Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.03.2002, Az.: L 8 B 65/02 AL

Beschwerde ; Dauer des Alg Anspruchs ; Rechtsschutzinteresse ; Absenden ; PKH

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
12.03.2002
Aktenzeichen
L 8 B 65/02 AL
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41574
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - AZ: S 3 AL 335/01

Amtlicher Leitsatz

Bei der Klage auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung handelt es sich nicht um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere, so dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist (BAGE 59, 169 [BAG 13.07.1988 - 5 AZR 467/87]).

Von der Rechtswegzuständigkeit (§ 51 Abs. 1 SGG) ist das Rechtsschutzinteresse für die Klage auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung zu unterscheiden. Letzteres fehlt immer, sobald ein Verwaltungsverfahren läuft (BSG SozR 3-4100 § 133 Nr. 1). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, weil die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III keine Anspruchsvoraussetzung ist. Deren Zweck ist es lediglich, dem Arbeitsamt die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen anhand einer Auskunft des Arbeitgebers zu ermöglichen.

In dem Rechtsstreit

A.,

Kläger und Beschwerdeführer,

gegen

B.

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte C.,

hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen

am 12. März 2002

durch den Richter D. - Vorsitzender -,

den Richter E. und den Richter F.

beschlossen:

Tenor:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 15. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Tatbestand:

1

Mit einer vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim unter dem Aktenzeichen S 3 AL 335/01 am 12. September 2001 erhobenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung unter Berücksichtigung weiterer Beschäftigungs- bzw. Versicherungszeiten. Er hat gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

2

Mit Beschluss vom 15. Januar 2002 hat das SG Hildesheim den Antrag abgelehnt, weil aus dem weiteren Verfahren des Klägers gegen die Bundesanstalt für Arbeit (Az: S 3 AL 150/00) bekannt sei, dass die Arbeitsverwaltung die hier streitigen Beschäftigungszeiten als Vorbeschäftigungszeiten leistungsbegründend anerkannt habe. Die Klage sei deshalb voraussichtlich als unzulässig abzuweisen.

3

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 5. Februar 2002 Beschwerde eingelegt. Die Arbeitsbescheinigung sei nicht nur hinsichtlich der Dauer der Beschäftigungszeiten, sondern auch hinsichtlich der Höhe des erzielten Arbeitsentgelts zu berichtigen.

4

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.

5

Aus den beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Arbeitsamtes H. (Stamm-Nr.: I.) geht hervor, dass der Kläger ab 16. Januar 2001 auf Grund eines neuen Stammrechts Arbeitslosengeld (Alg) als vorläufige Leistung gemäß § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) erhält, weil hinsichtlich der Leistungshöhe und der Leistungsdauer weitere Ermittlungen erforderlich seien und der Ausgang des Arbeitsgerichtsverfahrens gegen ehemalige Arbeitgeber abgewartet werden solle.

Gründe

6

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zutreffend hat das SG für das Klageverfahren die hinreichenden Erfolgsaussichten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) verneint, weil ein Rechtsschutzinteresse des Klägers auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung nicht besteht.

7

Bei der Klage auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung handelt es sich nicht um eine "bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere" (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst e Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG -), sodass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist (BAGE 59, 169 [BAG 13.07.1988 - 5 AZR 467/87]). Von der Rechtswegzuständigkeit (§ 51 Abs. 1 SGG) ist das Rechtsschutzinteresse für die Klage auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung zu unterscheiden. Letzteres fehlt immer, sobald ein Verwaltungsverfahren läuft (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12. Dezember 1990, SozR 3-4100 § 133 Nr. 1). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat (siehe bereits Urteil vom 7. Juli 1994 - L 8 Ar 336/93 -) an, weil die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keine Anspruchsvoraussetzung ist. Deren Zweck ist es lediglich, dem Arbeitsamt die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen anhand einer Auskunft des Arbeitgebers zu ermöglichen. Die Arbeitsverwaltung bleibt aber im Rahmen dieses Verfahrens verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Das Arbeitsamt ist insbesondere nicht an die Angaben des Arbeitgebers in der Arbeitsbescheinigung gebunden.

8

Das Verwaltungsverfahren über den Anspruch des Klägers auf Alg ab 16. Januar 2001 ist noch nicht abgeschlossen. Das Arbeitsamt H. hat vorläufige Leistungen gemäß § 42 SGB I gewährt. Das Arbeitsamt führt weitere Ermittlungen bei der J. K. bzw. bei der L. M. durch. Parallel dazu hat der Kläger gegen die Beklagte eine Entgeltzahlungsklage vor dem Arbeitsgericht N. (Az: 12 Ca 312/01) anhängig gemacht, die zur Kammerverhandlung am 11. April 2002 terminiert ist. Für eine zusätzliche Überprüfung der Angaben des Arbeitgebers in der Arbeitsbescheinigung vor dem SG besteht deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis.