Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.03.1989, Az.: 17 OVG B 18/87

Erstattung von Schulungskosten; Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung und Bildungsveranstaltung zur Einführung in das Arbeitsrecht für die Tätigkeit im Personalrat; Objektive und subjektive Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung und Bildungsveranstaltung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.03.1989
Aktenzeichen
17 OVG B 18/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 20353
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1989:0301.17OVG.B18.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 12.05.1987 - AZ: PB 4/87

Verfahrensgegenstand

Kostenerstattung

In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
auf die mündliche Anhörung vom 1. März 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Polizeihauptmeister im BGS Bockelmann,
Technischer Bundesbahnbetriebsinspektor Bretthorst,
wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Esser und
Oberpostdirektor Gaffke
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 12. Mai 1987 wird zurückgelassen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller erstrebt die Erstattung von Schulungskosten.

2

Der 39jährige Antragsteller ist seit 1974 beim Arbeitsamt ... beschäftigt. Im Februar 1980 legte er die - der Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst entsprechende - 2. Fachprüfung ab. Anschließend wurde er zum Hauptvermittler ausgebildet und war als solcher tätig. Er gehört seit Mai 1985 dem Beteiligten zu 2) an und ist seit September 1985 von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt; seit Dezember 1986 ist er Vorsitzender des Beteiligten zu 2).

3

Am 29. August 1986 beschloß der Beteiligte zu 2), den Antragsteller gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG zu dem in der Zeit vom 6. bis 10. Oktober 1986 von der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Niedersachsen e.V. in ... veranstalteten Seminar mit dem Thema: "Einführung in das Arbeitsrecht" zu entsenden. Die vom Antragsteller nach seiner Teilnahme beantragte Erstattung der Schulungskosten in Höhe von 267,- DM lehnte der Beteiligte zu 1) mit der Begründung ab, der Antragsteller habe dieser Schulung nicht bedurft, weil er bereits während seiner Berufsausbildung die Grundlagen des Arbeitsrechts kennengelernt habe.

4

Daraufhin hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet mit dem Antrag,

festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, die Schulungskosten in Höhe von 267,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

5

Der Beteiligte zu 1) ist diesem Antrag entgegengetreten und hat beantragt,

ihn abzulehnen.

6

Mit Beschluß vom 12. Mai 1987 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

7

Nach § 44 Abs. 1 BPersVG i.V.m. § 46 Abs. 6 BPersVG trage die Dienststelle die Kosten für eine Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind. Die Erforderlichkeit der Kenntnisvermittlung sei dabei sowohl nach objektiven als auch nach subjektiven Kriterien zu beurteilen. Subjektiv sei eine bestimmte Schulung nur dann erforderlich, wenn der Personalrat ohne Schulung dieses Mitgliedes seinen Aufgaben nicht nachkommen könne. In diesem Sinne sei der Antragsteller nicht mehr Schulungsbedürftig gewesen. Die Grundkenntnisse des Arbeitsrechts, um die es bei der Einführung in das Arbeitsrecht schwerpunktmäßig gegangen sei, seien ihm bereits aus seiner 1980 abgeschlossenen Ausbildung her bekannt gewesen, wie der Stoffplan für seine Ausbildung belege. Insoweit habe er keiner Einführung in das Arbeitsrecht mehr bedurft. Soweit er und auch der Beteiligte zu 2) die Schulungsbedürftigkeit mit den nach Abschluß seiner Ausbildung erfolgten Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht begründen wollten, ließen sie unberücksichtigt, daß es auf dem Seminar um aktuelle Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht nur am Rande gegangen sei; darüber sei nur während eines Vormittags der insgesamt fünftägigen Schulungsveranstaltung gesprochen worden.

8

Gegen den ihm am 11. Juni 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 9. Juli 1987 eingelegte und am 4. August 1987 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht, seine arbeitsrechtliche Schulung während der Ausbildung als Fachanwärter habe nur 3 Stunden 20 Minuten umfaßt, liege 6 Jahre zurück und sei aus der Sicht des Arbeitgebers oder Dienstherrn erfolgt.

9

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

10

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

11

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.

12

Der Beteiligte zu 2) unterstützt den Standpunkt des Antragstellers, stellt aber keinen Antrag.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beteiligten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

14

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

15

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

16

Der Erstattungsanspruch des Antragstellers ist nicht gegeben, weil die bei dem Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht vermittelten Kenntnisse für ihn nicht erforderlich i.S. des § 46 Abs. 6 BPersVG waren. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist dabei diese Erforderlichkeit sowohl nach objektiven als auch nach subjektiven Kriterien zu beurteilen. Objektiv muß es sich zunächst um eine Schulung handeln, bei der Kenntnisse vermittelt werden, die überhaupt zu dem gesetzlichen Aufgabengebiet des Personalrats gehören und die weiter gerade "dienststellenbezogen" zu den Aufgaben der Personalvertretung gehören, die ihr Mitglied zu der Veranstaltung entsendet. Danach kann die objektive Erforderlichkeit hier noch bejaht werden. Dabei kann offenbleiben, ob insoweit der neueren Rechtsprechung des BAG oder der restriktiveren Beurteilung des BVerwG zu folgen ist. Das BAG hat mit Beschluß vom 16. Oktober 1986 (BAGE 53, 186) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung für das Betriebsverfassungsrecht entschieden, daß die Erforderlichkeit einer Schulung über Grundkenntnisse des Arbeitsrechts im Regelfall keiner näheren Darlegung bedarf, sofern das entsandte Betriebsratsmitglied über derartige persönliche Grundkenntnisse nicht verfügt. Das BVerwG hat dagegenmit Beschluß vom 22. Juli 1982 (6 P 42.79, PersV 1983, 374 f) festgestellt, daß Kenntnisse über Bestimmungen des Arbeitsrechts, über sein Wesen und seine Funktion, über die geschichtliche Entwicklung, seine Rechtsquellen und Rechtsformen, über Gerichtsbarkeit sowie Ausübung und Durchsetzung des Rechts für die Arbeit im Personalrat nicht erforderlich sind. Denn auch bei dieser eingeschränkten Sicht hatte das Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht" nach seinem Programm hier ganz überwiegend nicht solche mehr theoretischen Lerninhalte, sondern befaßte sich schwerpunktmäßig mit dem Arbeitsschutzrecht sowie dem für den Bereich der personellen Mitbestimmung bedeutsamen individuellen Arbeitsrecht. Bedenken an der objektiven Erforderlichkeit bestehen allerdings im Hinblick auf die einen Tag des Seminars dauernde Schulung im kollektiven Arbeitsrecht, da dessen Kenntnis für die Arbeit im Personalrat nicht notwendig erscheint.

