1988/89 spielte der Kläger ebenfalls für den Beklagten in der 1. Bundesliga (Arbeitsvertrag vom 30.06.1988, Bl. 8 bis 11 d.A.).
Nachdem der Beklagte in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zur Zahlung der erfolgsabhängigen Vergütung im Krankheitsfalle erstinstanzlich verurteilt worden war (Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 2. August 1988, 7 Ca 260/88), zahlte der Beklagte im August 1988 für die Saison 1987/88 die erfolgsabhängigen Bezüge in Höhe von 16.500,00 DM brutto nach, und zwar gemäß Schreiben vom 23. August 1988 (Bl. 12 d.A.) "unter dem Vorbehalt der Rückforderung, falls das Urteil einer Überprüfung durch das Landes- oder Bundesarbeitsgericht nicht standhält".
Der Kläger verletzte sich in dem Spiel am 10. September 1988. Während des Lohnfortzahlungszeitraumes fanden zwei Spiele statt. Die Prämie für das Unentschieden in dem Spiel vom 08.10.1988 in Höhe von 2.500,00 DM brutto wurde dem Kläger ebenfalls unter Vorbehalt gezahlt.
Wegen des übrigen Einsatzes in der Saison 1988/89 wird auf die mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 28. September 1989 überreichte Aufstellung (Bl. 35 d.A.) Bezug genommen.
Durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Miedersachsen vom 11. Januar 1989 (5 Sa 1345/88) wurde das zitierte Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 2. August 1988 abgeändert und die Klage abgewiesen. Über die Frage der Fortzahlung der Prämie im Krankheitsfall fand daraufhin am 7. Februar 1989 ein Gespräch zwischen Mannschaftsrat und den Vorstandsmitgliedern Braun und Bock statt, dessen Einzelheiten streitig sind. Im Anschluß daran schlossen die Parteien für die Rückrunde der Bundesliga-Saison 1988/89 eine Regelung über die Prämienfortzahlung im Krankheitsfall, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 26 d.A.). Diese Regelung sollte ihrem Wortlaut nach "keine rechtlichen Auswirkungen für die Zeit vor dem 18.02.1989 und nach dem 30.06.1989" haben.
Mit Schreiben vom 19. Mai 1989 (Bl. 13 d.A.) wies der Beklagte auf die Rechtskraft des Urteils des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 11. Januar 1989 hin und forderte die unter Vorbehalt gezahlten Beträge zurück. Er zog dann den Betrag von 19.000,00 DM brutto in zwei Raten von den Gehaltszahlungen für die Monate Mai und Juni 1989 ab.
Der Kläger hat behauptet, er habe zu den Leistungsträgern der Mannschaft gehört, weshalb davon ausgegangen werden könne, daß er ohne die Erkrankung bei den Spielen zum Einsatz gekommen wäre. Es könne auch unterstellt werden, daß die Mannschaft des Beklagten mit ihm die gleichen Spielergebnisse erzielt hätte.
In der Besprechung nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts sei ihm vom Schatzmeister Braun ausdrücklich versichert worden, daß die unter Vorbehalt gezahlten Beträge als vorbehaltslos erklärt und nicht zurückgefordert würden.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.000,00 DM nebst 8,75 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 05.07.1989 (Zeitpunkt der Zustellung der Klage) zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme über die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe auf den Vorbehalt verzichtet, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, daß die Erkrankung des Klägers die alleinige Ursache dafür gewesen sei, daß er die im Streit stehenden Prämien nicht erhalten habe. Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf tatsächlichen Einsatz in einem Bundesligapflichtspiel bestehe nicht. Die tatsächlichen Einsätze des Klägers zwischen 1986 und 1989 ließen nicht den Schluß zu, daß der Kläger ohne die jeweiligen Erkrankungen in jedem Fall eingesetzt worden wäre. Im übrigen habe der Kläger nicht beweisen können, daß der Beklagte auf den erklärten Vorbehalt verzichtet habe.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 145 bis 161 d.A.).
Gegen das den Parteien am 25. März 1991 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. April 1991 eingelegte und am 6. Mai 1991 begründete Berufung des Klägers.
Er behauptet, er habe zweifellos zum Kader der Stammspieler gehört. Aus der Einsatzhäufigkeit könne gesehen werden, daß er keine außergewöhnlichen Formtiefs zu verzeichnen gehabt habe, sondern recht kontinuierliche Leistungen gezeigt habe.
Er ist der Auffassung, die erhobenen Beweise seien dahingehend zu würdigen, daß die Regelung über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unabhängig von dem Ausgang des damals anhängigen Rechtsstreites gelten und eine Rückforderung nicht erfolgen solle.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19. Februar 1991, 7 Ca 308/89, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.000,00 DM nebst 8,75 % Jahreszinsen auf den Nettobetrag seit dem 05.07.1989 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, mangels eines Anspruchs auf tatsächlichen Spieleinsatz bestehe auch kein Anspruch auf Fortzahlung einer auf ein bestimmtes Spiel bezogenen Prämie. Zudem sei der Kläger nicht für den im Streit stehenden Zeitraum als Stammspieler anzusehen. Schließlich sei die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts zutreffend, was insbesondere aus der Prämienfortzahlungsregelung für die Rückrunde folge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 3. Mai 1991 (Bl. 171 bis 175 d.A.), die Berufungsbeantwortungsschrift vom 11. Juni 1991 (Bl. 178 bis 180 d.A.) sowie die Erklärungen zu Protokoll vom 15. Januar 1992 (Bl. 189 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG.
Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 616 BGB in Verbindung mit den §§ 8, 5 des von den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 19.000,00 DM brutto für die Zeit seiner Erkrankung zu Beginn der Saison 1987/88 sowie am 8. Oktober 1988. Denn die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall umfaßt auch die in der Anlage zum Arbeitsvertrag vereinbarten Punkte- und Zuschauerprämien.
Nach § 616 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 616 Abs. 2 BGB steht dem Kläger als Angestellten die Vergütung für die Dauer von sechs Wochen zu, wenn er durch Krankheit ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Der Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn allein die Arbeitsunfähigkeit die Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung und damit den Verlust des Gehaltsanspruches bildet. Der Vorschrift des § 616 Abs. 2 BGB liegt wie auch den §§ 1 Lohnfortzahlungsgesetz, 63 HGB und 133 c Gewerbeordnung das Lohnausfallprinzip zugrunde. Der Angestellte soll mithin während einer unverschuldeten Krankheit bis zur Dauer von sechs Wochen die Vergütung erhalten, die er als gesunder Arbeitnehmer erzielt hätte (vgl. statt vieler BAG vom 22.08.1984, AP Nr. 65 zu § 616 BGB).
Schwierigkeiten bereitet die Feststellung des nach diesem Prinzip fortzuzahlenden Entgeltes, wenn neben oder anstelle des Grundlohnes ein leistungs- oder erfolgsabhängiges Entgelt gezahlt wird, wie dies beim Akkordlohn, beim erfolgsabhängigen Prämienlohn und bei Provisionsansprüchen der Fall ist. Für den Geltungsbereich des Lohnfortzahlungsgesetzes bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 insofern, daß der erzielbare Durchschnittsverdienst fortzuzahlen ist. Dies gilt nach vorstehenden Grundsätzen aber auch für den Gehaltsfortzahlungsanspruch des Angestellten, wobei aus dem Lohnausfallprinzip folgt, daß in der Regel auf den Lohnfortzahlungszeitraum abzustellen und, soweit dies aufgrund besonderer Umstände nicht möglich ist, der Durchschnittslohn in der Vergangenheit zu ermitteln ist (vgl. etwa BAG vom 22.10.1980, AP Nr. 10 zu § 2 Lohnfortzahlungsgesetz; BAG vom 20.03.1985, AP Nr. 64 zu § 1 Lohnfortzahlungsgesetz).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Klage begründet ist, wenn der Kläger ohne die eingetretenen Erkrankungen die begehrten Prämien erhalten hätte.
Dem Anspruch und der alleinigen Ursächlichkeit der Arbeitsunfähigkeit steht nicht entgegen, daß ein Lizenzfußballspieler keinen Anspruch darauf hat, in einem Spiel tatsächlich eingesetzt zu werden. Denn auch, wenn mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 22.08.1984, AP Nr. 65 zu § 616 BGB) ein Fußballspieler lediglich eine rechtlich nicht geschützte Chance auf eine Pflichtspielteilnahme hat, schließt dies die Feststellung nicht aus, daß ohne die Erkrankung sich diese Chance auf einen Einsatz verwirklicht hätte oder haben könnte. Ob dies der Fall ist, ist eine Tatfrage, schränkt den Anspruch als solchen jedoch nicht bereits ein.
In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht auch in einem Urteil vom 11. Januar 1978 (AP Nr. 7 zu § 2 Lohnfortzahlungsgesetz unter II 1 a der Gründe) entschieden, daß laufend gezahlte Leistungszulagen bzw. Leistungsprämien zum im Krankheitsfalle fortzuzahlenden Entgelt gehören, auch wenn es sich um freiwillige Zahlungen handelt, ein Anspruch also nicht ohne weiteres besteht. Entscheidend ist, was aufgrund des Arbeitsvertrages als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu gewähren ist bzw. gewährt wird (BAG vom 10. Januar 1991, Betriebsberater 1991, Seite 1045, zu II 2 a der Gründe).
Die von den Parteien vereinbarte erfolgsabhängige Prämienregelung stellt eine Gegenleistung für die von dem Fußballspieler geschuldete Leistung in diesem Sinne dar. Sie dient dem Anreiz, die geschuldeten Trainingsleistungen so gut zu erbringen, daß er von dem Trainer für ein Pflichtspiel nominiert wird, sowie im Spiel durch gute Leistungen dazu beizutragen, daß möglichst viele Punkte gewonnen werden und möglichst viele Zuschauer deshalb bei Heimspielen ins Stadion kommen. Für den sich darin zeigenden Erfolg der Arbeitsleistung ist die Gewinnbeteiligung gemäß Anlage zu § 5 des Arbeitsvertrages gedacht.
Dem Anspruch kann auch nicht grundsätzlich entgegengehalten werden, daß niemals mit Sicherheit oder auch nur mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit aus dem Umstand, daß eine Mannschaft einen Sieg oder ein Unentschieden erzielt hat, geschlossen werden kann, daß ein Sieg oder ein Unentschieden auch dann erzielt worden wäre, wenn anstelle eines Spielers oder mehrerer Spieler ein anderer oder mehrere andere Spieler eingesetzt worden wären. Darauf kommt es nämlich für einen Gehaltsfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB nicht an.
Die Leistung des Klägers ist mit der eines Arbeiters im Gruppenakkord vergleichbar. In beiden Fällen hängt die Vergütungshöhe von dem Erfolg der Gemeinschaft, nämlich der Fußballmannschaft oder der Akkordgruppe, ab, an dem jedes Mitglied mit unterschiedlichen Beiträgen beteiligt ist. In beiden Fällen kann auch nicht hypothetisch mit Sicherheit gesagt werden, welches gemeinsame Ergebnis ohne die Erkrankung erzielt worden wäre. Aus dieser Ungewißheit folgt jedoch nicht, daß deshalb überhaupt keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu gewähren ist. Es stellt sich vielmehr ausschließlich die Frage, ob der während der Arbeitsunfähigkeit "erzielbare" Verdienst vergangenheitsbezogen oder anhand eines Vergleichs mit den übrigen Gruppenmitgliedern zu ermitteln ist. Für den im Gruppenakkord tätig werdenden Arbeiter hat das Bundesarbeitsgericht insofern in der bereits zitierten Entscheidung vom 22. Oktober 1980 (AP Nr. 10 zu § 2 Lohnfortzahlungsgesetz) entschieden, daß "in der Regel der Vergleich mit den Verdiensten der übrigen Gruppenmitglieder sachgerecht" ist. Dem schließt sich die erkennende Kammer an.
Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch kann auch mit dem Provisionsanspruch eines kaufmännischen Angestellten oder angestellten Handelsvertreters verglichen werden. Auch hier kann im Falle einer Erkrankung nicht mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, ob und in welchem Umfange der Angestellte zu Provisionsansprüchen führende Geschäftsabschlüsse getätigt hätte. Entscheidend ist, daß ein gesunder Angestellter sie erarbeiten kann, der kranke Angestellte dagegen nicht (BAG vom 05.06.1985, AP Nr. 39 zu § 63 HGB). Maßgeblich ist deshalb, "was der Vertreter nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit an Abschlüssen erreicht hätte, wenn keine krankheitsbedingten Ausfalltage eingetreten wären und er daher an diesen Tagen hätte arbeiten können" (BAG vom 05.06.85, a.a.O.). Schwankende Bezüge müssen deshalb durch Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt werden. Der Arbeitgeber muß deshalb eine Umsatzprovision zahlen, obwohl entsprechende Umsätze nicht getätigt worden sind.
Nichts anderes wird vorliegend von dem Beklagten verlangt. Er soll den Kläger lediglich so stellen, wie er ohne die eingetretene Verletzung gestanden hätte. Die Verletzung soll ihm nicht zum Vorteil, aber auch nicht zum Nachteil gereichen.
Der von den Parteien getroffenen Regelung kann auch nicht entnommen werden, daß der Gehaltsfortzahlungsanspruch vertraglich dadurch eingeschränkt worden ist, daß die "Tantiemen" nur den "nominierten Spielern" zustehen sollten. Vielmehr besagt § 8 des Arbeitsvertrages ausdrücklich, daß sich der Vergütungsanspruch im Krankheitsfalle "nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 616 BGB)" richtet. Eine Einschränkung des gesetzlichen Anspruches im oben festgestellten Umfange ist deshalb gerade nicht vereinbart worden.
Im übrigen stände einer derartigen Regelung auch § 616 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen, wonach der Anspruch auf Vergütung für den Krankheitsfall nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden kann.
Schließlich kann auf die von den Parteien vereinbarte Vertragsgestaltung auch nicht die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwesenheitsprämie übertragen werden (vgl. BAG vom 15.02.1990, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Anwesenheitspflicht). Der entscheidende Unterschied liegt darin, daß vorliegend nicht lediglich die Anwesenheit des Klägers durch die Prämienregelung honoriert wird, sondern eine besonders gute Leistung, weshalb das Verhältnis der im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten zueinander betroffen ist.
Vorstehende Ausführungen zeigen, daß rechtliche Erwägungen dem geltend gemachten Vergütungsanspruch nicht im Wege stehen. Grundsätzlich ist der beklagte Verein dazu verpflichtet, an den Kläger für den Zeitraum des Lohnfortzahlungsanspruches auch die Prämien zu zahlen, die er bezogen hätte, wenn er nicht krank geworden wäre.
Aus den Einsätzen des Klägers entnimmt die Kammer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, daß der Kläger ohne die Verletzungen/Erkrankungen tatsächlich eingesetzt worden wäre. Er war nämlich in der Saison 1986/87 vor der Arbeitsunfähigkeit sechs Spiele hintereinander eingesetzt worden. Nach seiner Genesung im Oktober 1987 war er für den Rest der Saison in jedem Spiel eingesetzt. Woraus sich unter diesen Umständen Zweifel herleiten lassen sollen, daß der Kläger ohne die Erkrankung ab 18. Juli 1987 nicht eingesetzt worden wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist unschädlich, daß der Kläger nicht immer die gesamte Spieldauer gespielt hat, da auch die Prämienregelung nicht nach der Dauer des Einsatzes unterscheidet.
Entsprechendes gilt bezüglich der Prämie für das Spiel am 8. Oktober 1988. Auch hier war der Kläger in den sieben Spielen vor seiner Erkrankung sowie in den neun Spielen danach jeweils nominiert im Sinne der Prämienregelung. Solange nicht konkrete gegenteilige Tatsachen vorgetragen sind, reicht dies aus, um auch einen Einsatz in den durch Krankheit versäumten Pflichtspielen wahrscheinlich zu machen.
Bezüglich der Höhe hält es die Kammer für sachgerecht, die von der Mannschaft in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich erzielten Ergebnisse zugrunde zu legen. Auf obige Ausführungen zur Lohnfortzahlung beim Gruppenakkord unter Bezugnahme auf BAG vom 22.10.1980 wird verwiesen. Konkrete Anhaltspunkte, daß eine vergangenheitsbezogene Betrachtung vorliegend dem Lohnausfallprinzip eher gerecht werden würde, sind nicht vorhanden.
Es konnte mithin festgestellt werden, daß dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 19.000,00 DM brutto zusteht.
Aus diesem Grunde konnte dahinstehen, ob der Beklagte, wie vom Kläger behauptet, auf die Rückforderung des zunächst unter Vorbehalt gezahlten Betrages verzichtet hat. Die Kammer weist allerdings darauf hin, daß erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit eines derartigen Verzichtes unter vertretungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen. Dies gilt sowohl bezüglich einer Bevollmächtigung des Mannschaftsrates der Bundesligamannschaft durch den Kläger, als auch hinsichtlich der Berechtigung der Vorstandsmitglieder des Beklagten Braun und Bock, eine entsprechende Verzichtserklärung am 7. Februar 1989 abzugeben. Vielmehr spricht der Umstand, daß die entsprechende Gehaltsregelung für die Rückrunde von den Spielern im einzelnen jeweils unterschrieben wurde, daß das Gespräch vom 7. Februar 1989 lediglich der Vorbereitung einer Gehaltsregelung im Krankheitsfalle diente, diese für die Vergangenheit oder Zukunft jedoch nicht verbindlich festlegen wollte.
Die Entscheidung über die Nebenforderungen beruht auf den §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
Als unterliegende Partei hat der Beklagte gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 2 ArbGG zuzulassen, da die Entscheidung von dem Urteil der 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 11. Januar 1989, 5 Sa 1345/88, abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der Rechtsfrage ist bislang, soweit ersichtlich, nicht ergangen.