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Die objektive Erforderlichkeit insgesamt bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil die Schulung jedenfalls subjektiv für den Antragsteller nicht erforderlich war. Diese subjektive Erforderlichkeit verlangt, daß gerade das zu entsendende Personalratsmitglied der Schulung in den Themenbereichen bedarf, die den Gegenstand der Veranstaltung bilden, und der Personalrat ohne Schulung dieses Mitglieds seinen Aufgaben nicht nachkommen könnte (Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, 4. Aufl., § 46 RN 115). Das war hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht der Fall. Die Schulung ist unter Beachtung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel einmal nicht subjektiv erforderlich, wenn dem Personalrat andere mit der betreffenden Materie vertraute Mitglieder angehören (BVerwG aaO; Lorenzen/Haas/Schmitt aaO, RN 115; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.11.1986 - 18 OVG L 15/85 -). Ob das hier der Fall war, kann indessen ebenso offenbleiben wie die Frage, ob schon die rund 1 1/2jährige Tätigkeit des Antragstellers im Beteiligten zu 2) ihm das ausreichende Erfahrungswissen über die Grundbegriffe des Arbeitsrechts vermittelte (vgl. dazu BAG aaO). Denn jedenfalls verfügte der Antragsteller aufgrund seiner Berufsausbildung und seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit über die für seine Arbeit im Beteiligten zu 2) notwendigen Grundkenntnisse des Arbeitsrechts. Diese für die Personalratsarbeit erforderlichen Grundkenntnisse beschränken sich auf die Bereiche Begründung des Arbeitsverhältnisses, Inhalt und Ausgestaltung sowie Rechte und Pflichten des Vertragspartners und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (BAG aaO). Damit war der Antragsteller aber im Rahmen seiner Ausbildung hinreichend befaßt worden. Die von ihm abgelegte 2. Fachprüfung entsprach der Laufbahnprüfung für den gehobenen nicht technischen Dienst. Das Prüfungsgebiet schloß u.a. die Grundzüge des Arbeitsrechts ein und umfaßte nach dem vom Beteiligten zu 1) vorgelegten Auszug aus dem Stoff- und Stoffverteilungsplan die gleichen Themen, die Gegenstand des Seminars waren; vor allem das Schwerpunktthema "Dienstrecht des Angestellten" hatte alle oben angeführten Kernbereiche des individuellen Arbeitsrechts zum Inhalt. Auch wenn sich heute nicht mehr genau feststellen läßt, an wieviel Unterrichtsstunden der Antragsteller im Rahmen seiner Ausbildung teilnahm, ergibt sich aus den Stoff- und Stoffverteilungsplänen doch, daß diese Ausbildung jedenfalls ein hinreichendes Grundwissen im Arbeitsrecht vermittelte.

18

Auch der Einwand des Antragstellers, die Ausbildung habe im Zeitpunkt seines Seminarbereichs schon 6 Jahre zurückgelegen, greift nicht durch. Denn einmal hatte er anschließend noch eine weitere Ausbildung zum Hauptvermittler und in diesem Rahmen auch eine zusätzliche Schulung auf den Gebieten des Arbeitsschutzrechts, des Schwerbehinderten- und des Arbeitserlaubnisrechts erhalten. Zum anderen gehörte der Antragsteller seit Mai 1985 dem Beteiligten zu 2) an; diese Personalratstätigkeit verschaffte ihm, wie bereits ausgeführt, ebenso wie seine berufliche Tätigkeit vor der Freistellung ein beachtliches Erfahrungswissen über die Grundzüge des Arbeitsrechts und verhinderte auch, daß die vorher erworbenen theoretischen Kenntnisse verblaßten. Schließlich ist die wiederholte Schulung eines Personalratsmitglieds zwar nicht generell ausgeschlossen; eine Schulung, die sich in einer allgemein gehaltenen Auffrischung und Aktualisierung vorhandener"Kenntnisse erschöpft und nicht als ergänzende Spezialschulung darstellt, wird aber nicht als erforderlich i.S. des § 46 Abs. 6 BPersVG anerkannt (BVerwG, Beschl. v. 18.8.1986, PersV 1987, 286; Lorenzen/Haas/Schmitt, aaO RN 109). Dieser - für die Grundschulung im Personalvertretungsrecht entwickelte - Grundsatz muß in gleicher Weise gelten, wenn es um die Auffrischung vorhandener ausreichender Grundkenntnisse im Arbeitsrecht geht wie im vorliegenden Fall.

19

Die Beschwerde war danach zurückzuweisen; die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Bockelmann
Bretthorst
Dr. Esser
Gaffke